Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Was haben Engel, Blumen, Menschen und der Mond gemeinsam? Sie alle sind Gottes Geschöpfe. Insofern sind die Engel uns Menschen ähnlicher, als sie Gott ähnlich sind. Wir sind uns sogar ziemlichähnlich: Sowohl Engel als auch wir Menschen haben nämlich einen Geist. Das bedeutet: Sowohl Engel als auch Menschen können eigenständig denken und handeln; sie werden nicht einfach nur von irgendwelchen Trieben und Instinkten gesteuert. Deswegen sind sowohl Engel als auch Menschen ihrem Schöpfer gegenüber verantwortlich. Der einzige Unterschied: Der Geist der Menschen ist hier auf Erden untrennbar mit einem bestimmten biologischen Leib verbunden, der Geist der Engel dagegen ist grundsätzlich frei, er kann nach Belieben einen Menschenleib annehmen und ihn auch wieder ablegen.
Menschen und Engel sind Gottes Geschöpfe. Sie stehen zusammen mit allen anderen geschaffenen Wesen und Dingen dem allmächtigen Gott gegenüber: auf der einen Seite der Schöpfer, auf der anderen Seite alles andere – die gesamte Schöpfung. Aber wir sollten eigentlich nicht von zwei Seiten sprechen, also nicht von einem Nebeneinander, sondern besser von einem Übereinander, von oben und unten. Als Schöpfer und somit als Ursprung aller Dinge steht Gott ja hoch über seiner ganzen Schöpfung; er ist ihr Herr und Meister, er herrscht über sie. Das Psalmwort, das wir eben gehört haben, drückt es so aus: „Der Herr hat seinen Thron im Himmel errichtet, und sein Reich herrscht über alles.“
Weil der Schöpfer auf seinem himmlischen Thron über alles herrscht, muss es uns Geschöpfe interessieren, wie wir zu seiner Ehre leben sollen. Ohne ihn wären wir nichts, ohne ihn gäbe es uns gar nicht. Unser ganzer Lebenssinn besteht darin, den Schöpfer zu ehren – das gilt für uns Menschen ebenso wie für Engel und für alles andere. Auch das macht unser Psalmwort deutlich, wenn es da heißt: „Lobet den Herrn, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft!“
Weil wir heute das Engelfest feiern, wollen wir uns besonders mit dem Gotteslob der Engel beschäftigen. Wir fragen: Wie machen die Engel das, wie ehren sie Gott denn? Natürlich singen sie, aber das ist längst nicht alles, das ist auch gar nicht das Wichtigste. Die Frage, wie Engel Gott ehren, beantwortet unser Psalmwort ziemlich ausführlich. Da heißt es: „Lobet den Herrn, ihr seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seinen Befehl ausrichtet, dass man höre auf die Stimme seines Wortes! Lobet den Herrn, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut!“ Die Antwort auf die Frage, wie Engel Gott loben, finden wir in den Engel-Beschreibungen dieser beiden Sätze; es handelt sich gewissermaßen um Berufsbezeichnungen für die Engel. Das wird besonders deutlich in dem Ausdruck „Diener, die ihr seinen Willen tut“.
Außerdem werden die Engel „starke Helden“ genannt, die als „Heerscharen“ auftreten. Diese militärische Ausdrucksweise befremdet uns wohl in unserer Zeit, denn wir haben erlebt und erleben immer wieder aufs Neue, was Heerscharen von starken Kriegshelden für entsetzliches Leid und Unheil anrichten. Trotzdem müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Engel Gott loben, indem sie wie Soldaten für ihn antreten. Es gibt sogar einen Namen Gottes, der das aussagt, denn „Heerscharen“ heißt auf hebräisch „Zebaoth“, und Gott wird in der Bibel häufig „Herr Zebaoth“ genannt. Das Heer der Engel tritt an, um für Gott und gegen das Böse zu kämpfen. Vom obersten Heerführer der Engel, vom Erzengel Michael, hören wir im Alten Testament, dass er besonders für Gottes Volk Israel streitet. Aber wir dürfen davon ausgehen, dass die englischen Helden auch für uns kämpfen: Gott stellt uns Schutztruppen zur Seite und gibt ihnen Befehl, uns zu behüten. Ich möchte nicht wissen, in wieviele Unfälle und Katastrophen ich schon geraten wäre, wenn mir nicht Gottes starke Helden zur Seite gestanden hätten. Indem die Schutzengel uns behüten, loben sie Gott, denn das ist sein Wille und ihr Auftrag. Merkt ihr, liebe Brüder und Schwestern, wie wir an den Engeln Gottes Liebe zu uns erkennen können? Denn wenn die Engel Gott ehren, indem sie uns behüten, dann zeigt das doch, wie sehr wir Gott am Herzen liegen!
