Mit geistlichen Augen Gottes Engel sehen

Predigt über 2. Mose 23,20-22 zum Michaelisfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Unsere leiblichen Augen werden im Lauf des Lebens schwächer. Irgendwann braucht fast jeder eine Lesebrille, und unter Umständen werden Operationen nötig. Trotzdem lässt sich nicht verhindern, dass alte Menschen oft schlecht sehen. Anders ist das mit den geistlichen Augen, die Gott uns durch sein Wort schenkt. Wir brauchen sie nur offen zu halten und hin­zuschauen, dann werden wir Gottes Werke und Wunder immer besser erkennen.

Das gilt auch für die Werke und Wunder, die Gott durch seine Engel tut. Es ist gut, dass es im Kirchenjahr ein Engelfest gibt, an dem unsere geistlichen Augen in dieser Hinsicht besonders geschult werden. Heute soll das unter anderem durch den eben gehörten Abschnitt aus dem 2. Buch Mose geschehen. Da redet Gott persönlich am Berg Sinai mit seinem Volk. Und da lehrt er uns, in vierfacher Weise unsere geistlichen Augen auf seine Engel zu richten.

Erstens: Wir sehen, dass Gottes Engel uns beschützen. Gott sagt: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege.“ Jeder von uns hat seinen Schutzengel, der ihn von Kindheit an begleitet. Stets hält er seine schützende Hand über uns, und schon oft hat er ein­gegriffen, als wir in Gefahr waren. Viele Male ist uns das gar nicht bewusst geworden, aber manchmal haben wir es gemerkt – zum Beispiel in brenzligen Situationen im Straßen­verkehr. Da hat dann unser Herz schnell geschlagen, und wir haben vielleicht gesagt: Das war knapp! Hoffentlich haben wir danach Gott gedankt für seine Bewahrung. Und selbst wenn es mal zu einem Unfall gekommen sein sollte, hat der Schutzengel doch schlimmeren Schaden verhindert und unser Leben bewahrt. Gott weiß schon, wann wir mal einen Denkzettel nötig haben, aber er ist uns dann auch mitten in der Not gnädig und hilft. Der Schutzengel behütet uns aber nicht nur auf unseren Alltagswegen als Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer, sondern er behütet uns auch auf unserem Lebensweg. Für das Volk Israel war der Auszug aus Ägypten und das Wandern in der Wüste so ein Schicksals­weg, für den direkt Gottes Zusage galt: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege.“ So begleitet auch uns Gottes Engel durchs Leben und sorgt dafür, dass wir an wichtigen Kreuzungen und Gabelungen die richtige Richtung einschlagen. Ist es nicht erstaunlich, mit welchen Leuten Gott uns auf unserem Lebensweg zusammen­gebracht hat oder welche beruflichen und privaten Wege er führt? An jedem Geburtstag, den wir feiern, können wir auf unserem Lebensweg eine kleine Rast einlegen wie an einem Meilenstein und dankbar sagen: „Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte.“

Zweitens: Wir sehen, dass Gottes Engel uns ans Ziel bringen. Ja, die Bibel öffnet uns auch die Augen für das Ziel. Wir brauchen uns nicht einzureden, dass der Weg das Ziel sei, sondern wir wissen: Am Ende wartet ein richtiges Ziel, das herrliche Ziel, das Gott für die Seinen vorbereitet hat. Gott sagt: „Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der… dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe.“ Für das Volk Israel war das verheißene Land Kanaan das Ziel, jenseits des Jordans. Für uns ist es das himmlische Kanaan, das neue Jerusalem, die ewige Seligkeit. Machen wir unsere geistlichen Augen auf und blicken wir auf das verheißene Ziel! Manches im Leben droht uns davon abzulenken oder daran irre zu machen, aber Gottes Engel beschützen uns auch in diesen geistlichen Gefahren. Und am Ende wird Gott seine Engel schicken, um uns aus der Todesnot in den Himmel zu bringen. „Ach Herr, lass dein lieb Engelein am letzten Ende die Seele mein in Abrahams Schoß tragen!“

