Immer wieder konfirmiert werden

Predigt über 1. Korinther 1,4‑9 zum 5. Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wisst ihr, was kon­firmierte Gemeinde­glieder sind? Ich muss gestehen: Ich weiß das nicht so genau. Dabei musste ich erst vor ein paar Tagen wieder den Statistik­bogen unserer Kirche ausfüllen und eintragen, wieviele kon­firmierte Glieder denn zu unserer Gemeinde gehören. Ich habe da nicht nur die Zahl derer hin­geschrieben, die eine richtige Kon­firmation erlebt haben, ich habe auch die hinzu­gerechnet, die als Erwachsene getauft wurden; statistisch zählen die nämlich auch als Kon­firmierte. Wer ist denn aber nun wirklich kon­firmiert? Was sagt die Bibel dazu?

Die Bibel kennt gar keine Kon­firmation, wie wir sie kennen; das ist eine menschliche Erfindung. Die Bibel unter­scheidet auch nicht zwischen kon­firmierten und nicht kon­firmierten Gemeinde­gliedern; es gibt da einfach nur getaufte und glaubende Christen. Wenn die Bibel von „kon­firmieren“ redet, dann meint sie damit Gottes fort­dauerndes Handeln an den Getauften. In unserem Predigttext heißt es: „Die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden.“ Man kann auch übersetzen: „Die Predigt von Christus ist in euch befestigt worden, konfirmiert worden.“ Und weiter heißt es von Gott: „Der wird euch auch fest erhalten bis ans Ende.“ Man kann ebensogut übersetzen: „Der wird euch kon­firmieren bis ans Ende“, denn „kon­firmieren“ bedeuten „festigen“. Insofern sind wir allesamt noch Kon­firmanden. Gott will uns unser Leben lang kon­firmieren, im rechten Glauben fest machen. Dies geschieht durch die Lehre des Evan­geliums, wie sie unser Predigttext wunderbar entfaltet.

Unser Predigttext besteht im Original nur aus zwei Sätzen, einem langen und einem kürzeren. Der erste Satz ist so unglaublich lang, dass die meisten deutschen Über­setzungen daraus mehrere kürzere Sätze gemacht haben. Aber zur Zeit des Apostel Paulus liebte man es, lange Sätze zu machen; man hielt sie für besonders schön und kunstvoll. Man kannte noch keine Bild-Zeitung, in der nur kurze Hauptsätze stehen. Der Satz des Paulus in den Versen 4 bis 8 ist in der Ursprache immerhin 67 Wörter lang. Allerdings geht es dabei nicht nur um literari­sche Schönheit nach antikem Geschmack, sondern es hat auch einen tieferen Sinn, dass Gott uns in seinem Wort diesen langen Satz zumutet. Alles, was dieser Satz enthält, steht nämlich in einem engen Zusammen­hang. Er enthält das ganze Evangelium von Jesus Christus, die Hauptlehre der gesamten Heiligen Schrift. Als Grundlage dieser Lehre wird die Gnade Gottes genannt, womit natürlich sein Gnaden­handeln durch den Opfertod Jesu am Kreuz gemeint ist: „Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus.“ Diese Gnade ist durch das verkündigte Gotteswort zu den Korinthern gekommen und mit der Erkenntnis des Glaubens angenommen worden. Darum heißt es weiter: „… dass ihr durch ihn in allen Stücken reich gemacht seid, in aller Lehre und in aller Erkenntnis, denn die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden.“ Mit „Lehre“ und „Predigt“ sind im weiten Sinne alle Gnaden­mittel gemeint, also neben dem Weitersagen und dem Auslegen der Evangeliums­botschaft auch das Lösewort in der Beichte sowie die mit äußeren Zeichen verbundenen Wirkworte in den Sakra­menten. Als Folge der glaubend an­genommenen Verkündi­gung zeigen sich göttliche Gnadengaben bzw. Geistes­gaben in der Gemeinde; darum heißt es weiter: „… sodass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe.“ Dabei ist die Gemeinde auf das Wieder­kommen Christi und auf das Jüngste Gericht aus­gerichtet: „Ihr wartet auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus.“ Die korinthi­schen Christen gehen darauf zu in der Zuversicht, dass sie dann als „Un­tadelige“, „Un­bescholte­ne“, also Gerecht­fertigte, vor Gott dastehen werden. Auf dieser Lebensreise geschieht, dass Gott sie fortwährend „kon­firmiert“ bzw. festigt: „Der wird euch auch fest erhalten bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus.“

