Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Wenn Gott einen Bund schließt, dann ist das etwas anderes, als wenn Menschen einen Bund schließen. Ein menschlicher Bund ist ein Vertrag oder ein gegenseitiges Versprechen wie es zum Beispiel bei einer Eheschließung: Da kommen ein Mann und eine Frau überein, dass sie künftig ihr Leben miteinander teilen wollen. Es ist eine gegenseitige Abmachung, eine beiderseitige Erklärung, dass man sich stellen will unter die gute Ordnung der Ehe, die Gott geschaffen hat. Aber wenn Gott selbst einen Bund schließt, dann ist das etwas anderes. Wir haben eben von dem Bund gehört, den Gott mit Noah, seiner Familie und allen seinen Nachkommen geschlossen hat – also auch mit uns, denn wir stammen ja auch von Noah ab. Dieser Bund ist keine Abmachung zwischen Gott und den betreffenden Menschen, denn Gott hat weder Noah noch dessen Söhne noch uns gefragt, ob wir das überhaupt wollen. Vielmehr hat Gott allein seinen Bund festgesetzt. Er gibt eine feierliche Erklärung ab, mit der er sich selbst festlegt. Er tut es kraft seiner göttlichen Macht und Autorität. Wir Menschen sind dabei nicht Bündnispartner, sondern einfach Begünstigte und Beschenkte durch diesen Bund. Gott „setzt“ oder „schneidet“ den Bund, heißt es wörtlich im Alten Testament. Wenn Gott einen Bund schließt, dann ist das also eine ganz einseitige Sache; wir Menschen kommen dabei nur passiv vor. Deshalb nennt man Gottes Bund zuweilen auch „Testament“; das ist eine feierliche Willenserklärung und Selbstverpflichtung zugunsten anderer.
Wozu verpflichtete sich Gott nun mit diesem Bund? Er verpflichtete sich dazu, keine weltumspannende Flut mehr zu schicken. Er will nie wieder auf diese Weise strafen, wie er es in den Tagen Noahs getan hat. Und dieser Entschluss ist zuverlässig, treu und fest; Gott selbst besiegelt ihn mit seinem Bund, mit seinem Testament. Bis zum heutigen Tag gilt dieser Bund, denn Gott hat ihn ja auch mit uns geschlossen wie mit allen Noah-Nachkommen. Es mögen Sturmfluten und Überschwemmungen über die Erde gehen, aber eine so große Flut wird es nicht mehr geben, dass alle Menschen bis auf eine Familie ausgerottet werden.
Warum verspricht Gott das, warum schließt er diesen Bund? Er tut es nicht, weil er hofft, die Menschheit werde sich nun besser benehmen als vorher, dazu kennt Gott die Menschen zu gut. Er sagte ganz offen zu Noah: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Aber Gott resignierte auch nicht. Er sagte nicht: Dann lasse ich die Menschen eben in Frieden; an denen ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Die folgenden fünzehnhundert Seiten der Bibel beweisen das Gegenteil, nämlich dass Gott sich immer wieder um seine Geschöpfe kümmert. Es gibt folglich nur einen Grund für diesen Gottesbund, einen ganz unbegreiflichen Grund – und dennoch einen, der klar in der Heiligen Schrift bezeugt ist: Gott hat uns Menschen lieb! Gott übt Gnade und Barmherzigkeit, ohne dass es irgendjemand verdient hat. Liebe Gemeinde, dieser Bund mit Noah ist eine Liebeserklärung Gottes – auch an dich.
Wenn Gott einen Bund schließt, dann gibt er mit ihm zusammen auch ein Zeichen. In diesem Fall ist es das Zeichen des Regenbogens. Wir wissen nicht, ob es schon vorher Regenbögen gab und Gott ihn nach der Flut einfach zu seinem Bundeszeichen erklärte oder ob Gott erst nach der Sintflut die physikalischen Voraussetzungen herbeiführte, die einen Regenbogen entstehen lassen. Das ist auch unwichtig. Jedenfalls hat Gott ihn als Zeichen eingesetzt. Für wen? Für uns Menschen? Das wohl auch, aber der Bibeltext sagt interessanterweise etwas anderes: „Wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, dass hinfort keine Sintflut mehr komme, die alles Fleisch verderbe.“ Gott erinnert sich mit dem Regenbogen also selbst an seinen Bund; oder vielmehr: Er zeigt uns Menschen damit, dass er sich treu und zuverlässig an seine Bundeszusage erinnert. Darum erscheint bis zum heutigen Tag immer wieder der Regenbogen am Himmel. Wenn du also wieder mal einen Regenbogen siehst, dann denke daran: Aha, Gott schickt immer noch den Regenbogen, er hat also sein Versprechen nicht vergessen, das er damals dem alten Noah gab. Wie wunderbar ist doch unser Gott! Seine grundlose Liebe und Güte hat bis zum heutigen Tag kein Ende, obwohl wir ihn doch immer wieder maßlos enttäuschen. Ja, so können wir bei uns sprechen, wenn wir einen Regenbogen sehen.
