Jesus ist das Brot des Lebens

Predigt über Johannes 6,14‑69 zum 7. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

In der heutigen Evangeliums­lesung haben wir davon gehört, dass Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen über 5000 Leute speiste. Der Evangelist Johannes hat darüber hinaus berichtet, was nach diesem Speisungs­wunder geschah. Diesen Bericht wollen wir nun Stück für Stück betrachten. Gleich im Anschluss an den Wunder­bericht heißt es bei Johannes:

Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Als Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er selbst allein.

Die Menschen freuten sich riesig über das, was Jesus getan hatte. Sie erkannten, dass Jesus ein besonderer Mann war, ja, dass er sogar der große Prophet war, den Gott versprochen hatte zu schicken. Nun hofften sie, dass Jesus ihnen immer genug zu essen geben würde; darum wollten sie Jesus mit Gewalt zu ihrem König machen. Jesus aber weigerte sich; er wollte kein Brotkönig sein; er wollte nicht König sein nach dem Geschmack der Leute, sondern nach dem Willen seines Vaters. Darum zog er sich zurück auf einen Berg und sprach dort mit seinem himmlischen Vater im Gebet.

Liebe Brüder und Schwestern, hüten wir uns also davor, Jesus mit Gewalt für uns in Beschlag zu nehmen, wie die Juden damals es versucht hatten. Kein Zweifel: Jesus kann alle satt machen, er hat das mit seinem Wunder bewiesen. Jesus kann uns allen Arbeits­stellen geben und Geld und Kleidung und Häuser und Gesundheit im Überfluss. Ja, Jesus kann wirklich alles, aber er will nicht alles, und er will vor allem nicht von uns Menschen gezwungen werden. Wir können bei ihm anfragen, wir können bitten, wir können hoffen, dass er uns alles Nötige gibt, aber wir sollten nicht von ihm fordern, dass er uns beschenkt – weder mit einem Überfluss an Essen noch mit sonst irgendeinem Überfluss. Jesus ist kein König für die Begehrlich­keiten unseres Herzens, sonder er ist ein König nach Gottes Willen.

In der Nacht nach dem Brotwunder überquerten Jesu Jünger den See Genezareth, Jesus selbst aber ließen sie zurück. Wir lesen:

Am Abend aber gingen seine Jünger hinab an den See, stiegen in ein Boot und fuhren über den See nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden, und Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen. Und der See wurde aufgewühlt von einem starken Wind. Als sie nun etwa eine Stunde gerudert hatten, sahen sie Jesus auf dem See gehen und nahe an das Boot kommen; und sie fürchteten sich. Er aber sprach zu ihnen: Ich bin‘s; fürchtet euch nicht! Da wollten sie ihn ins Boot nehmen; und sogleich war das Boot am Land, wohin sie fahren wollten.

In dieser Nacht bestätigte Jesus seinen Jüngern zwei Dinge, die er den Menschen schon tags zuvor deutlich gemacht hatte: Erstens zeigte er ihnen, dass er sich nicht von Menschen zwigen lässt, denn er blieb bewusst am Ufer zurück, als seine Jünger mit dem Boot über­setzten. Zweitens zeigte er ihnen, dass ihm alles möglich ist, denn er lief ihnen auf dem Wasser nach.

Mit diesem nächtlichen Wunder ist der Bericht des Johannes freilich immer noch nicht zuende. Wir lesen weiter:

Am nächsten Tag sah das Volk, das am andern Ufer des Sees stand, dass kein anderes Boot da war als das eine und dass Jesus nicht mit seinen Jüngern in das Boot gestiegen war, sondern seine Jünger waren allein weg­gefahren. Es kamen aber andere Boote von Tiberias nahe an den Ort, wo sie das Brot gegessen hatten unter der Danksagung des Herrn. Als nun das Volk sah, dass Jesus nicht da war und seine Jünger auch nicht, stiegen sie in die Boote und fuhren nach Kapernaum und suchten Jesus. Und als sie ihn fanden am andern Ufer des Sees, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du her­gekommen?

Die vielen Menschen, die das Speisungs­wunder erlebt hatten, wollten Jesus nicht so schnell laufen lassen. Am nächsten Tag machten sie sich auf die Suche nach ihm. Immer noch wollten sie ihn ergreifen und zu ihrem Brotkönig machen. Sie fuhren ihm nach und fanden ihn schließlich in der Synagoge von Kapernaum. Sie wunderten sich, wie Jesus da ohne Boot so schnell hingekommen war. Jesus gab ihnen freilich keine Erklärung. Stattdessen begann er zu predigen. Wir lesen:

Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid. Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben. Die wird euch der Menschen­sohn geben; denn auf dem ist das Siegel Gottes des Vaters.

