Ein Freudenfest für Anfänger und Fortgeschrittene

Predigt über Johannes 2,1-11 zum 2. Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Hochzeit feiert jeder gern. Darum freuen wir uns, dass Gottes Wort uns heute mitnimmt zu einer Hochzeitsfeier. Sie findet in Kana statt, in Galiläa, in der Nähe von Nazareth, wo Maria mit ihrem ältesten Sohn Jesus und ihren anderen Kindern lebt; Josef ist wohl schon tot. Wie es Brauch ist, lädt das Brautpaar alle Verwandten, Nachbarn und Freunde ein zu dem Freudenfest. Eine ganze Woche lang wird gefeiert. Hunderte von Gästen kommen, wünschen Segen, reden, lachen, singen, essen und trinken nicht wenig, gehen dann wieder. Auch Maria ist mit ihrer Familie eingeladen, und Jesus darf seine neuen Freunde mitbringen – die ersten Jünger, die sich ihm angeschlossen haben. Jesus steht noch ganz am Anfang seiner Wirksamkeit, er ist erst kurz zuvor getauft worden und hat noch keine Wunder getan, er ist noch nicht berühmt. Und da passiert auf einmal die Panne, die für den Bräutigam äußerst peinlich ist: Der Wein ist alle. Eine Hochzeit ohne Wein? Unvorstellbar! Im Alltag können die Leute tagelang nur Wasser trinken, auch wochenlang, monatelang, das stört sie überhaupt nicht, aber bei einer Hochzeit muss Wein getrunken werden, sonst ist es keine richtige Hochzeit! Wein ist Freude, Wein gehört unbedingt dazu! Kein Wein mehr, das bedeutet: Schluss mit lustig; die Feier ist praktisch zu Ende. Maria tut das in der Seele weh, sie will das Fest retten. Ihrem Ältesten traut sie zu, dass er irgendwie Abhilfe schaffen kann, und bittet ihn daher um Hilfe mit dem dezenten Hinweis: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Jesus gibt eine hinhaltende, fast ablehnende Antwort, aber Maria hofft weiter, dass er etwas unternehmen wird. Und das macht er dann ja auch. Wie bei allen frommen Juden stehen auch auf diesem Anwesen in Kana große Steinkrüge. Da wird das saubere Wasser zum Waschen drin aufbewahrt, denn die Juden waschen stets Hände, Füße und Geschirr sehr gewissenhaft; so entspricht es ihren religiösen Reinigungsvorschriften. Diese Krüge sind nach einigen Tagen Hochzeit nun auch schon ziemlich leer. Jesus lässt sie von den Knechten des Hauses bis an den Rand wieder voll füllen, alle sechs. Jeder Krug fasst ungefähr hundert Liter, sodass Jesus der stolzen Menge von 600 Litern gegenübersteht; das sind mindestens zwei Badewannen voll. Und dann sind es plötzlich nicht mehr 600 Liter Wasser, sondern 600 Liter Wein! Wie Jesus das gemacht hat, steht nicht da, nur dass plötzlich wieder Wein da ist, Wein im Überfluss. Und was für ein Wein! Der Speisemeister, der von der ganzen Aktion nichts mitbekommen hat, kann es nicht fassen: Am Anfang eines Festes, wenn alle noch erwartungsvoll und nüchtern sind und wenn es noch ganz feierlich ist, dann wird normalerweise der beste Wein aufgetischt; später tut es auch der billige. Aber nun taucht hier bei fortgeschrittenem Fest plötzlich ein Wein von solcher Qualität auf, wie er ihn selten gekostet hat! Ja, so hat Jesus Freude gestiftet auf dieser Hochzeit.

Das fröhliche Ereignis von Kana möchte uns im Glauben an Jesus stärken, so wie es von den ersten Jüngern Jesu ausdrücklich heißt: „Seine Jünger glaubten an ihn.“ Dabei spielt es keine Rolle, ob wir Anfänger oder Fortgeschrittene im christlichen Glauben sind; beiden hat die Geschichte etwas zu bieten.

