Herzliche Liebe

Predigt über Psalm 18,2-3 zu einer Trauung

Liebes Brautpaar, liebe Gemeinde!

Wer die Bibel kennt, der weiß, dass die Liebe zwischen Gott und uns Menschen oft mit der Liebe zwischen Mann und Frau verglichen wird. Das Wort aus dem 18. Psalm, das wir eben gehört haben, ist eine Liebes­erklärung Davids an Gott den Herrn. Aber wir können darin auch manches entdecken, was auf die herzliche Liebe zwischen Mann und Frau zutrifft. Die hat euch, liebes Brautpaar, zusammen­gebracht und die hat euch heute hierher geführt. So empfindet ihr füreinander: „Herzlich lieb habe ich dich!“

Es ist nicht nur einfach Liebe, sondern es ist herzliche Liebe, die zwei Menschen in der Ehe verbindet beziehungs­weise verbinden sollte. Was ist das Besondere an solcher herzlichen Liebe? Nicht nur dies, dass sie besonders groß und intensiv ist, sondern vor allem das: Herzliche Liebe kommt aus dem Herzen und will den anderen beschenken, will ihm alles erdenklich Gute tun. Herzliche Liebe ist damit etwas anderes als begehrende Liebe. Begehrende Liebe will, dass der andere mir sein Herz zuwendet und mich glücklich macht. Begehrende Liebe ist die Art von Liebe, die auch sagen kann: „Ich liebe Jazz“ oder „Ich liebe Schokolade“. Solche begehrende Liebe kann kein dauerhaftes Eheglück begründen; da sind Ent­täuschungen vor­program­miert. Herzliche Liebe dagegen ist ein Feuer, das Gott selbst im menschlichen Herzen entzündet und das von dort ausstrahlt auf den Geliebten; sie will sein Leben erwärmen und hell machen. Herzliche Liebe ist krisenfest. Herzliche Liebe wird mit den Jahren immer größer. Wie schön, wenn Eheleute bis an ihr Lebensende zueinander sagen: „Herzlich lieb habe ich dich!“

Wenn zwei sich von Herzen lieben, dann finden sie für diese Liebe allerlei Worte. Bei manchen ist es so, dass sie schöne Namen füreinander erfinden, Kosenamen. Manchmal sind es einfach nur lustige Spitznamen ohne Sinn, aber manchmal haben diese Namen eine Bedeutung. Wir finden das ebenso in Davids Liebes­erklärung an Gott im 18. Psalm. Da begegnen uns gleich acht verschiedene Namen, mit denen David Gott anredet: „meine Stärke“, „mein Fels“, „meine Burg“, „mein Erretter“, „mein Hort“, „mein Schild“, „Berg meines Heils“ und „mein Schutz“! All diese Namen haben ein und dieselbe Bedeutung: David lobt Gott dafür, dass er bei ihm Zuflucht und Geborgenheit findet. Nicht, dass David ein besonders ängstlicher Menschen war, im Gegenteil. Aber er befand sich damals in einem Lebens­abschnitt, wo ganz viele Schwierig­keiten über ihn herein­brachen und wo sogar sein Leben bedroht war.

Liebes Brautpaar, ich weiß nicht, ob ihr Namen füreinander erfindet, und das geht mich auch nichts an. Aber ich weiß, dass auch ihr solche Lebens­abschnitte kennt und gemeinsam durchlebt habt, wo man sich nach Zuflucht und Geborgenheit sehnt. Wie schön ist es, wenn der eine dem anderen solche Zuflucht und Geborgenheit geben kann. Auch das gehört zur herzlichen Liebe, das ist sogar ein ganz wesentlicher Teil von ihr. Die herzliche Liebe sagt nämlich: Ich halte zu dir – komme, was da wolle, in guten wie in schlechten Tagen; du kannst bei mir Zuflucht finden in Zeiten der Krankheit und der Traurigkeit und der Angst; ich lasse dich nicht im Stich. Wenn Eheleute von Herzen einander lieben, dann sind sie sich gegenseitig Stärke, Fels und Burg.

Ja, das macht eine gute Ehe aus. Ich wünsche euch von Herzen, dass es in eurer Ehe so sein wird. Zugleich weiß ich, und wir alle wissen es: Wir sind schwache Menschen. Unsere Fähigkeiten, dem Partner Liebe und Geborgenheit zu geben, sind begrenzt. Darum sind Eheleute auch immer auf gegenseitige Nachsicht und Vergebung angewiesen – zwei Eigen­schaften, die ebenfalls zur herzlichen Liebe dazugehören. Aber das Gute ist: Auch wenn Nachsicht und Vergebung sehr in Anspruch genommen werden sollten, wird die christliche Ehe nicht haltlos. Denn auf alle Fälle stärker als die Geborgenheit der gegen­seitigen herzlichen Liebe ist die Geborgenheit von Gottes herzlicher Liebe.

Damit komme ich zum Anfang zurück: Wer die Bibel kennt, der weiß, dass die Liebe zwischen Gott und uns Menschen oft mit der Liebe zwischen Mannn und Frau verglichen wird. Wie sich die eheliche Liebe in Gottes Liebe abbildet, so bildet sich umgekehrt auch Gottes Liebe in der ehelichen Liebe ab. Sie bildet sich allerdings in der Weise ab, dass wir sagen müssen: Die herzliche Liebe zwischen Eheleuten ist ein schwacher und un­vollkommener Abglanz von Gottes unermesslich großer und herrlicher Liebe. An Gottes Sohn Jesus Christus sehen wir diese Liebe, denn er hat uns mit herzlicher Liebe beschenkt, ja, er hat sich für uns aufgeopfert. Jeder Christ weiß es und bekennt es: Jesus ist meine Stärke, meine Zuflucht und mein Heiland.

Ein Hocker braucht drei Beine, sonst kann er nicht stehen. Und eine gute Ehe braucht von drei Seiten herzliche Liebe: vom Mann, von der Frau und von Gott. Wenn Mann und Frau in herzlicher Liebe verbunden sind, können sie sich viel Geborgenheit geben, denn dann sind sie auch in kritischen Zeiten füreinander da. Beide zusammen aber können sich noch viel mehr auf Gottes Liebe verlassen; bei ihm finden sie un­erschöpf­liche Hilfe und Geborgen­heit. Mehr noch: Gottes Liebe ist sogar stärker als der Tod. Die Liebe, die Brautleute sich vor dem Altar vesprechen, erstreckt sich auf die Erdentage, bis der Tod sie scheidet. Die Liebe Gottes aber trägt auch noch im Tod und durch den Tod hindurch ins herrliche Leben der Ewigkeit. Wer das erkannt hat, der wird nicht nur dem geliebten Partner seine Liebe erklären, sondern vor allen Dingen auch Gott. Und man kann es kaum besser tun als mit Davids Worten: „Herzlich lieb habe ich dich, Herr, meine Stärke! Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Berg meines Heiles und mein Schutz!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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