Das Volk des Königs

Predigt über Johannes 12,12-19 zum Sonntag Palmarum

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Gleich zweimal im Kirchenjahr hören wir in der Evangeliumslesung vom Einzug Jesu in Jerusalem: am ersten Advent und am Sonntag Palmarum. Beide Male dient uns dieses Ereignis aus dem Leben Jesu als Eingangstor in eine besondere Zeit: Am ersten Advent ist es das Eingangstor zu einem neuen Kirchenjahr und zur Vorbereitungszeit auf Weihnachten, am Sonntag Palmarum ist es das Eingangstor in die Karwoche. Am ersten Advent hörten wir den Bericht von Jesu Einzug in Jerusalem aus dem Matthäus-Evangelium; heute, am Sonntag Palmarum, hörten wir ihn aus dem Johannes-Evangelium. Wir treten damit zugleich in den Abschnitt des Kirchenjahres ein, der uns den entscheidenden Teil der Heilsgeschichte in Echtzeit miterleben lässt: An einem Sonntag zog Jesus in Jerusalem ein; am Donnerstag darauf stiftete er das Heilige Abendmahl; am Freitag wurde er gekreuzigt; am Sonntag ist er auferstanden von den Toten; vierzig Tage später fuhr er gen Himmel; und noch einmal zehn Tage später, am Pfingsttag, goss er den Heiligen Geist über seine Jünger aus.

Betrachten wir nun den Einzug Jesu in Jerusalem genauer, so, wie der Evangelist Johannes ihn uns berichtet hat. Kein Zweifel: Jesus zog als ein König ein! „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!“, jubelte das Volk. Und wie die anderen Evangelisten, so weist auch Johannes ausdrücklich auf das Wort des Propheten Sacharja hin, das sich mit diesem Ereignis erfüllte: „Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.“ Ein König ist aber nur König, wenn er ein Volk hat. Darum ist auch viel von den Menschen die Rede, die mit ihrem König mitzogen und die ihm entgegen gingen, die ihn mit Palmenzweigen grüßten und die ihm zujubelten. Auch wir sind heute hier versammelt als Volk desselben Königs Jesus Christus. Und wir tun gut daran, uns das jubelnde Volk von damals zum Vorbild zu nehmen. Drei Dinge wollen wir von diesen Menschen lernen: Erstens, wie das Volk seinen König ehrt; zweitens, wie das Volk von seinem König Zeugnis gibt; drittens, wie das Volk damit die Feinde des Königs beschämt.

Erstens: Das Volk ehrt seinen König. Die Menschen in und um Jerusalem ließen ihre Arbeit stehen und liegen, kamen aus ihren Häusern heraus, zogen mit ihm mit. Das tun auch wir, wenn wir uns sonntags auf den Kirchweg machen. Wer ein rechter Christ sein will und wer nicht krank oder verhindert ist, der komme jeden Sonntag dahin, wo sich das Volk des Königs versammelt – so, wie sich sein Volk damals am Palmsonntag gesammelt hat. Da soll die Arbeit ruhen, da sollen die Freizeitaktivitäten warten, da soll die eigene Bequemlichkeit überwunden werden, denn es gilt, den König aller Könige zu ehren! Und da strengen wir uns an, da geben wir unser Bestes für den König. Die Leute damals haben sich die Mühe gemacht, Blätter von den Palmen zu hauen und mit diesen Riesenzweigen zu winken; sie haben Kleider auf den Weg gestreut; sie haben laut gerufen und gesungen. So wollen auch wir uns für den König Mühe geben und die Münder weit aufmachen beim Singen und Loben. Wir haben die Kirche schön geputzt und geschmückt; gerade letzte Woche haben wieder Frauen der Gemeinde groß reinegemacht. Wir schmücken den Altar mit Blumen und Kerzen, wir lassen Instrumente zu Ehre des Königs erklingen, wir treten auch bald wieder mit dem Kirchenchor und mit Bläsern an. Wir ziehen am Schluss des Gottesdienstes kleine Blätter aus unseren Portemonnaies, oder wenigstens Münzen, um den König mit unserem Dankopfer zu loben.

