Lebendig gemacht

Predigt über Johannes 5,19‑21 zum Ostersonntag

Jesus erwiderte: „Amen, amen, ich sage euch: Der Sohn allein kann nichts machen. Er kann nur das machen, was er den Vater machen sieht. Der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er macht. Er wird ihm auch noch größere Taten zeigen – ihr werdet euch wundern! Denn wie der Vater die Toten zum Leben erweckt, so wird es auch der Sohn tun mit denen, die er lebendig machen will.“

Liebe Brüderund Schwestern in Christus!

Der himmlische Vater macht Tote wieder lebendig. Der himmlische Vater hat den toten Jesus wieder lebendig gemacht. Der himmlische Vater hat Jesus die Macht gegeben, ebenfalls Tote lebendig zu machen. So macht Jesus auch uns lebendig. Das ist die frohe Oster­botschaft: Wie Jesus auferweckt wurde von den Toten, so werden auch wir auferweckt. Halleluja!

Was bedeutet das aber: auferweckt werden, wieder lebendig werden? Lasst uns das mal anhand des Oster­geschehens bedenken. Einige sagen: Jesus ist geistlich auf­erstanden. Das Grab war leer, die Auf­erstehungs­botschaft ging von Mund zu Mund, und Jesus wirkte durch seinen Geist. Alles andere, sagen sie, muss offen bleiben, denn aus den Berichten der Auf­erstehungs­zeugen lässt sich kein klarer äußerer Ablauf der Ereignisse herleiten. Andere wider­sprechen und sagen: Nein, Jesus ist leiblich auf­erstanden. Er ist vielen mit seinem wieder­erkennbaren Körper erschienen; sie durften ihn sogar anfassen. Der Auf­erstandene hat mit ihnen gegessen, getrunken, geredet und gehandelt, das alles steht klar in der Bibel. Welche Gruppe hat nun recht?

Beide haben recht. Jesus ist geistlich und leiblich auf­erstanden. An der leiblichen Auf­erstehung können nur die zweifeln, die Gott dieses Wunder nicht zutrauen. Es ist in der Tat ein großes Wunder – das größte, das die Welt je gesehen hat. Jesus hatte es bereits vor seinem Tod an­gekündigt, unter anderem mit den Worten: „Der Vater wird noch größere Taten zeigen – ihr werdet euch wundern!“ Das überein­stimmende Zeugnis derer, die von Begegnungen mit dem Auf­erstandenen berichtet haben, ist dies: Er hatte einen Leib, den man sehen und anfassen kann; er aß, er trank, er sprach und er handelte. Und doch war er irgendwie anders als vor seinem Tod. Er war nicht mehr ganz irdisch. Er zog nicht mehr mit seinen Jüngern in enger Lebens­gemeinschaft durchs Land. Vielmehr tauchte der Auf­erstandene un­vermittelt auf, wurde oft nicht gleich erkannt, und verschwand dann auch schnell wieder. Er konnte durch ver­schlossene Türen gehen. Dem Apostel Paulus erschien er nur in Gestalt eines sehr hellen Lichts und einer Stimme. Da merken wir: Jesu Auf­erstehung bedeutet einen Einschnitt. Er ist zwar wieder ein lebendiger Mensch mit Leib und Seele, aber er ist doch zugleich ganz anders als vorher. Sein Menschsein ist nicht mehr völlig an unsere materielle Welt gebunden, sondern hat seinen Lebens­mittelpunkt nun in der un­sichtbaren ewigen Welt des Vaters. Kein Zweifel: Jesus ist leiblich und geistlich auf­erstanden.

Jesus hat verheißen: „Wie der Vater die Toten zum Leben erweckt, so wird es auch der Sohn tun mit denen, die er lebendig machen will.“ Bei einer anderen Gelegenheit hat Jesus genauer be­schrieben, was das denn für Leute sind, die er lebendig machen will. Er sagte: „Wer da glaubt und und getauft wird, der wird selig werden“ (Markus 16,16). Darum können wir diese Verheißung direkt auf uns beziehen. Wir können sicher sein: Wie der Vater Jesus zum Leben erweckt hat, so erweckt Jesus uns zum Leben. Genauso – nämlich geistlich und leiblich. Jesus ist auch in dieser Hinsicht unser Beispiel und Weg­bereiter. Der Apostel Paulus schrieb: „Christus ist auf­erstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind“ (1. Kor. 15,20). Freilich können wir uns nur bedingt mit Christus ver­gleichen. Er ist ja der eingeborene Sohn des himmlischen Vaters, wir dagegen sind Gottes Geschöpfe. Er ist frei von Sünde, wir aber sind von Geburt an Sünder. Trotzdem: Auch wir werden sowohl geistlich als auch leiblich lebendig gemacht. Aber es wirkt sich bei uns etwas anders aus als bei Jesus. Der Haupt­unterschied ist folgender: Bei Jesus fielen geistliche und leibliche Auf­erweckung zusammen, bei uns liegt dazwischen ein ganzes irdisches Christen­leben. Unsere Auf­erweckung ist also ein längerer Prozess, der mit unserer Taufe begonnen hat und der mit unserer Auf­erstehung am Jüngsten Tag seinen Abschluss findet. Diesen Prozess nennt das Neue Testament auch „Wieder­geburt“. Als Christen in der Welt stecken wir mitten drin im Wiedergeboren­werden, im Lebendig­werden. Der Anfang davon ist unsere geistliche Auf­erweckung am Tag unserer Taufe, das Ende ist unsere leibliche Auferweckung am Jüngsten Tag. Jesus hat gesagt: „Wie der Vater die Toten zum Leben erweckt, so wird es auch der Sohn tun mit denen, die er lebendig machen will.“ Und danach hat er diese Auf­erweckung näher beschrieben – sowohl in geistlicher als auch in leiblicher Hinsicht.

