Gott für uns und wir für Gott

Predigt über 1. Korinther 6,20 zum 8. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Was heißt Christsein? Es kann mit einem Satz gesagt werden: „Ihr seid teuer erkauft, darum preist Gott mit eurem Leibe.“ Der Satz besteht aus zwei Teilen. Sie beschreiben die beiden Seiten des Christ­seins. Der erste Teil sagt, was Gott für uns durch Jesus getan hat: „Ihr seid teuer erkauft.“ Der zweite Teil sagt, was wir für Gott tun sollen: „Preist Gott mit eurem Leibe!“ Die Reihenfolge der beiden Teile ist wichtig: Zuerst hat Gott etwas für uns getan, und dann sollen wir etwas für ihn tun. Es ist genau umgekehrt wie bei von Menschen erfundenen Religionen: Bei denen muss zuerst der Mensch etwas für die Götzen tun, dann erst helfen ihm die Götzen – angeblich. Der wahre Gott dagegen schickt uns die gute Botschaft: Zuerst habe ich etwas für euch getan. Dieses erste ist das Wichtige. Dieses erste ist die Grundlage des Christ­seins. Das zweite ist dem unter­geordnet. Das zweite ist nur die angemessene Reaktion auf Gottes Gabe: Wir sollen Gott dienen; wir sollen zu seiner Ehre leben. „Ihr seid teuer erkauft, darum preist Gott mit eurem Leibe.“

Schauen wir zuerst auf den ersten Teil des Satzes: „Ihr seid teuer erkauft.“ Das klingt nach Sklaven­handel. Den gibt es bei uns Gott sei Dank nicht mehr. Aber als der Apostel Paulus diesen Satz geschrieben hat, da war der Sklaven­handel weit verbreitet. Die Menschen damals haben daher gut verstanden, wie Paulus diesen Satz gemeint hat. Ich möchte es mit einer kleine Geschichte deutlich machen aus der Zeit der Antike. Römische Soldaten raubten im Krieg einen jungen Griechen. Ein reicher Römer kaufte ihn den Soldaten ab und ließ ihn für sich arbeiten. Der Vater des Griechen war sehr traurig. Lange Zeit wusste er nicht, was aus seinem Sohn geworden war. Aber eines Tages erreichte ihn die Nachricht: Dein Sohn lebt; er arbeitet als Sklave in der und der Stadt. Da wurde der Vater aktiv. Er kratzte alles Geld zusammen. Dann reiste er zu dem reichen Römer, verhandelte mit ihm und kaufte ihm seinen Sohn ab. Nun war der junge Grieche wieder frei. Fröhlich und dankbar kehrte er mit seinem Vater heim. Fortan setzte er all seine Kraft für den land­wirtschaft­lichen Betrieb des Vaters ein.

So ein Vorgang wurde zur Zeit des Apostels Paulus „Freikauf“ genannt oder „Erlösung“. Das hatte Paulus im Sinn, als er schrieb: „Ihr seid teuer erkauft.“ Wir Menschen waren in die Hände fremder Herren geraten. Sie heißen Habgier, Sucht, Angst, Sünde und Tod. Eigentlich verbirgt sich hinter diesen Namen nur ein einziger Herr. Sein wahrer Name ist Satan. Aus dieser Sklaverei hat Gott uns frei­gekauft. Nun gehören wir wieder ganz dem, zu dem wir eigentlich immer gehören sollten: Wir gehören dem Vater im Himmel.

Aber welchen Preis hat der himmlische Vater für uns gezahlt? Einen sehr hohen! Paulus schrieb: „Ihr seid teuer erkauft.“ Wir wissen: Mit Geld kann ein Mensch eigentlich nicht bezahlt werden, dazu ist er zu wertvoll. Auch mit Gold und Silber hat Gott uns nicht frei­gekauft, wie der Apostel Petrus in seinem 1. Brief betonte (1. Petrus 1,18). Wie teuer Gott für uns bezahlt hat, das hat Martin Luther im Kleinen Katechismus wunderbar erklärt: „… nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem un­schuldigen Leiden und Sterben.“ Ein Mensch ist so wertvoll, dass nur ein anderes Menschen­leben seinem Wert entspricht. Gott hat sich in seiner großen Liebe selbst dafür auf­geopfert. Er ist in Jesus ein Mensch geworden und am Kreuz gestorben. Damit hat er das Lösegeld für alle Menschen bezahlt. Mit der heiligen Taufe bekommt ein Mensch diese Gabe persönlich zugeeignet. Die Taufe sagt: Du bist erlöst, du bist frei. Habgier, Sucht, Angst, Sünde und Tod dürfen nicht mehr über dich herrschen. Du kommst nun wieder dahin, wo du immer hingehört hast: zu deinem Vater im Himmel. Du bist nun wieder sein Kind. Du wohnst nun wieder in seinem Reich. Das meint der Satz: „Ihr seid teuer erkauft.“

Und nun das zweite, das daraus folgt: „Preist Gott mit eurem Leibe!“ Wir erwidern: Ja, das wollen wir gern tun. Wir sind ja so froh und dankbar, dass Gott uns freigekauft hat. Wir freuen uns, dass wir mit ihm Gemein­schaft haben. Darum wollen wir Gott danken, ihn loben, ihn ehren und ihm dienen. Das Christen­leben ist ja nichts Verkopftes, das nur in unseren Gedanken statt­findet. Glauben heißt ja nicht nur Für-wahr-Halten, dass es einen Gott gibt. Darum fordert uns die Bibel auf: „Preist Gott mit eurem Leibe!“ Unsere Münder öffnen sich zum Lobgesang. Unsere Hände falten sich zum Gebet. Unsere Füße tragen uns in die Kirche. Und wenn sie uns wieder hinaus­tragen, dann ist das Gotteslob nicht zu Ende. Auch in unserm Alltags­leben können wir Gott preisen mit allem, was wir in seinem Namen tun. Der Arbeiter preist Gott, wenn er arbeitet. Der Lehrer preist Gott, wenn er lehrt. Der Schüler preist Gott, wenn er lernt. Der Kranke preist Gott, wenn er sein Leiden geduldig aus Gottes Hand nimmt und auf seine Hilfe hofft. Gott hat uns geschaffen, und darum ist Gott preisen unser Lebenssinn. Wie ein schönes Bild seinen Maler preist und ein schönes Musikstück seinen Kompo­nisten, so preisen wir mit unserm ganzen Leben unsern Schöpfer. Freilich üben wir noch. Keiner von uns ist schon ein Meister im Gott-Preisen. Wir können uns noch verbessern. Es ist dabei wichtig, dass wir immer wieder erinnert werden: „Ihr seid teuer erkauft, darum preist Gott mit eurem Leibe.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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