Noch stärker können wir das erkennen, wenn wir die folgende „Berufsbezeichnung“ näher betrachten: „…die ihr seinen Befehl ausrichtet, dass man höre auf die Stimme seines Wortes“. Für „Befehl“ steht im hebräischen Originaltext „dabar“, das bedeutet „Wort“. Wörtlich heißt es also: „…die ihr sein Wort ausrichtet, dass man höre auf die Stimme seines Wortes“. Es sind hier nicht einfach Befehle gemeint, die der Herr an seine himmlischen Heerscharen ergehen lässt und die sie dann ausführen. Vielmehr geht es darum, dass Gott seine Engel zu Botschaftern macht, zu Überbringern seines göttlichen Wortes. Die Bibel ist voller Geschichten, wie Engel bestimmten Menschen Gottes Wort überbracht haben. Das ist auch der Fall bei den allerwichtigsten Geschichten der Bibel, nämlich bei den Berichten von der Menschwerdung und der Auferstehung und der Himmelfahrt unsers Herrn Jesus Christus. Engel überbrachten den Aposteln Gottes Versprechen: „Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen“ (Apostelgesch. 1,11). Engel verkündeten den Frauen am leeren Grab Gottes Freudenbotschaft: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ (Lukas 24,5‑6). Und Engel sagten den zu Tode erschrockenen Hirten in der Nacht von Jesu Geburt: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude… denn euch ist heute der Heiland geboren“ (Lukas 2,10‑11). Danach erschienen die „Zebaoth“, die himmlischen Heerscharen, und taten das, wozu Gott sie gemacht hat: Sie „lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe…“ (Lukas 2,13‑14). An diesen Freudenbotschaften der Engel können wir Gottes Liebe noch viel besser erkennen als an ihren Schutzengeldiensten. Die Engel ehren Gott, indem sie uns Menschen die schönste Nachricht überbringen, die es gibt: das Evangelium, die Freudenbotschaft von unserem Erlöser Jesus Christus. Und indem sie das tun, erweisen sie sich zugleich als starke Helden im Kampf gegen das Böse – im Kampf gegen den Teufel, der uns erst zur Sünde verführt und dann bei Gott wegen unserer Sünde anschwärzen will. Da können wir nun dem Teufel Gottes Wort entgegenhalten, das die Engel uns überbracht haben: „Uns ist der Heiland geboren!“ Und: „Der Herr ist auferstanden!“ Und: „Der Herr wird wiederkommen“ – und weil er alle unsere Sünde auf sich genommen hat, können wir seinem Gericht getrost entgegensehen.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wir haben uns mit Worten des 103. Psalms vor Augen gehalten, wie die Engel Gott loben. Sie sind von Gott geschaffene Wesen, mit einem verständigen Geist begabt. Auch wir sind von Gott geschaffene Wesen, mit einem verständigen Geist begabt. So ist es durchaus angemessen, wenn wir von den Engeln lernen, wie man Gott am besten lobt und ehrt. Wenn Gott seine himmlischen Heerscharen in Bewegung setzt, um uns sein Heil zu verkündigen, dann ehren wir ihn, wenn wir diese Botschaft und dieses Heil auch annehmen. Wir ehren ihn, wenn wir Gottes Wort gerne hören und ihm vertrauen. Wir ehren ihn auch, wenn wir Gott für den Schutz danken, den er uns unsichtbar mit seinen Engeln jeden Tag gewährt. Wir ehren ihn, wenn wir nach dem Vorbild der Engel selbst „starke Helden“ werden, wenn wir also entschlossen und mutig gegen das Böse kämpfen – vor allem gegen das Böse in unserem eigenen Herzen, das uns immer wieder zur Sünde verführen will. Wir ehren Gott, wenn wir uns nach dem Vorbild der Engel senden lassen mit seinem guten Wort, mit seiner frohen Botschaft, und wenn wir damit andere trösten und ihnen den Weg zu Jesus und zum Himmel weisen. Wir ehren ihn, wenn wir uns nach dem Vorbild der Engel als Diener Gottes verstehen und bereit sind, seinen Willen zu tun. Und wir ehren ihn dann natürlich auch mit fröhlichen Lobliedern, mit neuen und alten Gesängen, mit Chorälen und Psalmen – nicht zuletzt auch mit dem 103. Psalm und mit dem wunderbaren Satz, mit dem dieser Psalm sowohl beginnt als auch schließt: „Lobe den Herrn, meine Seele!“ Amen.
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