Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Die Ära, in denen das Volk Israel eine Vorzugsstellung bei Gott hatte, ist vorbei. Wir leben nicht mehr in der Zeit des alten, sondern des neuen Bundes. Das Volk Israel ist heute (abgesehen von seiner Geschichte) ein Volk wie jedes andere. Für die Juden gibt es nur den einen Weg zum Himmel wie für alle anderen Menschen auch: den Weg Jesus Christus. Deshalb ist es auch nötig, unter den Juden Mission zu treiben; sie sollen im Rabbi Jesus ihren Messias erkennen.
Das Besondere am Volk Israel ist lediglich seine Geschichte. Im Alten Testament haben wir Kunde davon, wie einzigartig Gott an diesem Volk handelte in der Zeit vor Christus. An dieser Geschichte können wir lernen, was es allgemein mit der Beziehung zwischen Gott und Mensch auf sich hat. Die Geschichten des Alten Testaments veranschaulichen, was im Neuen Testament als geistliche Wahrheit offenbart ist. Das Alte Testament ist gewissermaßen der Bilderteil der Bibel, das Neue der erklärende Text dazu. Darum ist das Alte Testament noch immer wichtig und hilfreich.
Auch die Geschichte von David und Goliat veranschaulicht geistliche Wahrheit. Sie gehört wohl zu den bekanntesten Berichten der Bibel. Die meisten von uns werden bestimmte Bilder vor dem inneren Auge haben, wie da der bestens gerüstete Riese Goliat auf David herabschaut, das junge Bürschchen, das leicht bekleidet und nur mit Hirtenstab und Steinschleuder bewaffnet auf ihn zukommt. Der Inhalt dieser Geschichte ist ein Zweikampf, ein Duell. Dabei geht es aber nicht in erster Linie um eine spannende Story über den kleinen gewitzten Hirten und den riesigen dummen Angeber. Nein, hier kämpft einer, der zu Gottes Volk gehört, gegen einen, der nicht zu Gottes Volk gehört – das ist das Entscheidende! Hier kämpft der Fromme gegen den Gottlosen; hier tritt einer im Namen Gottes gegen einen Lästerer an; hier kämpft das Gute gegen das Böse; hier kämpft Gott gegen den Teufel – und gewinnt.
Auch heute noch kämpft Gott gegen den Teufel, und auch heute noch ist die Welt der Kampfplatz. Auch heute noch gibt es Menschen, die ihren Weg mit Gott gehen, und solche, die ihn ohne Gott gehen. Zwar ist alles nicht so deutlich sichtbar und erlebbar wie damals beim Zweikampf von David und Goliat, aber der Kampf geht dennoch weiter. Und wir, liebe Brüder und Schwestern, sind keineswegs Zuschauer am Schlachtfeldrand, sondern wir stehen mitten drin in diesem Kampf; wir sollen uns im guten Kampf des Glaubens als Gottes Krieger bewähren. Es nützt nichts, wenn wir einfach nur über die Gottlosigkeit der Welt meckern, wie die Israeliten damals über die Philister schimpften. Es nützt nichts, wenn wir wie der Pharisäer in Jesu Gleichnis beten: „Ich danke dir, dass ich nicht so bin wie der gottlose Kerl da“ (Lukas 18,11). Vielmehr sollen wir uns dem Kampf des Glaubens stellen und uns darin bewähren. Wie, das zeigt uns das Anschauungsbeispiel Davids.
