Was der Mensch sät, das erntet er

Predigt über Galater 6,7-10 zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Was der Mensch sät, das erntet er. Wer Weizen sät, der erntet Weizen, und wer Radieschen sät, der erntet Radieschen. Was der Mensch sät, das erntet er. Das gilt nicht nur für Landwirte und Schreber­gärtner, sondern das gilt für alle Menschen, das ist ein Grundprinzip des Lebens. Naturwissen­schaftler nennen es das Prinzip von Ursache und Wirkung, Human­wissenschaft­ler nennen es den Tun-Ergehen-Zusammen­hang: Was der Mensch sät, das erntet er. Der Volksmund hat diese Erkenntnis in diverse Sprichwörter gefasst: „Wie man sich bettet, so schläft man“; „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“; und: „Ohne Fleiß kein Preis“. Auch der Apostel Paulus hat im Galaterbrief wahr­scheinlich ein bekanntes Sprichwort auf­gegriffen, als er schrieb: „Was der Mensch sät, das wird er ernten.“

Wer für größere An­schaffungen etwas spart und wer sich rechtzeitig um seine Alters­versorgung kümmert, der investiert oder „sät“ Geld, um dann zu gegebener Zeit zu ernten und sich an den Früchten zu erfreuen. Wer gesund lebt, nicht zu zu fett isst, sich reichlich bewegt und Stress aus dem Weg geht, der darf damit rechnen, dass er lange gesund und fit bleibt. Wer zu seinen Mitmenschen nett und hilfsbereit ist, der erntet von ihnen Freundlich­keit und Hilfs­bereit­schaft. Wer seine Kinder liebevoll und sorgfältig erzieht, der darf darauf hoffen, dass sie in jeder Hinsicht gut gedeihen. Und wer nach Gott fragt und seine Gebote achtet, der erntet Gottes Segen. „Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.“

Dieses Grundprinzip des Lebens ist kein blinder Auto­matismus, sondern ein Zusammen­hang, den Gott selbst ganz bewusst geschaffen hat und aufrecht erhält. Die Bibel lehrt das in aller Deutlich­keit. So hat Gott zum Beispiel im Zusammenhang mit den Zehn Geboten gesagt: „Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht bis zu den Kindern im dritten und vierten Glied; aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis in tausend Glied.“ Infolge­dessen zitiert Paulus das Sprichwort mit einem bemerkens­werten Zusatz: „Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Wer Gottlosig­keit sät, wird Gottlosig­keit ernten; also: Wer gottlos ist, der wird Gott los, und Gottes Segen wird er dann auch los. Wer aber Gott ernst nimmt und auf ihn hört, der wird damit nicht enttäuscht werden.

Der göttlich verordnete Tun-Ergehen-Zusammenhang kann uns Sorgen machen. Das geht los mit den Geldsorgen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Wovon zahlen wir unsere Miete? Haben wir genug gespart und ausreichend vorgesorgt? Wie gut sind wir für das Alter abgesichert? Jesus hat solchen Sorgen in der Bergpredigt ein getrostes „Sorgt nicht!“ entgegen­gesetzt. „Euer himmlischer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht.“ (Matth. 5,31) Dann sind da auch die gesundheit­lichen Sorgen. Es ist entlarvend, dass mancher, der zuviel Torte gegessen hat, meint: Ich habe gesündigt. Dann sind da die Beziehungs­sorgen, all die Fettnäpfe, in die wir getreten sind, und all die Versäumnisse an unseren Mitmenschen, die unserem Verhältnis zu ihnen einen Knacks gegeben haben. Oder die Erziehungs­sorgen: Was haben wir bei unsern Kindern nicht alles falsch gemacht! Und schließlich können auch geistliche Sorgen groß und drückend werden; Paulus selbst hat das erfahren und geschrieben: „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich… Ich elender Mensch!“ (Römer 7,19.24)

Der Wochenspruch fordert uns auf, alle unsere Sorge wegzuwerfen, auf Gott zu werfen (1. Petrus 5,7). Wenn da „alle Sorge“ steht, dann ist das auch so gemeint: die Geldsorgen, die Gesundheits­sorgen, die Beziehungs­sorgen, die Erziehungs­sorgen und nicht zuletzt auch die geistlichen Sorgen. All diese Sorgen können wir dem himmlischen Vater im Gebet sagen und dürfen dann gewiss sein, dass wir sie los sind. Das ist kein psycho­logischer Trick, sondern das ist wirklich so.

