Seid Gottes Nachahmer!

Predigt über Epheser 5,1‑8 zum Sonntag Okuli

Liebe Heilige!

Ja, ihr habt richtig gehört: „Heilige“ nenne ich euch. „Heilige“ nenne ich alle, die Jesus Christus ihren Herrn nennen und an ihn glauben. „Heilige“, so nannte der Apostel Paulus auch die Glieder der christ­lichen Gemeinden, denen er Gottes Wort ver­kündigte. Sein Epheser­brief ist deshalb adressiert an die „Heiligen in Ephesus“, wie man im ersten Vers nachlesen kann. „Heilige“ seid auch ihr, ebenso „Geliebte“ und „Kinder des Lichts“ – diese wunderbaren Titel für Christen verwendet Paulus auch in dem Brief­abschnitt, den wir eben als Predigttext gehört haben.

Vielleicht fühlt ihr euch gar nicht als Heilige. Aber wenn ihr euer Vertrauen auf Jesus setzt, seid ihr es wirklich, denn der hat euch heilig gemacht. „Heilig“ heißt: „mit Gott verbunden“. Jesus hat den Riss der Sünde geheilt und euch mit dem himmlischen Vater versöhnt. Aus Liebe hat er es getan. So fängt Paulus das neue Kapitel an, und so redet er immer und immer wieder: „Christus hat uns geliebt und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.“ Wie das Volk Israel einst im Tempel wohl­riechende Speisopfer, Brandopfer und Räucheropfer darbrachte zur Vergebung der Sünden, so hat Jesus sich ein für alle Mal als Opfer dargebracht zur Vergebung aller Sünden. Aus Liebe hat er es getan; und darum tragen alle, die es im Glauben annehmen, den Ehrentitel „Geliebte und Heilige“. Weil Christus, das Licht der Welt, uns mit dem Vater des Lichts auf ewig verbunden hat, heißen wir auch „Kinder des Lichts“. Gott hat die Finsternis unserer Sünde hell gemacht.

So, und nun legt Paulus in den Versen unseres Abschnitts den Schwerpunkt auf die Er­munterung: „Lebt als Kinder des Lichts!“ – „Lebt so, wie es sich für Heilige gehört!“ – „Lebt das, was ihr seid!“ Was das bedeutet, fasst Paulus gleich am Anfang des Abschnitts in ein ungeheuer kühnes Wort: „Folgt Gottes Beispiel!“ Wörtlich: „Werdet Gottes Nachahmer!“ Das bedeutet: Lebt so, wie ihr es an Gottes Beispiel erkennen könnt! Und weil wir durch Jesus Christus als wichtigste göttliche Eigenschaft die Liebe kennen, bedeutet das: „Lebt in der Liebe!“

Durch Gottes Liebe haben wir ewiges Leben, und in der Liebe sollen wir selbst unser Leben führen. Liebe, das ist also unser Lebens­inhalt. Aber jeder Inhalt braucht eine Form, ein Gefäß. So ist es auch mit der Liebe: Wir können Liebe ohne Form ebensowenig leben, wie wir einen Schluck Wasser ohne Gefäß aufbewahren können. Was aber ist die Form der Liebe? Es ist Gottes Gesetz, es sind Gottes Richtlinien für unser Erdenleben, wie sie uns etwa in den Zehn Geboten begegnen. Das Gesetz sagt: „So sollt ihr leben, so entspricht es der Liebe!“, und das Gesetz sagt auch: „So sollt ihr nicht leben, so entspricht es nicht der Liebe!“ Um Letzteres geht es in unserem Abschnitt des Epheser­briefes: Da steht, wie wir nicht leben sollen, wie es der Liebe nicht entspricht. Wir finden da nämlich einen sogenannten „Laster­katalog“ vor. In ihm heißt es: „Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört. Auch schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Dank­sagung.“

Paulus hatte gute Gründe, warum er diese Warnungen aussprach. Das Leben in der Großstadt Ephesus war von Sünden und Lastern geprägt. Wie leicht konnte das auf den Lebens­wandel der jungen christ­lichen Gemeinde abfärben! Wie groß war das Risiko der Verführung! „Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten“, warnte Paulus, „denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Un­gehorsams.“ Die Ungläubigen, die „Kinder des Un­gehorsams“, stellen ein gefährlich schlechtes Vorbild dar. Die Gläubigen, die „Kinder des Lichts“, sollen sich nicht täuschen: Wer in den genannten Sünden lebt und nicht Buße tut, der verliert seinen Anteil am Reich Gottes. „Seid nicht ihre Mit­genossen“, warnte Paulus noch einmal. Das heißt: Macht nicht mit beim schänd­lichen Treiben der „Kinder des Un­gehorsams“, damit ihr nicht auch an ihrem bösen Ende teilhaben müsst!

Wie aktuell sind doch diese Worte! Wir Kinder des Lichts sind heute ja auch umgeben von unzähligen Kindern des Ungehorsams. Laster und Sünden werden ungeniert in der Öffentlich­keit begangen. Sie werden auch von den Medien groß heraus­gestellt und als besonders freier, fort­schritt­licher Lebensstil gepriesen. Und diejenigen, die solche Laster ent­schuldigen und ver­harmlosen, sind sogar mitten in der christ­lichen Kirche an­zutreffen. Selbst manche klugen Theologen erklären mit ver­blüffenden Argumenten, dass viele Gebote Gottes heute überholt seien, weil sich die Gesell­schaft geändert habe. Wer aber sagt, dass wir uns dann mitändern müssen? „Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten!“ – „Werdet nicht ihre Mit­genossen!“ Die Worte des Paulus sind klar und sehr aktuell. Sie bedeuten, dass wir heute erst recht ganz genau auf Gottes Weisungen achten müssen, wenn unsere Umwelt uns keine ver­nünftigen Maßstäbe mehr an die Hand gibt.

