Gottes Erbe gut bewahren

Predigt über 5. Mose 4,5-20 zum 11. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Vor 125 Jahren begann ein Mann in Bielefeld, Tütchen mit weißem Pulver zu verkaufen, zehn Pfennig das Stück. Der Inhalt ermöglichte es Hausfrauen, schnell und un­kompliziert leckeren Kuchen zu backen. Der Mann hieß August Oetker. Jahrelang hatte der kluge Apotheker und Sohn eines Bäckers an dem Rezept herum­getüftelt. Noch heute kann man Dr. Oetkers Backpulver in un­veränderter Rezeptur kaufen. Aus der genialen Erfindung ist ein großer Wirtschafts­betrieb hervor­gegangen. Das Familien­unternehmen umfasst heute weltweit 400 Firmen und macht einen Jahresumsatz von über zehn Milliarden Euro.

Nun bin ich ja nicht hier, um euch eine Lektion in deutscher Wirtschafts­geschichte zu erteilten. Ich habe Dr. Oetkers Erfolgs­geschichte nur als Gleichnis erzählt für Gottes Handeln mit seinem Volk Israel. Es geht um das Unternehmen „alter Bund“. Die Worte, die wir als Predigttext gehört haben, stammen aus einer Predigt von Mose. Zu der Zeit war das Unternehmen „alter Bund“ immerhin schon vierzig Jahre alt. Mose blickte zurück auf den Anfang und ließ ihn vor den Ohren einer neuen Generation wieder lebendig werden. Wie wunderbar hatte Gott begonnen und die Nachkommen Israels zu einem herrlichen Volk gemacht! Mose predigte: „Der Herr hat euch angenommen und aus dem glühenden Ofen, nämlich aus Ägypten, geführt, dass ihr das Volk sein sollt, das allein ihm gehört, wie ihr es jetzt seid.“ Der „glühende Ofen“, das war die harte Sklaven­arbeit in Ägypten gewesen. Nach den hoch­sommerlichen Temperaturen der letzten Woche können wir uns das ein bisschen vorstellen: in sengender Sonne den ganzen Tag lang Ziegelsteine brennen und riesige Steinquader zu Bauwerken aufrichten, die mehrere tausend Jahre halten sollten! Was für eine Befreiung war es da gewesen, als Gott sich über die Hebräer erbarmte und sie durch Mose aus Ägypten heraus­führte!

Und dann schloss Gott feierlich einen Bund mit ihnen. Das geschah am Berg Sinai, auch Horeb genannt. Da ließ er unter gewaltigen Natur­erscheinun­gen seine Stimme erschallen, verkündete die Zehn Gebote und übergab das ganze heilige Gesetz seinem Diener Mose. Nur Mose durfte ein bisschen was von Gottes Herrlichkeit sehen, die anderen hörten nur seine Stimme. Das war die Gründungs­stunde des Unternehmens „alter Bund“: Es gründet auf Gottes guten und weisen Geboten – so ähnlich, wie Dr. Oetkers Konzern auf der genialen Erfindung des Backpulvers gründet. Nicht nur das Volk Israel, sondern alle Völker sollten später die Genialität der Zehn Gebote erkennen und den Gott Israels dafür preisen. Bereits Mose hatte es damals voraus­gesehen und gepredigt: „Dadurch werdet ihr als weise und verständig gelten bei allen Völkern, dass, wenn sie alle diese Gebote hören, sie sagen müssen: Ei, was für weise und verständige Leute sind das, ein herrliches Volk!“ Nicht zuletzt auch die allgemeinen Menschen­rechte, die heute praktisch weltweit anerkannt sind, gründen auf Gottes Zehn Geboten, dem bewährten Traditions­rezpet für ein glückliches Leben und Zusammen­leben. Israel war damals kurz davor, im eigenen Land sesshaft zu werden. Gott versprach ihnen eine gute Zunkft in Frieden und Wohlstand auf der Grundlage seiner herrlichen Gebote.

In derselben Predigt warnte Mose davor, Gottes Gebote zu verachten, denn das würde das ganze Unternehmen „alter Bund“ gefährden. „So haltet sie nun und tut sie!“, rief er seinen Brüdern und Schwestern zu. Und das nicht nur damals geschehen, als die Erinnerung an den Bundes­schluss noch frisch war, sondern auch im weiteren Verlauf der Geschichte, über Generationen hinweg. „Hüte dich nur und bewahre deine Seele gut, dass du nicht vergisst, was deine Augen gesehen haben, und dass es nicht aus deinem Herzen kommt dein ganzes Leben lang. Und du sollst es deinen Kindern und Kindes­kindern kundtun…“ So wie Mose das geniale Original­rezept für gutes Leben von Gott persönlich in Empfang genommen hatte, gab er es an die nächste Generation weiter und ermahnte sie, diesen Traditions­strom nicht abreißen zu lassen. Anders kann ein Familien­betrieb wie das Unternehmen „alter Bund“ nicht funktio­nieren.

