Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Viele meinen, die Zukunft der Welt liegt in der Menschen Hand. Ob Erde und Menschheit noch lange in der heutigen Form weiterexistieren, das hänge davon ab, wie wir mit der Schöpfung umgehen: ob wir Raubbau mit ihr treiben oder ob wir sie pflegen. Im Licht von Gottes Wort sieht das aber ein bisschen anders aus. Versteht mich nicht falsch: Natürlich möchte Gott, dass wir pfleglich mit seiner Schöpfung umgehen und die Verantwortung wahrnehmen, die er uns als einzigen vernunftbegabten Bewohnern dieses Planeten gegeben hat. Aber wann es mit der Welt ein Ende nehmen wird, das bestimmt er allein, da haben wir keinen Einfluss drauf. Er hat es vorausgesagt: Einmal wird er die Erde und das All abschaffen – so, wie jemand eine Zeitung aus der Hand legt, wenn er sie ausgelesen hat. Das wird Gottes großer Gerichtstag sein, der letzte, der Jüngste Tag. Der Apostel Johannes hat es vorausgesehen und beschrieben: „Ich sah einen großen, weißen Thron und den, der darauf saß (das ist Jesus Christus in seiner Herrlichkeit, dem der Vater alle Macht gegeben hat im Himmel und auf Erden); vor seinem Angesicht flohen die Erde und der Himmel, und es wurde keine Stätte für sie gefunden.“ Keine Stätte mehr für Himmel und Erde, das ist Schöpfung rückwärts: Wie Gott einst alles aus dem Nichts erschaffen hat, so wird er es auch wieder abschaffen; Erde und All müssen dann wieder zu nichts werden.
Wenn wir verstehen wollen, was darauf folgt, und wenn wir die entsprechenden Bibelstellen auslegen wollen, dann müssen wir uns grundsätzlich eines klarmachen: Wir bewegen uns im Bereich des Unvorstellbaren. Wie es sein wird, wenn Himmel und Erde und Raum und Zeit und alle Naturgesetze nicht mehr existieren, das geht über unseren Horizont; wir können es nur aus mehr oder weniger dunklen Bildern erahnen, die Gott uns durch seine Apostel und Propheten geschenkt hat. Manches erscheint uns darin unklar und widersprüchlich. Das muss auch so sein. Denn wenn es eine naturwissenschaftlich exakte Beschreibung der Ereignisse nach dem Weltende und der entsprechenden Örtlichkeiten gäbe, dann wäre das nichts anderes als eine Übertragung menschlicher Gedanken in Gottes Welt. Nein, Gottes Welt ist in Wirklichkeit ganz anders, als wir uns das vorstellen können. Und so wollen wir uns denn mit den wesentlichen Grundwahrheiten begnügen, die uns die Bibel trotz ihrer dunklen Bilder und geheimnisvollen Andeutungen sehr klar wissen lässt.
Eine dieser Grundwahrheiten lautet, dass sich an das Ende der Welt Gottes Gericht anschließen wird. Der Abschnitt aus der Johannes-Offenbarung, den wir eben gehört haben, ist einer von vielen Gerichtstexten in der Bibel. Wie die anderen zeigt er uns deutlich, dass es einen Zeitpunkt geben wird, auf den alles ankommt, an dem alles offenbar wird, an dem sich zeigen wird, wer sich in seinem Leben recht darauf vorbereitet hat und wer nicht. Auf alle Fälle wird es ein Tag großen Ernstes sein, bezeugen uns die entsprechenden Bibelstellen.
In unserem Abschnitt fällt auf, dass da nur von Toten die Rede ist: „Ich sah die Toten, groß und klein, stehen vor dem Thron.“ Kennen wir das nicht anders? „… von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten“, bekennen wir mit dem Apostolischen Glaubensbekenntnis. Und das können wir auch gut verstehen: Wenn Gott Himmel und Erde abschaffen wird, dann werden ja wohl noch Menschen am Leben sein, die dann zusammen mit den vorher Verstorbenen und nun wieder Auferstandenen vor dem Richterstuhl Jesu Christi erscheinen. Warum also sieht Johannes im Geiste hier nur die Toten vor dem Thron?
