Die glückliche Umkehr

Predigt über Markus 1,15 zum Altjahrsabend

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Vor Jahren habe ich bei einer Zelt­evangeli­sation für Jugendliche mitgemacht. Da führten wir ein Anspiel auf, eine kurze Theater­szene. Vorn auf dem Podium war eine Mauer aus mehreren Blöcken aufgebaut. Auf den Blöcken standen Sorgen und Probleme ge­schrieben, zum Beispiel Krankheit, Einsamkeit, Umwelt­verschmut­zung und Krieg. Hinter dieser Mauer stand ein junger Mann, starrte auf die Blöcke und war sichtlich bekümmert über so viel Un­erfreu­liches. Nach­einander traten dann ver­schiedene Helfer auf. Da kam eine Psychologin und meinte, der Mann habe eine besondere seelische Krankheit, die ihn so bekümmert macht. Doch die Diagnose half ihm nicht. Dann kam ein engagierter Marxist und meinte, das Heil liege in der Veränderung gesell­schaft­licher Strukturen. Das half dem jungen Mann auch nicht. Dann kam ein Werbe­vertreter, pries seine Produkte an und meinte, damit würde das Leben wieder Spaß machen. Aber auch das half nicht; der junge Mann starrte weiter unverwandt auf die Mauer mit den Problem­blöcken und war traurig. Schließlich kam ein Christ und sagte ihm: Dreh dich doch einfach um! Das tat der junge Mann – und erblickte hinter sich ein großes Kreuz. Da wurde er froh. Nun bestimmten ihn nicht mehr die Probleme der Welt, sondern die frohe Botschaft von Jesus Christus, der ihn erlöst hatte.

Liebe Gemeinde, Jesus fordert uns auf, dasselbe zu tun wie der junge Mann im Anspiel. Er sagt: „Kehrt um und glaubt an das Evan­gelium!“ Umdrehen sollen wir uns, wegdrehen von dieser Welt, von „ihren tausend Plagen und großen Jammer­last“, hin zu unserm Herrn, der am Kreuz die Welt überwunden hat. Dann werden wir ganz froh werden. „Kehrt um!“, oder wie es in der Luther­übersetzung heißt: „Tut Buße!“ Wörtlich kann man auch übersetzen: „Ändert eure Ein­stellung!“ Es geht darum, dass wir unser Denken, Träumen, Sorgen, Reden und Tun nicht in erster Linie von den Einflüssen dieser Welt bestimmen lassen, sondern von Jesus.

Wenn man beobachtet, wie es in dieser Welt und im eigenen Leben zugeht, kann man meistens nicht recht froh werden. Die Sünde hat alles verseucht – die Sünde früherer Gene­rationen, das Versagen unserer Mitmenschen und nicht zuletzt auch der eigene Ungehorsam. Der einzige Ausweg ist das Evangelium von Jesus Christus. Darum schließt sich an den Aufruf zur Buße folge­richtig die Auf­forderung an: „Glaubt an das Evan­gelium!“

Das Evangelium ist eine ganz einfache Sache. Ein Kind kann es verstehen; und ein Erwachsener kann es nur wie ein Kind annehmen, in kindlichem Vertrauen. Das Evangelium ist Gottes gute Nachricht für die ganze Welt. Gott sagt dir mit dieser guten Nachricht Folgendes: Ich habe dich geschaffen, ich habe dir das Leben geschenkt, mir und dir zur Freude. Ich habe dich lieb. Es tut mir weh zu sehen, wie du von mir wegläufst, wie dir anderes wichtiger ist, wie du kein Vertrauen zu mir hast, wie du mit eigener Kraft dein Leben in die Hand nehmen willst, ohne mich. Aber mein Sohn Jesus Christus hat all deine Schuld abgebüßt am Kreuz. Die Schuld braucht nicht mehr zwischen uns zu stehen. Du kannst einfach wieder zurück­kehren zu mir, ohne Vor­leistungen und Be­dingun­gen. Du kannst zurück­kehren in die liebenden Arme des wartenden Vaters, wie der verlorene Sohn. Komm doch, bei mir wird es dir gut gehen, da wirst du die Erfüllung deines Lebens finden! Komm doch, denn ohne mich wirst du in der Verdammnis enden, in der ewigen Qual! Komm doch, kehre um, glaube an das Evangelium! Ich habe dich lieb und will doch nur das Beste für dich!

