Arche aktuell

Predigt über 1. Mose 6,9‑22 zum 16. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Die Sache mit der Arche gehört zu den wenigen biblischen Ge­schichten, die heute auch bei Nicht-Christen noch allgemein bekannt sind. Noahs Arche hat Künstler aller Zeiten inspiriert, und auch der Spielzeug­markt hat diverse Aus­führungen im Angebot. Die Arche Noah – eine altbekannte Geschichte. Wir haben eben den Anfang des ent­sprechenden biblischen Tatsachen­berichts gehört. Um Tatsachen handelt es sich bei der Arche in der Tat. Die Sintflut und die Geschichte mit der Arche hat übrigens in vielen Kulturen ihre Spuren hinter­lassen. Es gibt neben der Bibel weitere Auf­zeichnungen darüber, wenn auch nicht so zu­verlässige. Archäo­logen, Geologen und Biologen haben sich mit der Arche beschäftigt und erstaun­liche Ent­deckungen gemacht. Schiffsbau­ingenieure haben heraus­gefunden, dass dieser Kasten ideale Maße für seinen Zweck besaß, auf der Flut zu treiben: er hatte etwa die Größe und die Pro­portionen eines modernen Öltankers. Natürlich bleiben viele Fragen zu dieser Geschichte un­beantwor­tet, vieles bleibt Geheimnis, vieles ist auch nur als göttliches Wunder vorstell­bar. Aber dass es diese weltweite Flut gegeben hat mit Noah und der Arche, das steht fest. Und daraus ergibt sich, dass Noah unser aller Urgroßvater ist, denn er, seine Frau und seine Nachkommen waren die einzigen Über­lebenden dieser weltweiten Über­schwemmung.

Ist die Arche Noah aber nichts anderes als eine vor­sintflut­liche Geschichte, wenn auch eine wahre? Wenn das der Fall wäre, dann könnten wir schnell mit ihr fertig sein. Wir spüren jedoch, dass diese Geschichte irgendwie aktuell ist, dass sie etwas mit uns zu tun hat. Nicht umsonst ist sie heute noch so bekannt. Was aber hat sie uns zu sagen? Die Umwelt­schützer legen sie in ihrem Sinne aus, und sicher kann die Arche noch für vieles andere als Gleichnis dienen. Aber für uns Christen ist diese Geschichte ja mehr als ein viel­seitiges Sinnbild, sie ist Gottes Wort. So möchten wir gern wissen, was Gott uns heute damit sagen will, was seine aktuelle Botschaft durch die Arche ist. Dem kommen wir auf die Spur, wenn wir darauf achten, wie die Bibel selbst auf die Arche und die Sintflut­geschichte zurück­greift. Zweimal legt uns das Neue Testament die Sintflut­geschichte aus: einmal im Blick auf unsere Taufe, zum andern im Blick auf den Jüngsten Tag. Lasst uns beides näher besehen.

Der Apostel Petrus schrieb: „Gott hatte Geduld zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch. Das ist ein Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet“ (1. Petrus 3,20‑21). Lieber Christ, bedenke, was das heißt: Wie Gott in der gewaltigen, ver­nichtenden, tod­bringenden Sintflut acht Menschen das Leben gerettet hat, so hat er dich in der gewaltigen, ver­nichtenden, tod­bringenden Flut der Sünde zum ewigen Leben gerettet. Ja, so etwas Großartiges ist in deiner Taufe geschehen! Da bist du Gottes Zornes­gericht entkommen, da bist du rein­gewaschen worden mit dem heiligen Blut Jesu Christi, da bist du selig geworden. Jawohl, wir haben einen Gott, der vom Tod errettet. Weil du getauft bist, hat das Sterben seinen Schrecken verloren. Nun bedeutet Sterben nicht mehr den endgültigen Tod, sondern es führt dich in ein neues, noch schöneres Leben.

Sehen wir genauer hin: „Das ist ein Vorbild der Taufe“, schrieb der Heilige Geist durch Petrus. Genau genommen steht da: „Das ist ein Gegen-Bild zur Taufe“. Was geschieht in der Taufe? Da wird ein Mensch in Christi Tod hinein­getauft, da wird der alte Adam ersäuft, da stirbt der alte sündhafte Mensch, und so kommt Rettung. Das ist das Gegenbild, das ist das Gegenteil der Arche: Dort kam die Rettung vom Tod durch den Schutz vor dem Wasser, durch das Schwimmen oben drauf; hier kommt die Rettung durch das Untergehen im Wasser, durch Ersaufen und Sterben. Denn das ist ja das Geheimnis des Evan­geliums, Gottes „Torheit“, die weiser ist als der Menschen Weisheit: Durch Christi Tod kommt unser Leben; wir sterben der Sünde und leben in ewiger Gerechtig­keit. So ist die Sintflut-Geschichte für uns Christen keine düstere und tragische Geschichte, sondern eine frohe Geschichte, nämlich die Geschichte unserer Rettung. Und weil wir heute und jeden Tag unseres Christen­lebens aus der Taufe leben, ist sie auch täglich aktuell.

Aber nun stellt uns das Neue Testament die Sintflut­geschichte auch noch als Gleichnis für den Jüngsten Tag vor Augen. Unser Herr Jesus Christus selbst hat es getan, als er seine Jünger lehrte: „Wie es in den Tagen Noahs war, so wird auch sein das Kommen des Menschen­sohns. Denn wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut – sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich heiraten bis an den Tag, an dem Noah in die Arche ging; und sie beachteten es nicht, bis die Sintflut kam und raffte sie alle dahin – ‚ so wird es auch sein beim Kommen des Menschen­sohns“ (Matth. 24,38‑39). Damit sagt uns Jesus: Wir stehen heute in derselben Situation wie Noah vor der Flut. Die große Katastrophe steht bevor: Gottes endgültiges Gericht über die Welt. Wie einst die Wasser­massen über den gesamten Erdball tobten, so werden einst Himmel und Erde mit großem Krachen zergehen. Es knistert bereits im Gebälk, und wer feine Ohren hat, kann dieses Knistern hören: Erdbeben, Vulkan­ausbrüche, Kriege, Unfälle, grausames Sterben … das alles sind Vorboten von Gottes Zorn, der sich am Jüngsten Tag ungehemmt ergießen wird. Damals hatte Gott alle Menschen warnen lassen, und heute tut er es ebenso. Noah war ein „Prediger der Gerechtig­keit“, lesen wir in der Bibel (2. Petrus 2,5). Er hat nicht stumm und verbissen an seinem Kasten gebaut, sondern er hat seinen Mitmenschen deutlich gesagt, wozu er das tut und was Gott von ihrem Lebens­wandel hält. Wie Gott es Noah offenbart hatte, so hat Noah es weiter­gesagt. Das Tragische war nur, dass keiner darauf hörte! Hinterher ist man klüger – also seien wir klüger, wir nach­sintflutlichen Leute! Auch heute wird Gottes Wort gepredigt. Wir wissen, dass Gott zornig ist über unsere Sünde, wir wissen um das Ende der Welt, wir wissen um Gottes Endgericht. Wir kennen aber auch die „Arche“, die uns retten kann: Das Kreuz, das Blut Christi, die Taufe, die Vergebung der Sünden, die Gnade und Barmherzig­keit unseres Gottes. Wir brauchen uns diese Arche nicht selbst zu zimmern, sondern Gott selbst hat sie uns hin­gestellt. Nur einsteigen müssen wir in diese Arche; das geschieht durch Glauben. Es ist der Glaube, der schon für Noah charakte­ristisch war. Noah war ein frommer und gerechter Mann, im Vergleich zu seinen Zeit­genossen geradezu untadelig. Aber das war es letztlich nicht, was ihn rettete. Im Neuen Testament, im Hebräer­brief, erfahren wir, dass sein Glaube das Vorbild­liche an ihm war, sein bedingungs­loses Vertrauen in Gottes Wort. Das untadelige Leben war nur eine Frucht seines Glaubens, eine konsequente Folge seiner Herzens­haltung. Ja, so wie Noah lasst uns glauben! Lasst uns die Arche des Heils betreten, denn dann dürfen wir gewiss sein, dass Gott uns rettet durch das letzte ver­nichtende Zornes­gericht hindurch zum ewigen Leben.

Gott sagte Noah sein Ver­nichtungs­urteil voraus und nannte als Grund die Bosheit der Menschen; Noah glaubte. Gott sagt uns in der Bibel das Ende der Welt voraus und redet nüchtern von unserer Sünde; wir glauben es. Gott gab Noah den Befehl, die Arche genau nach seinen Plänen und Maßangaben zu bauen, und dann befahl er ihm, seine Familie und von jedem Tier ein Paar mit­zunehmen; Noah glaubte, gehorchte und tat alles ganz so, wie Gott es ihm aufgetragen hatte. Gott sagt uns heute, dass wir uns zu Jesus Christus halten und in seiner Liebe leben sollen: wir wollen ihm vertrauen und alles ganz so tun, wie er es von uns haben will. Gott verhieß Noah Rettung und Leben; Noah vertraute darauf. Gott verheißt uns Rettung vor Sünde, Tod und Teufel sowie Rettung am Jüngsten Tag; darauf wollen wir vertrauen.

Liebe Brüder und Schwestern, mit dem Abstand von Jahr­tausenden liegt die Sache mit der Arche klar und ab­geschlossen hinter uns. Diese Klarheit kann uns dienlich sein, wenn wir unsere christliche Existenz heute verstehen wollen. Gottes Wort hat uns gezeigt, wie wir an den Eckpfeilern Taufe und Jüngster Tag solche Klarheit gewinnen können. Wir sehen an dieser doppelten Aktuali­sierung der Arche zugleich: Wir leben in einem Zwischen­zustand, in einem Spannungs­feld. Wir sind schon getauft, aber noch nicht un­sterblich; schon gerettet, aber noch nicht am Ziel; schon dem Gericht entronnen, aber noch den Gerichtstag vor Augen. Lasst uns in dieser Zeit Glauben halten, an Christus festhalten und so das Leben gewinnen! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1991.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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