Der dreieinige Gott erklärt seinen Willen

Predigt über 4. Mose 6,22‑27 zum Trinitatisfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Es wäre sicher interes­sant, am heutigen Trinitatis-Sonntag über das Wesen der Drei­einig­keit nach­zudenken. Es wäre interes­sant, diesem Geheimnis nach­zuspüren, dass drei göttliche Personen ein göttliches Wesen bilden, den einen lebendigen Gott. Es wäre interes­sant, sich die Beziehungen der drei göttlichen Personen zueinander bewusst zu machen. Aber uns führt hier ja mehr zusammen als das bloße Interesse an theolo­gischen Lehrsätzen. An Gott glauben bedeutet ja mehr, als über die Drei­einig­keit Bescheid zu wissen. An Gott glauben bedeutet vor allem zu wissen, was Gott für uns getan hat und tut und tun wird; und darüber hinaus bedeutet es, sich darauf ganz und gar zu verlassen. Lasst uns deshalb jetzt darüber reden, was der dreieinige Gott für uns tut und was sein Wille für uns ist. Das ist nicht nur interes­sant, gut und nützlich, das ist sogar lebens­wichtig. Wenn wir Gottes Willens­erklärung kennen und darauf vertrauen, dann finden wir sinn­erfülltes und freuden­erfülltes Leben – jetzt und für immer.

Das Segenswort, das Gott erstmals zu Mose und dann durch Aaron und dessen Söhne den Israeliten sagen ließ, ist Gottes Willens­erklärung auch für uns. Es ist uns gut bekannt vom Schluss unserer Gottes­dienste her. Freilich können diese Worte da allzu schnell an uns vorbei­rauschen, man kann sich ihr ganzes Gewicht und ihre ganze Tiefe nicht immer gleich klarmachen. Darum wollen wir die drei Teile dieses Segens­wortes jetzt in Ruhe betrachten. Ich will versuchen, sie in drei Bildern zu erklären. Vielleicht könnt ihr euch in Zukunft an diese Bilder erinnern, wenn ihr den Segen hört.

„Der Herr segne dich und behüte dich“, lautet der erste Satz. Ich sehe da einen Hirten vor mir, der seine Schafe hütet, und ich denke an den Anfang des 23. Psalms: „Der Herr ist mein Hirte.“ Gott der Vater ist dieser Hirte, der Schöpfer Himmels und der Erde. Der segnet und behütet uns. Hier in diesem Segenswort verspricht er uns das, und wir haben Vertrauen, dass sein Wille an uns geschieht.

Was genau tut der Herr, der Hirte, für uns? Er führt uns auf gute Weide und zum frischen Wasser. Er schenkt uns das tägliche Brot. Er lässt uns täglich satt werden – nicht nur notdürftig, sondern reichlich, nicht mit karger Kost, sondern mit guten Sachen. Von ihm kommt es auch her, wenn wir Kleidung kaufen können, und auch das reichlich, für jede Witterung und jede Gelegenheit passend. Der Hirte gibt seinen Schafen auch Unterkunft für die Nacht. Wir haben Wohnungen und Häuser – warm und gemütlich, schön ein­gerichtet. Der Hirte hält auch die Herde zusammen, sodass die Schafe nicht allein umherirren. Ja, auch das gehört zum täglichen Brot: dass wir Familien­angehörige haben, Freunde und Verwandte sowie Menschen, bei denen man sich mal aussprechen kann. Ja, der Herr, der gute Hirte, beschenkt uns reichlich; so ist es sein Wille für uns. Und wenn Gott schenkt, dann nennt man das „segnen“. Der himmlische Vater will schenken, will segnen, und lässt uns diesen seinen Willen zusagen mit den Worten: „Der Herr segne dich.“

Der göttliche Hirte schenkt aber nicht nur vieles Gute, sondern er wehrt auch vieles Böse ab. Das bedeutet: Er behütet, er passt auf. Er wehrt wilde Tiere von der Herde ab und wacht mit besonderer Sorgfalt darüber, dass im finstern Tal die Schafe sich nicht verirren oder verletzen. Ja, so wacht der himmlische Vater über uns. Wieviele Krankheiten und Unfälle hat er nicht schon von einem jeden von uns abgewehrt! Wie würde es wohl um uns stehen, wenn er uns nicht behüten würde? Ihm haben wir auch den äußeren Frieden in unserm Land zu verdanken. Er hält Erdbeben, Unwetter und andere Kata­strophen von uns fern. Ja, unser Hirte, unser himmlischer Vater, segnet nicht nur, sondern er behütet auch.