Gemeint sind die geistlich Toten. Das sind die Ungläubigen, die nicht an Jesus Christus geglaubt haben, die „in ihren Sünden tot sind“, wie die Bibel an anderer Stelle sagt. Das ist ganz logisch: Wer nicht wiedergeboren ist durch Wasser und Geist, also durch Taufe und Glaube, der ist geistlich tot, auch wenn er ansonsten quicklebendig ist. Um diese geistlich Toten geht es hier. Das wird etwas später noch deutlicher: Da spricht Johannes davon, dass einerseits das Meer die Toten herausgibt, andererseits der Tod mit seinem Reich. Die Toten des Meeres sind die Ungläubigen, die beim Weltuntergang gerade per Schiff unterwegs sein werden, die Toten des Totenreichs dagegen die Ungläubigen, die auch schon leiblich gestorben sein werden. Wenn wir Jesu Gerichtsgleichnis im Hinterkopf haben mit den Schafen zur Rechten und den Böcken zur Linken, dann können wir sagen: Dem Johannes geraten hier in seiner Vision gerade nur die Böcke ins Gesichtsfeld, die Bösen, die zur Linken – und er nennt sie „Tote“.
Wir nehmen zur Kenntnis: Johannes schaut und beschreibt hier das Gericht zur Verdammnis. Es ist in diesem ganzen Abschnitt ja auch nicht vom Himmel und nicht von der ewigen Seligkeit die Rede, sondern nur vom feurigen Pfuhl, der Hölle. Es gibt heutzutage viele Christen, die würden das am liebsten völlig ausblenden. Sie meinen, es sei psychologisch verkehrt, mit der Hölle zu drohen und von der Verdammnis zu reden, man dürfe nur mit dem Himmel locken. Wisst ihr was? An diesem Punkt pfeife ich auf die Psychologie. Ich lese in der Bibel, dass da nicht nur vom Himmel und vom Seligwerden die Rede ist, sondern auch von der Hölle und von der Verdammnis. Und ich lese da ebenfalls, dass wir uns hüten sollen, etwas von dieser Botschaft wegzulassen, auch wenn es uns nicht passt. Darum entziehe ich mich heute nicht diesem Predigttext, und darum bitte ich euch, dass auch ihr diese dunkle Seite zur Kenntnis nehmt: eben, dass es da ein Gericht zur Verdammnis geben wird. Zum Trost möchte ich aber gleich anfügen, dass selbst in diesem dunklen Abschnitt das Evangelium aus dem Hintergrund hervorleuchtet; sein Licht ist so stark, dass es nicht ganz draußen bleiben kann. Doch davon am Schluss mehr.
Was geschieht denn nun beim Gericht zur Verdammnis? „Bücher wurden aufgetan. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken.“ Neulich habe ich eine merkwürdige Zeitungsanzeige gesehen. Da wird ein Buch angepriesen, in dem allerhand belastendes Material über einen Kanzlerkandidaten zusammengetragen sein soll. Ein Journalist hat es geschrieben, der ein erklärter Feind dieses Politikers ist. In der Werbung heißt es: Wer dieses Buch gelesen hat, wird bestimmt nicht mehr diesen Mann wählen. Lieber Bruder, liebe Schwester, stell dir vor, über dich würde so ein Buch geschrieben werden. Dein erklärter Feind, ein findiger Journalist, würde alles zusammentragen, was in deinem Leben schief gelaufen ist, und würde ein Buch daraus machen. Da würden dann alle lieblosen und unwahren Worte drin stehen, die du gesagt hast, alle Versprechen, die du nicht eingelöst hast, alle Versäumnisse, alle egoistischen Handlungen, ja selbst deine Gedanken: Wo du nur im Stillen Unreines gedacht hast, wo du im Stillen andere Menschen verflucht hast. Ja, so wird das sein, wenn am Jüngsten Tag die Bücher aufgetan werden. Da werden alle Sünden ans Licht kommen, und Christus wird das Urteil fällen: Schuldig! Und die Toten werden dann mit dem zweiten und endgültigen Tod bestraft werden, mit der ewigen Verdammnis. Sie kommen in den Mülleimer Gottes, in den „feurigen Pfuhl“, wie es in der Offenbarung heißt, zusammen mit dem Satan und den Dämonen, mit Tod und Totenreich. Das Schreckliche daran sind freilich nicht hohe Temperaturen oder Teufelchen, die die Menschen mit Zangen und anderen Werkzeugen quälen. Nein, das Schreckliche daran wird sein, dass die Leute in der Hölle fortan von Gott abgeschnitten sind, dass sie keine Chance mehr haben, zu ihm zu kommen. Die Hölle ist eine „ewige Qual“, so steht es gerade im Vers vor unserem Abschnitt. Das können wir nun gar nicht verstehen, warum es eine so harte und grausame Strafe geben muss; schon der Gedanke daran quält uns. Aber wenn Gott so straft, ist er doch heilig und gerecht, und wir dürfen es nicht wagen, ihm da hineinzureden. Wir dürfen das, was sein Wort darüber sagt, auch nicht eigenmächtig abschwächen. Nein, wir müssen mit der ganzen Bibel bezeugen: Der Gerichtstag Gottes ist ein Tag mit großen Ernst, unermesslich viel steht da auf dem Spiel.
