Ein Vorbild im Kampf gegen das Böse

Predigt über 1. Samuel 17,38‑51 zum 10. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Die Ära, in denen das Volk Israel eine Vorzugs­stellung bei Gott hatte, ist vorbei. Wir leben nicht mehr in der Zeit des alten, sondern des neuen Bundes. Das Volk Israel ist heute (abgesehen von seiner Geschichte) ein Volk wie jedes andere. Für die Juden gibt es nur den einen Weg zum Himmel wie für alle anderen Menschen auch: den Weg Jesus Christus. Deshalb ist es auch nötig, unter den Juden Mission zu treiben; sie sollen im Rabbi Jesus ihren Messias erkennen.

Das Besondere am Volk Israel ist lediglich seine Geschichte. Im Alten Testament haben wir Kunde davon, wie einzigartig Gott an diesem Volk handelte in der Zeit vor Christus. An dieser Geschichte können wir lernen, was es allgemein mit der Beziehung zwischen Gott und Mensch auf sich hat. Die Geschichten des Alten Testaments ver­anschau­lichen, was im Neuen Testament als geistliche Wahrheit offenbart ist. Das Alte Testament ist gewisser­maßen der Bilderteil der Bibel, das Neue der erklärende Text dazu. Darum ist das Alte Testament noch immer wichtig und hilfreich.

Auch die Geschichte von David und Goliat ver­anschau­licht geistliche Wahrheit. Sie gehört wohl zu den be­kanntes­ten Berichten der Bibel. Die meisten von uns werden bestimmte Bilder vor dem inneren Auge haben, wie da der bestens gerüstete Riese Goliat auf David herab­schaut, das junge Bürschchen, das leicht bekleidet und nur mit Hirtenstab und Stein­schleuder bewaffnet auf ihn zukommt. Der Inhalt dieser Geschichte ist ein Zweikampf, ein Duell. Dabei geht es aber nicht in erster Linie um eine spannende Story über den kleinen gewitzten Hirten und den riesigen dummen Angeber. Nein, hier kämpft einer, der zu Gottes Volk gehört, gegen einen, der nicht zu Gottes Volk gehört – das ist das Ent­scheidende! Hier kämpft der Fromme gegen den Gottlosen; hier tritt einer im Namen Gottes gegen einen Lästerer an; hier kämpft das Gute gegen das Böse; hier kämpft Gott gegen den Teufel – und gewinnt.

Auch heute noch kämpft Gott gegen den Teufel, und auch heute noch ist die Welt der Kampfplatz. Auch heute noch gibt es Menschen, die ihren Weg mit Gott gehen, und solche, die ihn ohne Gott gehen. Zwar ist alles nicht so deutlich sichtbar und erlebbar wie damals beim Zweikampf von David und Goliat, aber der Kampf geht dennoch weiter. Und wir, liebe Brüder und Schwestern, sind keineswegs Zuschauer am Schlachtfeld­rand, sondern wir stehen mitten drin in diesem Kampf; wir sollen uns im guten Kampf des Glaubens als Gottes Krieger bewähren. Es nützt nichts, wenn wir einfach nur über die Gottlosig­keit der Welt meckern, wie die Israeliten damals über die Philister schimpften. Es nützt nichts, wenn wir wie der Pharisäer in Jesu Gleichnis beten: „Ich danke dir, dass ich nicht so bin wie der gottlose Kerl da“ (Lukas 18,11). Vielmehr sollen wir uns dem Kampf des Glaubens stellen und uns darin bewähren. Wie, das zeigt uns das Anschauungs­beispiel Davids.

