Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Immer mehr Christbäume haben elektrische Lichter statt echter Kerzen. Mancher ist vielleicht ein wenig traurig darüber, sind doch echte Kerzen ein schönes Symbol für Christus: das Licht, das sich aus aus Liebe verzehrt. Aber auch die elektrischen Kerzen haben eine symbolische Bedeutung für die frohe Botschaft von Jesus Christus. Besonders für den ersten Abschnitt des ersten Johannesbriefes können sie eine Verständnishilfe sein. Die Kernaussage dieses Abschnitts finden wir im dritten Vers. Da schreibt der Apostel Johannes: „Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.“ Es geht dabei um die grundlegende christliche Botschaft, mit der die Kirche und unser Glaube steht und fällt: Dass wir durch Jesus Christus die Gemeinschaft mit Gott neu geschenkt bekamen, die wir um unserer Sünde willen verloren hatten. Der ganze Abschnitt führt uns vor Augen, wie diese unsere Gemeinschaft mit Gott zustande kommt. Und da kann uns die elektrische Weihnachtsbaumbeleuchtung als Anschauungsmittel helfen.
Stell dir vor, du bist eine elektrische Christbaumkerze. Wenn du leuchtest, dann bedeutet das: Du hast Gemeinschaft mit Gott und ewiges Leben. Ob du leuchtest, hängt davon ab, ob eine direkte Verbindung vom Kraftwerk zu dir besteht. Das Kraftwerk ist der ewige Gott, der himmlische Vater, von dem alles Leben kommt. Und dieses Leben gelangt nun auf einem bestimmten Weg zu dir. Da sind Hochspannungsleitungen und Transformatoren, in denen der Strom umgeformt wird. Da sind Kabel, da ist eine Steckdose und eine Zuleitung. Wenn dieser Weg des elektrischen Stroms irgendwo unterbrochen ist, bleibst du dunkel. Um diesen Weg geht es in dem Abschnitt aus dem Johannesbrief, um den Weg, wie Gottes Leben zu dir kommt. Es geht um deine Verbindung, deine Gemeinschaft mit dem allmächtigen Vater. Die Leitungen und Transformatoren auf diesem Wege sind der Mensch gewordene Jesus Christus, die Apostel als Augenzeugen und die Verkündiger der Evangeliums. Liebe Gemeinde, es ist ganz wunderbar, wie diese Verbindung zustande kommt, und wir wollen das jetzt mit diesen Versen genau betrachten. Wir wollen darüber staunen, was für große Dinge Gott unternimmt, damit wir Gemeinschaft mit ihm und ewiges Leben haben können. Gott ist es, der zu uns kommt und in uns leuchtet, es ist seine Kraft, seine Energie, sein Tun. Wir aber sollen darauf achthaben, dass diese Verbindung nur ja nicht unterbrochen wird, denn dann geht das Licht des ewigen Lebens bei uns aus, und wir sind verloren. Lasst uns auch darum diese Verse genau betrachten. Lasst uns diese Verbindung verstehen lernen und aufpassen, dass sie nicht abbricht.
Der erste Punkt in dieser Verbindungslinie ist Gottes Erscheinen in unserer Welt. Das ist sozusagen jener Transformator, der den Kraftwerksstrom für die große Überlandleitung umspannt. „Das Leben ist erschienen“, schreibt der Apostel Johannes. Mit „Leben“ meint er hier den, der das Leben in diese Welt bringt und der auch „Wort des Lebens“ heißt: Jesus Christus. Mit ihm ist Gottes Herrlichkeit in unsere Welt gekommen, wenn auch transformiert – umgeformt in Niedrigkeit, Schwachheit, Armut. Dennoch ist die Krippe die Anschlussstelle für Gottes Strom in unserer Welt. „Anfang“ nennt Johannes diese Anschlussstelle, wie sie auch schon im ersten Buch Mose „Anfang“ hieß. Gott selbst ist unendlich und ewig, Gott selbst hat keinen Anfang, aber wo Gott mit unserer Welt in Berührung tritt, da geschieht immer ein „Anfang“. Das war bei der Schöpfung so: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ (1. Mose 1,1). Da war sein Sohn Jesus Christus bereits beteiligt: „Am Anfang war das Wort“ (Joh. 1,1). Und als der Sohn dann Fleisch wurde, war da ein Neuanfang, eine Neuschöpfung, eine neue Tat Gottes, um die gefallene Schöpfung zurückzugewinnen. Das drückt der Apostel Johannes aus, wenn er hier in seinem Brief schreibt: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben…“ Die Krippe, Gottes Transformator in diese Welt, ist der Anfang zur neuen Gemeinschaft mit Gott, die uns geschenkt wird.
