Die richtige Abendmahlslehre ist wichtig

Predigt über Matthäus 16,5-12 zum Gründonnerstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Jeder Mensch hat schon mal etwas Wichtiges vergessen, und manchem passiert das immer wieder: die Brille zum Lesen, die Tasche zum Einkaufen oder das Essen zum Picknick.

Auch Jesu Jünger hatten mal was vergessen. Sie waren mit ihrem Herrn gerade im Boot auf dem See Genezareth unterwegs, um sich an einem einsamen Ufer eine Auszeit zu gönnen. Da fiel ihnen ein: Wir haben ja gar kein Proviant mitgenommen, kein Brot – komisch, dass selbst Jesus nicht daran gedacht hat! Ratlos blickten die Jünger ihren Meister an. Und wie gewöhnlich sagte er ihnen etwas Un­gewöhn­liches: „Seht zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ Nun waren die Pharisäer und Sadduzäer eigentlich keine Bäcker; sie be­schäftigten sich nicht mit Brotteigen, sondern mit Gottes Wort. Die Pharisäer taten das mit rigoroser Gesetzes­strenge, die Sadduzäer dagegen mit einer liberalen Haltung, die der griechischen Philosophie entgegenkam. Aber beide Gruppen hatten etwas gegen Jesus; noch kurz vor seiner Überfahrt hatten sie ihn kritisch auf die Probe gestellt. Obwohl die Pharisäer und Sadduzäer also keine Bäcker waren, dachten die Jünger mit ihren knurrenden Mägen in erster Linie an das fehlende Brot und sagten sich: „Das wird’s sein, dass wir kein Brot mitgenommen haben.“ Sie dachten: Jesus wollte wohl nicht Brot kaufen an einem Ort, wo derart hinter­hältige Menschen das Sagen haben. Vielleicht dachten sie dann auch: Schade, jetzt müssen wir hungern. Da sagte Jesus zu ihnen: „Ihr Klein­gläubigen, was bekümmert ihr euch doch, dass ihr kein Brot habt? Versteht ihr noch nicht? Denkt ihr nicht an die fünf Brote für die fünftausend und wieviele Körbe voll ihr da aufgesammelt habt? Auch nicht an die sieben Brote für die viertausend und wieviele Körbe voll ihr da aufgesammelt habt?“ Ja, hatten die Jünger denn immer noch so wenig Vertrauen zu ihm, wo sie doch zweimal persönlich erlebt hatten, wie Jesus mit wenig Essen ganz viele Menschen satt bekommt?

„Unser tägliches Brot gib uns heute“, beten wir immer wieder. Wir sollten nicht daran zweifeln, dass Gott es uns auch immer wieder gern gibt, Tag für Tag. Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen: Der Herr sorgt schon irgendwie dafür, dass wir zu essen haben und Geld und ein Dach über dem Kopf, dass wir in Krankheit medizinisch behandelt werden und Medikamente bekommen, dass wir geschützt sind und in Frieden leben können, dass wir auch immer wieder auf Mitmenschen treffen, die es gut mit uns meinen. All das gehört im weiteren Sinne zum täglichen Brot; wir erbitten es von Gott und wir empfangen es von ihm. Dennoch: Immer wieder will sich auch bei uns der Kleinglaube ein­schleichen, die Angst, dass wir etwas Wichtiges entbehren müssen – so, wie es damals bei den Jüngern im Boot der Fall war. Jesus sagte: „Ihr Klein­gläubigen, was bekümmert ihr euch?“

Und dann kam Jesus noch einmal auf seine Gegner zu sprechen. Er sagte zu den Jüngern im Boot: „Wieso versteht ihr denn nicht, dass ich nicht vom Brot zu euch geredet habe? Hütet euch vielmehr vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ Jesus hat nicht vom Brot geredet? Dann muss der „Sauerteig“ im übertragenen Sinn gemeint sein; es handelt sich also um ein Gleichnis! Da ging den Jüngern ein Licht auf. Wir lesen: „Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, sie sollten sich hüten vor dem Sauerteig des Brotes, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.“

In der Tat: Falsche Lehre kann wie ein Sauerteig sein. Wenige Fake-News können, über Medien verbreitet, viel Unheil anrichten. Ein paar falsche Infor­mationen, geschickt unters Volk gemengt wie etwas Sauerteig unters Mehl, können Massen in die Irre führen. Das gilt nicht zuletzt auch von Infor­mationen über Gott und seinen Willen: Falsche Lehre kann in der Christenheit viel Schaden anrichten und hat immer wieder viel Schaden angerichtet. Das Schlimme ist: Es geht dabei um etwas Wichtigeres als das tägliche Brot, es geht um das Lebensbrot Jesus Christus. Es geht um etwas Wichtigeres als Lebens­mittel, es geht um Gnaden­mittel. Es geht um etwas Wichtigeres als das leibliche Leben, es geht um das ewige Leben.

