Wie heißt Gott?

Predigt über 2. Mose 3,15 zum Letzten Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wie heißt Gott? Heißt er All­mächtiger? Oder Vater? Oder Herr? Oder Allah? Oder Jehova? Oder einfach nur Gott? Die Frage ist uralt. Mose stellte diese Frage, als Gott ihm am brennenden Busch begegnete. Gott wollte, dass Mose die Israeliten aus der Sklaverei befreit. Da fragte Mose ihn: Was soll ich denn den Israeliten sagen, wer mich gesandt hat? Was ist dein Name? Wie heißt du? Gott antwortete ihm: „Ich bin“ ist mein Name. Seitdem nannten Mose und die Israeliten Gott mit dem Namen „Er ist“, auf Hebräisch Jahwe. Später scheuten die Juden davor zurück, dieses heilige Wort aus­zusprechen, und sagte stattdessen immer „der Herr“, wenn in der Bibel der Name Jahwe auftauchte. Das ist überall da der Fall, wo in der Lutherbibel „HERR“ mit vier Groß­buchstaben geschrieben steht. Noch später gab es ein Miss­verständnis mit dem Gottesnamen Jahwe, und man meinte, er müsse „Jehova“ aus­gesprochen werden. Die Zeugen Jehovas rufen noch heute Gott mit diesem Namen an und berufen sich dabei auf die Bibelstelle, die wir eben als Predigt­text gehört haben. Gott hat ja zu Mose gesagt: „Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht.“ Machen wir also etwas falsch, wenn wir Gott nicht mit dem Namen Jehova beziehungs­weise Jahwe anreden?

Nein, das tun wir nicht, denn Gott ist kein Zauber-Gott. Wenn wir Gott anrufen, dann kommt es nicht auf bestimmte Silben und Buchstaben an wie bei einem Zauber­spruch, sondern dann kommt es darauf an, dass wir den richtigen Gott meinen: nicht Allah, sondern den Vater unsers Herrn Jesus Christus. Durch Jesus bekommen wir den richtigen Zugang zu ihm, wie Jesus selbst versprochen hat: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh. 14,6). Hat Jesus denn seinen Vater mit dem Namen Jehova oder Jahwe angerufen? Davon ist nichts überliefert. Und hat Jesus uns denn geboten, Gott mit diesen Worten anzurufen? Keineswegs, sondern er hat uns gelehrt, die Anrede „unser Vater“ zu gebrauchen. Außerdem ist Jesus auch der jüdischen Sitte gefolgt, statt Jahwe einfach „Herr“ zu sagen. Um richtig zu beten, braucht man nicht ein bestimmtes magisches Schlüssel­wort, sondern man muss Gott nur von Herzen im Namen Jesu Christi anrufen. Damit erfüllt man das zweite Gebote: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnütz gebrauchen“, und ebenso die Anordnung, die Gott bereits am brennenden Busch gegeben hat: „Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht“ – nicht nur Jahwe oder Jehova oder „Er ist“, sondern auch Herr und Vater und Schöpfer und Allmächtiger und Dreieiniger und was es sonst noch alles für gute biblische Formu­lierungen gibt, um Gott anzurufen.

Der himmlische Vater ist also kein Zauber-Gott, und ein Konkurrenz-Gott ist er auch nicht. Der Allmächtige ist konkurrenz­los, denn es gibt ja nur einen einzigen echten Gott; alle anderen Götter sind Götzen, von Menschen erfunden. Die Ägypter und die meisten anderen antiken Völker meinten jedoch, dass es viele verschiedene Götter gebe, die miteinander in Konkurrenz stehen. Das war der Grund, warum Mose nach Gottes Namen fragte: Er wollte vermeiden, dass die Israeliten den einen wahren Gott mit irgendeinem heidnischen Götzen ver­wechselten. Darum nennen wir den einen wahren Gott auch nicht Allah oder Manitou oder mit sonst einem falschen Gottesnamen, sondern wir rufen ihn so an, wie es uns das Volk Israel, Jesus und die alte Kirche vorgemacht haben. Der Schöpfer der Welt kann gar keine Konkurrenz haben, denn sonst müssten wir ja mehrere Welten kennen, von mehreren Göttern geschaffen. Er hat es darum auch nicht nötig, sich gegen göttliche Konkurrenten abzugrenzen. Aber er hat deutlich gemacht, dass er es nicht duldet, wenn Personen oder Dinge in göttlichen Rang erhoben werden. Im ersten Gebot heißt es darum: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“

