Mit der richtigen Einstellung säen und ernten

Predigt über 2. Korinther 9,6‑15 zum Erntedankfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Ein Frau stellte fest, dass ihre Kartoffeln schlecht geworden waren; sie taugten nur noch zum Wegwerfen. So verbuddelte sie die verdorbenen Kartoffeln in einer Ecke ihres Gartens. Ein paar Monate später erlebte sie eine Über­raschung: Die schlechten Kartoffeln hatten gekeimt, geblüht und unter­irdisch Knollen hervor­gebracht; sie konnte herrliche neue Kartoffeln ernten! Ja, das ist das Prinzip von Saat und Ernte; wir können ihm immer wieder begegnen. Der Bauer streut Getreide­samen aufs Feld, wirft ihn also scheinbar weg in die Erde, und kann dann später neues Getreide ernten. Das Kind trennt sich von seinem sorgfältig gemalten Bild für einen Mal­wettbewerb – und erntet einen Preis! Der Arbeitslose schickt seine Bewerbungen und Lebensläufe weg und wird schließlich eingestellt – so hofft man jedenfalls. Der Geschäfts­mann steckt ein Vermögen in die Werbung und erntet damit viele neue Kunden. Der verliebte junge Mann investiert viel Zeit und Freundlich­keit in das Liebes­werben um seine Freundin, und endlich nimmt sie seinen Heirats­antrag an. Die kleinen Kinder werfen viele Blumen aus dem Körbchen auf den Fußboden der Kirche (bei der Trauung nämlich) und ernten dafür Lob sowie eine schöne Hochzeits­feier. Der Käufer gibt Münzen und Geldscheine her und bekommt dafür etwas, was ihm nützt oder Freude macht. Wir Christen opfern uns selbst, wenn wir uns vor Gott als armselige Sünder outen, und ernten dafür Vergebung der Sünden und ewiges Leben. Saat und Ernte, scheinbarer Verlust und großer Gewinn, dieses Prinzip durchzieht das ganze Menschen­leben.

Alle Menschen säen und ernten irgendwie. Dabei ist es allerdings nicht egal, mit welcher Einstellung wir säen und ernten. Wer eben beim Predigttext aufgepasst hat, der hat gemerkt: Es geht da um die Ein­stellung, mit der wir säen oder weggeben sollen und mit der wir danach ernten oder empfangen. Lasst mich die richtige Ein­stellung, die unser Gotteswort uns ans Herz legt, mit drei Stich­wörtern be­schreiben: reichlich, fröhlich, einfältig. Reichlich können wir säen und ernten, weil wir wirklich reich sind, denn Gott segnet uns reichlich. Wir sind reich, weil unser Vater im Himmel die reichste Person der Welt ist. Mit Jesus hat er gezeigt, dass er uns lieb hat und dass er uns seinen Reichtum nicht vor­enthalten will. Durch Jesus hat Gott uns reich gemacht, darum können wir reichlich säen. Durch Jesus merken wir auch, wie reichlich wir ernten. Unser Bauch braucht nicht zu hungern, wir haben jeden Tag genug zu essen. Unsere Seele braucht auch nicht zu hungern, wir können sie hier jeden Sonntag mit Gottes Wort uns Sakrament sättigen. Es ist alles Gottes Gabe: das Saat­getreide und das fertig gebackene Brot, das Samenkorn seines Wortes und die Früchte des Glaubens in unserem Leben. Wenn uns das klar wird, werden wir fröhlich. Da sind wir beim zweiten Stichwort: Fröhlich können wir säen und ernten. Das bedeutet auch: mit Dankbarkeit im Herzen und mit Gotteslob im Mund. Das Erntedank­fest ist ein fröhliches Fest! Und schließlich drittens: Einfältig können wir säen und ernten. Was bedeutet das? Es bedeutet: ohne Grübelei und Hinter­gedanken. Wer anfängt zu grübeln, der kann nicht mehr reichlich und fröhlich den Samen wegwerfen, denn er hat Angst, dass ihm danach etwas fehlt. Wer sich aber einfältig vom Samen trennt, der wird erfahren, dass er eigentlich nichts verliert. Einfältig kann er dann auch für die Ernte danken. Wir sollten bei unserem Dank nicht so berechnend sein zu meinen, dass Gott sich für unseren Dank nun bei uns bedanken müsste. Wir sollten nicht sagen: Gott, nun haben wir so brav für dich Erntedank­fest gefeiert, sind auch extra früh auf­gestanden und zur Kirche gekommen, das musst du doch honorieren mit einem Extra-Segen. Nein, wir danken Gott ganz einfach einfältig und freuen uns über alles, was er uns geschenkt hat!