Aber warum ist das so? Und was wird dabei aus dem Tun-Ergehen-Zusammen­hang? Kann es denn sein, dass plötzlich aus meiner bösen Saat entgegen aller Befürchtung Gutes erwächst?

Paulus erklärt: „Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von Geist das ewige Leben ernten.“ Immer wieder sprach Paulus von „Fleisch“ und „Geist“. Mit „Fleisch“ meint er die natürlichen Zusammen­hänge dieser Welt ein­schließlich des Tun-Ergehen-Zusammen­hangs sowie auch die unselige Tatsache, dass alle Menschen den Hang zur Sünde haben. Wer nun „auf sein Fleisch sät“, wer also auf diese natürlichen Zusammen­hänge sein Vertrauen setzt, wird früher oder später daran verzweifeln, denn niemand lebt so gut, dass er sich damit ein rundum gelingendes Leben oder gar die ewige Seligkeit verdienen kann. Mit „Geist“ meint Paulus Gottes wunderbare Botschaft, die niemand mit seinem Verstand ergründen kann, sondern die uns der Heilige Geist offenbaren muss: Gottes frohe Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus, kurz: das Evangelium. Wer „auf den Geist sät“, wer also auf den Heiland Jesus Chrisus sein Vertrauen setzt, der erlebt, wie Gott selbst seinen eigenen Tun-Ergehen-Zusammenhang aus Liebe zu uns verändert: Christus hat am Kreuz geerntet, was wir Menschen mit unserer Sünde gesät haben, und dafür dürfen wir nun ernten, was Christus für uns Gutes gesät hat. Martin Luther nannte das den „fröhlichen Wechsel“. „Auf den Geist säen“ heißt also letztlich, von dem unseligen Tun-Ergehen-Zusammenhang befreit zu werden. Diese Glaubens­gerechtig­keit ist übrigens das Hauptthema des Apostels Paulus auch im Galater­brief; er hat es in den Kapiteln vor unserem Predigttext breit entfaltet. Auf der Grundlage dieses Evangeliums können wir wirklich ohne jeden Schatten eines Zweifels alle unsere Sorgen auf Gott werfen, denn unsere Ernte hängt nun letztlich nicht mehr von unserem eigenen Tun ab, sondern von Gottes Erlösung in Jesus Christus.

Für alle, die „auf den Geist säen“, (also für alle Glaubenden) ergibt sich daraus ein neuer Zusammenhang von Saat und Ernte. Der christliche Glaube wird nun nämlich zu einer neuen, wunderbaren Saat, aus der herrliche Frücht erwachsen. Paulus hat ein paar Verse vorher davon geschrieben: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlich­keit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit“ (Gal. 5,22‑23). Ja, wo Glaube ist, da gedeihen solche Früchte und werden mit der Zeit immer größer. Und umgekehrt betrachtet: Wo solche Früchte gedeihen, da zeigt sich, dass Glaube gesät wurde, der ja eigentlich unsichtbar ist. So ist auch der Satz zu verstehen: „Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen.“ Wörtlich steht da: „Lasst uns als Gutes Tuende nicht verzagen! Zu gegebener Zeit werden wir dann ernten als nicht schlapp Machende.“ Wer Glaubens­zuversicht hat, tut Gutes und wird, wenn er in solchem Glauben bis ans Ende beharrt, die ewige Seligkeit ernten. Da wird klar, dass das Tun des Guten nicht die Saat ist, mit der wir uns selbst die Ernte des ewigen Lebens bereiten; das Tun des Guten ist vielmehr schon Teil der Ernte, die wir im Glauben an Jesus Christus einbringen können.

So wird das Tun des Guten beziehungs­weise die Liebe unter­einander zum Kennzeichen der Christen, wie auch Jesus selbst gelehrt hat. Und so können wir ohne geistliche Sorge und und ohne jede andere Sorge hören, was Paulus uns abschließend zuruft: „Lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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