Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Die Sache mit der Arche gehört zu den wenigen biblischen Geschichten, die heute auch bei Nicht-Christen noch allgemein bekannt sind. Noahs Arche hat Künstler aller Zeiten inspiriert, und auch der Spielzeugmarkt hat diverse Ausführungen im Angebot. Die Arche Noah – eine altbekannte Geschichte. Wir haben eben den Anfang des entsprechenden biblischen Tatsachenberichts gehört. Um Tatsachen handelt es sich bei der Arche in der Tat. Die Sintflut und die Geschichte mit der Arche hat übrigens in vielen Kulturen ihre Spuren hinterlassen. Es gibt neben der Bibel weitere Aufzeichnungen darüber, wenn auch nicht so zuverlässige. Archäologen, Geologen und Biologen haben sich mit der Arche beschäftigt und erstaunliche Entdeckungen gemacht. Schiffsbauingenieure haben herausgefunden, dass dieser Kasten ideale Maße für seinen Zweck besaß, auf der Flut zu treiben: er hatte etwa die Größe und die Proportionen eines modernen Öltankers. Natürlich bleiben viele Fragen zu dieser Geschichte unbeantwortet, vieles bleibt Geheimnis, vieles ist auch nur als göttliches Wunder vorstellbar. Aber dass es diese weltweite Flut gegeben hat mit Noah und der Arche, das steht fest. Und daraus ergibt sich, dass Noah unser aller Urgroßvater ist, denn er, seine Frau und seine Nachkommen waren die einzigen Überlebenden dieser weltweiten Überschwemmung.
Ist die Arche Noah aber nichts anderes als eine vorsintflutliche Geschichte, wenn auch eine wahre? Wenn das der Fall wäre, dann könnten wir schnell mit ihr fertig sein. Wir spüren jedoch, dass diese Geschichte irgendwie aktuell ist, dass sie etwas mit uns zu tun hat. Nicht umsonst ist sie heute noch so bekannt. Was aber hat sie uns zu sagen? Die Umweltschützer legen sie in ihrem Sinne aus, und sicher kann die Arche noch für vieles andere als Gleichnis dienen. Aber für uns Christen ist diese Geschichte ja mehr als ein vielseitiges Sinnbild, sie ist Gottes Wort. So möchten wir gern wissen, was Gott uns heute damit sagen will, was seine aktuelle Botschaft durch die Arche ist. Dem kommen wir auf die Spur, wenn wir darauf achten, wie die Bibel selbst auf die Arche und die Sintflutgeschichte zurückgreift. Zweimal legt uns das Neue Testament die Sintflutgeschichte aus: einmal im Blick auf unsere Taufe, zum andern im Blick auf den Jüngsten Tag. Lasst uns beides näher besehen.
Der Apostel Petrus schrieb: „Gott hatte Geduld zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch. Das ist ein Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet“ (1. Petrus 3,20‑21). Lieber Christ, bedenke, was das heißt: Wie Gott in der gewaltigen, vernichtenden, todbringenden Sintflut acht Menschen das Leben gerettet hat, so hat er dich in der gewaltigen, vernichtenden, todbringenden Flut der Sünde zum ewigen Leben gerettet. Ja, so etwas Großartiges ist in deiner Taufe geschehen! Da bist du Gottes Zornesgericht entkommen, da bist du reingewaschen worden mit dem heiligen Blut Jesu Christi, da bist du selig geworden. Jawohl, wir haben einen Gott, der vom Tod errettet. Weil du getauft bist, hat das Sterben seinen Schrecken verloren. Nun bedeutet Sterben nicht mehr den endgültigen Tod, sondern es führt dich in ein neues, noch schöneres Leben.
Sehen wir genauer hin: „Das ist ein Vorbild der Taufe“, schrieb der Heilige Geist durch Petrus. Genau genommen steht da: „Das ist ein Gegen-Bild zur Taufe“. Was geschieht in der Taufe? Da wird ein Mensch in Christi Tod hineingetauft, da wird der alte Adam ersäuft, da stirbt der alte sündhafte Mensch, und so kommt Rettung. Das ist das Gegenbild, das ist das Gegenteil der Arche: Dort kam die Rettung vom Tod durch den Schutz vor dem Wasser, durch das Schwimmen oben drauf; hier kommt die Rettung durch das Untergehen im Wasser, durch Ersaufen und Sterben. Denn das ist ja das Geheimnis des Evangeliums, Gottes „Torheit“, die weiser ist als der Menschen Weisheit: Durch Christi Tod kommt unser Leben; wir sterben der Sünde und leben in ewiger Gerechtigkeit. So ist die Sintflut-Geschichte für uns Christen keine düstere und tragische Geschichte, sondern eine frohe Geschichte, nämlich die Geschichte unserer Rettung. Und weil wir heute und jeden Tag unseres Christenlebens aus der Taufe leben, ist sie auch täglich aktuell.
