Wahrhaftig auferstanden

Predigt über Matthäus 28,11‑15 zum Ostersonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Vom Vogel Strauß heißt es, dass er seinen Kopf in den Sand steckt, um eine unbequeme Wirklichkeit nicht sehen zu müssen. So ist es zur Redewendung „den Kopf in den Sand stecken“ gekommen: Wer den Kopf in den Sand steckt, der will etwas nicht wahrhaben, das offen­sichtlich ist. Viele Menschen stecken ihren Kopf vor dem Oster­geschehen in den Sand. Sie wollen nicht gelten lassen, dass Jesus wirklich und leibhaftig von den Toten auferstanden ist. Meistens wollen sie es deshalb nicht tun, weil es nicht in ihr Weltbild passt. Dabei ist Jesu Auferstehung das am besten bezeugte Ereignis der Bibel. Darum erwidern wir heute fröhlich den Straußen­köpfen: Er ist wahrhaftig auf­erstanden!

Feinde von Jesu Auferstehung hat es immer gegeben, schon von Anfang an. Die ersten Straußen­köpfe begegnen uns bereits am Tag der Auferstehung selbst; wir haben im Predigttext von ihnen gehört. Es handelt sich um den Hohen­priester und sein ehrenwertes Kollegium. Sie hatten in den Tagen zuvor alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Jesus aus dem Weg zu räumen. Aber sogar am Samstag, dem hohen Feiertag, als Jesus schon tot im Grab lag, hatten sie noch Angst vor ihm und redeten so lange auf Pontius Pilatus ein, bis der eine Grabwache ab­komman­dierte. Vier römische Soldaten sollten aufpassen, dass die Jünger die Leiche nicht stehlen und behaupten, er sei von den Toten auf­erstanden. Die Priester hatten sich offenbar besser als die Jünger gemerkt, was Jesus vorher mehrfach prophezeite: „Der Menschensohn wird getötet werden und nach drei Tagen auf­erstehen.“ Ob die Priester wirklich nur eine Grabraub verhindern wollten, oder ob sie heimlich eine andere Befürchtung hatten? Martin Luther hat Folgendes vermutet: „In ihrem Herzen ist des Herrn Jesu Wort… ein spitziger, stechender Dorn, dass sie die Sorge haben: Wie, wenn’s wahr wäre? Wenn er von den Toten auferstünde, wie würde es uns ergehen?“ Jedenfalls war der Rat des Statthalters ganz in ihrem Sinn: „Bewacht das Grab, so gut ihr könnt!“ (Matth. 27,65). Wie groß muss ihr Schreck gewesen sein, als dann die römischen Security-Leute am Sonntag­vormittag verstört bei ihnen auftauchten und sagten: Die Leiche ist weg! Der Hohepriester berief eiligst eine Krisen­sitzung ein. Bei der kam folgende kopflose Aktion heraus: Die Soldaten wurden mit viel Geld bestochen, damit sie bei Pilatus aussagen, dass sie beim Wachdienst eingschlafen waren; während­dessen seien Jesu Jünger gekommen und hätten die Leiche geklaut. Wie dumm ist das denn! Wie soll man denn einen Diebstahl bemerken können, während man schläft! Aber die Soldaten waren offenbar auch mit der dümmsten Lüge ein­verstanden, wenn sie nur gut bezahlt wird. Ihre einzige Sorge: Wenn Pilatus hörte, dass sie beim Wachdienst geschlafen hätten, konnte sie das ihr Leben kosten. Aber der Hohepriester be­schwichtigte die Soldaten und meinte, er würde ein gutes Wort für sie einlegen. Was dann mit den Nacht­wächtern tatsächlich passiert ist, wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass sich dieses Gerücht verbreitet und hartnäckig gehalten hat: Jesu Jünger hätten seine Leich gestohlen und dann behauptet, er sei auf­erstanden. Noch heute glauben das manche Leute. Aber sollten tatsächlich vier römische Wach-Profis im Dienst so fest geschlafen haben, dass sie einen Grabraub nicht bemerkten? Und sollten die nieder­geschlagenen und ver­ängstigten Jünger plötzlich so mutig und skrupellos geworden sein, dass sie einen derartigen Betrug ver­anstalten? Das ist völlig un­wahrschein­lich, das ist Vogel-Strauß-Denken. Wir setzen dagegen: Er ist wahrhaftig auf­erstanden!

