Der sich selbst schenkt

Predigt über Titus 2,14 zum Heiligen Abend

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Ich habe mal von einem Mann gehört, der hat seiner Frau zu Weihnachten etwas ganz Besonderes und Wertvolles geschenkt: Er band sich eine Schleife aus Geschenk­band ins Haar, ging strahlend auf sie zu und sagte: Ich schenke dir mich selbst!

Genauso ist das mit dem größten und wert­vollsten Weihnachts­geschenk der Welt. Denn eigentlich ist das ja Gottes Weihnachts­botschaft: Ich schenke dir mich selbst. „Christus hat sich selbst für uns gegeben“, so schrieb der Apostel Paulus in Vollmacht des Heiligen Geistes, und das heißt: Christus hat sich selbst uns geschenkt. Das Kind in der Krippe ist Gottes Geschenk an uns Menschen: Gott selbst schenkt sich uns.

Was haben wir von diesem Geschenk? „Erlösung“, hören wir. „Er hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns erlöste von aller Un­gerechtig­keit.“ Erlösung, das ist Befreiung von den dunklen Mächten. Stell dir vor, du wirst von gewissen­losen Gangstern entführt. Man sperrt dich ein in einen völlig dunklen Raum. Du weißt nicht, was aus dir werden soll, wie lange du da drin bleiben musst, ob du da überhaupt wieder lebend heraus­kommst. Und dann trifft plötzlich die Polizei ein, stürmt das Haus, öffnet dein Gefängnis, und du bist frei. Das ist Erlösung, Erlösung von der Macht der Ungerechtig­keit!

Wie aber erlöst uns Gottes Geschenk? Gott schenkt sich uns selbst als Heiland – als Heilmacher sozusagen. Der Heiland, der Heilmacher Jesus Christus, macht bei uns all das wieder heil, was der Kaputt­macher kaputt gemacht hat. Der Kaputt­macher ist der Teufel. Er steckt hinter dem, was Paulus „Ungerechtig­keit“ nennt: „… damit er uns erlöste von aller Ungerechtig­keit.“ Der Kaputt­macher hat uns im Finstern gefangen gehalten, und das auf eine ganz hinter­listige Art: Er hat uns dabei vorgemacht, als würden wir bei ihm die Freiheit und herrliches Leben finden.

Ja, der Kaputt­macher ist ein großer Heuchler und Lügner. Er verspricht und das Blaue vom Himmel herunter und hält nichts. Er sagt: Hör nicht auf Gottes Wort, sei dein eigener Herr, lebe nach deinem eigenen Willen. Dabei finden wir Freiheit nur durch das Wort dessen, der uns geschaffen hat. Der Kaputt­macher sagt: Nimm was du kriegen kannst, auch wenn du dabei andere übers Ohr hauen mussst und auch wenn andere dabei auf der Strecke bleiben. Er verschweigt dabei, dass Geben seliger als Nehmen ist, und dass der Habgierige am Ende ein ganz armer Tropf bleibt. Der Satan sagt: Koste dein Leben jetzt aus, wie du Lust hast; frage nicht nach Gott und den Menschen; man lebt nur einmal und muss doch an sich denken. Er verschweigt dabei, dass ein Leben ohne Gott im ewigen Tod endet, in der Hölle, wo dem Teufel schon sein ewiges Schicksal besiegelt ist, fern vom Herrn. „Freiheit!“ ruft der Teufel und nimmt gefangen. „Nimm!“ ruft der Teufel und fordert doch selbst vielmehr dafür. „Lebe!“ sagt der Teufel und führt doch letztlich in den Tod.