Nun wissen wir aber auch alle, dass dieser Regenbogen-Bund keineswegs der einzige war, den Gott mit uns Menschen geschlossen hat. In der weiteren Geschichte hat Gott immer wieder Bünde geschlossen – Bünde im Sinne von Testamenten, von feierlichen Zusagen. Und wie Noah den Regenbogen-Bund zugesprochen bekam, so sind auch die weiteren Bundesschlüsse mit großen Namen verbunden. Da gibt es den Abrahams-Bund, den Mose-Bund und den Christus-Bund.
Gott wählte sich Abraham als Ahnherr eines großen und besonders gesegneten Volkes, des Volkes Israel nämlich. Zugleich machte er Abraham zum Segensträger für alle Völker, denn Abrahams Nachfahre Jesus Christus sollte der ganzen Welt Erlösung bringen. Zeichen des Abraham-Bundes war die Beschneidung aller männlichen Nachkommen. Auch der Abrahams-Bund hat somit sämtliche Merkmale eines göttlichen Bundes: Gott allein setzt ihn, Gott verpflichtet sich selbst zum Segnen ohne Verdienst der Menschen, und Gott gibt ein Zeichen.
Den Mose-Bund schloss Gott am Berg Sinai. Mose war der Mittler dieses Bundes. Hier verpflichtete sich Gott, das Volk Israel ins gelobte Land Kanaan zu führen und es dort mit reichem irdischen Segen zu überschütten. Das Zeichen dieses Bundes war der Sabbat, der Samstag als heiliger Tag, der in dieser speziellen Form ja nur dem Volk Israel gegeben ist. Dieser Bund freilich war an eine Bedingung geknüpft: Israel musste sich an Gottes Gebote halten, um den Segen zu erfahren. Wenn das Volk die Gebote nicht hielte, lastete Gottes Fluch auf ihm. Wir kennen das von den Zehn Geboten her: „Gott wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht“, heißt es im 2. Gebot. „… auf dass es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden“, heißt es im 4. Gebot. Weil Israel nun aber vom Weg der Gebote immer wieder abwich, wich auch Gottes irdischer Segen von diesem Volk. Israel musste Kriege, Niederlagen, Gefangenschaft, Elend und Verfolgung erfahren in seiner Geschichte. Diesen Mose-Bund nennt man übrigens den alten Bund oder das alte Testament. Das Alte Testament der Bibel berichtet in erster Linie von Verheißung, Erfüllung und Verletzung dieses Alten Bundes.
Aber schon im Alten Testament ist bereits der neue Bund angekündigt, der im Neuen Testament offen zu Tage tritt. Es ist der Christus-Bund. Mit seinem Sohn Jesus Christus hat Gott allen Menschen bedingungslos Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit zugesagt. Ja, so wahr Gott einst dem Noah versprach, keine weltweite Flut mehr kommen zu lassen, so wahr hat er sich mit dem Christus-Bund dazu verpflichtet, über unsere Sünde hinwegzusehen. Mit dem neuen Bund hat Gott versprochen, uns als seine Kinder anzunehmen und uns nach dem Tod die ewige Seligkeit zu schenken. Ja, feierlich hat Gott dies in Jesus gewirkt, zugesagt und versprochen; wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln. Grenzenlos und unfasslich ist seine Gnade, denn niemand hat das verdient.
Auch der neue Bund hat sein Zeichen. Man könnte sogar mehrere Zeichen nennen, vor allem Taufe und Abendmahl. Aber im Abendmahlswein ist das eigentliche Bundeszeichen verborgen: Das Blut Christi, das uns reinwäscht von aller Sünde. „Dieser Kelch ist das neue Testament, der neue Bund, in meinem Blut“, heißt es in den Einsetzungsworten. Wenn wir das Abendmahl feiern, dann wissen wir, dass Gott daran denkt. Es ist ähnlich wie beim Regenbogen. Gott sagt sich: Jetzt will ich die Sünden dieser Menschen nicht mehr ansehen, jetzt sollen sie für immer selig sein, denn dafür ist ja das Blut meines Sohnes am Kreuz geflossen. Wir dürfen gewiss sein, wenn wir das Sakrament des Altars feiern: Gott steht zu seinem Bund, zu seinem neuen Testament, zu seiner feierlichen Verpflichtung; er ist treu und ändert seine Meinung nicht. Nun kann ich gewiss sein, dass ich heilig bin und selig werde, auch wenn die ganze Welt, der Teufel und meine eigenen Zweifel tausendmal nein dazu sagen.
Liebe Gemeinde, lasst uns vor allem diesen neuen Bund Gottes im Glauben bewahren, den Christus-Bund. Nicht glauben hieße Gott zum Lügner machen. Das freilich würde Gott nicht ungestraft lassen. Ja, lasst uns den Bund im Glauben bewahren. Und lasst uns mit den Bundeszeichen leben – im Gedenken an unsere Taufe und mit dem kostbaren Altarsakrament. Hier ist Gottes größte Liebeserklärung! Was kann man Besseres damit tun, als sie anzunehmen und zu erwidern? Amen.
PREDIGTKASTEN |