Liebe Gemeinde, wenn Jesus uns zur Buße und zum Glauben an das Evangelium ruft, so meint er damit eine Hinwendung zu ihm, die täglich neu erfolgen soll. Die Dinge dieser Welt wollen uns täglich so sehr den Blick verstellen, dass wir uns auch täglich dem Kreuz zuwenden müssen. Ein Jahres­wechsel ist der geeignete Anlass dafür, dass wir uns das ins Bewusstsein rufen. Ich möchte jetzt einiges nennen, was den einen oder anderen von euch im neuen Jahr besonders be­schäftigen mag, und möchte aufzeigen, wie die Umkehr zum Evangelium dabei jeweils aussehen kann.

Wenn du krank bist (vielleicht sogar chronisch krank oder unheilbar krank), und du weißt nicht, wie du die Schmerzen ertragen sollst, dann kehre um und glaube an den, der unsere Krankheit trug und alle Schmerzen auf sich lud. Jesus hat deine Seele heil gemacht, das ist das Wichtigste. Und er wird dir zur rechten Zeit auch wieder einen gesunden Leib schenken – vielleicht noch in dieser Welt, vielleicht erst in der andern Welt. Aber helfen wird er bestimmt, das hat er ver­sprochen.

Wenn du einen lieben Menschen verloren hast und dich allein gelassen fühlst, oder wenn du einsam bist und dich vielleicht nach einem Lebens­partner sehnst, dann kehre um und vertrau dich dem an, der immer bei dir ist, der dich nie im Stich lässt und mit dem du ewige Gemein­schaft haben kannst. Jesus wird dir auch zur rechten Zeit den richtigen Menschen schenken, wenn es sein Wille ist.

Wenn du dir Sorgen machst um deine Kinder oder um andere nahe­stehende Menschen, wenn du sie auf verkehrten Wegen gehen siehst und nicht daran hindern kannst, oder wenn du an ihrem Leid mitleidest, dann kehre um und wirf all deine Sorgen auf den Herrn. Du selbst kannst nichts ausrichten mit deiner schwachen Kraft, aber du kannst den um Hilfe bitten, der gebeten sein und dann auch helfen will.

Wenn du alt bist und langsam Abschied nehmen musst von dieser Welt, wenn du be­zweifelst, ob du das nächste Weihnachten und den nächsten Jahres­wechsel noch erleben wirst, und wenn dir bei diesem Gedanken angst und bange wird, dann kehre um und blicke auf den, der für dich starb und von den Toten auferstand. Jesus wird in der dunkelsten Stunde deines Lebens bei dir sein und dich zum Vaterhaus geleiten.

Wenn du dir Sorgen machst um die Zukunft der Welt wegen der zunehmenden Zerstörung und Vergiftung der Umwelt, wenn du dein täglich Brot nicht mehr mit Freuden zu dir nehmen kannst, weil es möglicher­weise verseucht und belastet ist, dann kehre um und vertraue auf den, der den Glaubenden versprach: „Wenn ihr etwas Tödliches trinken werdet, wird's euch nicht schaden“ (Markus 16,18). Auch wenn der Leib zugrunde geht und gar die ganze Menschheit sich vergiftet, werden doch die Seelen der Christen auf ewig unversehrt bleiben.

Wenn dir trotz aller Friedens­bemühungen die grausamen Ver­nichtungs­waffen Angst machen, die noch immer in großer Zahl zu gewaltigen Schlägen bereit stehen, und wenn dir die Bilder von Atompilzen und ver­stümmelten Menschen im Krieg nicht aus dem Kopf wollen, dann kehre um, blicke auf den König aller Könige und den Herrn aller Herren, vor dem einmal alle Mächte und Gewalten in die Knie gehen müssen. Wenn Jesus in deinem Herzen ruht, dann bist du in ihm geborgen wie in Abrahams Schoß, auch wenn die Welt tobt und springt.

