Aufmerksamkeit, Aufbruch und Anbetung

Predigt über 2. Mose 18,1‑12 zum Epiphaniasfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wie finden Menschen zum Heiland? Durch Auf­merksam­keit, Aufbruch und Anbetung. Wir können das am Beispiel der Weisen aus dem Morgenland sehen: Erstens be­obach­teten sie aufmerksam den Nachthimmel und erkannten dabei den weg­weisenden Stern. Zweitens wurden sie aktiv und brachen auf, um den neu geborenen König auf­zusuchen. Und drittens: Als sie ihn in Bethlehem gefunden hatten, beteten sie ihn an.

Viele Menschen aus vielen Völkern haben den Heiland auf dieselbe Weise gefunden. Sie sind uns Vorbilder. Jeder kann den Heiland finden und im Glauben gewiss werden durch Auf­merksam­keit, Aufbruch und Anbetung. Bereits im Alten Testament wird uns von Leuten berichtet, die auf diese Weise den einen wahren Gott und sein Heil gefunden haben. Einer von ihnen ist Jitro, Moses Schwieger­vater, der auch Reguel hieß. Lasst uns an seinem Beispiel lernen, wie das geht: Auf­merksam­keit, Aufbruch und Anbetung, die zum Heil führen.

Zunächst möchte ich euch aber kurz die Vor­geschichte erzählen von Mose und der Familie seiner Frau. Mose wuchs als Ägypter mit hebräischem Migrations-Hintergrund am Hof des Pharao auf. Dann machte er den schwersten Fehler seines Lebens: Im Jähzorn erschlug er einen Menschen. Danach floh er in die arabische Wüste und verhalf dort sieben jungen Frauen gegen rücksichts­lose Hirten zu ihrem Recht. Es waren die Töchter Jitros. Jitro nahm den tapferen Mann dankbar in sein Haus auf, und bald darauf heiratete Mose Zippora, die älteste der sieben Töchter. Danach lebte Mose für Jahrzehnte als Hirte im Stamm seines Schwieger­vaters. Jitro war, wie damals üblich, als Familien­oberhaupt so etwas wie ein Häuptling und zugleich auch der Priester seiner Sippe. Das ist übrigens eine väterliche Ver­antwortung, die auch noch Martin Luther von den Hausvätern erwartete und die grund­sätzlich bis heute gilt: Wer Frau und Kinder hat, ist nach Gottes Willen gewisser­maßen ein Haus­priester und soll dafür sorgen, dass in seiner Familie gebetet und Gott geehrt wird. So haben wir es zu verstehen, wenn Jitro in unserem Predigttext „der Priester in Midian“ genannt wird. Als solcher wird er zum Gott Abrahams gebetet haben, denn sein Vorfahre Ismael war Abrahams ältester Sohn gewesen. Dann kam der denkwürdige Tag, an dem Gott Mose aus einem brennenden Busch heraus berief, das Volk der Hebräer aus der ägyptischen Sklaverei zu befreien. Mit Zippora und den beiden Söhnen, die Gott ihm inzwischen geschenkt hatte, kehrte Mose nach Ägypten zurück. Dort allerdings geriet er in große Schwierig­keiten – nicht nur, weil der Pharao sich seinem Ansinnen ver­weigerte, sondern auch, weil die Hebräer zunächst kein rechtes Vertrauen zu ihm hatten. In dieser Zeit muss es geschehen sein, dass Mose seine Frau und seine Kinder zu Jitro zurück­schickte – wahr­scheinlich, um ihnen die Un­sicherheit seines Lebens nicht länger zumuten zu müssen. Erst als die Hebräer befreit waren und sich am Berg Sinai gelagert hatten, brachte Jitro Zippora mit den beiden Söhnen zu Mose zurück. Davon haben wir eben im Predigttext gehört.