Aber nun stellt uns das Neue Testament die Sintflutgeschichte auch noch als Gleichnis für den Jüngsten Tag vor Augen. Unser Herr Jesus Christus selbst hat es getan, als er seine Jünger lehrte: „Wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch sein das Kommen des Menschensohns. Denn wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut – sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich heiraten bis an den Tag, an dem Noah in die Arche ging; und sie beachteten es nicht, bis die Sintflut kam und raffte sie alle dahin – ‚ so wird es auch sein beim Kommen des Menschensohns“ (Matth. 24,38‑39). Damit sagt uns Jesus: Wir stehen heute in derselben Situation wie Noah vor der Flut. Die große Katastrophe steht bevor: Gottes endgültiges Gericht über die Welt. Wie einst die Wassermassen über den gesamten Erdball tobten, so werden einst Himmel und Erde mit großem Krachen zergehen. Es knistert bereits im Gebälk, und wer feine Ohren hat, kann dieses Knistern hören: Erdbeben, Vulkanausbrüche, Kriege, Unfälle, grausames Sterben … das alles sind Vorboten von Gottes Zorn, der sich am Jüngsten Tag ungehemmt ergießen wird. Damals hatte Gott alle Menschen warnen lassen, und heute tut er es ebenso. Noah war ein „Prediger der Gerechtigkeit“, lesen wir in der Bibel (2. Petrus 2,5). Er hat nicht stumm und verbissen an seinem Kasten gebaut, sondern er hat seinen Mitmenschen deutlich gesagt, wozu er das tut und was Gott von ihrem Lebenswandel hält. Wie Gott es Noah offenbart hatte, so hat Noah es weitergesagt. Das Tragische war nur, dass keiner darauf hörte! Hinterher ist man klüger – also seien wir klüger, wir nachsintflutlichen Leute! Auch heute wird Gottes Wort gepredigt. Wir wissen, dass Gott zornig ist über unsere Sünde, wir wissen um das Ende der Welt, wir wissen um Gottes Endgericht. Wir kennen aber auch die „Arche“, die uns retten kann: Das Kreuz, das Blut Christi, die Taufe, die Vergebung der Sünden, die Gnade und Barmherzigkeit unseres Gottes. Wir brauchen uns diese Arche nicht selbst zu zimmern, sondern Gott selbst hat sie uns hingestellt. Nur einsteigen müssen wir in diese Arche; das geschieht durch Glauben. Es ist der Glaube, der schon für Noah charakteristisch war. Noah war ein frommer und gerechter Mann, im Vergleich zu seinen Zeitgenossen geradezu untadelig. Aber das war es letztlich nicht, was ihn rettete. Im Neuen Testament, im Hebräerbrief, erfahren wir, dass sein Glaube das Vorbildliche an ihm war, sein bedingungsloses Vertrauen in Gottes Wort. Das untadelige Leben war nur eine Frucht seines Glaubens, eine konsequente Folge seiner Herzenshaltung. Ja, so wie Noah lasst uns glauben! Lasst uns die Arche des Heils betreten, denn dann dürfen wir gewiss sein, dass Gott uns rettet durch das letzte vernichtende Zornesgericht hindurch zum ewigen Leben.
Gott sagte Noah sein Vernichtungsurteil voraus und nannte als Grund die Bosheit der Menschen; Noah glaubte. Gott sagt uns in der Bibel das Ende der Welt voraus und redet nüchtern von unserer Sünde; wir glauben es. Gott gab Noah den Befehl, die Arche genau nach seinen Plänen und Maßangaben zu bauen, und dann befahl er ihm, seine Familie und von jedem Tier ein Paar mitzunehmen; Noah glaubte, gehorchte und tat alles ganz so, wie Gott es ihm aufgetragen hatte. Gott sagt uns heute, dass wir uns zu Jesus Christus halten und in seiner Liebe leben sollen: wir wollen ihm vertrauen und alles ganz so tun, wie er es von uns haben will. Gott verhieß Noah Rettung und Leben; Noah vertraute darauf. Gott verheißt uns Rettung vor Sünde, Tod und Teufel sowie Rettung am Jüngsten Tag; darauf wollen wir vertrauen.
Liebe Brüder und Schwestern, mit dem Abstand von Jahrtausenden liegt die Sache mit der Arche klar und abgeschlossen hinter uns. Diese Klarheit kann uns dienlich sein, wenn wir unsere christliche Existenz heute verstehen wollen. Gottes Wort hat uns gezeigt, wie wir an den Eckpfeilern Taufe und Jüngster Tag solche Klarheit gewinnen können. Wir sehen an dieser doppelten Aktualisierung der Arche zugleich: Wir leben in einem Zwischenzustand, in einem Spannungsfeld. Wir sind schon getauft, aber noch nicht unsterblich; schon gerettet, aber noch nicht am Ziel; schon dem Gericht entronnen, aber noch den Gerichtstag vor Augen. Lasst uns in dieser Zeit Glauben halten, an Christus festhalten und so das Leben gewinnen! Amen.
PREDIGTKASTEN |