Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Was würdet ihr davon halten, wenn ein Vater seine Kinder hungern lässt, damit er die Kinder anderer Leute sättigen kann? Wahrscheinlich würdet ihr so einen Vater für einen Rabenvater halten. Mit diesem Argument wirbt die NPD für ihre politische Überzeugung, den Nationalismus. Sie behauptet: Vater Staat vernachlässigt die Deutschen auf Kosten der Ausländer. Man könnte darüber diskutieren und erwidern: Wenn sch ein Vater andererseits nur um die eigenen Kinder kümmert und ihm die notleidenden Kinder vor seiner Haustür völlig egal sind, dann ist das auch nicht gut. Man könnte auch zu der Einsicht gelangen: Die nationalistische Einstellung tastet die Menschenwürde an und verletzt den Gleichheitsgrundsatz, darum ist die NPD verfassungsfeindlich und muss verboten werden. In jedem Fall aber ist festzustellen: Der Nationalismus fördert nicht die Eintracht unter den Völkern, sondern steht ihr eher im Wege.
Begeben wir uns vom rechten an den linken Rand des politischen Spektrums! Wer traditionell links eingestellt ist, der denkt international. Die politische Überzeugung des Sozialismus ruft: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ Da merken wir: Hier wird zwar nicht eine bestimmte Nation bevorzugt, dafür aber eine bestimme Klasse oder Gesellschaftsschicht. Die linke Solidarität ist eine Solidarität der Armen gegen die Reichen. Dabei stehen die Reichen unter dem Generalverdacht, dass sie auf betrügerische Weise reich geworden sind. Deshalb fordert der Sozialismus eine Umverteilung der Güter von oben nach unten. Es ist so wie bei einem Vater mit zwei erwachsenen Söhnen: Der eine ist reich geworden, der andere ist verarmt, und nun soll der Vater den reichen Sohn dazu zwingen, dem armen soviel abzugeben, bis beide etwas gleich reich sind. Man könnte darüber diskutieren und erwidern: Wenn der reiche Sohn fleißig war und der arme Sohn faul, warum soll dann der Faule auf Kosten des Fleißigen leben? Man könnte auch zu der Einsicht gelangen: Die sozialistische Einstellung widerspricht dem Grundrecht auf Eigentum und Erbe, darum ist sie verfassungsfeindlich. In jedem Fall muss man feststellen: Auch der Sozialismus fördert nicht die Eintracht unter allen Menschen, sondern stattdessen Sozialneid und Klassenkampf.
Nun ist die Kanzel nicht der Ort, wo politische Positionen ausdiskutiert werden müssen, seien sie nun rechts oder links oder in der Mitte zu finden. Hier ist vielmehr der Ort, wo das Evangelium vom Reich Gottes verkündigt wird, und das kann man keinem politischen Lager zuordnen, sondern das ist über alle Politik erhaben. Hier ist der Ort, wo wir fröhlich feststellen: Gottes Reich ist sowohl international als auch klassenlos! In Gottes Reich sind Deutsche und Ausländer, Arme und Reiche, Männer und Frauen gleichermaßen willkommen. Auch Bildung, Manieren, Aussehen und Alter spielen keine Rolle. Das Neue Testament macht das immer wieder mit der Feststellung deutlich, dass Juden und Nichtjuden gleichermaßen Gott zum Vater haben; die Nichtjuden werden dabei mal Heiden und mal Griechen genannt. Auch in unserem Predigttext klingt das an: „Christus ist ein Diener der Juden geworden… die Heiden aber sollen Gott (ebenfalls) loben…“ Da müssen wir über aller Politik und Menschenmeinung mit Gottes Wort feststellen: Das Evangelium von Jesus Christus fördert die Eintracht unter allen Menschen in höchstem Maße. Paulus schrieb daher auch: „Gott gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß.“
Ja, alle Menschen ruft Jesus ins Reich des himmlischen Vaters, da gibt es keine Unterschiede. Der himmlische Vater kann sich das leisten, denn er ist Herr über alles, und seine Liebe ist unermesslich groß. Wenn er die Einen mit seiner Liebe sättigt und reicht macht, dann ist sein Vorrat noch lange nicht erschöpft, sondern er kann die anderen ebenso sättigen und reich machen. Christus hat mit seinem Blut am Kreuz so teuer bezahlt, dass die Sündenschulden wirklich aller Menschen getilgt sind. Wer Christi Ruf folgt und zum himmlischen Vater kommt, der wird in jedem Fall reich, unverdient und für immer, denn er erbt das ewige Leben. Sozialneid, Klassenkampf und Volksegoismus sind daher in Gottes Reich vollkommen fehl am Platz.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus, das hat Folgen für unser Zusammenleben in Kirche und Gemeinde. Im Glaubensbekenntnis sprechen wir die Überzeugung aus, dass es nur eine einzige heilige christliche Kirche gibt, die Gemeinde der Heiligen, das eine Volk Gottes. Diese Einheit gilt es nun auch zu leben. Unser Predigttext nennt zwei Bereiche, wo sich das zeigen soll. Da heißt es einmal: „Lobt einmütig mit einem Munde Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Und da heißt es zum andern: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ Beides wollen wir jetzt nacheinander genauer besehen.