Drittens: Wir sehen, dass Gottes Engel uns Weisung geben für ein gutes, Gott gefälliges Leben. Gott mahnt: „Hüte dich vor meinem Engel und gehorche seiner Stimme und sei nicht wider­spenstig gegen ihn.“ Die Bibel deutet es nur an, aber es ist so: Das Gesetz, das Gott den Israeliten am Berg Sinai gegeben hat, ist durch die Vermittlung von Engeln erst an Mose und dann an das Volk weiter­gegeben worden. Darum heißt es im Galater­brief, das Gesetz sei „von Engeln verordnet durch die Hand eines Mittlers“ (Gal. 3,19). Das Wort „Engel“ bedeutet eigentlich „Bote“, und in der Tat hat Gott seine Engel immer wieder als Boten eingesetzt, damit sie sein Wort zu uns Menschen bringen. Wenn uns die Heilige Schrift dafür die geistlichen Augen öffnet, dann werden wir nichts in dieser Welt höher schätzen als Gottes Wort und Weisung. Wir werden dann auch die Zehn Gebote als heiliges Gesetz in Ehren halten und danach leben. Wir werden erkennen: So finden wir einen guten Lebensweg, und so kommen wir an das gute Ziel, das Gott uns verheißen hat. „Von Herzensgrund ich spreche: Dir sei Dank allezeit, weil du mich lehrst die Rechte deiner Gerechtig­keit.“

Viertens: Wir sehen, dass Gottes Engel jeden Ungehorsam und Widerstand bestraft. Auch davor sollten wir die Augen nicht ver­schließen, denn Gottes Wort zeigt es klar an. Gott sagt über seinen Engel: „Sei nicht wider­spenstig gegen ihn; denn er wird eure Über­tretungen nicht vergeben, weil mein Name in ihm ist.“ Da erschrecken wir und merken: Gottes Engel ist un­nachsichtig; er wird nicht darüber hinwegsehen, wenn wir Gottes Gebote auf die leichte Schulter nehmen und uns darüber hinweg­setzen. Und verwirrt fragen wir: Wieso wird der Engel uns nicht vergeben? Es ist doch das Herzstück unseres Glaubens, dass Gott gnädig ist und vergibt! Es ist so: Zuerst müssen wir mit unseren geistlichen Augen Gottes Gesetz in all seiner Schärfe und Härte richtig sehen lernen. Wir müssen ernsthaft zur Kenntnis nehmen, dass Gottes Gesetzesbote sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Mangelnde Liebe und mangelndes Gott­vertrauen sind keine harmlosen Schwächen, sondern Aufstand gegen Gott. Machen wir unsere geistlichen Augen auf und werden wir bereit, von Gottes Engel auch Gott fürchten zu lernen; das gehört zu seinem heiligen Wort und Willen dazu.

„Er wird eure Über­tretungen nicht vergeben“, hat Gott von seinem Engel gesagt. Aber dann sieht er, wie sein Volk an diesem harten Gesetz verzweifelt und zu zerbrechen droht. Er sieht auch bei uns, dass wir es nicht tragen und ertragen können. Da hat er Mitleid mit uns und öffnet uns einen neuen Weg, damit wir doch noch an das Ziel kommen. Er schickt uns jemand anders – nicht einfach nur einen neuen Boten, nicht einen weiteren Engel, sondern seinen eigenen geliebten Sohn. Der ist größer und mächtiger als alle Engel. Und der schafft, was die Engel nicht können: Er vergibt uns unsere Über­tretungen. Er hat sein Leben als Opfer drangegeben, damit unsere Sünde uns nicht mehr von Gott trennt. Er ist unser Heiland geworden, unser Retter – er und kein anderer, kein Mensch und kein Engel. Allerdings hat Gottes Engel dann das Kommen des Heilands verkündigt. „Euch ist heute der Heiland geboren“, rief er den Hirten von Bethlehem zu. Und nachdem dann alles vollbracht war, verkündigte er den Frauen aus dem leeren Grab heraus: „Er ist auf­erstanden.“ Gott möge uns am allermeisten dafür die geistlichen Augen öffnen, dass unsere Sünden nun doch vergeben sind und unsere Feindschaft gegen Gott uns nicht endgültig von ihm trennt. Wenn wir uns vor allem anderen dies durch Gottes Engel gesagt sein lassen, können wir unsern Lebensweg mit großer Freude gehen sowie auch mit der Gewissheißt, dass wir das versprochene Ziel erreichen werden. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum