Das Blut des Bundes

Predigt über 2. Mose 24,8 zum Gründonnerstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Blut ist die kostbarste Flüssig­keit, die es gibt. Blut ist Leben, und nichts ist kostbarer als das Leben. Blut­transfusio­nen gehören zu den wichtigsten lebens­rettenden Maßnahmen, die es in der modernen Medizin gibt. Blut ist die kostbarste Flüssig­keit. Auch Gottes Wort lehrt, dass Blut Leben ist. „Des Leibes Leben ist im Blut“, heißt es in Gottes Gesetz (3. Mose 17,11). Dieser Grundsatz zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel.

In ältester Zeit, gleich nach der Sintflut, verfügte Gott: „Wer Menschen­blut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden“ (1. Mose 9,6). Es war das Gesetz der Blutrache, der Vergeltung von Leben mit Leben. Es galt so lange, bis die Menschheit zu Völkern mit richtigen Obrigkeiten angewachsen war, wo Mord und Totschlag durch ent­sprechende Gesetze bestraft wurde. Das Vergeltungs­prinzip wurde dabei lange Zeit aufrecht erhalten: Blut gegen Blut; Blut­vergießen musste mit Blut­vergießen bestraft werden.

Doch auch dies finden wir bereits im Alten Testament, dass Blut retten und heilen kann. Denken wir zurück an die letzte Nacht des Volkes Israel in der ägyptischen Knecht­schaft: Gott hatte neun Plagen über die Ägypter kommen lassen, um ihren König zum Einlenken zu zwingen, dass er die Hebräer wegziehen lässt. Doch das Herz das Pharao war immer noch verstockt. Nun sollte die zehnte und schreck­lichste Plage kommen: Gott schickte sich an, in allen Häusern die Erst­geborenen zu töten. Nur den Hebräern verhieß er Ver­schonung: Sie sollten Lämmer schlachten, Passa­lämmer, eins pro Haus. Mit dem Blut der Lämmer sollten sie dann ihre Türrahmen an­streichen, so würde der Würgeengel vorüber­gehen und alle im Haus am Leben lassen. Das war die Stunde der Rettung durch das Blut der Lämmer und zugleich die Geburts­stunde des Passa­festes. Noch Jahre und Jahr­hunderte später spielte das Blut der Opfertiere eine ent­scheidende Rolle für die Israeliten: Es heiligte, reinigte und rettete sie.

Schließlich hat Gott durch das Blut von Opfertieren seinem Volk auch Zeugnis gegeben. Eben darum geht es in dem Bibelvers, den wir eben gehört haben: „Da nahm Mose das Blut und besprengte das Volk damit und sprach: Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat auf Grund aller dieser Worte.“ Was ist damit gemeint? Wenige Wochen nach dem Auszug aus Ägypten kamen die Israeliten am Berg Sinai an. Dort schloss Gott einen Bund mit ihnen. Das heißt, „Bund“ ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck, aber es gibt in der deutschen Sprache keinen besseren. Gott gab seinem Volk einen feierlichen Beschluss bekannt, ver­pflichtete es zu diesem Beschluss und stellte es zugleich unter seinen besonderen Schutz. Dieser Beschluss, dieser „Bund“ lautete: Wenn ihr mich als einzigen Gott anbetet und fürchtet, wenn ihr mir vertraut und meine Gebote haltet, dann wird es euch für immer gut gehen, und ihr werdet meinen Segen empfangen. Wenn ihr euch aber von mir abwendet, wenn ihr fremden Göttern dient, wenn ihr ungehorsam werdet und meine Gebote nicht haltet, dann kommt mein Zorn über euch, und mit ihm der Tod. Dieser Beschluss Gottes ist der alte Bund, der Gesetzes­bund, ein Bund über Leben und Tod. Zum Zeichen dafür, wie ernst es Gott mit diesem Bund war, ließ er durch Mose das Blut von Opfertieren auf das Volk sprengen und sagen: „Seht, das ist das Blut des Bundes, den der Herr mit euch geschlossen hat auf Grund all dieser Worte.“

Liebe Brüder, liebe Schwestern, wenn auch der Alte Bund besonders für das Volk Israel galt, so gilt Gottes Gesetz doch für alle Menschen. Es gilt auch heute für dich und für mich. Und es ist auch für uns eine Sache über Leben und Tod, im wahrsten Sinne des Wortes eine todernste Sache, eine bluternste Sache. Auch uns bezeugt Gottes Gesetz: Wenn du die heiligen Gebote hältst, wirst du leben und Segen ernten. Wenn du dich aber von Gott abwendest und die Gebote über­trittst, dann wird Gottes Zorn über dich kommen. Ja, das ist der Schrecken des Alten Bundes.

Dieser Schrecken trifft uns hart, weil wir merken: Unser Herz ist noch von Gott weit entfernt. So vieles will uns lieber werden als er; da sind so viele andere Götter. Gottes Gebote zeigen uns wie ein klarer Spiegel, dass wir vor seinem Gesetz nicht bestehen können, sondern dass wir Zorn verdient und das Leben verwirkt haben. Ja, das bezeugt das Blut des alten Bundes uns noch heute – er ist eine todernste, eine bluternste Sache.

Aber nun will Gott ja gar nicht den Tod des Sünders. Gott will nicht, dass wir an seinem alten Bund zu Grunde gehen. Darum hat er den neuen Bund gestiftet – den neuen Bund, der den alten zwar nicht ungültig macht, der ihn aber erfüllt und zugleich überwindet. Es ist der neue Bund, den Gott durch seinen Sohn Jesus Christus gestiftet hat, durch das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt. Jesus nahm den Fluch des alten Bundes auf sich am Kreuz – nicht für sich selbst, sondern für uns alle, die wir an Gottes Gesetz schuldig geworden sind. Ja, das Kreuz zeigt uns, welche schrecklichen Folgen Gottes alter Bund nach sich zieht, weil wir ihn gebrochen haben. Zugleich aber zeigt das Kreuz Gottes Liebe, Gottes Gnade, Gottes große Barmherzig­keit im neuen Bund. Denn indem Jesus Gottes Zorn trug, ist Gottes Zorn für uns überwunden. Wer das glaubt, der erntet trotz seiner Ver­fehlungen Gottes Segen und ewiges Leben – das ist die gute Nachricht des neuen Bundes.

Auch den neuen Bund hat Gott mit Blut besiegelt und bezeugt. Wie gesagt: Blut ist die kostbarste Flüssig­keit, die es gibt; Blut ist Leben. Für den neuen Bund ist das Blut Jesu geflossen, das Blut des Gottes­sohnes und Menschen­sohnes, das Blut des Königs aller Könige und Herrn aller Herren. Ein größeres und ernsteres Zeugnis für seine Liebe konnte Gott uns nicht geben. Der Apostel Johannes bezeugte: „Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde“ (1. Joh. 1,7). Gott hatte vor langer Zeit verfügt: „Wer Menschen­blut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden.“ Das war das Gesetz der Vergeltung. Nun hat Gott selbst Vergeltung geübt für unsere Ver­fehlungen, aber diese Vergeltung hat seinen eigenen Sohn getroffen, den Un­schuldigen an unserer Statt. Weil wir Dinge getan haben, die des Todes würdig sind, musste der Gottessohn bluten und sterben.

Gott hatte die Israeliten in der Nacht des Zorns verschont vor dem Würgeengel durch das Blut der Passalämmer an den Türpfosten. Jesus ist nun das Passalamm des neuen Bundes. Sein Blut, vergossen auch an Holz­pfosten, am Kreuzesbaum nämlich, verschont vor dem ewigen Tod, vor der Verdammnis der Hölle. Wer an das Gotteslamm Jesus Christus glaubt, hat Vergebung der Sünden. So war es kein Zufall, dass Jesus in der Nacht des Passa-Gedenkens den neuen Bund stiftete in seinem Blut. Mit seinen Jüngern feierte er das Mahl der Erinnerung daran, wie Gott sein Volk verschont und aus Ägypten geführt hatte. Dann aber gab Jesus diesem Mahl eine neue Dimension: Er brach das ungesäuerte Brot, das man zu diesem Fest aß, teilte es aus und sagte: „Das ist mein Leib.“ Kraft seiner Worte wurde es sein Leib. Und er reichte den Becher Wein herum, aus dem man zu diesem Fest trank, und sagte: „Das ist mein Blut des neuen Bundes, vergossen für euch zur Vergebung der Sünden.“ Kraft seiner Worte wurde es sein Blut – sein Blut, das für die Jünger den neuen Bund bezeugte und be­kräftigte; sein Blut, das keine 24 Stunden später sichtbar floss, um das welt­umspannende Erlösungs­werk zu wirken.

Liebe Gemeinde, in der Kraft dieses folgen­reichsten Ereignisses der Welt­geschichte wiederholt sich das Wunder von Christi Leib und Blut im heiligen Mahl seitdem immer wieder – auch hier bei uns, in unserer kleinen, be­scheidenen Kirche. Immer, wenn Jesus hier an den Altar zum Abendmahl lädt, essen wir seinen Leib und trinken sein Blut, verborgen in Brot und Wein. Und mit diesem Blut bezeugt uns Gott den neuen Bund, den Bund des Lebens, den Bund, der dem Sünder ewiges Leben bringt. Blut ist Leben, und das Blut Jesu ist ewiges Leben für alle, die an ihn glauben. „Das Blut Jesu Christi, Gottes Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“ So bleibt uns nichts als zu trinken und zu glauben. Zu trinken am Tisch des Herrn, aber auch zu trinken, wo immer sein Geist und sein Wort uns begegnet, das Wort des neuen Bundes, das Wort des Evan­geliums. Lasst uns trinken, lasst uns glauben, lasst uns aus der Kraft des Blutes Jesu leben – hier unter dem Kreuz, dort in ewiger Herrlich­keit. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1991.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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