Bei diesem Vergleich erkennen wir, dass es ohne den Gottessohn Jesus Christus keine Gemeinschaft mit Gott gibt. Den entscheidenden Vers 3 kann man auch so übersetzen: „Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater, nämlich in der Weise, dass wir mit seinem Sohn Jesus Christus Gemeinschaft haben.“ Das klingt ganz selbstverständlich, muss aber doch mit Nachdruck betont werden. Es gab und gibt nämlich eine große Zahl von Leuten, die in Jesus einen herausragenden und vorbildlichen Menschen sehen, aber nicht glauben wollen, dass er Gott in Person ist. Johannes sagt es in diesem Brief wiederholt ganz deutlich: „Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater“ (1. Joh. 2,23). Wenn wir das ernst nehmen, dann kann es keine Verbrüderung zwischen uns Christen und anderen Religionen geben. Nur der Gottessohn verbindet uns mit dem allmächtigen Vater. Wenn an dieser Stelle die Verbindung unterbrochen ist, bleibt unsere Christbaumkerze dunkel.
Wir kommen nun an einen weiteren Punkt in der Verbindungslinie zwischen Gott und uns: die bevollmächtigten Augenzeugen des Gottessohnes Jesus Christus. Ihr Dienst ist für uns unverzichtbar, denn ohne sie wüssten wir nichts von unserem Herrn. Unsere Augen sehen ja Christus nicht, unsere Ohren hören nicht direkt seine Stimme, unsere Hände können ihn nicht betasten; das war den Menschen einer anderen Zeit an bestimmten Orten vorbehalten. Der Apostel Johannes gehörte zu ihnen, und in der Gemeinschaft der anderen bevollmächtigten Augenzeugen schreibt er einfach „wir“: „Was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unseren Augen, was wir betrachtet haben und unsere Hände betastet haben …“ Hier haben wir zuverlässige Kunde über alles Wichtige, was mit Jesus Christus geschehen ist, was er gesagt, getan und erlitten hat. Wenn wir die Worte dieses Zeugnisses ernst nehmen, dann erkennen wir, dass man da unmöglich von Mythen und Legenden reden kann, wie es uns viele Theologen unserer Zeit weismachen wollen. Es geht nicht um fromme Gedanken, um Träume oder um Phantastereien des Apostels Johannes und der anderen Apostel, sondern um das, was sie wirklich gehört, gesehen und betastet haben. Und selbst wenn sie bei der einen oder anderen Begebenheit persönlich nicht dabei waren, so haben sie sich dann doch bei zuverlässigen Augenzeugen fleißig erkundigt. So war der Apostel Johannes natürlich nicht bei Jesu Geburt anwesend; aber er hat später Jesu Mutter Maria bei sich aufgenommen wie seine eigene Mutter und hat von ihr alles erfahren über Jesu Geburt, aus erster Hand. Gewiss schließt er ihre Berichte in das „Wir“ der Augenzeugen ein, wenn er schreibt: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben…“
Apostel und Evangelisten wie Johannes sind also unverzichtbare Transformator-Stationen für unsere Verbindung zu Gott. Wie wir ohne den Sohn nicht den Vater haben, so haben wir ohne die Apostel nicht den Sohn. Deshalb bekennen wir im Glaubensbekenntnis, dass wir eine apostolische Kirche sind, gegründet auf das Wort der Apostel. Und deshalb wurden mit den Apostel- und Evangelistentagen diesen auserwählten Zeugen zu Recht kalendarische Denkmäler gesetzt, wie zum Beispiel der Tag des Apostels und Evangelisten Johannes am 27. Dezember. Ohne das Zeungis ihrer persönlichen Begegnungen mit dem fleischgewordenen Wort müsste alles Reden von Jesus unverbindlich bleiben, reines Rätselraten und Spekulation. Wir können das Apostelwort deshalb nicht hoch genug einschätzen und Gott nicht genug dafür danken. Wo dieses Wort kritisiert oder gar verachtet wird, da gibt es kein ewiges Leben, da muss die Christbaumkerze dunkel bleiben.
