Mitgerissen

Predigt über 2. Timotheus 2,11 zum Ostersonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Amen! Nein, die Predigt ist noch nicht zu Ende, sie fängt gerade erst an. „Amen“ heißt nämlich nicht „Ende“ und kann darum auch mal am Anfang stehen. „Amen“ heißt vielmehr „zu­verlässig“, „ganz bestimmt“, „gewisslich wahr“. Auch in unserm Predigttext steht gleich am Anfang so ein Zu­verlässig­keits-Amen: „Das ist gewisslich wahr.“ Danach beginnt ein uraltes Kirchen­lied, das schon zu biblischen Zeiten gesungen wurde. Und der erste Vers dieses Liedes bringt die christliche Oster­botschaft auf den Punkt: „Sterben wir mit, so werden wir mit leben.“ Paul Gerhardt hat dasselbe in einem etwas neueren Osterlied so formuliert: „Er reißet durch den Tod, / durch Welt, durch Sünd, durch Not…“

Jesus ist nicht für sich selbst gestorben und auf­erstanden, sondern für uns. Das heißt: Er will uns mitreißen durch seinen Tod in die Auf­erstehung zu neuem Leben. Wie gesagt: „Sterben wir mit, so werden wir mit leben.“ Manche Bibel­ausleger vermuten, dass Paulus dieses uralte Osterlied sogar selbst gedichtet hat, oder jemand, der ihn gut kannte. Denn der Inhalt dieses Liedes geht zurück auf eine Art Taufpredigt des Apostels, die im Römerbrief steht. Da sagt Paulus im 6. Kapitel allen Getauften: „So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlich­keit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ Und dann fährt er ganz ähnlich fort, wie es in dem Lied heißt: „Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.“ Also: „Er reißet durch den Tod, / durch Welt, durch Sünd, durch Not…“ Oder: „Sterben wir mit, so werden wir mit leben.“

Der eine oder andere von euch wird sich an Samuel Koch erinnern. Er ist der junge Mann, der vor ein paar Jahren in der Fernsehshow „Wetten dass“ ver­unglückte und seitdem gelähmt ist. Vor einiger Zeit lief eine Reportage über sein jetziges Leben im Fernsehen. Samuel Koch ist trotz seiner körper­lichen Ein­schränkung sehr unter­nehmungs­lustig geblieben. So wird er in dieser Reportage unter anderem beim Drachen­fliegen gezeigt. Aber wie kann das gehen? Wie kann jemand, der an den Beinen völlig und an den Armen teilweise gelähmt ist, drachen­fliegen? Ein Tandemflug macht es möglich! Bei einem Tandemflug wird ein Passagier vor den Bauch eines gesunden und erfahrenen Drachen­fliegers geschnallt. Der Drachen ist so groß, dass er beide Personen in der Luft halten kann. Auf diese Weise hat Samuel Koch zusammen mit einem erfahrenen Drachen­flieger-Piloten dieses Abenteuer genossen. Die Reportage zeigt, dass es ihm viel Spaß gemacht hat. Im Grunde genommen kann jeder auf diese Weise drachen­fliegen, auch Kinder oder alte Menschen. Man braucht keine Ausbildung dafür, man muss sich nur trauen.

So ein Tandemflug ist ein schönes Gleichnis für Jesus und den Getauften. Ohne Christus und die Taufe sind wir nämlich alle ziemlich behindert: Die Sünde lähmt uns, sodass wir uns nicht verhalten können, wie wir es wollen und nach Gottes Willen auch sollen. Da kommt Jesus, der erfahrene Drachen­pilot, und lädt dich zu einem Tandemflug ein. Wenn du ein bisschen Mut und Gott­vertrauen hast, dann sagst du: Ein­verstanden, ich will mit dir fliegen! Durch die Taufe hat Jesus dich gewisser­maßen vor seinen Bauch geschnallt, und dann ist es los­gegangen: „Er reißet durch den Tod, / durch Welt, durch Sünd, durch Not…“ Ja, Jesus reißt dich mit. Wie er einst allein durch die Feuertaufe seiner Kreuzigung zog, so ist er mit dir durch die Sünden­waschanlage deiner Taufe gezogen: Alles, was dich von Gott trennt, ist da abgewaschen worden, dein ganzer Sündens­chmutz. Und wie Jesus aus dem Grab zu neuem Leben auferstand, so hat er dich mitgerissen zu einem herrlichen Leben in der Taufgnade. Du weißt jetzt jeden Tag, dass er ganz dicht bei dir ist und dich durchs Leben navigiert. Auch wenn dir mal der kalte Wind um die Nase pfeift, auch wenn dir mal ganz schwindlig wird vor lauter Leben, du kannst dich auf deinen Tandem-Piloten verlassen. „Das ist gewisslich wahr: Sterben wir mit, so werden wir mit leben.“

Wie gesagt, der Tandemflug ist nur ein Gleichnis, ein Bild für unser Christen­leben. Es geht da ja nur um ein Freizeit-Abenteuer, das einfach Spaß machen soll. Das Leben mit Christus ist kein bloßer Spaß, sondern etwas Ernstes, etwas Todernstes. Manchmal gleicht unser Leben eher einem Krieg als einem Freizeit-Abenteuer. So heißt es wenige Verse vor unserem Predigt­text: „Leide mit als ein guter Streiter Christi Jesu.“ Am Tandem-Drachen sind wir unter ständigem Beschuss vom Teufel. Aber wir wissen: Unser erfahrener Pilot wird uns da heil durch­bringen. Paul Gerhardt dichtete: „Er reißet durch den Tod, / durch Welt, durch Sünd, durch Not, / er reißet durch die Höll, / ich bin stets sein Gesell.“ Oft bringt uns das Leben mehr Stress als Spaß. Das war schon bei Adam so, der sich nach dem Sündenfall mit den Diesteln und Dornen des Ackers herumplagen musste. Aber mit Christus wissen wir: die Ernte wird gut. So heißt es wenige Verse vor unserm Predigttext auch: „Es soll der Bauer, der den Acker bebaut, die Früchte als erster genießen.“

Aber obwohl das Leben kein Freizeit­vergnügen ist, schenkt Christus uns trotzdem viel Freude auf unserm Tandemflug. Wer anfängt zu danken, der wird merken, wieviel Gutes er erlebt. Das Beste jedoch liegt noch vor uns. Weil Jesus nach Tod und Auf­erstehung zu seinem Vater in den Himmel gefahren ist, reißt er uns auch dorthin mit: durch den leiblichen Tod und die Auf­erstehung am Jüngsten Tag in die himmlische Herrlich­keit. Auch in dieser Hinsicht gilt das verläss­liche Wort: „Sterben wir mit, so werden wir mit leben.“ Wer sich bis zum Tod mit seinem Glauben treu an Jesus hängt, der wird von ihm in die ewige Seligkeit mit­gerissen. Er gelangt dann an die schöne Eingangstür zum Vaterhaus und damit zu einer echten und dauerhaften Heimat. Paul Gerhardt dichtete: „Er bringt mich an die Pforten, / die in den Himmel führt, / daran mit güldnen Worten / der Reim gelesen wird: / ‚Wer dort wird mit verhöhnt, wird hier auch mit gekrönt; / wer dort mit sterben geht, / wird hier auch mit erhöht.‘“ Wie gesagt: „Sterben wir mit, so werden wir mit leben“ – „das ist gewisslich wahr“. Zu­verlässig. Ganz bestimmt. Und nun auch ab­schließend: Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2015.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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