Der eine internationale Gott

Predigt über Sacharja 8,20-23 zum 10. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Gott lässt uns immer wieder staunen. Bis zum heutigen Tag lässt er Wunder geschehen. Eine besondere Art von Wunder ist die Prophetie. Wir staunen darüber, wie zuverlässig Gottes Vorhersagen aus alter Zeit in Erfüllung gegangen sind. Das Wort des Propheten Sacharja, das wir eben gehört haben, ist ein schönes Beispiel dafür. Sacharja hatte nämlich angekündigt, dass Menschen aus vielen Völkern zum Herrn Zebaoth kommen und ihn anbeten. Aber hören wir die ganze Geschichte!

Vor langer Zeit glaubten die meisten Menschen, dass es viele Götter gibt. Sie dachten, jedes Volk hat seinen eigenen National­gott, oder auch mehrere. Sie meinten, dass diese National­götter in Konkurrenz zueinander stehen, so wie die Völker miteinander um Land und Macht kämpfen.

In dieser Zeit lebte Abraham. Der Herr versprach dem alten, kinderlosen Mann: Deine Nachkommen werden einmal ein großes Volk sein. Und er versprach: Aller Völke werden durch Abrahams Nachkommen Segen empfangen. Das heißt: Sie werden zu Abrahams Gott kommen und dadurch ein einziges gesegnetes Volk sein. Das waren Versprechen gegen jeden äußeren Anschein, aber Abraham glaubte dem Herrn.

Jahrhunderte später waren Abrahams Nachkommen tatsächlich ein großes Volk geworden: dasVolk Israel, das Volk der Juden. Sie glaubten an Abrahams Gott, denn sie sahen seine Wunder und hörten sein Wort. Anders als die umliegenden Völker bekannten sie: Dieser Herr Zebaoth ist er einzige wahre Gott. Er hat die ganze Welt erschaffen. Seine Macht ist nicht auf Israel beschränkt, sondern er ist der Herr über alle Völker. Sie glaubten an einen einzigen inter­nationalen Gott.

Aber Israels Glaube war ständig angefochten. Viele Juden sahen neidisch auf die Götterwelt der umliegenden Völker mit ihren schönen Standbildern und ihren sinnlichen Kulten. So kam es immer wieder zum Götzendienst in Israel. Gott strafte sein Volk dafür, indem er andere Völker größer und mächtiger werden ließ. Bald war Israel nur noch ein kleines bedrohtes Land, innerlich und äußerlich zerrissen. Die auf­strebenden Großmächte mit ihren Götzen schienen weitaus mächtiger zu sein als Israel mit seinem Herrn Zebaoth.

In diesen Zeiten schickte Gott Propheten, die an die Abrahams­verheißung erinnerten. Micha hieß einer von ihnen, Jesaja ein anderer. Sie kündigten an, dass sich der Herr Zeaboth in Zukunft als der Mächtigste erweisen werde. Sie prophe­zeiten: Es wird eine neue Zeit kommen, da werden Menschen aus allen Völkern zu Israels Hauptstadt Jerusalem strömen, dort nach Israels Gott fragen und ihn anbeten. Jesaja weissagte auch: Zu dieser Zeit wird der Immanuel geboren werden, der Erlöser. Aber nur wenige glaubten das, denn diese Botschaft widersprach jedem äußeren Anschein.

Auch der Prophet Sacharja predigte so. Er tat es sehr anschaulich. Er schilderte, wie Menschen fremder Völker sich gegenseitig ermuntern, Abrahams Gott zu suchen. Sacharja kündigte an: „Die Bürger einer Stadt werden zur andern gehen und sagen: Lasst uns gehen, den Herrn anzuflehen und zu suchen den Herrn Zebaoth…“ Eine riesige Schar von Ausländern werde dann nach Jerusalem kommen und bei den Juden den einen wahren Gott suchen. Sacharja fuhr fort: „Zu der Zeit werden zehn Männer aus allen Sprachen der Heiden einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir hören, dass Gott mit euch ist.“ Sacharja prophezeite damit etwas, das auch noch zu seiner Zeit allem Trend und Anschein widersprach.

Aber dann geschah das Wunder, und die Prophe­zeiungen gingen in Erfüllung. Es begann damit, dass der Immanuel geboren wurde: Jesus, der Sohn Gottes. Sein Name „Immanuel“ ist Programm; er bedeutet „Gott mit uns“. Wie hatte doch Sacharja von den Fremden geweissagt, die nach Jerusalem strömten? „Wir hören, dass Gott mit euch ist.“

Zuerst kamen drei weise Männer, die bis dahin Götzen angebetet hatten. Sie erkundigten sich in Jerusalem nach dem neu geborenen König der Juden, fanden ihn in Bethlehem und beteten ihn an. Als Jesus erwachsen war, bezeugte er von sich: „Ich und der Vater sind eins.“ Und: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ (Joh. 10,30; 14,9) Dann ging er nach Jerusalem, ließ dort sein Leben für die Schuld aller Menschen und zeigte sich lebendig als Sieger über den Tod. Ebenfalls in Jerusalem geschah es danach, dass tausende von Menschen aus vielen Ländern ein paar Juden fragten: „Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun?“ Und Juden wie Simon, Andreas, Johannes und Jakobus antworteten ihnen: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi“ (Apostel­gesch. 2,37-38).

