Windeln und Krippe

Predigt über Lukas 2,12 zum Heiligen Abend

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Weihnachten ist das Fest der Geschenke. Wir haben Freude daran, einander zu beschenken. Wir packen unsere Gaben dazu in schönes Geschenk­papier und binden manchmal kunstvoll eine Schleife darum. Wir tun es, weil wir wissen: Es bereitet Freude, ein liebevoll verpacktes Geschenk aus­zuwickeln.

Das Weihnachts­geschenk, das alle anderen übertrifft, ist ein Kind: Gottes Sohn, geboren in der Heiligen Nacht. Dieses Weihnachts­geschenk macht Gott allen Menschen. Dieses Weihnachts­geschenk ist mehr wert als alle Geschenke der Welt. Dieses Weihnachts­geschenk bringt uns voll­kommenen Frieden und ewiges Leben.

Ist auch dieses göttliche Weihnachts­geschenk eingepackt? Ja, das ist es. Aber es ist nicht in schönes Weihnachts­papier ein­gewickelt, sondern in Windeln, und es liegt nicht auf dem Gabentisch, sondern in einer Futter­krippe. Diese Verpackung dient also nicht zur Verzierung, sie ist vielmehr ein Zeichen Gottes. Der Engel verkündete den Hirten von Bethlehem: „Das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“

Achten wir zunächst auf die Windeln! Diese „Ver­packung“ von Gottes Weihnachts­geschenk hat eine Botschaft, denn die Windeln sind ein „Zeichen“, sie „zeigen“ uns etwas, sie haben uns etwas zu sagen. Aber was sagen sie uns? Sie sagen: Das Jesuskind benötigte Windeln wie alle anderen Säuglinge. Es brauchte also die Hilfe und Pflege seiner Eltern in jeder Beziehung. Als die Hirten von Bethlehem den Heiland fanden, da fanden sie keinen Mann, der predigte oder Wunder tat, und sie fanden auch keinen König in all seiner Pracht und Herrlich­keit, sondern sie fanden lediglich einen Säugling, der ganz normal auf die Hilfe seiner Eltern angewiesen war. So wie das Kind in Windeln gehüllt war, so war sein göttlicher Glanz von einem mensch­lichen Körper in seiner kleinsten und hil­flosesten Form verhüllt. Der Apostel Paulus hat von der Selbst­erniedri­gung des Gottes­sohnes ge­schrieben: „Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechts­gestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt“ (Phil. 2,6‑7).

So ist es auch heute noch. Wir können Jesu Herrlich­keit nicht mit unseren leiblichen Augen sehen. Heute finden wir unsern Herrn in die „Windeln“ der Kirche gewickelt. Wir wissen, dass Jesus wirklich Gott ist; er ist allmächtig, und ihm gehört die ganze Welt. Aber seine Kirche besitzt keine großen Reichtümer. Wir wissen, dass wir im Heiligen Abendmahl den Leib und das Blut Christi empfangen. Aber diese wunderbaren Gaben sind gewisser­maßen eingehüllt in die „Windeln“ von Brot und Wein. Wir wissen, dass Jesus alle Tage bei uns ist und uns hilft. Aber wir haben mit Problemen zu tun und mit Leid und mit Schmerzen; wir müssen das Kreuz der Nachfolge tragen. Wir können die vollkommene Herrlich­keit unseres Herrn noch nicht sehen; es ist so wie bei den Hirten von Bethlehem, die nur einen Säugling fanden, in Windeln gewickelt. Aber wir glauben, dass er unser Heiland ist, der für uns geboren wurde und der für uns starb und der auferstand und der uns Tag für Tag hilft – Gottes großartiges Weihnachts­geschenk! Wenn er dann aber am Jüngsten Tag sichtbar wieder­kommen wird, dann werden wir seine ganze Herrlich­keit unverhüllt sehen können.

Lasst uns nun auch noch auf den zweiten Teil der Botschaft des Engels achten: „Ihr werdet finden das Kind… in einer Krippe liegen.“ Das ist das zweite Zeichen: die Krippe. Jesus ruhte gleich nach seiner Geburt in einem zweck­entfremde­ten Futtertrog für Tiere. Was will uns Gott mit diesem Zeichen sagen? Eine Krippe bietet dem Vieh Nahrung, denn sie enthält Heu oder Stroh. Aber in der Heiligen Nacht befand sich in dieser einen Krippe in Bethlehem eine andere Nahrung: Jesus, das Brot des Lebens. Als er erwachsen war, sagte er von sich: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten… Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auf­erwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank.“ (Joh. 6,35.54.55)

Jawohl, Gottes Weihnachts­geschenk ist etwas zu essen – eine Speise, die ewige leben lässt! Diese Speise bekommen wir auch und besonders zum Weihnachts­fest: Wir hören das Evangelium von Jesus Christus, und wir empfangen seinen Leib und sein Blut im Heiligen Abendmahl. Mit dieser Speise bekommen wir alles, was wir letztlich nötig haben, um mit Gott zu leben und um ewig selig zu werden. Mit dieser Speise bekommen wir die Vergebung der Sünden, den Heiligen Geist, Frieden mit Gott, seine barmherzige Liebe und auch ein neues Herz.

Der Engel verkündete den Hirten von Bethlehem: „Ihr werdet finden das Kind“, nämlich den Heiland. Die Hirten fanden ihn dann wirklich, denn sie wagten es, ihre Herde und ihren gewohnten Platz zu verlassen, um an Jesu Geburtsort zu kommen. Offenbar wussten sie, dass der Heiland wichtiger ist als alle Dinge dieser Welt. Finden auch wir den Heiland? Wissen auch wir, dass er wichtiger ist als alle Dinge der Welt? Wichtiger als unsere mensch­lichen Weihnachts­geschenke, wichtiger als alles Geld, wichtiger als alles Wertvolle? Sind wir wirklich bereit, nach Bethlehem zu ziehen und den Heiland zu finden, der in Windeln gehüllt in einer Krippe liegt? Ist es wirklich unser Wunsch, ihn von ganzem Herzen anzubeten und als seine Jünger zu leben?

Auf vielen Bildern der Geburt Christi sind Ochs und Esel neben der Krippe dar­gestellt. Die biblische Weihnachts­geschichte erwähnt sie nicht. Aber im ersten Kapitel des Jesaja­buches steht: „Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt's nicht, und mein Volk versteht's nicht“ (Jes. 1,3). Ochse und Esel hatten dem alten Volk Israel eines voraus: Sie wussten, wo sie Futter bekamen – bei der Krippe nämlich. Die damaligen Israeliten aber hatten ihren Gott verlassen, der ihnen geistliche Nahrung geben konnte. Lasst uns also den Ochsen und den Esel zum Vorbild nehmen und lasst uns zur Krippe unseres Herrn treten. Lasst uns die wahre Seelen­speise empfangen und an Jesus Christus glauben. Ochs und Esel, die da meistens neben der Krippe dargestellt sind, das sind in Wahrheit wir – wenn wir das Kind gefunden haben, „in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen“. Denn an seiner Krippe bekommen wir die wahre Speise, die uns labt und stärkt. Und dort sind wir unserem Herrn und Heiland ganz nah – für immer! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1995.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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