Dadurch, dass dies nun alles in einem Satz zusammen­gefasst ist, kann es von einer einzigen Aussage abhängig gemacht werden. Diese Aussage steht ganz am Anfang und lautet: „Ich danke.“ Damit wird deutlich: Paulus entfaltet die Evangeliums­lehre hier, um damit Gott die Ehre zu geben. Mit seinem Dank weist er auf den Urheber des Heils hin. Auch in der Art und Weise, wie Paulus hier das Evangelium entfaltet, ehrt er Gott. Es fällt auf, dass es allein Gottes Tun ist, was Paulus da inhaltlich beschreibt: Gott ist gnädig, Gott macht reich, Gott befestigt das Bekenntnis, Gott schenkt Gnaden­gaben, Gott macht Christus offenbar, Gott recht­fertigt. Das Einzige, was aktiv von den Korinthern ausgesagt wird, ist, dass sie warten – und das ist auch nur grammatisch aktiv, nicht aber sachlich! Der erste Teil unseres Bibel­abschnitts, dieser eine lange Vers, ist nichts anderes als ein großes Gott-sei-Dank für Gottes Heil in Christus mit all seinen Gesichts­punkten für die christliche Gemeinde. Gottes lebens­langes Kon­firmieren ist sein kostbares Geschenk an alle Christen. Wir sind die Beschenkten und danken ihm dafür. Dass wir die Evangeliums­lehre nur ja nicht gering schätzen! Dass wir nur ja nicht meinen, es komme nicht so genau darauf an, was man glaubt! Nein, mit derselben Sorgfalt, mit der Paulus das Evangelium hier in dem grandiosen Satz zusammen­gefasst hat, sollten wir es auch aufnehmen und im Herzen bewahren. Dieses Evangelium von Jesus Christus und nichts anderes ist es, was uns im Glauben festigt und bewahrt zum ewigen Leben. Sich immer wieder neu von Gott „kon­firmieren“ zu lassen ist deshalb ganz wichtig, weil der Teufel massiv versucht, den rettenden christ­lichen Glauben zu zerstören. Bei ernsthaften Christen tut er es am liebsten dadurch, dass er Gottes Wahrheit in Frage stellt. Es ist dieselbe Masche, die er im Garten Eden bei Eva mit Erfolg angewendet hat: „Ja, sollte Gott gesagt haben?“ Die Wahrheit der rechten christ­lichen Lehre hält dagegen: Ja, Gott hat wirklich so gesagt! Gott hat gesagt, dass er durch Jesus Christus gnädig ist; Gott hat gesagt, dass ihr am Jüngsten Tag untadelig vor Gottes Gericht stehen werdet. Jeder Gottes­dienst, jeder kirchliche Unterricht, jeder Kranken­besuch, jede Seelsorge zielt darauf ab, dass Menschen durch das Zeugnis von Christus im selig machenden Glauben gefestigt und ver­gewissert werden. Das ist der Hauptsinn und -zweck der ganzen Kirche mit all ihren Aktivi­täten.

Wir kommen nun zum zweiten Satz unseres Predigt­textes, dem kürzeren. Er lautet: „Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemein­schaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.“ Gott wird gepriesen für seine Treue bzw. für seine Vertrauens­würdigkeit; die ist das Gegenstück zur Festigung im Glauben. Der selig machende Glaube wird nämlich über die rechte Evangeliums­lehre an Gottes Treue fest­gemacht. Der selig machende Glaube bezieht sich nicht auf vage Hoffnungen und Wünsche, sondern auf Gottes klare Ver­heißungen. Kernstück dieser Ver­heißungen ist der Tod und die Auf­erstehung Christi. Die Frucht dieses Erlösungswerks ist jedem Christen in der Taufe persönlich zugeeignet worden. Es ist dieses eine aposto­lische Evangelium, von dem die ganze Christen­heit lebt, und nichts anderes. Darum ist es auch dieses eine Evangelium, das die Gemein­schaft aller wahren Christen begründet. Die Einheit der Kirche, die wahre Ökumene, steht und fällt mit der Gemein­schaft in Christus.

Wenn der zweite Satz unseres Predigt­textes von der „Gemein­schaft seines Sohnes Jesus Christus“ spricht, dann ist das also, genau betrachtet, eine Gemein­schaft im doppelten Sinn: Es ist erstens die Gemein­schaft jedes einzelnen Christen mit Jesus Christus, zweitens die Gemein­schaft der Christen unter­einander durch Jesus Christus. Beides liegt Jesus selbst am Herzen: sowohl das Feshalten an der richtigen Lehre als auch die Gemein­schaft aller seiner Jünger unter­einander. Beides erfährt die christliche Gemeinde besonders im Heiligen Abendmahl: Durch den Empfang des Leibes und Blutes Christi hat jeder einzelne Kommunikant un­mittelbare Gemein­schaft mit dem Herrn Jesus Christus und empfängt den Segen seiner Erlösungs­tat gemäß Gottes Zusage; das Heilige Abendmahl festigt und „kon­firmiert“ ihn in seiner Gemeischaft mit Jesus. Indem aber alle Kommuni­kanten gemeinsam den Leib und das Blut Christi empfangen, werden sie unter Christus eine einmütige Gemein­schaft, ein „Leib“ – der Leib Christi. Darum ist es wichtig, dass die Christen, wenn irgend möglich, nicht allein zu Hause hocken und jeder für sich die Bibel lesen oder einen Gottes­dienst im Fernsehen anschauen, sondern dass sie im Gottes­dienst zusammen­kommen und die durch Christus gestiftete Gemein­schaft miteinander auch erleben.

Genau das geschieht hier und jetzt: Gemeinsam hören wir auf das Evangelium des Herrn. Gemeinsam werden wir gleich zum Tisch des Herrn treten und Anteil haben an seinem Leib und Blut unter Brot und Wein. Gemeinsam beten wir ihn an, bitten und loben ihn. Insofern ist auch der heutige Gottes­dienst wie jeder rechte Gottes­dienst ein Kon­firmations­gottes­dienst – eine heilige Versammlung zur Befestigung im Glauben und in der christ­lichen Gemein­schaft. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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