Ich weiß, liebe Gemeinde, mancher hat jetzt ein Aber auf der Zunge: Aber was ist mit denen, die es nicht so gut haben – bei uns und in anderen Ländern? Was ist mit all der Not und all dem Unglück, das Gott zulässt in der Welt? Wenn ich über Gottes Segnen und Behüten rede, höre ich immer wieder solche Einwände. Selbst Pastoren stellen immer wieder diese Frage und können darum nicht einfach kindlich-naiv über Gottes Segen sprechen. Es stimmt, liebe Gemeinde, wir machen solche Er­fahrungen, dass der gute Hirte manchmal scheinbar seinen Segen und sein Behüten versagt. Aber ich bin davon überzeugt, dass er es nicht wirklich versagt. Ich vertraue darauf, dass Gott zu seiner Willens­erklärung steht und dass er auch keineswegs zu schwach ist, um seinen Willen aus­zuführen. Wenn Unglück kommt, dann will Gott uns damit etwas Bestimmtes zeigen. Er will uns zum Beispiel lehren: Nicht unsere Mühe und unser kluges Wirt­schaften, sondern allein sein Segen macht reich. Trotz solcher göttlichen Erziehungs­maßnahmen können wir uns auf den Segen des guten Hirten verlassen. Er schenkt sogar in schweren Zeiten genug und behütet davor, dass es noch schlimmer kommt. Alte Christen können es bestätigen: Früher, als das Leben noch ärmlicher und schwerer war, hat man viel bewusster von Gottes Segen und unter seiner Obhut gelebt.

Kommen wir nun aber zum zweiten Teil: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“ Ich sehe da einen strahlenden Sommer­morgen vor mir, wo die Sonne aufgeht und mit ihren Strahlen köstliche Wärme spendet, wo es Menschen und Tieren warm ums Herz wird. Und ich denke an den Liedevers: „Die Sonne, die mir lachet, / ist mein Herr Jesus Christ; / das, was mich singen machet, / ist was im Himmel ist.“ Ja, unser Herr Jesus Christus ist diese Sonne. Und er erklärt mir hier seinen Willen, dass er mir gnädig ist, dass er mich fröhlich und selig machen will.

Immer wenn in der Bibel von Gottes Angesicht die Rede ist, so ist damit nichts anderes gemeint als die uns zugewandte Seite Gottes – also das, was wir von ihm wissen und erfahren. Nun gibt es freilich auch biblische Aussagen, dass Gott sein Angesicht im Zorn auf Menschen richtet wegen der Sünde. Adam und Eva haben nach ihrer un­gehorsamen Tat daher versucht, sich vor Gottes Angesicht zu verstecken. Aber seit Jesus in die Welt gekommen ist und sein Leben für unsere Sünden gelassen hat, ist Gottes letztes Wort über uns lauter Gnade – sein Angesicht ist gnädig auf uns gerichtet. Gottes Angesicht ist für uns die Gnadensonne Jesus Christus, denn wer Jesus im Glauben erblickt, der sieht Gott selbst. Und diese Gnadensonne leuchtet uns und wärmt uns die Herzen in Ewigkeit – allen, die an ihn glauben. Ja, selbst wenn in unserm Leben Gewitter­wolken aufziehen und das Licht der Gnadensonne verdunkeln, dürfen wir doch wissen, dass hinter den Gewitter­wolken immer noch die Sonne scheint und dass wir sie nach einer kleinen Zeit wieder sehen werden. Mit diesem Segenswort versichert der Herr gerade auch den traurigen, verzagten und an­gefochtenen Herzen seinen Willen: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“

Im dritten Teil schließlich heißt es: „Der Herr hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“ Ich fühle mich dabei wie ein Kind, das von seiner Mutter abends zu Bett gebracht wird. Ich sehe das gütige Lächeln der Mutter über mir und spüre, wie sie mich warm zudeckt. Und ich denke an Gottes Zusage aus dem Buch Jesaja: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“ (Jes. 66,13). Unser Tröster ist Gott der Heilige Geist. Der Heilige Geist erklärt hier im dritten Satz seinen Willen. Er will uns heute und alle Tage Gottes Angesicht zeigen und uns mit göttlichem Frieden zudecken, sodass wir ganz geborgen sind. Ja, auch der Heilige Geist erklärt hier seinen Willen.