Die Sache ging weiter. Die Prophezeiung Sacharjas und der anderen Propheten erfüllte sich lawinen­artig: Von überall her strömten die Menschen nach Jerusalem, um den einen wahren Gott zu suchen. Und wann immer Juden ihnen den Zugang zum Herrn Zebaoth in seinem Sohn Jesus Christus zeigten, fanden sie ihn. Sie ließen sich taufen und gehörten künftig zu dem einen heiligen Volk des einen wahren Gottes, dem Volk aus allen Völkern und Sprachen. Ein Mann kam sogar aus Afrika mit einer Kutsche nach Jerusalem gefahren, kaufte sich dort ein Buch über Gott, wurde nicht schlau daraus und fand dann doch schließlich einen, der ihm die richtige Auskunft geben konnte.

In den folgenden Jahrzehnten und Jahr­hunderten blühte die Mission. Über alle Erwartungen hinaus erfüllte sich Sacharjas Prophe­zeiung: „Die Bürger einer Stadt werden zur andern gehen und sagen: Lasst uns gehen, den Herrn anzuflehen und zu suchen den Herrn Zebaoth.“ Obwohl das alte Jerusalem zerstört war, gab es doch ein neues Jerusalem: die christliche Kirche. Dieses geistliche Jerusalem ist so inter­national wie Gott und sein Volk: Es ist nicht an bestimmte Koordinaten gebunden, sondern existiert überall dort, wo Menschen sich zu Gottes Sohn Jesus Christus bekennen. Freilich waren einige Juden vor Gottes neuem Zeitalter stehen­geblieben und glaubten nicht an den Messias Jesus von Nazareth. Andere Menschen schossen im Lauf der Zeit über das Ziel hinaus und predigten eigene Gedanken anstelle des Evangeliums von Jesus. Mohammed zum Beispiel lernte in Mekka von Juden und Christen, dass es nur einen wahren Gott gibt, und das leuchtete ihm ein. Er verkündigte daraufhin, dass er berufen sei, den Glauben an diesen einen Gott zur Vollendung zu führen. Als seine Predigten in Mekka auf wenig Verständnis stießen, zog er nach Medina, radikali­sierte sich und wurde Anführer einer Räuberbande. Fortan setzte er mit Gewalt durch, was in seinen Augen besser und richtiger war als das Judentum und das Christentum: der Islam.

Aber auch wenn einige vor Christus stehen­bleiben und andere über das Ziel hinaus­schießen: Es hat sich wunderbar erfüllt, was die Propheten angekündigt hatten. Sacharja sprach davon, dass zehn Ausländer einen Juden nach dem Herrn Zebaoth fragen werden. Heute gibt es 15 Millionen Juden auf der Welt, aber 2,3 Milliarden Christen und 1,6 Milliarden Muslime. Von den 7,5 Milliarden Menschen, die heute die Welt bevölkern, glauben also weit über die Hälfte daran, dass es nur einen Gott gibt. Die Mehrzahl von ihnen gehört durch Jesus Christus zum Reich Gottes, zu Gottes einem Volk. Es ist der Gott dieses alten Mannes Abraham, dem Gott einst gegen allen Anschein Segen für alle Völker versprach, und der Gott dieses kleinen und an­gefochtenen Volkes Israel.

Ja, Gott lässt uns immer wieder staunen. Bis zum heutigen Tag lässt er Wunder geschehen. Dass so viele Menschen zum Herrn Zebaoth gefunden haben, ist ein großes Wunder. Die nationalen Götzen dagegen gehören weitgehend der Vergangen­heit an. Wir sollten uns darum auch nicht weismachen lassen, unser christlicher Glaube sei eine National­religion. Niemand sollte meinen, das Christentum sei lediglich ein besonderes kulturelles Erbe des Abendlands, und die anderen Kulturen sollten lieber an ihren eigenen Gottes­vorstellungen festhalten. Nein, der Herr Zebaoth ist der eine inter­nationale Gott für Menschen aus allen Völkern und Kultur­bereichen. Darum ist auch das Thema Mission aktuell wie eh und je. Denn wo immer Mission getrieben wird, geschieht das Wunder von Neuem: Die Weissagungen Sacharjas und der anderen Propheten erfüllen sich, und der Segen Abrahams breitet sich aus.

Heute sind wir es, liebe Brüder und Schwestern, die Auskunft geben können, wenn Fremde uns am Gewand zupfen und nach dem einen wahren Gott fragen. Wir können dann antworten: Es ist der Herr Zebaoth, der Gott Abrahams und Israels, der Vater unsers Herrn Jesus Christus. Wer zu ihm ruft, dem wird er antworten, und wer zu ihm kommt, den wird er nicht hinaus­stoßen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2017.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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