Das Ent­scheidende an Davids Beispiel ist, dass er eigentlich gar nicht selbst mit großen Heldentaten glänzt – auch wenn man die Geschichte so miss­verstehen kann. Vielmehr hat er ganz schlicht alle Hilfe von Gott erwartet – und auch erhalten. Alle Welt soll nicht sehen, was David für ein toller Kerl ist, sondern alle Welt soll merken, „dass Israel einen Gott hat“ (und was für einen!) ‚ so ruft es der Hirtenknabe dem Kriegs­philister zu. Und das feige Israeliten­heer soll merken, dass ihre ganze Kriegs­technik eigentlich nur Schrott ist, „dass der Herr nicht durch Schwert oder Spieß hilft“, wie David sagte, sondern dass Gott sich selbst seine Mittel und Wege sucht, um das Böse zu bestrafen. Es ist typisch für Gott, dass er sich aus­gerechnet denjenigen als sein Werkzeug aussucht, dem die Menschen nichts zutrauen: den un­erfahrenen, nur leicht bewaffneten Hirten­jungen. Dadurch gibt Gott uns Anschauungs­unterricht darin, wer im Kampf gegen das Böse siegt: nämlich nicht der, der sich selbst alles zutraut, sondern der, der Gott alles zutraut. Das war eigentlich Davids Stärke: dass er Gott alles zutraute. Und Goliats Schwäche war es, dass er dem Gott Israels nichts zutraute und ihn deshalb ver­spottete. Das wollen wir zuerst als das Wichtigste von David lernen: Gott alles zutrauen im guten Kampf des Glaubens.

Das ist allerdings sehr allgemein formuliert. Lasst uns praktischer werden und bedenken, wie wir denn nun in den einzelnen geistlichen Heraus­forderungen unseres Lebens nach dem Vorbild Davids im Vertrauen auf Gottes Handeln gegen das Böse zu Feld ziehen können – nämlich gegen die Ver­suchungen von innen und gegen die Angriffe von außen.

David hatte Eifer für Gottes Sache. Es ließ ihn nicht kalt, dass da ein frecher Heide den Herrn und sein heiliges Volk verhöhnte. „Da muss doch was gegen getan werden,“ äußerte er laut. „Wenn alle anderen zu feige sind, dann will ich antreten!“ Gott möge uns solchen Eifer schenken. Wir erleben es ja immer wieder, dass Gott und sein Volk verlästert werden. Wir müssen mit anhören, wie Menschen Witze über Gott und die Kirche machen. Wir werden mit läster­lichen Kunst­werken, Theater­stücken und Filmen kon­frontiert. Wir erleben es, dass Menschen sich kalt­schnäuzig über Gottes Gebote hinweg­setzen, wie sie die Ehe brechen, Ungeborene töten, die Schöpfung schädigen und dieses Verhalten noch dazu lautstark recht­fertigen. Das darf uns nicht gleich­gültig lassen. Da sollen wir nicht tolerant sein. Da sollen wir uns nicht verstecken und sagen: Es hat ja alles keinen Zweck! Da möge uns Gott Eifer schenken für seine Sache – Eifer, den Kampf des Glaubens auf­zunehmen, auch wenn der Feind noch so übermächtig erscheint.

David hatte aber nicht nur Eifer, er hatte auch Mut. Nicht nur, dass er dem kriegs­erfahrenen Goliat entgegen­zutreten wagte; er hatte auch den Mut, sich als Außenseiter beim König für dieses scheinbare Todes­kommando zu melden – trotz der abweisenden Haltung seiner Brüder. Dieser Mut war keine Tollkühn­heit, sondern er bekam seinen besonderen Glanz durch das Gott­vertrauen, mit dem er einherging. Wie gesagt: Davids Mut rührte daher, dass er Gott alles zutraute, nicht sich selbst. Solcher Mut ist zugleich Demut – ein Mut, der die eigene Person zurück­stellt und alle Hilfe von Gott erwartet. Der Mut des Kriegers Goliat dagegen war Hochmut, ein ins un­ermessliche ge­steigertes Selbst­bewusstsein gepaart mit Gottes­verachtung. Gott möge uns solchen Mut schenken, der mit Demut einhergeht. Wenn wir dann gottlose Witze und ver­ächtliche Bemerkungen hören, können wir den Mund aufmachen und etwas Passendes sagen. Wenn dann mal was Gottloses in der Zeitung steht, können wir einen passenden Leserbrief schreiben, und es stört uns dabei nicht, dass alle unsere Bekannten darunter unsern Namen lesen können. Wenn wir dann erleben, wie sich Leute frech über Gottes Gebote hinweg­setzen, können wir ein ernstes Wort mit ihnen reden – und das nicht selbstherrlich und besser­wisserisch, sondern mit Demut und Liebe. Ja, Gott möge uns solchen Mut schenken.