Wenn wir nämlich Gottes Angesicht in Jesus erblicken, so ist das stets das Werk des Heiligen Geistes. Er führt uns in Gottes Wort vor Augen, wie Jesus auf Erden gelebt und geliebt hat, und er führt uns damit zugleich vor Augen, wie Jesus heute noch lebt und liebt, denn er bleibt ja derselbe in Ewigkeit. Er mahnt und tröstet uns durch die Botschaft der Apostel und Propheten, damit wir an ihm bleiben, dem treuen Heiland Jesus Christus, und damit wir weiter sein Gesicht sehen können. Der Heilige Geist bestätigt uns unermüdlich und immer wieder neu, dass unsere Schuld vergeben ist und dass wir mit Gott im Frieden sind. So hüllt er uns ein in die Decke des göttlichen Friedens. Er bringt uns Gottes Angesicht in Christus besonders nah durch das heilige Altar­sakrament. Ja, da kommt er uns buch­stäblich zum Greifen nah. Und wenn uns durch den Heiligen Geist Gottes Angesicht so freundlich anschaut, und wenn er uns mit der Decke seines Friedens zudeckt, dann können wir ganz froh werden. Und dann kann dieser Friede von uns ausgehen und weiter­strahlen; es kann sich eine Atmosphäre der Liebe und Geborgen­heit entwickeln in unsern Familien und in unserer Gemeinde, sodass auch andere etwas von Gottes Frieden spüren. Die Decke von Gottes Friedens ist groß; alle Menschen können unter ihr Geborgen­heit finden.

Wir haben nun das Segenswort des dreieinigen Gottes betrachtet; wir haben es in drei Bildern getan. Wir haben uns den himmlischen Vater als guten Hirten vor­gestellt, der uns auf Erden segnet und behütet, der uns also beschenkt und beschützt. Wir haben uns den Sohn, den Heiland Jesus Christus, als helle Gnadensonne vor­gestellt; er ist das Angesicht Gottes, das uns anstrahlt, das die kalten Herzen wärmt und uns fröhlich macht. Wir haben uns schließlich den Heiligen Geist vorgestellt als eine Mutter, die abends ihr liebes Gesicht über das Bettchen des Kindes beugt und es mit einer weichen Decke zudeckt; das ist die Decke des göttlichen Friedens, die der Heilige Geist durch Wort und Sakrament über uns breitet.

Diese Bilder und und ihre Bedeutung sind nun nicht einfach fromme, aber letztlich un­verbind­liche Wünsche, sondern sie sind, wie schon gesagt, Gottes ernste und feierliche Willens­erklärung. So will Gott zu uns sein, zu dir und zu mir, zu jedem einzelnen. Und wenn ich oder ein anderer Pastor am Ende eines Gottes­dienstes diese drei Segenssätze spreche, dann sollt ihr wissen: Hier wünscht euch nicht ein Mensch Gottes Segen, so wie man sich zum Geburtstag Gottes Segen wünscht, sondern hier redet der dreieinige Gott selbst durch den Mund von Boten, die er selbst dazu berufen und eingesetzt hat. Gottes Unter­schrift, Gottes Name steht unter dieser Willens­erklärung für dich. Ja, so hat es Gott damals geordnet, am Berg Sinai. Feierlich hat er verfügt, dass Aaron, dessen Söhne und damit alle Priester auf diese Weise Gottes Namen auf das Volk legen sollen. Und so geschieht es bis heute – in Gottes Namen. Bedenke doch: Der dreieinige Gott selbst redet hier mit dir und tut dir seinen Willen kund –seinen guten gnädigen Willen! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1989.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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