Der himmlische Vater ist erstens kein Zauber-Gott, zweitens kein Konkurrenz-Gott und drittens auch kein Mode-Gott. Wenn man sich mit Religions­geschichte beschäftigt, findet man da allerlei Götter-Moden. Was man von Götzen erzählte und lehrte, spiegelte stets etwas von den Wert­vorstellun­gen und Sehnsüchten der Menschen und ihrer Zeit wider. Das ist auch in der Neuzeit nicht anders, selbst wenn die Götzen nicht mehr ausdrücklich Götter genannt werden. Das war beim Gott Lenin so und beim Gott Stalin, das ist beim Gott Wissenschaft so und beim Gott Selbst­bestimmung, ebenso beim Gott Erfolg und beim Gott Besitz. Der ist gar nicht so neu; es gab ihn bereits zu Jesu Zeiten, und man nannte ihn „Mammon“. Der wahre Gott aber ist kein Mode-Gott, keine Zeit­erscheinung, sondern er ist das A und das O, der Anfang und das Ende. Er hat die Welt geschaffen, davon lesen wir in den ersten Kapiteln der Bibel. Dann hat er sich in besonderer Weise den Erzvätern bekannt gemacht: Abraham, Isaak und Jakob. Daran knüpfte er an, als er mit Mose am brennenden Busch redete. Er sagte zu ihm: „So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt.“ Dann hat er durch Mose die Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei befreit, und seither heißt er auch „der Gott, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt hat“. In Israels Geschichte hat er durch zahlreiche Propheten geredet; einer der berühmtesten von ihnen war Elia. Durch die Propheten hat er angekündigt, dass er selbst als König und guter Hirte in die Welt kommen wird, um sie zu erlösen. Mit Jesus hat er das dann wahr gemacht. Er hat dabei gezeigt, dass dies keine neue Gottesmode war, sondern dass er sich auch da treu blieb. Die heutige Evangeliums­lesung macht das deutlich: Jesus hat auf dem Berg der Verklärung mit Mose und Elia geredet. Gottes Stimme, die sich anschließend zu Jesus als seinem Sohn bekannte, war dieselbe Stimme, die einst zu Mose am brennenden Busch redete, und dieselbe Stimme, die mit den Erzvätern sprach, und dieselbe Stimme, die am Anfang der Zeit das Licht und die ganze Welt ins Leben rief. Derselbe Gott hat dich und mich in der heiligen Taufe beim Namen gerufen, und derselbe Gott wird am Jüngsten Tag alle Toten aus ihren Gräbern rufen, am Ende der Zeit.

Gott ist erstens kein Zauber-Gott, zweitens kein Konkurrenz-Gott, drittens kein Mode-Gott und schließlich auch kein ferner Gott. Er redet uns an, er möchte mit uns in einer lebendigen Beziehung stehen und er möchte, dass wir täglich mit ihm reden. Er hat sich und seinen Namen nicht deshalb offenbart, damit wir über ihn diskutieren und theologische Lehrsätze aufstellen wie über eine ferne, unnahbare Gottheit. Nein, er hat klar gesagt, warum er sich uns bekannt gemacht hat und uns nahe ist: „Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht.“ Und durch den Propheten Joel hat er verheißen: „Wer des Herrn Namen anrufen wird, der soll errettet werden“ (Joel 3,5). Das Neue Testament zitiert diesen Satz mehrfach und macht dabei deutlich, dass es hier um den Glauben an Jesus geht, denn durch seinen eingeborenen Sohn ist Gott uns unfassbar nah geworden. Darum sollen wir über Gott nicht diskutieren und grübeln, sondern wir sollen ihn im Namen Jesu loben und um Hilfe bitten. Wer bloß für wahr oder für möglich hält, dass es Gott gibt, ist kein Christ, wer aber Gott um Hilfe bittet, um Rettung aus seiner Sündennot, der wird erfahren, dass Gott ihm hilft. So wie Gott einst die Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei führte und in das wunderbare Land der Verheißung brachte, so wird Gott jeden aus dem Dunkel dieser Welt in das Licht seines ewigen Reichs führen, der ihn von Herzen anruft. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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