Schauen wir uns unsere geistliche Auf­erweckung einmal näher an! Jesus hat dazu im weiteren Verlauf seiner Rede ausgeführt: „Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören werden, die werden leben“ (Joh. 5,25). Mit den „Toten“ meint Jesus hier die geistlich Toten, also diejenigen, die ohne Glauben und ohne Vergebung der Sünden leben. Jesus ist ihnen im Kreuzestod gleich geworden, denn da hat er ja alle Sünden­schuld auf sich genommen. Jesu Auf­erweckung von den Toten erweist dann die Vergebung aller Sünden und führt zu neuem geistlichen Leben. Ent­sprechend heißt es im Römerbrief: „So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlich­keit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln“ (Römer 6,4). Dieses neue Leben wird uns durch die Kraft des Evangeliums geschenkt, durch die frohe Botschaft und durch die Stimme des Gottes­sohnes, die damit gehört wird. Noch einmal: „Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören werden, die werden leben“ (Joh. 5,25). Das heißt ganz praktisch für unser Christen­leben nach der Taufe: Wenn wir geistlich weiterleben wollen, dann müssen wir im Schall­bereich des Evangeliums bleiben. Wir müssen uns klarmachen: Wir brauchen die Stimme des Gottes­sohnes genauso nötig wie Essen und Trinken. Ebenso­wenig, wie jemand ohne Essen und Trinken körperlich überleben kann, kann ein Christ ohne Gottes Wort mit seinem Glauben geistlich überleben. Anders­herum: Wenn wir reichlich diese geistliche Nahrung zu uns nehmen in täglichen Andachten und wöchent­lichen Gottes­diensten, dann wird unser geistliches Leben gesund erhalten. Und dann werden wir auch erleben, dass das sichtbare Aus­wirkungen hat: Wir lernen dann, unsere Mitmenschen zu lieben, ihnen zu verzeihen und ihnen in Not zu helfen. Wie an einem gesunden Apfelbaum gute Früchte heran­reifen, so reifen am gesunden Glauben des geistlich Auf­erweckten die Früchte guter Gedanken, guter Worte und guter Taten.

Nach solch geistlicher Auf­erweckung in der Taufe gehen wir zu­versicht­lich unserer leiblichen Auf­erweckung entgegen. Wir brauchen deshalb keine Angst vor dem Sterben zu haben. Wir wissen: Der Tod hat nicht das letzte Wort über uns. Jesus hat dazu ausgeführt: „Es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden und werden hervor­gehen, die Gutes getan haben, zur Auf­erstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur Auf­erstehung des Gerichts“ (Joh. 5,28‑29). Durch die geistliche Auf­erweckung beseitigt Christus alle faulen Früchte von unserem Lebensbaum und schenkt uns durch den Glauben gute Frucht. So können wir gewiss sein, dass wir einmal zur Auf­erstehung des Lebens aus unseren Gräbern kriechen werden. Ja, da werden wir dann wirklich und leibhaftig wieder lebendig sein, so wie Christus nach drei Tagen wirklich und leibhaftig wieder lebendig war. Wir werden dann einen neuen Leib bekommen, genauso wunderbar wie Christi Auf­erstehungs­leib: Wieder­erkennbar, und doch ganz anders. Die Christen in Korinth hatten den Apostel Paulus einmal gefragt, wie denn dieser Auf­erstehungs­leib aussehen wird, und Paulus hat ge­antwortet: „Es wird gesät verweslich und wird auferstehen un­verweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlich­keit…“ (1. Kor. 15,42‑43).

Sowohl für unsere geistliche als auch für unsere leibliche Auf­erweckung gilt: Sie geschieht aus der Kraft und nach dem Vorbild von Christi Auf­erweckung. Sie ist nicht einfach eine Fortsetzung des früheren Lebens, sondern sie bedeutet neues Leben – ein Leben in neuer Herrlich­keit. Ja, das ist Jesu Oster­geschenk an uns, und wir wollen ihn dafür jetzt und immer loben. Halleluja! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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