Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Wie sollen wir als Christen leben? Was können wir tun, damit es uns gut geht? Und warum müssen wir manchmal leiden, auch wenn wir Gott vertrauen? Sicher kennt ihr solche Fragen. Alle Christen kennen sie; sie sind so alt wie die christliche Kirche. Als die Apostel noch lebten, werden viele Neugetaufte sie mit solchen Fragen bombardiert haben. Viele werden den Apostel Petrus gebeten haben: Sage uns, wie wir uns verhalten sollen. Gewiss ist Petrus in vielen seiner Predigten auf solche Fragen eingegangen. Auch sein erster Brief, der uns im Neuen Testament überliefert ist, hat diesen Themenschwerpunkt. Er leitet Christen dazu an, als Getaufte zu leben, also als Wiedergeborene aus Wasser und Geist – sowohl die Christen damals als auch uns heutige Christen. So können wir jetzt Antworten erwarten auf unsere Frage: Wie sollen wir uns verhalten?
Ja, Gott antwortet auch uns durch Petrus in dem Abschnitt seines ersten Briefes, den wir eben gehört haben. Nachdem er in den voranstehenden Versen auf die besonderen Lebenssituationen von getauften Knechten, Männern und Frauen eingegangen ist, gibt er hier nun eine Fülle von Ratschlägen, die jeden Christen betreffen. Zusammengefasst rät er Folgendes: Richtet euch alle nach denselben Grundsätzen. Habt Mitgefühl mit den Leidenden. Geht wie Geschwister auf Augenhöhe miteinander um. Kümmert euch umeinander. Bildet euch nichts auf euch ein. Zahlt böse Worte und Taten niemandem heim. Wünscht den anderen Gutes und Gottes Segen. Seid wahrhaftig. Sagt euch von allem Bösen los und bemüht euch eifrig darum, Gutes zu tun und Frieden zu stiften. Fürchtet euch nicht vor Angriffen. Heiligt den Herrn Christus in euren Herzen. Seid immer bereit, vom Glauben zu reden, wenn jemand euch danach fragt. Ereifert euch dabei nicht und tut es ehrfürchtig. Handelt niemals gegen euer Gewissen.
Das ist wahrlich eine lange und inhaltsreiche Liste. Über jeden einzelnen Punkt könnte man eine komplette Predigt halten. Und doch kann es sein, dass mancher enttäuscht ist von diesem guten Dutzend Antworten auf die Frage: Wie sollen wir als Christen leben? Mancher erhofft sich von der Bibel und von Predigten genaue Anweisungen für einzelne Lebenssituationen, nicht nur solche allgemeinen Aussagen. Aber die Bibel ist nun einmal so grundsätzlich und allgemein, wenn es um das rechte Verhalten geht – nicht nur hier im ersten Petrusbrief, sondern auch an anderen Stellen. Nur selten finden wir konkrete Einzelanweisungen, und auch die sind dann nur Beispiele zur Veranschaulichung allgemeiner Richtlinien. Selbst die Zehn Gebote sind sehr allgemein gehalten; Martin Luther hat das in seinen Katechismus-Erklärungen gut erfasst und zum Ausdruck gebracht. Uns wird zum Beispiel nicht eindeutig gesagt: Ihr sollt vegetarisch leben, keine Waffen anrühren, nicht heiraten oder dreimal täglich in Richtung Jerusalem das Vaterunser beten. Christliche Ethik ist keine Sammlung von „Kochrezepten“ und auch keine Spiel-Anleitung. Gerade darin liegt jedoch ihre Stärke: Gott redet uns als mündige Christen an, die einen Verstand besitzen, ein Gewissen und ein Urteilsvermögen. Wir sollen nicht stur irgendwelchen Patentrezepten folgen, sondern verantwortlich leben lernen in der Freiheit der Gotteskinder. Zudem würden uns konkrete Einzelanweisungen aus der Zeit der Apostel heute wenig nützen, denn wir leben in ganz anderen Verhältnissen. Aber weil uns Gott hier durch Petrus und auch sonst in seinem Wort so grundlegende und allgemeine Hinweise für gelingendes Leben gibt, sind sie zeitlos aktuell – auch heute.
