Hätte ich doch…

Predigt über Lukas 15,13-16 zu einer Gebetsandacht

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Habt ihr auch schon mal gesagt: Hätte ich doch…? Und kennt ihr andere Leute, die sagen: Hätte ich doch…?

Hätte ich doch nie Drogen probiert! Der das sagt, ist nur noch ein Wrack, körperlich und seelisch. Außerdem hat seine Sucht ihn in kriminelle Kreise gebracht und in Straftaten verstrickt; er sieht keinen Ausweg mehr.

Hätte ich doch bei Bier und Schnaps mehr aufgepasst! Der Alkoholiker sieht reuevoll auf seinen langen und qualvollen Abstieg: erst Fahr­erlaubnis weg, dann Job weg, dann Frau weg, dann Wohnung weg. Er ist nun ganz unten, lebt abgerissen auf der Straße, schläft bei Kälte in Not­unterkünf­ten.

Hätte ich doch nie mit dem Rauchen angefangen! Schon lange leidet der Raucher an chronischem Husten und schweren Durchblutungs­störungen. Nun hat er die Diagnose Lungenkrebs bekommen. Er weiß, dass er nicht mehr lange leben wird.

Hätte ich doch besser aufgepasst! Der das sagt, liegt nach einem schweren Autounfall im Krankenhaus. Er muss damit rechnen, dass seine Verletzungen bleibende Spuren hinterlassen werden. Und das nur, weil er einen Moment zu leichtsinnig war.

Hätte ich doch rechtzeitig einen Arzt aufgesucht! So spricht der Patient, der seine Krankheit so lange verschleppt hat, dass sie nicht mehr zu heilen ist.

Hätte ich doch besser auf Gottes Wort gehört und mehr gebetet! So sagen viele Christen, die von manchen inneren und äußeren Anfechtungen geplagt werden.

Hätte ich mir bloß nicht das Schlechte angewöhnt und das Gute abgewöhnt! So sagen viele reumütig und traurig. Wie schnell kann man sich Schlechtes angewöhnen, und wie schwer ist es, vom Schlechten zum Guten zurück­zufinden. Besonders bitter ist es dann, wenn zu den Selbst­vorwürfen auch noch die Vorwürfe anderer kommen: Hättest du doch…

Der verlorene Sohn aus Jesu Gleichnis steckte in so einer typischen Hätte-ich-doch-Situation drin: Hätte ich doch bloß nicht mein ganzes Erbe ver­schleudert! Wäre ich doch bloß nicht weggelaufen, sondern beim Vater geblieben! Nun steckt er tief in der Tinte.

Der verlorene Sohn steht am Tiefpunkt seines Lebensweges. Aber dieser Tiefpunkt wird zum Wendepunkt. Glücklicher­weise sagt sich der arme Mann: Zur Umkehr ist es nie zu spät – ich gehe wieder zurück zum Vater. Von der glücklichen Wende erzählen freilich erst die folgenden Verse. Trotzdem bringt uns diese Geschichte auch vorher schon Trost. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, wer diese Geschichte erzählt: Jesus Christus, Gottes eingeborener Sohn, unser Herr. Der hat nicht nur erbauliche Geschichten erzählt, sondern der ist selbst an den tiefsten Tiefpunkt gegangen, an den ein Mensch überhaupt kommen kann: den leid‑ und schmach­vollen Verbrecher­tod am Kreuz. Damit hat er die Voraus­setzung geschaffen, dass jeder zum himmlischen Vater zurückkehren darf, egal in welcher Tinte er steckt und wieviele Hätte-ich-doch-Erfahrungen er schon gemacht hat.

Ich kenne manchen Menschen, der an einen Hätte-ich-doch-Tiefpunkt steht und nicht weiter weiß. Die Not ist so groß, dass ich ihm wenig oder überhaupt nicht helfen kann. Es würde ihm auch nichts nützen, wenn ich besser­wisserisch sagen würde: Hättest du doch… Aber ich kann ihm Folgendes sagen: Zwar kann ich dir nicht helfen, aber ich kenne einen, der dir helfen kann: Jesus Christus. Der möchte, dass alle Menschen zur Fülle des Lebens finden. Der kann dich an die Hand nehmen und zu lebendiger Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater führen, und dann kommt nach und nach alles in Ordnung – spätestens in seinem ewigen Reich. Du kannst ihn um Hilfe bitten, er wird dir die Bitte nicht abschlagen. Und ich kann dir dabei helfen, ich kann mit dir und für dich beten.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wir wollen nicht nur darüber reden, sondern es vor allen Dingen tun. Lasst uns diesen Gebetsabend nutzen, um all die Menschen an Hätte-ich-doch-Tiefpunkten sowie auch alle, die un­verschuldet in Not geraten sind, der Hilfe unsers Herrn Jesus Christus an­zubefehlen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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