Hier erfahren wir auch erstens von Jitros Auf­merksam­keit. Wir lesen: „Jitro… hörte alles, was Gott an Mose und seinem Volk Israel getan hatte, das der Herr Israel aus Ägypten geführt hatte.“ Mit großem Interesse verfolgte der Patriarch und Priester nicht nur das weitere Ergehen seines Schwieger­sohns Mose, sondern vor allem auch die erstaun­lichen Umstände, unter denen die Hebräer aus Ägypten freikamen, darunter die zehn göttlichen Plagen und den Durchzug durchs Schilfmeer. Jitro wollte sich dabei aber nicht nur auf Gerüchte verlassen; deshalb fragte er Mose bei ihrem Wiedersehen aus hörte mit freudigem Staunen von Gottes Wundern. Es heißt: „Da erzählte Mose seinem Schwieger­vater alles, was der Herr um Israels willen dem Pharao und den Ägyptern angetan hatte, und all die Mühsal, die ihnen auf dem Weg begegnet war, und wie sie der Herr errettet hatte. Jitro aber freute sich über all das Gute, das der Herr an Israel getan hatte, wie er sie errettet hatte aus der Ägypter Hand.“ Aufmerksam hörte Jitro nicht nur bei den Wunder­berichten zu, sondern auch, als Mose ihm das Herz aus­schüttete und von aller erlebten „Mühsal“ berichtete. So erkannte Jitro, dass Gottes Heil nur dann richtig gewürdigt werden kann, wenn man zuvor auch die Bedrängnis scheinbar auswegloser Situationen erlebt hat.

Solche Auf­merksam­keit ist vorbild­lich. Auch wir tun gut daran, genau hinzuhören, wenn wir Gottes Tun erfahren. Echte Wunder sind ja naturgemäß etwas Seltenes, deshalb erleben die meisten Menschen sie nicht selbst, sondern hören nur davon. Und wir tun auch gut daran, uns nicht mit Gerüchten zu begnügen, sondern uns direkt von Mose und den Propheten erzählen zu lassen, was Gott Großes getan hat – aus der Heiligen Schrift nämlich. Am aller­meisten wollen wir aber darauf Acht haben, was uns die Bibel von Gottes aller­größtem Wunder und seiner aller­größten Wohltat berichtet: vom Kommen seines Sohnes in die Welt und von seinem Erlösungs­werk. Auch das können wir freilich nur dann recht würdigen, wenn wir die „Mühsal“ der Sünde nicht verdrängen, aus der er uns rettet. Wenn wir auf all das immer wieder aufmerksam achten, dann werden wir uns wie Jitro freuen „über all das Gute, das der Herr an Israel getan hat“. Es ist ja eine überaus gute Nachricht, eine frohe Botschaft: Das Evangelium von Jesus Christus.

Zweitens erfahren wir von Jitros Aufbruch. Wir lesen: „Da nahm er mit sich Zippora, die Frau des Mose, die er zurückgesandt hatte, samt ihren beiden Söhnen… Als nun Jitro, Moses Schwieger­vater, und seine Söhne und seine Frau zu ihm in die Wüste kamen, an den Berg Gottes, wo er sich gelagert hatte, ließ er Mose sagen: Ich, Jitro, dein Schwieger­vater, bin zu dir gekommen und deine Frau und ihre beiden Söhne mit ihr.“ Jitro hätte ja auch mit seiner Tochter und seinen Enkelkinder zu Hause bleiben und skeptisch sagen können: Wer weiß, ob das alles stimmt, was man von Gottes Wundern erzählt, und wer weiß, ob meine Angehörigen bei Mose jetzt wirklich sicher sind. Aber Jitro hat genug Vertrauen und genug Mut, um auf­zubrechen und zum Berg Sinai zu ziehen.

Solcher Aufbruch ist vorbild­lich. Er macht das Wesen des christ­lichen Glaubens deutlich. Glaube heißt ja nicht, dass wir uns irgendwie krampfhaft etwas einreden oder einbilden müssen. Glaube heißt einfach: Ich gehe davon aus, dass Gott mich nicht anlügt, sondern dass das, was ich ich als sein Wort höre, wirklich sein Wort ist und der Wahrheit entspricht. Ich gehe davon aus und handele ent­sprechend: Ich kehre um von Wegen, die nicht seinem Willen ent­sprechen, und lasse mir von ihm helfen. Nichts anderes bedeutet Buße-Tun, und nichts anderes geschieht immer wieder in der Beichte. Da merken wir hoch erfreut, dass Jesus uns aus dem Dreck unserer Sünde heraus­zieht, und brechen im Vertrauen auf seinen Heiligen Geist immer wieder neu auf, um unser Leben in seiner Nachfolge und in der Kraft der Liebe zu führen.