Jesus machte den Leuten deutlich: Ihr habt das Wunder, das gestern geschehen ist, überhaupt nicht verstanden. Sie hatten nicht kapiert, was Jesus ihnen damit zeichenhaft zeigen wollte, sie hatten sich nur gefreut, dass sie ihre Bäuche füllen konnten. Jesus aber wollte ihnen deutlich machen, dass Gottes ewiges Reich wichtiger ist als das tägliche Brot. Das Wunder vom Vortag war ein Zeichen gewesen, mit dem Jesus zeigen wollte, dass er allen wahres Leben schenken kann, nämlich Leben mit Gott, ewiges Leben.

Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns diese Lektion von unserm Herrn lernen! Auch wir streben unser Leben lang nach Essen und Geld und Besitz. Lasst uns dabei nicht vergessen, dass das ewige Leben wichtiger ist als das irdische Leben und als alles, was man dafür benötigt! Erinnern wir uns an Jesu Worte aus der Berg­predigt: „Ihr sollte nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? … Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtig­keit, so wird euch das alles zufallen.“ (Matth. 6,31.33)

Jesu Zuhörer damals in der Synagoge von Kapernaum wollten diese Lektion durchaus lernen. Wir lesen:

Da fragten sie ihn: Was sollen wir tun, dass wir Gottes Werke wirken?

Ja, nun wollten sie also etwas tun. Sie wollten sich Gottes Reich erarbeiten mit Werken, die Gott gefallen; sie wollten sich das erwerben, was wichtiger ist als das tägliche Brot. Sehr löblich! Aber Jesus sagte darauf etwas, was sie nicht erwartet hatten. Wir lesen:

Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.

Jesus lehrte sie also: Nur durch den Glauben findet ihr das ewige Leben. Es geht gar nicht darum, dass sie bestimmte Werke tun sollen, es kommt nur darauf an, dass sie an den Erlöser glauben, den Gott ihnen gesandt hat. Sie wussten auch, wer das war: Jesus redete von keinem anderen als von sich selbst.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, das gilt auch heute noch: Glaubt an Jesus Christus, und ihr seid gerettet! Durch den Glauben an ihn findet ihr ewiges Leben. Gott fordert von uns nichts anderes als Glauben.

Es ist einerseits leicht, an Jesus zu glauben; aber es ist anderer­seits auch schwer. Viele Leute möchten erst einmal Zeichen und Wunder sehen, bevor sie bereit sind zu glauben. So war das auch bei den Juden damals in Kapernaum. Wir lesen:

Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): „Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.“

Ja, die Leute forderten von Jesus ein Zeichen. Sie dachten daran, wie Mose einst die Kinder Israel in der Wüste mit Manna gespeist hatte – mit Brot, das vom Himmel fiel. Offenbar hatten sie das Wunder vom Vortag bereits vergessen!

Geht uns das nicht manchmal auch so? Wir denken daran, dass Gott in alten Zeiten Wunder getan hat, aber wir sehen nicht die Wunder, die er gestern tat und die er heute tut! Wir übersehen sie einfach, oder wir vergessen sie! Und dann fangen wir an zu zweifeln, weil wir meinen, Gott tue ja heute keine Wunder mehr. Gott speiste die Israeliten in der Wüste mit Brot von Himmel, und Jesus speiste über 5000 Menschen mit fünf Broten. Uns aber speist Gott heute mit dem Leib und dem Blut Jesu im Heiligen Abendmahl – das ist ein Wunder, das die anderen weit übertrifft! Achten wir darauf, was Jesus den Menschen damals antwortete:

Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt mich gesehen und glaubt doch nicht. Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinaus­stoßen. Denn ich bin vom Himmel gekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich's auferwecke am Jüngsten Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.

Das war eine äußerst wichtige Predigt, die Jesus da hielt. Ihre Botschaft ist noch heute die wichtigste Botschaft der Welt: Gott hat uns seinen Sohn in die Welt gesandt. Er ist für uns am Kreuz gestorben nach dem Willen seines Vaters. Jeder, der an ihn glaubt, hat ewiges Leben. Der Tod ist fü ihn nur noch wie ein Schlaf, denn Jesus wird ihn am Jüngten Tag auf­erwecken. Wie aber reagierten die Juden damals in Kapernaum auf diese Predigt? Hören wir weiter:

Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist, und sprachen: Ist dieser nicht Jesus, Josefs Sohn, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wieso spricht er dann: Ich bin vom Himmel gekommen?