Es war einmal ein dummer Bauer, der hatte hundert Sack Getreide geerntet. Einige Säcke verkaufte er, die anderen verbrauchte er für sich selbst. Am Ende hatte er kaum Saat­getreide übrig und konnte auf seinem Feld nur ganz kärglich säen. So musste er die Erfahrung machen, die das Sprichwort in unserem Text so ausdrückt: „Wer kärglich sät, wird auch kärglich ernten.“ Die Ernte aus dieser spärlichen Saat brachte nur noch zwanzig Sack Getreide. Hätte er doch nur reichlich gesät! Hätte er sich doch fröhlich getrennt von einem Teil seiner hundert Säcke! Hätte er die Körner doch einfältig im Vetrauen auf Gottes Segen in den Boden geworfen! Er hätte dann die Umkehrung des Sprichworts erfahren, die so lautet: „Wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“

Was vom Bauern und seinen Getreide­säcken gilt, das gilt auch vom Geld. Nur ist da die Dummheit der Leute nicht so offen­sichtlich. Viele Leute haben nämlich immer noch nicht kapiert, dass Geld an sich wertlos ist. Ein Fünfzig-Euro-Schein ist an sich ja nur ein kleines Stück Papier. Wert und Nutzen hat der Geldschein erst, wenn man sich von ihm trennt, wenn man ihn weggibt, wenn man ihn ausgibt, wenn man ihn „aussät“. Dann aber kann so ein Fünfzig-Euro-Schein eine ganze Menge guter Frucht bringen. Geiz wäre kärgliches Säen; Geiz ist dumm. Vielmehr können wir auch unser Geld reichlich aussäen und uns an den Früchten freuen. Wir können es um so fröhlicher tun, desto fester wir darauf vertrauen, dass Gott uns segnet und erhält. Der, der uns Samen zum Säen und Brot zum Essen schenkt, der wird auch dafür sorgen, dass wir genügend Geld haben und gute Gelegen­heiten finden, es auszugeben.

Übrigens ging es bei den Korinthern um eine Geld-Angelegen­heit, als Paulus ihnen diesen Brief schrieb. Die Korinther waren um Geldspenden für die notleidende Jerusalemer Gemeinde gebeten worden, und sie ließen sich nicht lumpen: Sie säten reichlich Spenden­gelder für die Glaubens­geschwister in der Urgemeinde. Paulus lobte sie dafür und ermunterte sie, weiter reichlich zu spenden – aber bitte mit der rechten Ein­stellung: im Bewusst­sein, dass ihr Reichtum Gottes Geschenk ist; und mit fröhlichem, dankbaren Herzen; und einfältig, ohne Hinter­gedanken, ohne sich irgendwie gedrängt zu fühlen und ohne dafür eine Extra-Portion Segen zu erwarten. Manche Leute denken ja, gespendetes Geld ist praktisch weg­geworfenes Geld (sie sind oft auch voller Argwohn, ob es denn wirklich vernünftig eingesetzt wird). Aber nur scheinbar ist es weg­geworfen, nur scheinbar hat der Geber nichts mehr davon. Paulus machte den Korinthern klar, dass ihre Geldspende die Gemein­schaft zwischen der korinthi­schen Gemeinde und der Urgemeinde stärkt. Er machte ihnen ebenfalls klar, dass die Spende Freude, Dank und Gotteslob in Jerusalem auslöst und damit diejenige Frucht bringt, auf die es letztlich ankommt im Leben: dass Gott geehrt wird!