Das Entscheidende an Davids Beispiel ist, dass er eigentlich gar nicht selbst mit großen Heldentaten glänzt – auch wenn man die Geschichte so missverstehen kann. Vielmehr hat er ganz schlicht alle Hilfe von Gott erwartet – und auch erhalten. Alle Welt soll nicht sehen, was David für ein toller Kerl ist, sondern alle Welt soll merken, „dass Israel einen Gott hat“ (und was für einen!) ‚ so ruft es der Hirtenknabe dem Kriegsphilister zu. Und das feige Israelitenheer soll merken, dass ihre ganze Kriegstechnik eigentlich nur Schrott ist, „dass der Herr nicht durch Schwert oder Spieß hilft“, wie David sagte, sondern dass Gott sich selbst seine Mittel und Wege sucht, um das Böse zu bestrafen. Es ist typisch für Gott, dass er sich ausgerechnet denjenigen als sein Werkzeug aussucht, dem die Menschen nichts zutrauen: den unerfahrenen, nur leicht bewaffneten Hirtenjungen. Dadurch gibt Gott uns Anschauungsunterricht darin, wer im Kampf gegen das Böse siegt: nämlich nicht der, der sich selbst alles zutraut, sondern der, der Gott alles zutraut. Das war eigentlich Davids Stärke: dass er Gott alles zutraute. Und Goliats Schwäche war es, dass er dem Gott Israels nichts zutraute und ihn deshalb verspottete. Das wollen wir zuerst als das Wichtigste von David lernen: Gott alles zutrauen im guten Kampf des Glaubens.
Das ist allerdings sehr allgemein formuliert. Lasst uns praktischer werden und bedenken, wie wir denn nun in den einzelnen geistlichen Herausforderungen unseres Lebens nach dem Vorbild Davids im Vertrauen auf Gottes Handeln gegen das Böse zu Feld ziehen können – nämlich gegen die Versuchungen von innen und gegen die Angriffe von außen.
David hatte Eifer für Gottes Sache. Es ließ ihn nicht kalt, dass da ein frecher Heide den Herrn und sein heiliges Volk verhöhnte. „Da muss doch was gegen getan werden,“ äußerte er laut. „Wenn alle anderen zu feige sind, dann will ich antreten!“ Gott möge uns solchen Eifer schenken. Wir erleben es ja immer wieder, dass Gott und sein Volk verlästert werden. Wir müssen mit anhören, wie Menschen Witze über Gott und die Kirche machen. Wir werden mit lästerlichen Kunstwerken, Theaterstücken und Filmen konfrontiert. Wir erleben es, dass Menschen sich kaltschnäuzig über Gottes Gebote hinwegsetzen, wie sie die Ehe brechen, Ungeborene töten, die Schöpfung schädigen und dieses Verhalten noch dazu lautstark rechtfertigen. Das darf uns nicht gleichgültig lassen. Da sollen wir nicht tolerant sein. Da sollen wir uns nicht verstecken und sagen: Es hat ja alles keinen Zweck! Da möge uns Gott Eifer schenken für seine Sache – Eifer, den Kampf des Glaubens aufzunehmen, auch wenn der Feind noch so übermächtig erscheint.
David hatte aber nicht nur Eifer, er hatte auch Mut. Nicht nur, dass er dem kriegserfahrenen Goliat entgegenzutreten wagte; er hatte auch den Mut, sich als Außenseiter beim König für dieses scheinbare Todeskommando zu melden – trotz der abweisenden Haltung seiner Brüder. Dieser Mut war keine Tollkühnheit, sondern er bekam seinen besonderen Glanz durch das Gottvertrauen, mit dem er einherging. Wie gesagt: Davids Mut rührte daher, dass er Gott alles zutraute, nicht sich selbst. Solcher Mut ist zugleich Demut – ein Mut, der die eigene Person zurückstellt und alle Hilfe von Gott erwartet. Der Mut des Kriegers Goliat dagegen war Hochmut, ein ins unermessliche gesteigertes Selbstbewusstsein gepaart mit Gottesverachtung. Gott möge uns solchen Mut schenken, der mit Demut einhergeht. Wenn wir dann gottlose Witze und verächtliche Bemerkungen hören, können wir den Mund aufmachen und etwas Passendes sagen. Wenn dann mal was Gottloses in der Zeitung steht, können wir einen passenden Leserbrief schreiben, und es stört uns dabei nicht, dass alle unsere Bekannten darunter unsern Namen lesen können. Wenn wir dann erleben, wie sich Leute frech über Gottes Gebote hinwegsetzen, können wir ein ernstes Wort mit ihnen reden – und das nicht selbstherrlich und besserwisserisch, sondern mit Demut und Liebe. Ja, Gott möge uns solchen Mut schenken.