Die zweite Gruppe von Straußen­köpfen sind die Muslime. Sie haben durchaus eine hohe Meinung von Jesus oder „Isa“, wie sie ihn nennen; er gilt bei ihnen als großer Prophet. Sie glauben sogar, dass er von der Jungfrau Maria geboren ist. Aber seine Auferstehung von den Toten, die glauben sie nicht. Das hat einen ganz einfachen Grund: Muslime streiten ab, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Im Koran steht: „Sie haben ihn nicht getötet und nicht gekreuzigt, sondern einen ihm Ähnlichen.“ Nach islamischer Lehre hat Jesus weitergelebt und ist erst im hohen Alter gestorben. Das Kreuz ist den Muslimen geradezu verhasst; darum gibt es in islamischen Ländern nicht einmal das Rote Kreuz, sondern stattdessen den Roten Halbmond. Das Wort vom Kreuz, die Erlösung der Menschen durch einen schmach­vollen Verbrecher­tod, ist für einen Muslim nicht aktzeptabel; das gilt übrigens auch für andere Leugner der Auf­erstehung. Es ist so, wie schon Paulus sagte: Den einen ist das Kreuz eine Torheit, den andern ein Ärgernis, uns aber ist es eine Gotteskraft. Auch außerhalb des Islam existiert schon länger die Meinung, Jesus sei nicht am Kreuz gestorben – jedenfalls nicht wirklich. Um 1800 vertrat der berühmte Theologe Friedrich Schleier­macher die Auffassung: Jesus war nur scheintot, wurde dann in die Grabhöhle gelegt und kam dort in der kühlen Luft wieder zu sich. All das sind Vogel-Strauß-Meinungen, die sich am Wunder der Auferstehung vorbei­drücken wollen. Tatsache ist: Römische Killer-Kommandos haben keine halben Sachen gemacht. Im Johannes-Evangelium ist außerdem fest­gehalten, dass man dem toten Jesus sicherheits­halber noch mit einer Lanze in die Seite gestochen hat, sodass Wasser und Blut heraus­flossen. Kein Mediziner würde nach diesem Bericht daran zweifeln, dass Jesus spätestens dann wirklich tot war. Und daraus folgt: Er ist auch wahrhaftig auf­erstanden!

Die dritte Gruppe von Straußen­köpfen sind die Atheisten. Ich meine damit nicht Leute, die Gott einfach noch nicht kennen­gelernt haben, sondern Leute, die ganz bewusst jegliche Art von Religion ablehnen. Sie tun es, weil sie überzeugt sind, dass alle Gläubigen ihrerseits den Kopf in den Sand stecken und nur sie die Welt realistisch sehen. Mit „re­alistisch“ meinen sie ein Weltbild, das nicht über die menschliche Vernunft und Erfahrung hinausgeht. Schon mit dieser Voraus­setzung wider­sprechen sie sich selbst: Sie, die keinen Gott anerkennen wollen, machen nun die menschliche Vernunft zu ihrer Göttin. Es handelt sich übrigens um eine sehr un­zuverlässige Göttin, denn die Weltbilder der menschlichen Vernunft ändern sich laufend. Das müsste den Atheisten eigentlich auffallen, denn es gibt sie nicht erst seit hundert oder zweihundert Jahren; auch hier können wir bis in biblische Zeiten zurückgehen. Als der Apostel Paulus auf einem öffentlichen Platz in Athen Jesu Auferstehung von den Toten verkündigte, begannen viele der gebildeten Zuhörer, ihn deswegen auszulachen. So sehr sich die Athener Atheisten von modernen Atheisten auch unter­scheiden mögen, an diesem Punkt sind sie sich einig: Die Auferstehung von den Toten passt nicht in ihr Weltbild, weil menschliche Vernunft sie nicht fassen kann – glauben sie jedenfalls. Genau hier zeigt sich aber, dass in Wahrheit sie den Kopf in den Sand stecken, nicht die Christen. Denn wenn menschliche Vernunft die Texte zu Jesu Auferstehung vorurteils­frei erforscht, muss sie zu dem Ergebnis kommen, dass es wirklich so gewesen ist. Der Historiker Jürgen Spieß erklärt, dass es sich so ähnlich verhält wie bei einem Indizien­prozess: Viele scheinbar neben­sächliche Hinweise und Einzelheiten fügen sich wie ein Puzzle zu dem einen Bild zusammen, dass Jesus wirklich tot war und wirklich nach drei Tagen auferstanden ist. Am Ende seiner Schrift „Ist Jesus auf­erstanden?“ kommt er zu dem Fazit: „Die Auferstehung Jesu ist… nach den Methoden der historischen Forschung mindestens genauso gut bezeugt wie die meisten Ereignisse der Antike, die wir als ganz selbst­verständlich in unseren Geschichts­büchern vorfinden.“ Auch andere Gelehrte haben zu dem Thema gearbeit und sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Zum Beispiel meinte der Alt­historiker Hans Erich Stier: „Es ist für den modernen Historiker eine Zumutung, die Auferstehung Jesu nicht als geschicht­liche Tatsache hinnehmen zu sollen.“ Das bestätigen wir gern mit dem Osterruf: Er ist wahrhaftig auf­erstanden!