Lasst uns mal einen Blick darauf werfen, welche Laster Paulus hier beim Namen nennt. Als erstes nennt er die Unzucht. Wenn in der Kirche immer wieder vor sexuellen Sünden gewarnt wird, so hat das seinen guten Sinn und ist biblisch begründet. Die Unzucht fehlt nämlich in keinem der neu­testament­lichen Laster­kataloge, und in unserem Laster­katalog erscheint sie sogar an erster Stelle. Es ist Gott offenbar besonders wichtig, uns vor sexuellen Sünden zu warnen. Das liebevolle Miteinander von Mann und Frau in der Ehe ist nämlich Abbild für Gottes Liebe zu uns Menschen. Jede sexuelle Betätigung vor oder außerhalb der Ehe und jede sexuelle Verirrung verhöhnt dieses wunderbare Abbild, verhöhnt damit letztlich Gottes Liebe. Darum schreibt Paulus auch: „Jede Art von Unreinheit“ soll nicht einmal gerüchte­weise unter uns Christen vorkommen. Weiterhin nennt Paulus die Habsucht. Auch das ist eine schlimme Sache. Zudem beruhigt sie sich nicht mit zunehmendem Alter auf natürliche Weise wie der Sexual­trieb, sondern die Habsucht nimmt bei manchem Leuten im Alter sogar noch zu. Überprüfen wir doch mal unsere Ansprüche! Lassen wir uns mit dem genügen, was nötig und sinnvoll für uns ist – so, wie es die Bibel uns anderer Stelle rät (1. Tim. 6,8)? Nun ist es ja keine Schande, wenn man sich und seinen Angehörigen mal etwas Schönes gönnt oder wenn man sich etwas zusammen­spart, aber vor der Habgier sollten wir uns unbedingt hüten!

Unzucht, Unreinig­keit, Habgier – diese drei Dinge nennt Paulus einen „Götzen­dienst“. Alles, was Gott den Herrn vom ersten Platz in unserem Leben verdrängt, ist ein Götze. Und bei den genannten Sünden ist es der große Götze „Ich“. Diesem Götzen dient man letztlich, wenn man sich in Unzucht, Unreinig­keit und Habgier verstrickt. Passen wir auf, dass Jesus Christus unser Herr bleibt, unsere Nummer Eins im Leben!

Und dann benennt Paulus auch noch Laster, die aus unserem Mund heraus­kommen. „Schandbare und närrische oder lose Reden“ nennt er sie. Ihre Gefährlich­keit besteht darin, dass sie uns so leicht von den Lippen gehen. Wie schnell hat man etwas Unnützes und Schädliches gesagt! Ach, ich ertappe mich auch immer wieder selbst dabei. Wenn jemand mal eine Woche lang mit einem Aufnahme­gerät hinter mir herlaufen und alles aufnehmen würde, was ich sage, dann wäre es eine ganz schlimme Strafe für mich, wenn ich mir das hinterher anhören müsste. „Schandbare und närrische oder lose Reden“ – leider ist uns auch hier unsere Umwelt nicht gerade ein Vorbild. Wieviel dummes Zeug wird überall geredet! Und wieviel Schwachsinn wird sogar schwarz auf weiß gedruckt! Wieviele lose Reden kann man auf der Straße hören oder auf dem Schulhof! Und wie sieht es in der christ­lichen Gemeinde aus? Stimmt es, dass man hier „vielmehr Danksagung“ hört, wie es Gott gefällt? Wie sieht es bei dir persönlich aus: Kommt aus deinem Mund eher mal eine abfällige ironische Bemerkung oder ein Lobpreis Gottes? Ach, wie schwer ist es, Gott mit dem Mund zu dienen und die Zunge in Zaum zu halten!

Wenn du nun anhand dieses Laster­katalogs merkst, dass du in letzter Zeit nicht immer wie ein Heiliger gelebt hast, dann gibt es nur einen Ausweg: Bekenne Gott deine Sünden und bitte ihn um Vergebung! Verdränge es nicht, sondern packe es vor ihm aus, was in deinem Leben nicht in Ordnung ist! Suche Zuflucht bei dem, der sich in Liebe für dich aufgeopfert hat! Lass dir deine Sünden vergeben! Und dann: Lass ab von solchen üblen Lastern, die dein Leben kaputt machen! Nimm dir das vor, mit so großem Ernst, als ob dein Leben davon abhinge! Es gibt ein scheinbar lutherisches Miss­verständ­nis, das lautet: „Wir sind ja nun mal alle Sünder und bleiben das auch und müssen aus der Vergebung leben – deshalb hat es gar keinen Zweck, mit allem Ernst gegen die Sünde zu kämpfen.“ Das ist nicht eine Haltung, die die Bibel lehrt, auch nicht eine Haltung, die Gott gefällt. Richte dich lieber nach dem, was Gott selbst dir heute durch seinen Apostel sagt: „Folgt Gottes Beispiel! Werdet Gottes Nachahmer! Lebt in der Liebe! Lasst ab von Unzucht, Unreinig­keit und Habgier, wie es sich für die Heiligen gehört! Lasst euch von niemandem verführen! Lebt als Kinder des Lichts!“ Wenn du dann trotzdem wieder in Sünde fällst, dann vergiss nicht: Gott ist barmherzig und lässt den nicht hängen, der Buße tut! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1992.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum