Wer Gott vertraut, hat keine Sorgen

Predigt über Matthäus 6,24‑34 zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wer Jesus vertraut, hat es gut. Wer Jesus vertraut, dem kann manches Magen­geschwür erspart bleiben, denn wer Jesus vertraut, der braucht sich keine Sorgen zu machen – wenigstens nicht um die An­gelegen­heiten dieser Welt. „Sorget nicht“, ermunterte Jesus seine Jünger. Macht euch keine Sorgen um euer Leben! Ihr braucht euch nicht verzweifelt zu fragen, woher ihr genug zu essen und und zu trinken bekommt. Ihr braucht euch nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, wo ihr Kleidung herbekommt gegen die Kälte. Und wie Jesus es seinen Jüngern damals zurief, so möchte ich es euch jetzt weiter­geben: Macht euch keine Sorgen!

Nun ist das ja heute sowieso nicht unser Problem, dass wir uns ums Verhungern oder ums Verdursten sorgen müssten. Wir sorgen uns eher darum, ob unser Essen gesund ist, ob es uns schmeckt, und vielleicht auch, ob es uns nicht zu dick macht. Unser Überleben ist heute weitaus stärker abgesichert als damals. In unserem Blickfeld liegt nicht so sehr die Sorge, dass wir überleben, sondern die Sorge, wie wir überleben, wie also unsere Lebens­qualität ist. Wir kommen auch nicht auf die Idee, dass unser Leben durch Mangel an Kleidung bedroht sein könnte. Wenn wir fragen: „Was soll ich anziehen?“, dann fragen wir das vor einem vollen Kleider­schrank, wo wir uns nicht entscheiden können.

In einer Hinsicht allerdings spüren doch die meisten von uns, dass es uns ans Leben gehen könnte, ja, dass es großen Teilen der Menschheit ans Leben gehen könnte, und das ist die Umwelt­problematik. Wie leicht gerät man da ins Sorgen! Wie lange können wir unser Trinkwasser noch un­bedenklich genießen? Wie wird sich die Klima­katstrophe weiter auswirken? Steht eine nukleare Katastrophe vor der Tür? Welche Nahrungs­mittel sind womit belastet, und wie schädlich ist das? Fragen über Fragen, Sorgen über Sorgen! Wie können wir überleben, wie können wir angesichts dieser Bedrohungen einen un­versehrten Leib behalten?

Auch auf die Gefahr hin, jetzt naiv zu erscheinen, setze ich die Worte unseres Herrn dagegen. Sie passen nämlich genau in diese Situation: „Sorget nicht! Macht euch keine Sorgen, weder um euer Leben noch um euren Leib!“ Aber warum denn? Die Umwelt­gefahren sind doch nicht ein­gebildet, sondern wirklich vorhanden! Warum sollten wir uns nicht darüber Sorgen machen?

Jesus zeigt uns im Verlauf seiner Predigt zunächst einmal, dass wir uns mit unserer Sorgerei maßlos über­schätzen. „Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“ Wer sind wir denn, dass wir meinen, unsere Zukunft und die Zukunft der Welt hänge von uns ab? Gerade dieser Eindruck wird bei leiden­schaftlichen Umwelt­schützern oft erweckt, nach dem Motto: Wenn wir jetzt nicht aktiv werden, dann wird die Welt kaputt gehen, dann wird bald kein Leben mehr auf ihr möglich sein. Aber liebe Leute, seht doch mal realis­tisch, was ihr ausrichtet: Natürlich könnt ihr Energie sparen, ein sparsames Auto benutzen, mit dem Rad fahren, Sparlampen verwenden – das ist ja auch gut so. Aber was ist das gegen die unzähligen Tonnen Erdöl, die täglich auf der Welt ver­schwendet werden? Natürlich könnt ihr euer Altpapier sammeln und zur Wieder­verwertung abgeben – das ist ja auch gut so. Trotzdem könnt ihr nicht verhindern, dass sich das Altpapier auf diversen Halden inzwischen zu Bergen türmt, auf denen Bäume wachsen. Wie kümmerlich sind unsere guten und ernsten Absichten, die Umwelt zu schützen, und wie vermessen die Vor­stellung, wir Menschlein hätten die Zukunft der Welt in der Hand!

Gott kann heute oder morgen Schluss machen mit deinem Leben und mit der ganzen Welt, wenn er will. Er kann sie aber auch noch tausend Jahre erhalten, wenn er will, kann sie mit starker Hand von allen Umwelt­schäden säubern. Er kann mit einem Finger­schnippen das Ozonloch stopfen; trauen wir ihm das etwa nicht zu? Das wäre eines seiner kleineren Wunder. Also: Wir brauchen uns nicht zu sorgen, denn er sorgt für uns. Er sorgt für die Spatzen, er sorgt für die Lilien, er sorgt noch vielmehr für die Menschen, er sorgt für die gesamte Menschheit auf diesem schönen Planeten. Wer diesem starken Gott vertraut, der braucht sich keine Sorgen zu machen. Ist das nicht herrlich?

Und das Beste ist: Wir kennen ihn ja gut, diesen Gott! Wir haben ihn durch Jesus Christus kennen­gelernt, seinen Sohn. Wir gehören zu Jesus; er ist unser Herr, wir seine Brüder. „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtig­keit, so wird euch das alles zufallen“, ruft er uns zu. Nach Gottes Gerechtig­keit trachten – wir wissen, wo wir die finden: in den Wunden unsers Herrn. Der hat für uns alle Gerechtig­keit erfüllt, der hat uns heilig gemacht, der hat uns mit dem himmlischen Vater versöhnt. Wenn wir diese Gerechtig­keit im Glauben annehmen, wenn wir danach zuerst trachten, dann gehören wir zu Gottes Reich. Und dann wissen wir: Es ist nun alles in Ordnung; der liebe Vater sorgt für uns, und das andere alles wird uns zufallen. Das andere alles – Essen, Trinken, Kleidung und eine Umwelt, in der man überleben kann. Es wird uns zufallen, solange Gott es in seinem weisen Ratschluss so fügt, denn niemand kann seinem irdischen Leben eigen­mächtig auch nur eine Sekunde hinzufügen. Aber sein Reich hört ja nicht nach diesem irdischen Leben auf, sondern dann gehts erst richtig los, in himmlischer Herrlich­keit! Ja, wenn wir danach zuerst trachten, nach seinem Reich und nach seiner Gerechtig­keit, dann wäre es lächerlich, wenn wir uns um die Dinge dieser Welt Sorgen machen würden – bei dem Vater! Dann würden wir ihm ja nicht mehr zutrauen, dass er alles in Ordnung bringt. Wenn wir ihm aber vertrauen, wenn wir durch Jesus Christus zu ihm gefunden haben, dann können wir ganz getrost sagen: „Tobe, Welt, und springe; / ich steh hier und singe / in gar sichrer Ruh.“

Wahr­scheinlich sind jetzt einige nicht ganz ein­verstanden mit dem, was ich gesagt habe. Ist es nicht gefährlich, so zu predigen? Unterstützt man damit nicht die Luftikusse, die leicht­sinnig durchs Leben schlendern und letztlich auf Kosten anderer leben? Unterstützt man damit nicht die Umwelt­verbrecher, die nun mit desto besserem Gewissen un­verantwort­lichen Raubbau mit Gottes Schöpfung treiben? Das will ich mit allem Nachdruck zurück­weisen! Wir Menschen haben von Gott eine Ver­antwortung hinsicht­lich seiner guten Schöpfung übertragen bekommen, die Ver­antwortung nämlich, diesen „Garten“ zu bebauen und zu bewahren. Es ist Unrecht und Sünde, wenn wir fahrlässig damit umgehen, wenn wir wertvolle Rohstoffe ver­schwenden, wenn wir das ökologische Gleich­gewicht kaputt machen und leicht­sinnig Gefahren herauf­beschwören.