Heute, am Grün­donnerstag, feiern wir die Einsetzung des Heiligen Abendmahls. Was für ein wunderbares Geschenk hat der Herr uns da gemacht! Als er bei seiner letzten Mahlzeit vor dem Tod das ungesäuerte Passabrot für seine Jünger brach, sagte er: „Das ist mein Leib, für euch gegeben.“ Und als er ihnen den Becher mit Wein reichte, sagte er: „Das ist das Blut des neuen Bundes, für euch vergossen.“ Das Sakrament des Altars ist ein großes Geheimnis: Der Gastgeber ist zugleich die Speise, die er seinen Gästen anbietet. In, mit und unter dem Brot empfangen wir den Leib Christi, der uns zugut tödlich zerbrochen wurde. In, mit und unter dem Wein empfangen wir das Blut Christi, das vergossen wurde, um uns von Sünden zu reinigen. Wie das zugeht, kann niemand erklären; es ist, wie gesagt, ein großes göttliches Geheimnis. Tragischer­weise gibt es ausgerechnet über diese wunderbare Gottesgabe ganz viel Irrtum und Fehl­information in der Christen­heit. Wir können sagen: Das ungesäuerte Abendmahls­brot ist gefährdet durch den Sauerteig falscher Abendmahls­lehren. So erzählten sich Heiden von den ersten Christen Schauer­märchen: dass sie in ihren Gottes­diensten Menschen­opfer darbringen und Kanni­balismus betreiben. Im Mittelalter wollte man das Geheimnis des Sakraments durch spitzfindige Philosophie begreifen. Da behaupteten einige Theologen, das Abendmahls­brot höre auf, Brot zu sein; der Leib Christi sehe nur noch wie Brot aus und schmecke nur noch wie Brot. Dabei bezeugt uns die Heilige Schrift klar, dass das Brot in der Abendmahls­feier Brot bleibt, zugleich aber zu Christi Leib wird – auf eine Weise, die wir weder natur­wissenschaft­lich noch sonst irgendwie erklären können. In der Reformations­zeit kam dann der reformierte Irrglaube über das Abendmahl auf: Einige Reformatoren behaupteten, Leib und Blut Christi seien nicht wirklich gegenwärtig im Heiligen Abendmahl, sondern die Gläubigen stellten sich das nur vor. Martin Luther war darüber entsetzt und wollte mit diesen Reformatoren um keinen Preis zusammen­arbeiten. Im 19. Jahrhundert meinten viele Theologen dann, die unter­schiedlichen Abendmahls­lehren seien unbedeutend. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. ordnete daraufhin eine Kirchenunion zwischen lutherischen und reformierten Gemeinden an. Einige Lutheraner weigerten sich und wurden deswegen verfolgt: Pastoren kamen ins Gefängnis, Gemeinde­glieder mussten hohe Geldstrafen zahlen; einige emigrierten deswegen nach Amerika und Australien. Aus dieser Bewegung ist die alt­lutherische Kirche entstanden.

Nun kann man natürlich sagen: Die feinen Unterschiede in der Abendmahls­lehre sind doch eigentlich nicht so gravierend. Aber denken wir an Jesu Wort vom Sauerteig der falschen Lehre! Sauerteig hat die Eigenschaft, nach und nach den ganzen Teig zu durchsäuern. Das gilt auch für ein falsches Abendmahls­verständnis. Wer zum Beispiel sagt: Brot und Wein sind nur Symbole für Christi Leib und Blut, der versucht damit, das göttliche Geheimnis des Sakraments mit menschlicher Vernunft weg­zuerklären. Die Theologen, die so denken und reden, gehen dann allmählich immer weiter und versuchen immer mehr göttliche Geheimnisse so umzudeuten, dass der Mensch sie verstehen kann. Diese Tendenz ist in der Theologie­geschichte seit dem 19. Jahrhundert leider deutlich zu erkennen: Auch die Jungfrauen­geburt wurde da symbolisch umgedeutet, und es wurde die Gottheit Christi geleugnet. Heute sind einige Theologen so weit, dass sie den Sühnetod Jesu am Kreuz abstreiten oder sogar Gott als persönliches Wesen für tot erklären. Ein bisschen Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig, und wer damit anfängt, Gottes Geheimnisse für die menschlische Vernunft zurecht­zubiegen, der untergräbt damit letztlich den gesamten christlichen Glauben. Hüten wir uns lieber vor dem Sauerteig falscher Lehre, und halten wir mit kindlichem Vertrauen an Gottes Wort fest – nicht zuletzt auch an Christi Worten bei der Einsetzung des Heiligen Abendmahls: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, das tägliche Brot ist eigentlich nicht dazu da, um darüber zu diskutieren. Dasselbe gilt für das Lebensbrot Jesus Christus sowie auch für die Elemente im Heiligen Abendmahl. So wichtig es ist, den Sauerteig falscher Lehre zurück­zuweisen, um den ungesäuerten Teig der reinen Lehre zu bewahren – noch wichtiger ist es, das Herrenmahl immer wieder wirklich zu feiern und mit gläubigem Herzen den Leib und das Blut Jesu anzunehmen, denn so entspricht es dem Willen unsers Herrn. Er hat ja nicht nur vor dem Sauerteig falscher Lehre gewarnt, sondern er hat vor allem dazu auf­gefordert: „Tut solches – zu meinem Gedächtnis!“ Das wollen wir jetzt beherzigen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2017.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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