Wenn du nicht weißt, wie du deine Rechnungen bezahlen und deine Schulden abtragen sollst, wenn du in wirtschaft­licher Not steckst und keinen Ausweg mehr siehst, dann kehre um und schenk dem dein Vertrauen, der auch den Spatzen zu essen gibt und der die Lilien auf dem Felde schöner kleidet als Salomo in all seiner Pracht. Jesus hat ver­sprochen, dass wir uns um Nahrung und Kleidung nicht zu sorgen brauchen, weil er für uns sorgt.

Wenn es dir wirtschaft­lich gut geht und du überlegst, wie du dein Vermögen mehren und sichern kannst, dann kehre um und vergiss den nicht, der sagte: „Kümmert euch zuallererst um Gottes Reich!“ (Matth. 6,33) Investiere Geld, Zeit und Kraft ins Himmel­reich, dann wirst du dort einen un­vergäng­lichen Schatz haben.

Wenn du dir für das neue Jahr viel vorgenommen hast und große Pläne schmiedest, dann kehre um und mache den Zusatz zu deinen Plänen: „Wenn Gott will und wir leben“ (Jak. 4,15). Frage deinen Herrn danach, ob ihm deine Pläne gefallen, und nimm es demütig aus seiner Hand, falls er sie durch­kreuzen sollte.

Wenn du im neuen Jahr viel Spaß haben willst, ein leichtes und un­beschwertes Leben mit viel Unter­haltung, Ausruhen und Zer­streuung, dann kehre um und folge dem nach, der dir un­vergäng­liche Freude schenken will. Erwarte nicht, dass du mit den An­nehmlich­keiten dieser Welt deinen ganzen Lebens­hunger stillen kannst. Sei auch bereit für das Kreuz, das unser Herr früher oder später allen auflegt, die ihm nachfolgen wollen, damit sie sich auf das Wesentliche besinnen.

Wenn du mit einem schlechten Gewissen ins neue Jahr gehst, weil du Menschen verletzt oder ihnen Unrecht getan hast, dann kehre um, lass dir deine Schuld von Gott vergeben und bitte auch deine Mitmenschen um Vergebung. Dann kannst du aufatmen und unbeschwert weiter­wandern. Wenn du ein schlechtes Gewissen Gott gegenüber hast, weil du ihn in letzter Zeit nicht genug geehrt hast, weil du sein Wort selten gehört oder sein Sakrament kaum empfangen hast oder weil du nicht bereit warst, deine Gaben für ihn ein­zusetzen, dann kehre um, bekenne ihm deine Schuld und lass dir vergeben. Dann wird Gott dich mit Heiligem Geist füllen, sodass du künftig besser in der Nachfolge leben kannst.

Wenn du dir Sorgen machst um den Lauf des Evangeliums in der Welt und um den Weg der Kirche, wenn dich die Zerrissenheit der Christen bedrückt oder wenn du traurig mit ansehen musst, wie viele Menschen arglos den Weg ins Verderben wählen und sich nicht zur Buße rufen lassen, dann kehre um zu dem, der allein Menschen­herzen bekehren kann. Bete fleißiger und bekenne deinen Glauben unbeirrt; vielleicht erbarmt sich Gott doch noch über die scheinbar verlorenen Herzen.

Wenn du ganz gleichmütig in das neue Jahr gehst und rundum zufrieden bist mit dir und der Welt, dann kehre um und lass dich dennoch von dem verändern, der sagt: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb. 21,5). Lass dir das Verlangen schenken, noch mehr vom Evangelium zu erfahren und dich noch mehr durch deinen Herrn prägen zu lassen als guter Jünger Jesu.

Kurz: Lasst uns allesamt umkehren von den Dingen der Welt, die uns belasten und ablenken, und uns hinwenden zu den un­sichtbaren Geheim­nissen Gottes! Sie allein bleiben bestehen und können unser Leben trotz allem zum Guten wenden. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1987.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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