Der Anfänger lernt Jesus richtig kennen. Er merkt: Jesus ist kein Spaßverderber. Jesus feiert mit. Jesus freut sich mit, wenn andere sich freuen, und er hilft aus Notlagen. Jesus ist auch durchaus kein Feind des Alkohols; er selbst hat gern mitgetrunken. Seine Gegner haben ihn darum später einmal als „Fresser und Weinsäufer“ beschimpft (Matth. 11,19). So mancher Anti-Alkoholiker hätte es wahrscheinlich lieber gehabt, dass Jesus schon zu Anfang der Hochzeit allen Wein in Wasser verwandelt hätte, aber er hat das Gegenteil getan, er hat sehr viel sehr guten Wein gemacht. Versteht mich nicht falsch: Das ist kein Freibrief für Alkoholmissbrauch, kein Freibrief, sich sinnlos zu betrinken. Aber wenn Leute mal bei einer fröhlichen Feier Wein trinken oder Bier oder Wodka, dann ist das eine Freude, die Jesus ihnen von Herzen gönnt. Ja, Jesus begegnet uns als Freudenmeister in dieser Geschichte. Aber was noch wichtiger ist: Er zeigt sich als Gottes Sohn. Denn Wein lässt sich nicht aus Wasser zaubern, Wein lässt sich bis heute auch nicht künstlich herstellen. Nur der, der die Rebe wachsen und die Traube reifen lässt, kann aus Wasser Wein machen: Gott selbst. So hat Jesus zu dieser Gelegenheit seine Herrlichkeit offenbart und gezeigt, dass er der Schöpfer der Welt in Menschengestalt ist.

Der Fortgeschrittene im Glauben wird in dieser Geschichte aber noch viel mehr entdecken, was ihn im Glauben stärken kann. Diese Geschichte steckt nämlich voller Hinweise und Zeichen auf das, was Jesu eigentliche Mission auf Erden war: Die Erlösung der Welt von Sünde und Tod. Gleich am Anfang heißt es: „Am dritten Tag war eine Hochzeit in Kana“, am dritten Tag nach der ersten Jüngerberufung nämlich. Der Fortgeschrittene entdeckt hier gleich einen Hinweis auf Jesu Auferstehung: Nach seinem Leiden und Sterben ist er am dritten Tag auferstanden von den Toten – das ist das große Freudenfest des Glaubens, das wir noch heute mit jedem Sonntagsgottesdienst feiern. Und dann Jesu Wort an seine Mutter: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Er macht ihr deutlich: Ich helfe dann, wenn ich es will, nach dem Zeitplan meines himmlischen Vaters. Seine Mutter musste das lernen, ebenso wie wir heute noch Geduld lernen müssen, wenn wir zu Jesus beten. Er hilft nicht immer prompt, sondern wir müssen seine Zeit abwarten. „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, das sagt er uns auch heute noch immer wieder. Aber einmal hat er gesagt: „Jetzt ist meine Stunde da!“ (Joh. 17,1); das war kurz vor seinem Tod. Da hat er nachhaltig etwas dafür getan, dass die Festfreude bei uns Menschen kein jähes Ende findet, sondern in Ewigkeit weitergeht, da hat er uns am Kreuz mit dem Vater im Himmel versöhnt. Überschwänglich groß und köstlich ist die Liebe Gottes, die Jesus uns am Kreuz erwiesen hat, so überschwänglich groß, wie die Riesenmenge Wein bei der Hochzeit zu Kana es andeutet, und so überschwänglich köstlich, wie dieser Wein gut war. Bis zum Rand hatte Jesus die Steinkrüge füllen lassen, und es ist, als wollte er uns damit zeigen, dass er unser guter Hirte ist. Wie heißt es doch im 23. Psalm vom guten Hirten? „Du schenkest mir voll ein“; eigentlich: „Mein Becher ist randvoll“ (Ps. 23,5). Und schließlich haben auch die beiden Flüssigkeiten, um die es hier geht, dem bibelkundigen Fortgeschrittenen im Glauben ewas zu sagen: Wasser und Wein. Sie stehen für die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl, mit denen uns Christus seine Erlösung zueignet. Weil aber der Wein im Abendmahl zugleich das Blut Christi ist, so ist hier auch der Zusammenhang von Wasser und Blut angedeutet – Wasser und Blut kamen aus Jesu Seite, als er am Kreuz gestorben war und ein römischer Soldat ihn mit einer Lanze aufschlitzte (Joh. 19,34). Im 1. Johannesbrief heißt es in diesem Zusammenhang: „Dieser ist's, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus Christus“ (1. Joh. 5,6).

Der Apostel und Evangelist Johannes hat die Verwandlung von Wasser in Wein bewusst nicht ein Wunder genannt, sondern ein Zeichen. Sie ist auch heute für uns ein Zeichen, das uns die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus zeigt und seine große Liebe zu uns Menschen, mit der er uns Freude schenken will. Ja, das zeigt das Ereignis von Kana sowohl dem Anfänger als auch dem Fortgeschrittenen im Glauben. Johannes berichtet ferner, dass dieses Zeichen ganz am Anfang der öffentlichen Wirksamkeit Jesu stand; er begann sie gleichsam mit diesem Paukenschlag. Zugleich aber weist dieser Anfang auf das Ziel hin: Nach Taufe und Abendmahl, Tod und Auferstehung werden wir bei Gottes großem Festmahl im Himmel dabei sein, und da wird die Freude nie mehr aufhören. Ja, das schenkt uns Jesus! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum