Was ihr am Herzen lag

Predigt über Johannes 14,1‑2 zu einer Beerdigung

Liebe Trauer­gemeinde!

Vor ein paar Tagen bekam ich einen Zettel, auf dem steht: „Zu meiner Beerdigung für Herrn Pastor.“ Die Verstorbene hat da auf­geschrieben, was ihr am Herzen lag für die heutige Trauer­feier. Sie hat sich also zu Lebzeiten mit dem Gedanken auseinander­gesetzt, dass sie diese Welt einmal verlassen muss, und hat sich überlegt, was sie ihren Hinter­bliebenen an ihrem Beerdigungs­tag mitgeben möchte. Zu den Wünschen, die auf dem Zettel stehen, gehört unser Predigttext – das Wort des Herrn Jesus Christus, das wir eben gehört haben. Weil die Verstorbene es selbst heraus­gesucht hat, können wir dieses Gotteswort zugleich als ihr per­sönliches letztes Zeugnis an uns hören, gewisser­maßen als ihr geistliches Vermächt­nis. Ja, lasst es uns jetzt so betrachten, als ob auch die Verstorbene damit noch einmal zu uns spricht.

Jesus hat diese Worte am Abend vor seinem Tod gesagt. Auf seinem irdischen Lebensweg zwischen Geburt und Tod, zwischen Weihnachten und Karfreitag, hat dieses Wort seinen Platz direkt vor dem Karfreitag. Das ver­deutlicht uns, dass der Lebensweg der Ver­storbenen mit Jesus verbunden ist: Ihr geistliches Leben begann an einem Weihnachtstag, dem 25. Dezember 1919; da wurde sie durch die Heilige Taufe in Gottes Familie auf­genommen. Und kurz bevor ihr irdischer Lebensweg zuende ging, wählte sie sich als Textwort für ihre Beerdigung das, was Jesus kurz vor dem Karfreitag gesagt hat.

Er sagte: „Euer Herz erschrecke nicht!“ Also: „Habt keine Angst!“ Ich bin mir sicher, dass unsere Verstorbene sich mit diesem Wort selbst getröstet hat. Es hat ja in ihrem Leben durchaus Stunden und Tage der Angst gegeben, auch Stunden und Tage der Not – innere wie äußere Not. Zum Beispiel musste sie wie so viele andere Menschen ihrer Generation Hals über Kopf die Heimat verlassen und einen schweren Weg in eine ungewisse Zukunft antreten. Begleitet hat sie dabei der Trost: Jesus geht ja mit, was sollte ich mich da fürchten? Und so ruft sie auch uns allen heute mit diesem Gotteswort zu: Euer Herz erschrecke nicht!

Weiter sagte Jesus: „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Das sind nicht zwei ver­schiedene Glauben, sondern das ist ein und derselbe Glaube: das Vertrauen in Gott und das Vertrauen in Jesus. Denn ohne Jesus bleibt Gott uns fremd; wir zweifeln dann an seiner Liebe angesichts von viel Not und Elend in der Welt. Mit Jesus aber finden wir die Gewissheit, dass Gott uns trotz allem liebt, auch wenn uns diese Liebe unter Kreuz und Leid begegnet. Wer Jesus vertraut, der hat Gottes Zusage: Nichts trennt dich mehr von Gott, auch deine Sünde nicht; du gehörst zu ihm in Zeit und Ewigkeit. Dieser Glaube ist das rechte Gegenmittel gegen die Angst. Unsere Verstorbene hat selbst an Gott und seinen ein­geborenen Sohn Jesus Christus geglaubt und hat sich mit diesem Glauben in schweren Zeiten getröstet. Darum ruft sie uns heute noch einmal mit diesem Gotteswort zu: Glaubt an Gott und glaubt an den Heiland Jesus Christus!

Und dann hat Jesus noch diese wunderbare Verheißung gegeben: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?“ Für alle, die ihre Heimat für immer verlassen mussten, ist der Trost dieser Worte ganz offen­sichtlich: Beim himmlischen Vater gibt es eine ewige Heimat! Wir können uns vorstellen, wie diese Worte auch unsere Verstorbene in schwerer Zeit getröstet haben: In Gottes ewigem Haus gibt es viele Wohnungen, auch eine Wohnung für mich; die kann mir niemand wegnehmen! Vielleicht hat sie aus dieser Erfahrung heraus gerade diesen Text für ihre Beerdigung ausgewählt. Was aber meinte Jesus damit, dass er sagte, er würde hingehen, diese Stätte zu bereiten? Man könnte es so verstehen: Nach seinem Tod am Kreuz und nach seiner Auf­erstehung am dritten Tag fuhr er auf in den Himmel und bereitet nun dort Wohnungen vor für alle, die getauft sind und ihren Lebenslauf im Glauben an ihn vollenden. Vielleicht erinnert das die Kinder der Ver­storbenen jetzt daran, wie ihre Mutter ihnen stets die Wohnung „bereitet“ hat, als sie noch zu Hause lebten: Sie hielt sie sauber und in Ordnung, auch kümmerte sie sich ums Essen und um die Kleidung – und das in Zeiten, wo es wirtschaft­lich nicht einfach war. Aber wenn wir Jesu Worte in Zusammen­hang mit seiner ganzen Botschaft sehen, dann müssen wir sie noch anders verstehen: Gerade durch sein Sterben am Kreuz und durch seine Auf­erstehung hat Jesus die himmlischen Wohnungen bereitet! Er hat durch seinen Sühnetod Sünder rein und heilig gemacht – und damit würdig, einmal in Gottes himmlisches Haus ein­zuziehen. Diese ewige Seligkeit ist der höchste Wert, den es überhaupt gibt. Das ewige Leben bei Gott ist wertvoller als materieller Reichtum, wertvoller als die Gesundheit, auch wertvoller als das leibliche Leben in dieser Welt. Unsere Verstorbene wusste das und hat darum bis an ihr Lebensende nicht nach­gelassen, vor allem für ihre Kinder zu beten, dass sie das himmlische Ziel nicht verfehlen. Ja, auch in dieser geistlichen Hinsicht hat sie für ihre Kinder gesorgt und ihnen, soviel an ihr lag, auch die himmlische Wohnung bereitet.

Nehmen wir uns das alle zu Herzen! Lassen wir alle uns einladen und rufen – besonders heute durch das Vermächtnis der Ver­storbenen. Hören wir auf das, was Jesus uns sagt: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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