Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Im Jahre 587 vor Christus eroberten die Babylonier Jerusalem. Der Predigttext berichtet von diesem Ereignis – das heißt, eigentlich berichtet er vom Ende einer langen Reihe von Ereignissen. Lasst sie uns ganz in den Blick nehmen.
Die babylonische Armee war nach Palästina vorgedrungen und hatte bereits viele jüdische Siedlungen erobert. Dem König des Reiches Juda war nur noch Jerusalem geblieben, seine Residenz. Aber auch dorthin drangen die Babylonier vor und belagerten die Stadt. Nach zwei Jahren gab es in ihr kein Essen mehr, es herrschte eine unbeschreibliche Hungersnot. Nun drangen die Babylonier in die Stadt ein. Der Könige von Juda und seine Truppen versuchten zu fliehen, aber sie wurden gefasst. Dann geschahen jene schlimmen Dinge, von denen der Predigttext berichtet: Die Babylonier verbrannten den Tempel und alle größeren Gebäude der Stadt; auch schleiften sie ihre Mauern. Danach verschleppten sie eine große Anzahl von Juden in die Babylonische Gefangenschaft.
Viele Juden verzweifelten nun an ihrem Glauben. Sie fragten: Warum hat Gott uns nicht geholfen? Warum hat Gott es zugelassen, dass Heiden sein Heiligtum zerstören und die heilige Stadt, in der es stand? Ist Gott zu schwach? Sind die heidnischen Götter stärker als er? Warum hat Gott seinem auserwählten Volk dies angetan?
Bei allen Propheten des Alten Testaments können wir die Antwort finden. Sie lautet: Die Zerstörung Jerusalems ist Gottes Strafgericht. Gott ist nicht schwach, sondern er hat sein Volk um dessen Sünde willen geschlagen. Gott hat ein heidnisches Volk, nämlich die Babylonier, zu seinem Erfüllungsgehilfen gemacht, um durch sie sein Urteil über Israels Ungehorsam zu vollstrecken. Seit dem Bundesschluss am Berg Sinai hatte sich Gott tausend Jahre lang in Geduld geübt und hatte sein Volk immer wieder durch Prophetenworte und kleinere Strafen gewarnt. Aber die Israeliten hatten sich das nie lange zu Herzen genommen. Immer wieder wandten sie sich heidnischen Göttern zu und taten anderes Unrecht. Wenn sie Reue zeigten, dann währte sie nur eine kleine Weile. Aus diesem Grund vollstreckte Gott schließlich sein großes Strafgericht: Er ließ Jerusalem zerstören und die Bevölkerung in die Babylonische Gefangenschaft wegführen.
Was können wir daraus lernen? Hören wir, was der Apostel Paulus den Korinthern geschrieben hat: „Das widerfuhr ihnen als ein Vorbild. Es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf die das Ende der Zeiten gekommen ist. Darum, wer meint, er stehe, mag zusehen, dass er nicht falle.“ (1. Kor. 10,11‑12). Ja, eines Tages wird Gottes endgültiger Gerichtstag kommen. An jenem Tag wird Gottes Geduld ihr Ende finden. Jetzt ruft uns Gott noch geduldig zur Buße, wie er es bei den Juden vor der Zerstörung Jerusalems tat. Gott hat uns lieb und will uns durch seinen Sohn Jesus Christus die Sünden vergeben; er will uns durch ihn gerecht machen, damit wir im Endgericht gerettet werden und die ewige Seligkeit erben.
Lasst uns die Sache mit Gottes Geduld und ihrem drohenden Ende nur nicht auf die leichte Schulter nehmen! Noch einmal: Die Geschichte mit Gottes Strafgericht über Jerusalem ist uns zur Warnung geschrieben. Dienen wir fremden Göttern? Dann lassen wir besser davon ab und bitten um Vergebung dafür. Versuchen wir, uns auf unredliche Weise zu bereichern? Dann lassen wir besser davon ab und bitten um Vergebung dafür. Sind wir in Unzucht und Ehebruch verstrickt? Dann lassen wir besser davon ab und bitten um Vergebung dafür. Unsere bloße Mitgliedschaft in einer Kirche wird uns nicht retten, auch nicht die bloße Anwesenheit im Gottesdienst. Retten kann uns nur Jesus Christus, darum wollen wir uns ihm mit aufrichtiger Reue und wahrem Glauben zuwenden.
Unser Herr straft nicht gern, er rettet viel lieber. Und er sendet uns seinen Heiligen Geist, der uns rechte Buße und rechten Glauben schenken will. Auch verheißt er uns, dass wir durch diesen Glauben gerettet werden. Wenn uns bange werden sollte vor Gottes Endgericht, dann haben wir diesen großen Trost: „Aus Gnaden soll ich selig werden! / Herz, glaubst du's oder glaubst du's nicht? / Was willst du dich so scheu gebärden? / Ists Wahrheit, was die Schrift verspricht, / so muss auch dieses Wahrheit sein: / Aus Gnaden ist der Himmel dein… Aus Gnaden! hierauf will ich sterben, / ich fühle nichts, doch mir ist wohl. / Ich kenn mein sündliches Verderben, / doch auch den, der mich heilen soll. / Mein Geist ist froh, die Seele lacht, / weil mich die Gnade selig macht.“ Amen.
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