Wie glaubwürdig ist Jesus?

Predigt über Johannes 8,46‑59 zum Sonntag Reminiszere

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Darüber sind sich die meisten Menschen einig: Wenn man sich nicht einig ist, dann muss man miteinander reden. Es bringt nichts, wenn wir Probleme unter den Teppich kehren; sie gehören auf den Tisch. Eine offene und ehrliche Aussprache kann bewirken, dass Miss­verständ­nisse ausgeräumt, Standpunkte geklärt und Kompromisse gefunden werden. In der Regel jedenfalls. Manchmal passiert aber auch das Gegenteil: Dann spitzt sich die Situation im Gespräch noch mehr zu. Bei Familien­streitig­keiten kann es geschehen, dass nach hitzigem Miteinander-Reden das Knäuel der Probleme am Ende noch verworrener ist. Auch bei Tarif­verhandlun­gen zwischen Wirtschafts- und Ge­werkschafts­vertretern kann es dazu kommen, dass am Ende die Fronten noch verhärteter sind und ein Streik nicht abgewendet werden kann.

Wir sind eben Zeugen eines derart ent­täuschenden Gesprächs geworden, als wir die Worte aus dem Johannesevangelium hörten. Jesus redet mit einer Gruppe von Juden, und die Miss­verständnis­se in diesem Gespräch werden immer größer. Schließlich eskaliert die Situation, und die Juden sind drauf und dran, Steine auf Jesus zu werfen. Jesus muss das Gespräch abbrechen und fliehen. Worum geht es in diesem Gespräch? Es geht darum, wie glaubwürdig Jesus ist. Das ist ein wichtiges Thema, wichtiger als unsere Familien­streitig­keiten, wichtiger als Tarif­verhandlun­gen, wichtiger als alle anderen Dinge.

Jesus sagt in diesem Gespräch: „Ihr könnt mir vertrauen, denn ich bin kein Sünder und darum auch kein Lügner. Aber ihr vertraut mir nicht, und damit zeigt ihr: Ihr gehört nicht zu Gott. Wenn ihr zu Gott gehören würdet, dann würdet ihr mir abnehmen, was ich euch von Gott sage.“

Die Juden erwidern: „So etwas kann nur einer sagen, der nicht den richtigen Glauben hat, wie zum Beispiel die Samariter. Du bist wohl auch so eine Art Samariter! Vielleicht bist du sogar vom Teufel besessen! Ja, das merken wir doch: Dich treibt ein böser Geist an, so wie du redest!“

Darauf Jesus: „Ich bin nicht besessen. Es geht mir auch nicht darum, dass ich hier groß angebe mit meiner Beziehung zu Gott. Es geht mir nur um eins: Dass mein Vater im Himmel geehrt wird! Der bestimmt doch letztlich, was Wahrheit ist, und wenn ich sein Wort weitersage, dann bin ich glaub­würdig. So, und nun hört mal genau zu, worum es eigentlich geht; ich sage euch das ganz ehrlich und mit großem Nachdruck: Wer sich an mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit!“

Darauf die Juden, noch auf­gebrachter: „Da haben wir‘s, so etwas kann nur ein Besessener sagen! Was bildest du dir bloß auf dich selbst ein, Jesus! ‚Den Tod nicht schmecken in Ewigkeit‘ – was für ein Unsinn! Abraham ist gestorben, die Propheten sind gestorben – waren das etwa keine frommen Leute?“

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, merkt ihr, was da in der Hitze des Gesprächs passiert? Die Juden hören gar nicht mehr richtig zu! Jesus hat gesagt: „Wer sich an mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit“, die Juden aber machen daraus: „…der wird den Tod nicht schmecken in Ewigkeit.“ Natürlich, schmecken müssen wir alle den Tod; wir werden eines Tages erfahren, wie es ist, wenn man stirbt – es sei denn, zuvor kommt der Jüngste Tag. Aber sehen werden wir den Tod in Ewigkeit nicht, nämlich den ewigen Tod, also das Leben der Verdammten in der Hölle. Jedenfalls nicht, wenn wir uns an Jesus halten und seinem Wort vertrauen. Auch wissen wir: Abraham und die Propheten haben den Tod zwar geschmeckt, sind also leiblich gestorben, und doch leben sie weiter in Gottes Ewigkeit.