Zweitens: Das Volk gibt Zeugnis von seinem König. Die Menschen damals haben in ihrem Jubel klar bezeugt, wer Jesus ist: der König von Israel! Und mit dem Ruf „Hosianna“ haben sie bezeugt, dass dieser König ihnen hilft. Noch etwas anderes haben sie bezeugt; das steht nur bei Johannes, nicht bei den anderen Evangelisten: „Das Volk, das bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, rühmte die Tat.“ Kurz vorher war das geschehen in Betanien, also ganz in der Nähe von Jerusalem. Viele aus dem Volk hatten es persönlich miterlebt, wie Jesus den toten Lazarus aus dem Grab ins Leben zurückrief. Nun bezeugten sie wortreich und lautstark, dass dieser König stärker ist als der Tod. Ja, das bezeugen auch wir, das Gottesvolk des neuen Bundes! Wir bezeugen, dass unser König stärker ist als der Tod. Wir bezeugen, dass er mit seinem Tod am Kreuz unsere todbringenden Sünden gesühnt hat. Wir bezeugen, dass er am dritten Tage auferstanden ist und sich so als Sieger über den Tod erwiesen hat. Wir bezeugen, dass er am Jüngsten Tag alle Toten auferwecken wird und dass wir, die wir zu ihm gehören, dann ewig leben werden. Dass Jesus den Tod überwunden hat, das ist ja nicht nur etwas zum persönlichen Glauben, sondern das soll gemeinsam bezeugt werden in der christlichen Gemeinde und vor der ganzen Welt. Ja, Zeugen sind wir als Volk des Königs Jesus Christus.

Drittens: Das Volk beschämt die Feinde des Königs. Auch dies ist etwas, was wir nur durch den Evangelisten Johannes wissen. Er schreibt am Ende der Einzugs-Geschichte: „Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; alle Welt läuft ihm nach!“ Die Pharisäer waren Jesu Feinde. Sie ärgerten sich über ihn, denn sie glaubten nicht, dass er der Sohn Gottes ist. Darum versuchten sie schon seit einiger Zeit, ihn beiseite zu schaffen. Aber das war ihnen bis zum Gründonnerstag nicht möglich. Warum war es ihnen nicht möglich? Weil dieser König ein großes Volk hatte, das zu ihm hielt und von seiner Macht Zeugnis gab. Gegen diese jubelnden und Zeugnis-gebenden Jesus-Anhänger konnten die Pharisäer nichts ausrichten. Auch heute noch ist das so: Wenn wir Jesus zujubeln und seine Macht bezeugen, dann haben seine Feinde keine Chance. Das sind nun nicht mehr die Pharisäer, sondern es ist vor allem der Teufel. Wenn wir in großen Scharen Jesus zujubeln und seine frohe Botschaft ausbreiten, dann ärgert sich der Teufel und merkt, dass er nichts ausrichten kann. Wenn aber jeder Christ müde und stumm allein zu Hause hockt, dann hat der Teufel leichtes Spiel, das Evangelium zu bekämpfen. Das merken wir in der heutigen Zeit leider nur allzu deutlich. Ach, dass wir doch nicht mutlos werden, sondern stattdessen alle Christen um uns herum ermutigen, lauthals und fröhlich den König zu ehren und alle Welt wissen zu lassen, dass er stärker ist als der Tod!

Ja, wir haben einen wunderbaren König. Wir können froh und dankbar sein, dass er uns zu seinem Volk gemacht hat. Wir wollen ihn tüchtig ehren, fleißig Zeugnis von ihm geben und so den Teufel beschämen. Wir wollen uns nicht irre machen lassen dadurch, dass dieser König ohne große Macht und ohne Reichtum kommt. Gewiss, er reitet auf einem Esel – arm und friedfertig. Wir wollen uns auch dadurch nicht irre machen lassen, dass nur wenige Tage nach seinem Einzug in Jerusalem eine Dornenkrone auf seinem Kopf war, und über ihm am Kreuz nur zum Spott die Inschrift: „Jesus von Nazareth, der König der Juden.“ Denn wir glauben und bezeugen, dass er gerade auf diese Weise zum größten König der Welt wurde und zum Überwinder des Todes. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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