So, nun wollen wir aber noch betrachten, wie auch in diesem dunklen Abschnitt das Evangelium hervorleuchtet. Es ist da nämlich nicht nur die Rede von den Büchern, in denen die Werke der Angeklagten stehen. Es ist da noch von einem ganz anderen Buch die Rede: vom „Buch des Lebens“. Da stehen alle drin, die nicht zu den geistlich Toten gehören, sondern die das ewige Leben haben. Es ist die Bürgerliste des Gottesreiches, sozusagen die Passagierliste des Himmels. Und von diesem Buch heißt es zum Schluss: „Wenn jemand nicht gefunden wurde geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde geworfen in den feurigen Pfuhl.“ Das bedeutet: Wer in dem Buch des Lebens steht, wer also geistlich lebendig ist, dem bleibt die Hölle erspart, der wird nicht in den Pfuhl geworfen! Es gibt eine Rettung aus dem Gericht zur Verdammnis, es gibt eine Erlösung!
Wenn das so ist, dann sollte uns viel daran liegen, dass wir in diesem Buch stehen. Wie kommt man denn da hinein? Lass dir die frohe Botschaft sagen: Du stehst schon drin! Als du getauft wurdest, ist dein Name in das Lebensbuch im Himmel eingetragen worden. Und wenn du diese Himmelsbürgerschaft nicht durch deinen Unglauben zurückweist, bleibst du auch darin stehen bis zum Jüngsten Tag. Dann wirst du nicht zu den Toten gehören, die aufgrund ihrer bösen Werke in den Büchern gerichtet werden. Denn wer im Lebensbuch steht, der hat die Vergebung der Sünden, der ist gereinigt durch das Blut des Lammes. Jesus Christus hat mit seinem Opfer am Kreuz all das Böse getilgt, was da in den Büchern gestanden hat bei denen, die zu ihm gehören. Wenn du nur an Jesuss festhälst, dann darfst du damit rechnen: In deinem Tatenbuch im Himmel sind die Untaten gestrichen, geschwärzt, ausradiert – niemand kann sie mehr lesen, und auch der Weltenrichter wird dich nicht verurteilen aufgrund deiner Sünde. Der feurige Pfuhl bleibt dir erspart. So ernst und schrecklich das ist, was wir von der Verdammnis eben gehört haben – ist das nicht weitaus herrlicher und wunderbarer, dass Gott dich rettet in seiner großen Liebe durch Jesus Christus?
So wird der große Gerichtstag ein Freudentag sein für alle, die an Jesus glauben. Sie werden dann in die ewige Herrlichkeit gehen. Da wird es keine Sünde mehr geben, keinen Schmerz, kein Leid und kein Geschrei. Da wird Gott alle Tränen abwischen. Da ist dann die goldene Stadt mit den zwölf Perlentoren. Da werden Gott selbst und das Lamm mitten unter ihrem Volk wohnen… Aber das alles hat Johannes erst danach gesehen, und er hat es dann auch aufgeschrieben im folgenden Kapitel. Da hat er viel ausführlicher die Herrlichkeit des Himmels beschrieben, als er hier die Hölle beschreibt. Am Ewigkeitssonntag wollen wir es hören; da wird es als Epistel vorgelesen: Johannes‘ Vision vom neuen Jerusalem. Gebe Gott, dass wir alle, die wir hier versammelt sind, dorthin kommen. Amen.
PREDIGTKASTEN |