Jesus spricht weiter: „Ihr hättet ja Recht mit eurer Kritik, wenn ich mir das alles einfach nur ausgedacht hätte, um mich damit in den Vordergrund zu stellen und anzugeben. Aber so ist es nicht, glaubt mir doch! Ich stehe hier nicht für mich selbst, sondern ich stehe hier und rede im Auftrag meines himmlischen Vaters. Wenn ich sage, dass nur der Glaube an mich zum ewigen Leben führt, dann ehre ich mich damit nicht selbst, sondern dann ist das Gottes Wille, dann ehrt er mich damit. Glaubt mir, ich kenne den Vater im Himmel genau, ich weiß, wovon ich rede. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich ihn nicht kenne. Aber ihr kennt ihn nicht, sonst würdet ihr mir nämlich glauben. Ich halte mich genau an die Botschaft, die mein Vater mir aufgetragen hat. Und ich versichere euch: Auch Abraham freute sich darüber, dass ich in die Welt gekommen bin.“

Darauf die Juden: „Das wird ja immer verrückter, was du sagst! Du willst erlebt haben, worüber Abraham sich gefreut hat? Du bist doch noch keine fünfzig, und Abraham ist schon viele hundert Jahre tot!“

Da sagt Jesus: „Auch das sage ich euch ganz ehrlich und mit großem Nachdruck: Mich gibt es schon immer, schon seit ewigen Zeiten, auch schon, bevor Abraham geboren wurde.“

Da ist es vorbei mit dem Gespräch. Da ist das Zerwürfnis so groß und offen­sichtlich, dass keine Worte mehr helfen. Jesus kommt mit seiner Lehre nicht an die Menschen heran, denn sie misstrauen ihm zutiefst und verstehen alles falsch. Sie halten ihn jetzt nicht mehr nur für einen harmlosen Spinner, sondern für einen gefähr­lichen Irrlehrer und einen größen­wahnsinni­gen Gottes­lästerer. Ein Gottes­lästerer muss nach dem Gesetz des Alten Testaments gesteinigt werden, und genau das wollen sie jetzt tun. Jesus bleibt nur noch die Flucht.

Dieses Gespräch, liebe Brüder und Schwestern in Christus, stellt auch nach zweitausend Jahren noch alle Menschen vor die Ent­scheidung: Hältst du Jesus für glaubwürdig oder nicht? Vertraust du seinen Worten – ja oder nein? Einen Mittelweg gibt es nicht. Wäre Jesus nicht wirklich Gottes Sohn, wäre er nicht wahrer Gott von Ewigkeit her, dann wären seine Worte in diesem Gespräch ganz offen­sichtlich Unsinn. Wäre er nur ein Wander­prediger, dann müsste man seine Glaub­würdigkeit mit Recht anzweifeln und könnte das Befremden seiner jüdischen Gesprächs­partner gut verstehen. Glaubwürdig ist Jesus nur für den, der ihm völlig vertraut, der sich ihm ganz ausliefert, der seinen Verstand und seine Lebens­weisheit ganz den Worten dieses Mannes unterwirft. Das ist das Wunder, das der Heilige Geist an uns tut: Dass wir diese ungeheuren Worte Jesu nicht miss­verstehen, sondern ihrem Anspruch vertrauen. Der Heilige Geist schenkt uns die Erkenntnis: Jesus ist kein Sünder, Jesus ist kein Lügner, Jesus ist keiner, der für sich selbst spricht, sondern Jesus ist der eingeborene Sohn des himmlischen Vaters, von diesem selbst ausgesandt, um die Welt zu erlösen. Ach, dass wir das von Herzen glauben und seine frohe Botschaft festhalten! Dass wir nur nicht zweifeln, wenn er auch zu uns sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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