Aber so ein ver­antwortungs­voller Umgang mit Gottes Schöpfung ist kein Sorgen, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie Jesus dieses Wort gebraucht hat. Es geht Jesus nicht um bestimmte Aktivi­täten, sondern es geht ihm um die innere Ein­stellung, aus der heraus dann alle Aktivitäten fließen. Jesus wirbt hier um die rechte Einstellung des Glaubens, des Vertrauens: Sorget nicht! Maßt euch nicht an, dass ihr durch euer Tun die Probleme dieser Welt in den Griff bekommen könnt; Gott allein ist es, der sie erhält! Sorget nicht! Erwartet und erbetet vielmehr alles von eurem lieben himmlischen Vater! Sorget nicht! Seht nicht euer Tun in den Geschäften dieser Welt als das Wichtigste an, sondern setzt den Glauben an die erste Stelle, das Trachten nach Gottes Reich und nach Gottes Gerechtig­keit! Wer da seinen Lebens­schwerpunkt hat, der braucht sich wirklich keine Sorgen mehr zu machen um die Dinge dieses Lebens. Anderer­seits: Wer die Dinge dieser Welt an die erste Stelle setzt, der denkt heidnisch, der dient dem Mammon, der wird schließlich von der Sorge auf­gefressen werden und muss ver­zweifeln, weil er merkt, wie wenig er doch letztlich ausrichten kann. Sorget nicht! Betrügt euch nicht selbst: Gottes Tun hat eine viel größere Herrlich­keit als alles, was ihr tun könnt! Die aber­tausenden Feldblumen kleidet Gott viel schöner, als die Modemacher ihre Models kleiden können. So gilt doch für unsere ganze Welt: Stümpert nicht eigen­mächtig herum, sondern lasst den Profi ran, lasst den Hersteller ran, lasst Gott ran! Stellt euch zuallererst auf ihn ein, vertraut ihm durch Jesus Christus, dann wird sich alles andere schon ergeben!

Wer Jesus vertraut, hat es gut. Wer Jesus vertraut, der braucht sich keine Sorgen zu machen, wenigstens nicht um die Angelegen­heiten dieser Welt. Nur: Wer von uns hat solches Vertrauen? Ertappen wir uns nicht doch immer wieder beim Sorgen? Ja, das müssen wir bekennen: Wir sind hin- und hergerissen zwischen Sorgegeist und Vertrauen, zwischen Mammon und Gott. Niemand kann diesen beiden Herrn zugleich dienen, aber hin- und hergerissen zwischen ihnen, das sind wir. Trösten wir uns: Den Jüngern damals ging es nicht besser – diesen großen Glaubens­helden, die für Jesus ihre ganze bürgerliche Existenz hinter sich gelassen hatten. Ein einziges Mal redet Jesus sie in diesem Abschnitt an, und wie nennt er sie da? „Ihr Klein­gläubigen!“ Er hat das sicher nicht böse oder scharf gesagt, sondern geduldig, liebevoll mahnend: Ihr Klein­gläubigen, habt ihr denn immer noch so wenig Vertrauen? Ist euch denn euer kleines irdisches Leben und euer Leib immer noch so wichtig, dass der Vater im Himmel dahinter zurück­stehen muss? Denkt doch an das herrliche Reich, in das er euch hinein­führt, und an das ewige Leben, das euch verheißen ist! Denkt doch an die Gerechtig­keit, die Jesus euch erworben hat und schenkt – ihr braucht nichts von euch aus hinzu­zufügen! Denkt doch daran, wie sehr der Vater im Himmel euch liebt, wie mächtig er ist, wie herrlich er alles regiert im Himmel und auf Erden! Solltet ihr da noch sorgen? Ihr Klein­gläubigen!

Klein­gläubige – ja, das sind wir. Lasst uns aber mit unserem Klein­glauben Zuflucht nehmen zu Jesus, damit er uns den Glauben stärkt. Wir wollen lernen, zuallerst nach seinem Reich zu trachten und nach seiner Gerechtig­keit. Je besser wir das lernen, desto weniger Sorgen werden wir haben. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1991.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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