Sie konnten's also nicht glauben – wie so viele Leute auch heutzutage! Ja, auch heutzutage müssen wir nämlich zur Kenntnis nehmen: Niemand kann von sich selbst aus glauben; der Glaube ist vielmehr eine Gabe Gottes durch den Heiligen Geist, wie Jesus den Menschen damals im weiteren Verlauf seiner Predigt deutlich machte.

Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Murrt nicht unter­einander. Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage. Es steht geschrieben in den Propheten (Jesaja 54,13): „Sie werden alle von Gott gelehrt sein.“ Wer es vom Vater hört und lernt, der kommt zu mir. Nicht als ob jemand den Vater gesehen hätte außer dem, der von Gott gekommen ist; der hat den Vater gesehen.

Zuerst hatte Jesus gesagt: Man kann sich das ewige Leben nicht durch gute Werke erwerben; es kann nur durch Glauben ergriffen werden. Jetzt sagte er: Auch diesen Glauben kann sich niemand selbst erarbeiten; man kann ihn sich nur von Gott schenken lassen! Wir können nichts tun, um uns selbst zu erlösen; Gott ist es, der alles tut! Allein seine Gnade rettet uns! Darum hat Martin Luther im Kleinen Katechismus in der Erklärung des 3. Glaubens­artikels gesagt: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft und Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen…“

Hören wir nun, wie Jesu Predigt weiterging:

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.

Mit diesen Worten fasste Jesus die wichtigste Botschaft der Welt noch einmal zusammen. Aber er tat es in einer Weise, die für die damaligen Juden anstößig war. Er sagte ihnen nicht einfach: Glaubt an mich!, sondern er sagte ihnen: Esst mein Fleisch! Und wenig später dann auch: Trinkt mein Blut! Mit diesen Worten fordert er dazu auf, an die Erlösungskraft seines Todes zu glauben, denn er hat ja am Kreuz seinen Leib in den Tod dahin­gegeben und sein Blut vergossen zur Vergebung aller Sünden. Daran werden wir erinnert, wenn wir im Heiligen Abendmahl den Leib und das Blut unseres Herrn empfangen. Für die Juden damals, die das zum erstenmal hörten, war das freilich anstößig; sie weigerten sich, so etwas zu glauben. Es ist übrigens auch für viele heutige Menschen anstößig. Hört, wie die Juden auf Jesu Worte reagierten und was Jesus ihnen erwiderte.

Da stritten die Juden unter­einander und sagten: Wie kann der uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschen­sohns esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auf­erwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich lebe um des Vaters willen, so wird auch, wer mich isst, leben um meinet­willen. Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Es ist nicht wie bei den Vätern, die gegessen haben und gestorben sind. Wer dies Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Das sagte er in der Synagoge, als er in Kapernaum lehrte.

Damit war Jesu Predigt zu Ende. Der Evangelist Johannes berichtet von den Folgen:

Viele nun seiner Jünger, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede; wer kann sie hören? Da Jesus aber bei sich selbst merkte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Ärgert euch das? Wie, wenn ihr nun sehen werdet den Menschen­sohn auffahren dahin, wo er zuvor war? Der Geist ist's, der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben. Aber es gibt einige unter euch, die glauben nicht. Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben. Von da an wandten sich viele seiner Jünger ab und gingen hinfort nicht mehr mit ihm.

Ja, viele verließen Jesus nach dieser Predigt. Das geschieht auch heute noch: Viele Getaufte, die das Evangelium gehört haben und sich auch kon­firmieren ließen, kehren Jesus den Rücken. Wir leben in einer Zeit, in der Menschen, die sich einst zu Jesus bekannten, sich sogar scharen­weise von ihm abwenden. Das, was Jesus uns zumutet, kommt wirklich manchmal als eine „harte Rede“ rüber. Trotzdem ist Jesu Botschaft die einzige, die retten kann. Darum dürfen wir in der Kirche diese Botschaft auch nicht verkürzen, verändern oder ab­schwächen, sondern wir müssen an ihr trotz aller Anstößig­keit festhalten – so, wie Jesus sie uns anvertraut hat.

Jesus wendete sich schließlich an seine 12 Jünger, die bei ihm geblieben waren. Wir lesen:

Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt ihr auch weggehen? Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Ja, lasst auch uns so antworten: Lieber Herr Jesus Christus, wir wollen nicht weggehen, auch wenn noch so viele Anstoß an dir nehmen, denn nur durch dich finden wir ewiges Leben! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1995.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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