Seien wir also nicht enttäuscht über die Antwort des Petrus, sondern würdigen wir sie recht! Ihr Herzstück ist die Aussage: „Heiligt den Herrn Christus in euren Herzen.“ Mit der Taufe hat er Einzug bei uns gehalten und kommt immer wieder aufs Neue in unsere Herzen. Daraus ergibt sich: Wir wollen so leben, dass wir ihm Ehre erweisen. Unser Leib soll ein würdiger Tempel für den Herrn sein. Christi Liebe und Barmherzigkeit sollen unser Verhalten prägen. Der erste und wichtigste Grundsatz für christliches Leben ist also, dass unsere Beziehung zu Christus stimmt, und durch ihn zum himmlischen Vater. Daraus folgt der zweite Grundsatz: Unsere Beziehung zu uns selbst soll stimmen. Hirn und Hände und der ganze Leib sollen sich nach dem gläubigen Herzen richten, in dem Christus wohnt. Petrus formulierte es so: „Habt ein gutes Gewissen.“ Wir können es dann haben, wenn wir uns so verhalten, wie wir es in unserem Herzen fühlen, dass wir uns verhalten sollen. Das sollen wir nun nicht isoliert als Einzelpersönlichkeiten tun, sondern in der Gemeinschaft mit anderen Kindern Gottes. Hier kommt die christliche Kirche und Gemeinde ins Spiel, wo wir uns mit unseren verschiedenen Begabungen ergänzen und, wenn nötig, auch gegenseitig korrigieren. In diesen Zusammenhang gehören die Ratschläge des Petrus, dass wir „allesamt gleichgesinnt“ sein sollen sowie „brüderlich“. Das alles hat dann schließlich auch Auswirkungen auf unsere Beziehungen zu den Mitmenschen allgemein sowie auch zu den Nicht-Christen, ja, sogar zu den Feinden Gottes. Da lassen wir uns nicht zu feindlichen Reaktionen provozieren, sondern handeln nach dem Vorbild Christi. Wir vergelten Böses nicht mit Bösem, sondern mit Gutem. Wir fluchen und schimpfen nicht, sondern wir segnen und wünschen Gutes. Wir sind stets bereit, Schuld zu vergeben, und nehmen lieber Leiden in Kauf, als dass wir den Mitmenschen Gewalt antun. Auch machen wir aus unserem Glauben kein Geheimnis, sondern sind stets bereit, anderen von Jesus zu erzählen, wenn sie etwas über ihn hören wollen. Wie also sollen wir als Christen leben? Die Antwort lautet: In der Freiheit und Verantwortlichkeit von Gotteskindern, im Einklang mit Christus in unseren Herzen, in Übereinstimmung mit unserem Gewissen, in herzlicher Verbundenheit mit den Glaubensgeschwistern, in offener und liebevoller Beziehung zu allen Menschen.
Damit wir nun auch gern und fröhlich danach streben, so zu leben, schreibt Petrus uns zusammen mit seinen Ratschlägen auch etwas, das uns motivieren soll. Er greift auf den 34. Psalm zurück und schreibt: „Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will“, der verhalte sich so. Wer mit Christus lebt, der kann sein Leben in der Tat richtig genießen. Weiter schreibt Petrus: „Die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun.“ Wer im Einklang mit Christus, mit seinem Gewissen, seinen Glaubensgeschwistern und überhaupt allen Mitmenschen lebt, der darf sich über Gottes Nähe freuen: Gott sieht ihn und erhört seine Gebete. Andererseits: Wer Gottes Weisungen in den Wind schlägt, muss mit Gottes Strafe rechnen.
Da erschrecken wir, liebe Brüder und Schwestern, oder wenigstens sollten wir erschrecken. Denn wer wollte von sich behaupten, dass er den Anweisungen des Petrus und aller göttlichen Gebote gerecht wird? Heiligst Du Christus in deinem Herzen? Ist es dir das wichtigste Herzensanliegen, ihn zu ehren und ihm zu dienen? Und wirst Du diesem Anspruch deines Glaubens und deines Gewissens dann auch wirklich gerecht in deinem Alltagsleben? Hörst du auf mit allem, was schlecht ist, und strebst du mit ganzem Fleiß nach dem, was gut ist? Redest du liebevoll und wahrhaftig? Entschuldigst du deine Mitmenschen, vergibst du, segnest du? Förderst du mit persönlichem Einsatz das geschwisterliche Miteinander in der Gemeinde? Sagst du anderen Menschen etwas von Jesus und von deiner Hoffnung, selig zu werden? Stimmt dein Verhältnis zu allen Menschen?
Wenn wir uns nichts vormachen, müssen wir zugeben: Zwar erkenne ich, wie ich als Christ leben sollte, aber es gelingt mir nur unvollkommen. Ich verstehe die Anweisungen des Petrus sehr wohl, sie sind schlicht und klar, aber es gelingt mir nicht, sie umzusetzen. Diese Erkenntnis ist wichtig und heilsam, denn sie treibt uns zurück in die Taufgnade. Sie lässt uns Zuflucht suchen bei Gottes vergebender Gnade. Sie macht uns demütig. Und sie schenkt uns täglich einen Neuanfang. Sie lässt uns täglich ernst machen mit der Weisung des Apostels Petrus, dass wir uns vom Bösen abwenden und dem Guten nachjagen sollen, dem Frieden. Sie lässt nicht nur den Mund, sondern auch das Herz beten: „Vergib uns unsere Schuld!“ Sie treibt uns in die Beichte. Und sie lässt uns aus dem Vollen schöpfen bei Gottes Wort, Gottes Evangelium, Gottes Heilszusage, Gottes Sündenvergebung. Amen.
PREDIGTKASTEN |