Dasselbe gilt auch heute noch. Wir feiern heute zugleich mit dem Erntedank­fest den 20. Jahrestag der deutschen Wieder­vereinigung. Manche feiern diesen Tag mit gemischten Gefühlen, zum Beispiel im Hinblick auf die großen Transfer­leistungen, die von West nach Ost geflossen sind. Auch inner­kirchlich gibt es solche Transfer­leistungen. Wir als kleine lutherische Gemeinde in Brandenburg ähneln der Jerusalemer Urgemeinde, denn wir leben im Blick auf die Pfarr­stellen­kosten nach wie vor von großzügigen Zuwendungen der „Korinther“ aus dem Westen. Dort säen sie nicht kärglich, sondern reichlich, und (so wollen wir hoffen) auch ungezwungen und mit fröhlichem Herzen. Die Frucht dürfen wir mit ihnen zusammen ernten: dass wir desto fester eingebunden sind in die Glaubens­gemeinschaft der Selbständi­gen Evangelisch-Lutheri­schen Kirche; dass wir Gott loben und preisen über diesen großzügigen Geschenken, die uns zufließen; dass wir uns dann auch mit unserem ganzen Verhalten dankbar erweisen und das so ermöglichte kirchliche Leben nach Kräften in Anspruch nehmen. Natürlich könnten wir uns sorgend den Kopf darüber zerbrechen, wie es in Zukunft weitergehen soll: Werden uns die westlichen Kirchen­bezirke auch in Zukunft so reichlich unter­stützen können und wollen? Tut es uns auf Dauer gut, dass wir am Tropf der Zuwendungen von außen hängen? Lasst uns aber nicht grübeln, sondern einfältig und dankbar ernten, was uns gegeben wird. Lasst uns dann aber auch ebenso einfältig säen! Ich will euch ein Geheimnis verraten: Unsere Gemeinde ist gar keine arme Gemeinde. Unsere Gemeinde ist so reich wie alle ihre Glieder zusammen. Das Problem ist nur, dass viele Gemeinde­glieder ihr Geld in der eigenen Tasche stecken lassen oder für alles mögliche andere ausgeben, nur nicht für ihre Kirche. Wo es um das Werk der Kirche geht, da säen sie nicht reichlich, sondern oftmals nur kärglich oder überhaupt nicht. Nicht alle, aber viele! Die aller­meisten Gemeinde­glieder haben nicht einmal drei Prozent ihres Einkommens übrig als regel­mäßigen Kirchen­beitrag; manche von ihnen geben Gott nicht mehr als ein Trinkgeld oder gar nichts. Lassen wir uns durch dieses Gotteswort Mut machen, reichlich zu geben, fröhlich zu geben, einfältig zu geben! Das Geld wird euch am Ende bestimmt nicht fehlen – wie es auch der Bauer nicht bereuen muss, wenn er reichlich sät. Gebt für die Kirche, für die Mission und auch für die Ärmsten der Armen! Und gebt mit der rechten Einstellung im Herzen – das ist die beste Möglich­keit, euer Geld zu in­vestieren.

Freilich ist auch diese Einstellung eigentlich eine Frucht, ein Segen, ein Geschenk Gottes. Wir können uns selbst nicht zu dieser Einstellung zwingen und wir können sie uns auch nicht erarbeiten. Gott schenkt uns diese Einstellung durch sein Wort zusammen mit dem Glauben an Jesus Christus. Wie beim gesegneten Körner-Säen und beim gesegneten Geld-Ausgeben, so ist es auch mit der Ausaat unseres eigenen Lebens: Wir legen unser armes, kümmer­liches Sünder­dasein in Gottes Hand, so wie die Frau die verdorbenen Kartoffeln ver­buddelte. Wir bekennen in der Beichte reichlich und einfältig vor Gott unsere Schuld, verzagen dabei aber nicht, sondern hoffen fröhlich auf die Ernte. Die Ernte aber ist in diesem Fall Gottes Liebe und Barmherzig­keit, Gottes Gnade und Sünden­vergebung, das Geschenk des Glaubens und der Glaubens­frucht. Es ist eine Ernte, die sehr langsam reift, aber stetig – bis Gott selbst sie dann zusammen mit seinen Engeln am großen Erntetag in die ewigen Scheunen einbringen wird. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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