Die vierte Gruppe von Straußen­köpfen sind die liberalen Theologen. Zwar studieren sie fleißig die Bibel und reden auch viel von Gott, aber sie machen dabei denselben Fehler wie die Atheisten: Sie setzen die menschliche Vernunft zum obersten Maßstab und betrachten die Texte der Bibel deswegen kritisch. Im Lauf der Theologie­geschichte hat sich bei ihnen die Überzeugung ein­geschlichen, dass die Bibel allgemeine menschliche Wahrheiten in mytho­logische Erzählungen einkleidet, um sie den einfältigen Leuten der Antike an­schaulicher zu machen. Auch die biblischen Auf­erstehungs­berichte rechnen sie zu diesen Mythen. Wie tief muss man seinen Kopf wohl in den Sand stecken, um nicht wahr­zunehmen, dass die Bibel selbst etwas ganz anderes von sich bezeugt. Die Apostel haben betont: „Wir sind nicht klugen Mythen gefolgt“ (2. Petrus 1,16). Stattdessen haben sie sich immer wieder als Zeugen bezeichnet und beteuert, dass sie den Auf­erstandenen mit eigenen Augen gesehen haben; sie haben sogar mit ihm gegessen und getrunken. Nun könnte man noch vermuten, dass ein oder zwei Apostel einer Sinnes­täuschung zum Opfer gefallen wären, aber die Bibel benennt fünfhundert Zeugen der Auf­erstehung. Nach alt­testament­lichem Gesetz reichen zwei bis drei Zeugen, um eine Sache glaubwürdig zu machen, und hier sind es fünfhundert! Liebe liberale Theologen, kapiert es doch endlich: Er ist wahrhaftig auf­erstanden!

Die fünfte Gruppe von Straußen­köpfen sind wir selber – und zwar immer dann, wenn wir in Traurigkeit versinken. Dabei spielt es keine Rolle, wieviel Grund wir zum Traurigsein haben. Denn wenn wir in Traurigkeit versinken, dann tun wir so, als sei Jesus nicht auf­erstanden. Wir tun so, als ob Jesus noch tot ist und uns nicht weiterhelfen kann. Als Martin Luther einmal sehr traurig war, zog seine Frau Käthe Trauer­kleider an. Martin fragte sie erstaunt, wer denn gestorben sei. Käthe antwortete ihm: „Es muss wohl der liebe Gott gestorben sein, weil mein Martin so traurig ist.“ Da lachte Martin – und lernte eine wichtige Lektion. Auch wir sollten sie lernen: Wir haben einen lebendigen Gott und einen lebendigen Heiland Jesus Christus. Er ist jeden Tag bei uns und meint es gut mit uns. Wenn wir das beherzigen, dann brauchen wir uns von den Wechsel­fällen des Lebens nicht erschüttern zu lassen. Und selbst wenn alles im Leben kaputt und verloren erscheint, bleibt in jedem Fall die Hoffnung: Christus reißt uns durch den Tod mit in das ewige Leben, denn er ist wahrhaftig auf­erstanden! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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