Die dritte Transformatorstelle für die Gemeinschaft mit Gott, die wir den Versen aus dem ersten Johannesbrief entnehmen können, ist die Verkündigung. „Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch“, schreibt Johannes. Die Augenzeugen-Erfahrungen des Apostels und Evangelisten wurden weitergesagt, aufgeschrieben, überliefert, immer wieder neu gepredigt und verbreitet. Die Apostel waren nicht nur als Jünger eingeladen und aufgefordert, zu sehen und zu erleben, sondern sie wurden auch ausgeschickt mit dem Auftrag, es aller Welt weiterzusagen, was sie erlebten. Denn so will Jesus, das Wort des Lebens, zu denen kommen, denen er nicht in seinen Erdentagen leibhaftig begegnete. Und an diesem Punkt der Verbindung zu Gott, an diesem Transformatorhäuschen sozusagen, habe auch ich meine Aufgabe, der ich euch das apostolische Wort weiter verkündigen soll. Das geschieht nicht nur in der Predigt, sondern auch in den Sakramenten Taufe und Abendmahl, die ja aus dem Wort leben, auch im Zuspruch der Sündenvergebung bei der Beichte, auch in der persönlichen Seelsorge. Hier, in den Gnadenmitteln der Kirche, ist eure Steckdose für Gottes Kraft, die euch zum Leuchten bringt; hier habt ihr die Verbindung zum Kraftwerk, zum Allmächtigen. Und auch diese Verbindungsstelle ist lebenswichtig für den Glauben: Taufe, Abendmahl, christliche Lehre und Gemeinschaft sind von Christus verbindlich vorgesehen und daher letztlich unverzichtbar.
Liebe Gemeinde, auch diese Verbindungsstelle ist leicht gefährdet, gerade in der heutigen Zeit. Nicht nur, dass viele meinen, allein ohne Gottesdienst genug für ihren Glauben tun zu können (Wenn man sie dann nach diesem Glauben befragt, kommen meistens sehr verschwommene und zum Teil unbiblische Meinungen an den Tag). Nein, nicht nur das, auch das Hirtenamt wird heute von vielen nicht mehr akzeptiert, der Dienst der Pastoren gering geschätzt. Versteht mich nicht falsch, mir geht es nicht darum, in der Gemeinde etwas Großes darstellen zu wollen. Meinetwegen braucht ihr von mir persönlich keine hohe Meinung zu haben; ich bin nur ein elender sündiger Mensch. Aber wenn ich zu euch predige, dann predige ich das Wort der Propheten und Apostel, dann predige ich Jesus Christus, und dann bringe ich euch das Wort des ewigen Lebens, durch das ihr Gemeinschaft mit Gott habt. Es geht hier auf der Kanzel nicht um meine Meinung, sondern um Gottes Wort. Ich will nicht sagen, dass das immer unfehlbar ist, was ich sage. Aber falls du mal denken solltest: „Was hat der heute für einen Quatsch erzählt!“, dann prüfe genau anhand der Bibel, ob dieses Urteil richtig ist. Stimmt meine Predigt nicht mit Gottes Wort überein, dann hast du die heilige Pflicht, zu mir zu kommen und mir das vorzuhalten. Stimmt sie aber überein, dann nimm sie auch als Gottes Wort an und kritisiere nicht daran herum! Denn in der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung deiner Gemeinde geschieht Entscheidendes: Hier hast du die Verbindung zum lebendigen Gott. Ist die unterbrochen, bleibt dein Licht dunkel.
Es bleibt mir zum Schluss nur der inständige Wunsch, dass ihr alle zusammen mit vielen anderen diese Gemeinschaft mit Gott habt und hell strahlende Weihnachtskerzen seid und bleibt. Denn das gereicht mir und euch zu großer Freude, wie auch der Apostel und Evangelist Johannes am Ende unseres Abschnitts sagt: „Das schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei.“ Amen.
PREDIGTKASTEN |