Drittens erfahren wir von Jitros Anbetung. Als Jitro am Berg Sinai noch einmal durch Mose persönlich von Gottes wunderbaren Taten gehört hatte, sagte er: „Gelobt sei der Herr, der euch erettet hat aus der Ägypter und des Pharao Hand. Nun weiß ich, dass der Herr größer ist als alle Götter…“ Als alle Götter? Gibt es denn nicht nur einen Gott? Der Mensch ist ein komisches Wesen; immer geht er entweder rechts oder links am richtigen Weg vorbei; immer tut er entweder zu wenig oder zu viel des Guten. Während zu biblischen Zeiten viele Heiden­völker überzeugt waren, es gebe mehr als einen Gott, so sind heutzutage viele überzeugt, es gibt weniger als einen Gott, nämlich gar keinen. Hier klingt es so, als glaubte Jitro damals auch an mehr als einen Gott. Aber wenigstens hat er nur den Herrn, den einen wahren Gott, angebetet – den Gott, auf dessen Wort und Wunder er aufmerksam geachtet hatte und zu dessen heiligen Berg er aufgebrochen war. Und er bezeugte von diesem einen wahren Gott: „Nun weiß ich, dasss der Herr größer ist als alle Götter….“ Wenn nun aber ein Gott nicht der Größte ist, dann ist er eigentlich gar kein Gott, sondern nur irgendein eingebildetes oder meinetwegen auch echtes Wesen, das zu Unrecht vergöttert wird. Insofern ist Jitros Gottes­anbetung ein Bekenntnis zu dem einzig wahren Gott. Seine Anbetung bleibt kein Lippen­bekenntnis, sondern führt zur Tat, zum Opfer, zum Schenken – so wie auch die Weisen in Zusammen­hang mit der Anbetung ihre Schätze auftaten und den Heiland be­schenkten: Jitro feierte mit seinem Schwieger­sohn Mose und allen Angehörigen am Berg Sinai ein Opferfest.

Auch solche Anbetung ist vorbild­lich. Wenn wir aufmerksam von Jesu guter Nachricht gehört haben und mit Buße und Glauben innerlich zu ihm hin auf­gebrochen sind, dann folgt die Anbetung, das Loben und Danken. Hier kommt der Glaube nämlich an sein Ziel, wie es beim Propheten Joel heißt: „Wer des Herrn Namen anrufen wird, der soll errettet werden“ (Joel 3,5). Und im Neuen Testament heißt es beim Apostel Paulus im Römerbrief: „Wenn man von Herzen glaubt, wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet“ (Römer 10,10). Solches Bekennen geht auch bei uns einher mit fröhlichem Opfer – nicht nur als Dankopfer bei der Kollekte, sondern als Hingabe des ganzen Lebens im Dienst der Liebe zu Gott und zu allen Mit­menschen.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, ich sehe im Geist eine Karawane, die zum Heiland zieht. Ich sehe die Weisen mit ihren Kamelen, beladen mit Geschenken für den Heiland. Ich sehe in dieser Karawane auch Jitro und seine Sippe, darunter Mose mit Zippora und ihren beiden Söhnen. Ich sehe große Scharen von Menschen, die alle aufmerksam zugehört haben, als ihnen von Gottes Heilstaten berichtet wurde und später auch von der Erlösung, die Jesus gestiftet hat. Ich sehe, dass sie alle auf­gebrochen sind im Vertrauen darauf, dass der Heiland sie für Zeit und Ewigkeit heil macht. Ich sehe, wie sie dann an der Krippe nieder­knien, den Gottessohn anbeten und ihre großen oder auch kleinen Schätze auftun, um ihn zu beschenken. Und ich sehe uns in dieser Karawane mitziehen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2015.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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