Außer Eifer und Mut hatte David Freiheit vom Üblichen. Üblich war es damals, dem Feind mit Kampfanzug, Helm, Brustpanzer und Schwert entgegen­zuziehen; und das mag für König Saul und seine Kriegsleute ja auch das Richtige gewesen sein. David aber hatte nach der Anprobe schnell heraus­gefunden: Diese Klamotten sind nichts für mich, da kann ich mich ja kaum drin bewegen. So verzichtete er gegen den Rat der Kriegs­experten auf das Übliche und ging mit wenig Schutz, aber viel Gott­vertrauen in das Duell. Gott schenke auch uns so eine Freiheit vom Üblichen, wo es denn nötig ist. Zum Beispiel dann, wenn wir von Gott reden. Normaler­weise ist da unsere Sprache von alter­tümlichen Formu­lierungen geprägt. Das hat ja auch einen guten Sinn; Luther­deutsch ist etwas sehr Schönes. Aber wenn uns diese Sprache im all­täglichen Leben hinderlich wird wie eine zu schwere Rüstung und wenn wir deshalb nicht mehr unsere eigenen Gedanken beten oder gegenüber anderen äußern können, dann sollten wir auf die feierliche Sprache pfeifen und so reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Wenn es zum Beispiel im 113. Psalm heißt, dass Gott „den Geringen aus dem Staub aufrichtet, und erhöht den Armen aus dem Schmutz“, dann sollte man das ruhig auch mal so sagen können: „Wenn du im Dreck steckst, dann hilft dir da nur einer raus, und das ist Gott.“ Ja, der schenke uns eine gesunde Freiheit vom Üblichen, wo es nötig ist.

Sodann hat David seine besonderen Gaben eingesetzt. Er war als Hirt mit der Schleuder geübt; so wählte er diese Waffe, nahm dazu seinen Hirtenstab mit und seine alltägliche Kleidung, in der er sich wohlfühlte. Übrigens war Davids Schleuder keine Zwille mit einer Astgabel, sondern sie bestand aus einem aus aus Wolle gewebten Band. Auf der einen Seite war eine Schlaufe und in der Mitte eine Ver­breiterung. Die Schlaufe wurde um die rechte Hand gelegt, der Stein auf die Ver­breiterung getan und das andere Ende ebenfalls in die rechte Hand genommen. Dann schleuderte man das Ganze ein paarmal um seinen Kopf herum und öffnete im richtigen Augenblick die Hand. Durch die Zentrifugal­kraft flog der Stein mit großer Wucht weg, während man die Schleuder mit der Schlaufe zurück­behielt. David hat also mit seiner Schleuder­kunst eine besondere Gaben eingesetzt. Gott schenke uns, dass auch wir unsere jeweiligen Gaben einsetzen im geistlichen Kampf. Wenn einer gut reden kann, dann streite er mit Worten für den Herrn. Wenn einer gut singen oder ein Instrument spielen kann, dann streite er musi­kalisch. Wenn einer gut mit Menschen umgehen kann, wenn einer liebevoll pflegen kann, wenn einer künstle­risch begabt ist oder wenn einer gut organi­sieren kann, dann sollte er auch diese Gaben mit Gottes Hilfe nutzbar machen.

Schließlich hat David Farbe bekannt. Er hat nicht nur im Stillen Gott alles zugetraut, sondern er hat das auch offen gesagt. Er hat vor Goliat, den Philistern und den Israeliten deutlich bekannt, dass er im Namen Gottes kommt und dass er deswegen so siegeswiss ist. Gott schenke uns, dass auch wir Farbe bekennen – dass wir also nicht nur glauben, sondern auch bekennen. Er schenke uns, dass wir sogar angesichts über­mächtiger Probleme sagen: Menschlich sieht es zwar schlecht aus, aber ich kenne einen, der helfen kann, und das ist Gott. Ja, in dieser Zuversicht lasst uns den guten Kampf des Glaubens kämpfen.

Am Jüngsten Tag wird sich zeigen, dass Gott der Sieger bleibt über alles Böse. Ja, der Kampf von David und Goliat ist auch ein Bild für das Ende der Welt. Da wird Gott dann alle Gottlosen endgültig besiegen. Die aber von Jesus Christus erlöst sind und ihm vertraut haben, die werden dann ausruhen vom Kampf und den Sieg des Herrn in Ewigkeit feiern. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1989.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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