Aber da kommt der Heilmacher, der Heiland, schenkt sich uns selbst und bringt so die Erlösung, die Befreiung von der Ungerechtig­keit des Kaputt­machers. Freilich verhüllt er seine göttliche Herrlich­keit und übt seine Macht aus unter dem Deckmantel des Gegenteils: der Armut, der Schwach­heit, der Niedrig­keit. Gott wird ein schwaches Baby, ein Sohn armer Leute, ein Obdach­loser, der in einem Stall übernachten muss. Bald darauf ist er ein Asylant in Ägypten, auf der Flucht vor dem Zorn des Königes Herodes. Und dann wird er ein Wander­prediger ohne festen Wohnsitz, von den Mächtigen des Landes gehasst und an­gefeindet. Schließlich wird er gefoltert, zum Tode verurteilt und am Kreuz grausam hin­gerichtet. „Am Anfang die Krippe, am Ende der Galgen“, so hat es mal jemand auf einen Nenner gebracht.

Aber indem Jesus das alles auf sich nahm, hat er die unseligen Folgen unserer Sünde abgebüßt. Er trug die Strafe, den Tod und die Höllenqual, damit uns das erspart bleibt. So erlöste er uns aus der Hand des Teufels, des Kaputt­machers. So machte uns der Heiland heil. So schenkte er uns, dass wir heute geborgen in Gottes Liebe leben dürfen, was auch immer geschieht. Und so öffnete er uns den Himmel – in Ewigkeit. Das, liebe Gemeinde, ist Erlösung, das ist das Geschenk. „Er hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns erlöste von aller Ungerechtig­keit.“

Jedem persönlich hat der Heilmacher dieses Geschenk mit der Taufe überreicht. Nun kommt es darauf an, wie wir mit diesem Geschenk umgehen. Es gibt ja ver­schiedene Weisen, mit Weihnachts­geschenken umzugehen. Man kann ein Geschenk ablehnen, es gar nicht erst annehmen. Das verletzt den Geber, und man hat auch nichts davon. Trotzdem machen das viele mit Gottes Geschenk: Sie glauben nicht daran, sie lehnen es ab. Schade. Man kann auch so tun, als ob man ein Geschenk annimmt. Man kann Freude heucheln: Nein, so etwas Ent­zückendes! – aber am Ende wirft man das Geschenk weg oder lässt es unbeachtet im Schrank liegen. Wer sich ein Christ nennt, aber nicht wirklich nach Gottes Wort fragt und Jesus nicht wirklich seinen Herrn nennt, der handelt so. Auch damit verletzt er den Geber, und er hat nichts von dem Geschenk, hat keine Erlösung, auch wenn der Wert des Geschenkes dadurch nicht geschmälert wird – Taufe bleibt Taufe. Weiterhin kann man ein Geschenk halbherzig annehmen. Das geschieht oft. Man freut sich, nimmt es an, gebraucht es aber kaum. Bei anderen Weihnachts­geschenken mag das angehen, aber bei Gottes Geschenk geht das nicht. Man kann nicht ein bisschen Christ sein; man kann nicht ein bisschen erlöst werden. Entweder glaubt einer, dass Christus ihn ganz und gar erlöst hat, rundherum, mit Haut und Haaren, oder er ist noch in den Klauen des Kaputt­machers. Man kann nicht ein bisschen Jesus zum Herrn haben, man würde ihn sonst zum Knecht de­gradieren, zu einem, der einfach zum angenehmen Leben beitragen soll. Nein, wenn ich ihn als Geschenk annehme als Heilmacher und Herr, dann geht das nur, wenn ich selbst Diener bin, Knecht und Jünger, wenn ich mich also unter Jesus unterordne, ihm diene und gehorche.

Noch einmal: Das wertvollste Weihnachts­geschenk heißt Jesus Christus. Es befreit uns aus den Klauen des Kaputt­machers. Lasst uns dieses Geschenk annehmen – mit ganzem Herzen, mit beiden Händen, voller Dank und Freude, und so, als bekämen wir es in diesem Jahr neu geschenkt, und so, als wäre es ein Vermögen von un­schätzbarem Wert. Das ist ja auch der Fall. Es ist noch dazu ein Vermögen, das durch unsern Tod nicht entwertet wird. Diese Gabe wollen wir nie wieder loslassen! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1991.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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