Also erstens: „Lobt einmütig mit einem Munde Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Der Zusatz ist ganz wichtig! Gott will nicht als Allah oder sonst irgendwie gelobt werden, sondern ausschließlich als Vater des Herrn Jesus Christus. Ihm hat er alle Vollmachten gegeben im Himmel und auf Erden. Und nur durch ihn kann ein Mensch zum himmlischen Vater und in sein ewiges Reich finden. Christus aber finden wir im Zeugnis seiner bevollmächtigten Boten; dieses Zeugnis aber finden wir in der Bibel. Einmütig loben heißt also auf der Grundlage der biblischen Lehre loben. Da, in der Apostellehre, finden wir das Fundament von Gottes Reich. Wer Gott so lobt, wie er sich uns in der Bibel offenbart hat, der stimmt damit in den Lobpreis und das Bekenntnis der Christenheit aller Zeiten ein. Wer aber vom biblischen Zeugnis abweicht oder Abstriche macht, der schadet damit der christlichen Eintracht. Wahrhaft ökumenisches Verhalten ist daher nicht das Geltenlassen widersprüchlicher christlicher Lehraussagen nebeneinander, sondern vielmehr das ernsthafte gemeinsame Bemühen um die rechte Erkenntnis der christlichen Lehre auf der Grundlage der Heiligen Schrift.
Und zweitens: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ Und wie hat uns Christus angenommen und damit Gott geehrt? Mit Liebe und Barmherzigkeit hat er es getan, ohne dabei vor schmerzlichen persönlichen Opfern zurückzuschrecken. Das sollen wir uns zum Vorbild nehmen. Bedingungslose und opferbereite Liebe ist das Markenzeichen der Christenheit; daran erkennt man die Jünger Jesu. Solche Liebe sollte uns ebenso wichtig sein wie die rechte Lehre und das einmütige Gotteslob. Ist sie das auch? Interessierst du dich für deine Mitchristen, die heute mit dir diesen Gottesdienst feiern? Weißt du, was sie beschäftigt, unter was für Nöten sie leiden, welche Freuden sie dir gern mitteilen würden? Wärst du bereit, ihnen materiell oder finanziell zu helfen, wenn sie das nötig hätten? Und bist du auch insgesamt für Kirche und Mission zu Opfern bereit, selbst wenn sie schmerzen? Du weißt doch: Diese Opfer werden dazu gebraucht, dass viele andere Menschen von Gottes Liebe erfahren, sowohl im Wort der Verkündigung als auch in Taten der Nächstenliebe. Und du weißt auch: Gott ist so reich an Liebe und Barmherzigkeit, dass er dich schon nicht im Stich lassen wird, wenn du reichlich opferst.
Zugegeben: Zu dieser zweiten Art, Eintracht zu zeigen, gehört etwas Mut. Einander annehmen, wie Christus uns angenommen hat – unsere menschliche Natur ist da sehr zurückhaltend. Aber im Glauben an Jesus können wir über unseren Schatten springen. Unser Predigttext ermuntert uns dazu, wenn Gott gleich zu Anfang ein „Gott der Geduld und des Trostes“ genannt wird. Gott hat Geduld mit uns, wenn die Pflänzchen des Gotteslobs und der Liebe in unseren Herzen immer noch recht klein und kümmerlich sind. Gott tröstet uns mit seinem Evangelium, dass er uns dennoch lieb hat und wir in jedem Fall seine Kinder bleiben. Denn Gottes Liebe zu uns und allen Menschen ist grenzenlos. Amen.
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