Außer Eifer und Mut hatte David Freiheit vom Üblichen. Üblich war es damals, dem Feind mit Kampfanzug, Helm, Brustpanzer und Schwert entgegenzuziehen; und das mag für König Saul und seine Kriegsleute ja auch das Richtige gewesen sein. David aber hatte nach der Anprobe schnell herausgefunden: Diese Klamotten sind nichts für mich, da kann ich mich ja kaum drin bewegen. So verzichtete er gegen den Rat der Kriegsexperten auf das Übliche und ging mit wenig Schutz, aber viel Gottvertrauen in das Duell. Gott schenke auch uns so eine Freiheit vom Üblichen, wo es denn nötig ist. Zum Beispiel dann, wenn wir von Gott reden. Normalerweise ist da unsere Sprache von altertümlichen Formulierungen geprägt. Das hat ja auch einen guten Sinn; Lutherdeutsch ist etwas sehr Schönes. Aber wenn uns diese Sprache im alltäglichen Leben hinderlich wird wie eine zu schwere Rüstung und wenn wir deshalb nicht mehr unsere eigenen Gedanken beten oder gegenüber anderen äußern können, dann sollten wir auf die feierliche Sprache pfeifen und so reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Wenn es zum Beispiel im 113. Psalm heißt, dass Gott „den Geringen aus dem Staub aufrichtet, und erhöht den Armen aus dem Schmutz“, dann sollte man das ruhig auch mal so sagen können: „Wenn du im Dreck steckst, dann hilft dir da nur einer raus, und das ist Gott.“ Ja, der schenke uns eine gesunde Freiheit vom Üblichen, wo es nötig ist.
Sodann hat David seine besonderen Gaben eingesetzt. Er war als Hirt mit der Schleuder geübt; so wählte er diese Waffe, nahm dazu seinen Hirtenstab mit und seine alltägliche Kleidung, in der er sich wohlfühlte. Übrigens war Davids Schleuder keine Zwille mit einer Astgabel, sondern sie bestand aus einem aus aus Wolle gewebten Band. Auf der einen Seite war eine Schlaufe und in der Mitte eine Verbreiterung. Die Schlaufe wurde um die rechte Hand gelegt, der Stein auf die Verbreiterung getan und das andere Ende ebenfalls in die rechte Hand genommen. Dann schleuderte man das Ganze ein paarmal um seinen Kopf herum und öffnete im richtigen Augenblick die Hand. Durch die Zentrifugalkraft flog der Stein mit großer Wucht weg, während man die Schleuder mit der Schlaufe zurückbehielt. David hat also mit seiner Schleuderkunst eine besondere Gaben eingesetzt. Gott schenke uns, dass auch wir unsere jeweiligen Gaben einsetzen im geistlichen Kampf. Wenn einer gut reden kann, dann streite er mit Worten für den Herrn. Wenn einer gut singen oder ein Instrument spielen kann, dann streite er musikalisch. Wenn einer gut mit Menschen umgehen kann, wenn einer liebevoll pflegen kann, wenn einer künstlerisch begabt ist oder wenn einer gut organisieren kann, dann sollte er auch diese Gaben mit Gottes Hilfe nutzbar machen.
Schließlich hat David Farbe bekannt. Er hat nicht nur im Stillen Gott alles zugetraut, sondern er hat das auch offen gesagt. Er hat vor Goliat, den Philistern und den Israeliten deutlich bekannt, dass er im Namen Gottes kommt und dass er deswegen so siegeswiss ist. Gott schenke uns, dass auch wir Farbe bekennen – dass wir also nicht nur glauben, sondern auch bekennen. Er schenke uns, dass wir sogar angesichts übermächtiger Probleme sagen: Menschlich sieht es zwar schlecht aus, aber ich kenne einen, der helfen kann, und das ist Gott. Ja, in dieser Zuversicht lasst uns den guten Kampf des Glaubens kämpfen.
Am Jüngsten Tag wird sich zeigen, dass Gott der Sieger bleibt über alles Böse. Ja, der Kampf von David und Goliat ist auch ein Bild für das Ende der Welt. Da wird Gott dann alle Gottlosen endgültig besiegen. Die aber von Jesus Christus erlöst sind und ihm vertraut haben, die werden dann ausruhen vom Kampf und den Sieg des Herrn in Ewigkeit feiern. Amen.
PREDIGTKASTEN |