Besonders legte Mose den Israeliten ans Herz, dass sie sich nicht von Gott abkehren und Götzen dienen sollten. Sie sollten sich davor hüten, nach dem Vorbild der Nachbar­völker irgendwelche Menschen‑ oder Tierfiguren in den Götterstand zu erheben und so zu tun, als könnten die ihnen irgendwie weiter­helfen. Sie sollten sich an den Bundes­schluss erinnern: Nur Gottes Stimme hörten sie da, denn seine Gestalt kann man nicht sehen und nicht abbilden. Auch die geheimnis­vollen Lichter am Himmel, die von den Ägyptern und anderen Völkern angebetet wurden, sollten sie nicht als Götter verehren: die Sonne, den Mond und die Sterne. Wir wissen, was sie in Wahrheit sind und was auch bereits Mose über sie gelehrt hatte: Es sind einfach nur himmlische Leucht­körper, von Gott geschaffen, um allen Menschen Licht und Orientierung zu geben.

Leider hat sich das Unternehmen „alter Bund“ nicht so gut gehalten wie Dr. Oetkers Familien­betrieb. Zwar gibt es das Volk Israel bis zum heutigen Tag, aber Ungehorsam, Abfall und Götzendienst ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Gottesvolks. Sie haben sich Moses Worte nie für längere Zeit zu Herzen genommen. Es ist so traurig, dass Jesus über die Stadt Jerusalem weinen musste und über das ganze Volk, aus dem er seiner Menschheit nach stammte. So kam es, dass Gott den Tempel im Jahre 70 nach Christus endgültig zerstören ließ und sein geliebtes Eigentums­völk unter alle Völker zerstreute.

Damit ist Gottes Weisheit aber noch nicht am Ende, und seine Liebe zu Israel und zu allen Völkern erst recht nicht. Gott begann etwas Neues: das Unternehmen „neuer Bund“. Und wie Dr. Oetkers Unternehmen mit einer Tüte Backpulver begann und das Unternehmen „alter Bund“ mit Zehn großartigen Geboten, so begann das Unternehmen „neuer Bund“ mit einem Kreuz und einem leeren Grab. Gottes Weisheit und Gottes Kraft, auf denen der neue Bund gründet, sind da noch größer als beim alten Bund. Allerdings können das nur diejenigen erkennen, denen der Heilige Geist die Augen dafür öffnet. Für die anderen ist Jesu Opfertod am Kreuz etwas Un­verständ­liches, ja geradezu Dummes und Ärgerliches. Wie kann es sein, dass Jesus in seiner schwächsten Stunde Stärke zeigt? Wie kann es sein, dass das Ende von Gottes weisem Gesetz der Schlüssel zum seligen Leben in Ewigkeit wird? Und wie kann es sein, dass der Tod eines Einzigen die Sünden der gesamten Menschheit sühnt?

Wir wissen es, liebe Brüder und Schwestern, Gott sei Lob und Dank! Wir wissen es, weil Gott selbst es uns offenbart und ins Herz geschrieben hat. Wir wissen es und wollen daran festhalten. Wir wollen aus der Kraft dieses Glaubens leben und dann auch mit diesem Glauben selig sterben. Und wir wollen diesen Glauben weitergeben, so wie Mose es damals schon für den alten Bund gefordert hat: „Vergiss es nicht und tu es auch deinen Kindern und Kindes­kindern kund!“ Denn wer im Unternehmen „neuer Bund“ lebt, der hat ein gutes, gesegnetes Leben – ganz gleich, in welchen äußerlichen Lebens­verhältnis­sen er sich befindet. Wer im Unternehmen „neuer Bund“ lebt, der gehört zu Gottes neuem Eigentums­volk, zum neuen Israel. Die anderen Menschen aber, die noch nicht dazugehören, können an Gottes Volk erkennen, welche Kraft in der Liebe liegt – der bedingungs­losen Liebe zu allen Menschen, die stets bereit ist, Schuld zu vergeben und einen Neuanfang zu ermöglichen. Lasst uns alles dransetzen, dass das Familien­unternehmen „neuer Bund“ auch in schwierigen Zeiten fortbesteht – das Familien­unternehmen des himmlischen Vaters und seiner Kinder. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2018.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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