Der Erntedank-Test

Predigt über 1. Timotheus 4,4‑5 zum Erntedankfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Beim Ernte­dank­fest freuen wir uns über das Essen und danken Gott dafür. Immer wieder taucht aber auch die Frage auf: Welches Essen ist denn wirklich gut für uns? Könnte es sein, dass Obst und Gemüse mit Schad­stoffen belastet sind? Könnte es sei, dass die in­dustri­elle Produktion unserer Lebens­mittel Risiken mit sich bringt für Mensch, Tier und Umwelt? Wer kann solche Fragen objektiv be­antworten – ohne Panik­mache, ohne Be­schwichti­gungen, ohne Hinter­gedanken? Man müsste selbst heraus­finden können, welche Lebens­mittel gut sind und welche nicht. Aber ein Lebens­mittel-Testlabor ist teuer und erfordert großen Fach­verstand.

Ich möchte euch jetzt ein Mini-Testlabor vor­stellen, das wir uns alle leisten können und das jeder bedienen kann. Dieses Testlabor ist unser Predigt­text. Da heißt es: „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerf­lich, was mit Danksagung empfangen wird, denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.“ Lasst uns ver­schiedene Lebens­mittel in diesem Labor unter­suchen!

Zuerst unter­suchen wir eine Birne. Sie kommt direkt vom Birnbaum. Als Gott die ganze Welt machte, da hat er auch den Birnbaum er­schaffen. Im ersten Kapitel der Bibel heißt es: „Die Erde ließ aufgehen Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war“ (1. Mose 1,12). Und am Ende dieses Schöpfungs­kapitels steht: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1,31). So ist diese Birne ein sehr gutes Geschöpf Gottes, und ebenso der Baum, an dem sie wuchs. Unser biblisches Testlabor bestätigt: „Alles was Gott geschaffen hat, ist gut.“ Wir können diese Birne also bedenken­los essen, sollten sie allerdings vorher abwaschen. Sie eignet sich gut als Nachtisch beim Mittag­essen, da auch als Birnen­kompott oder „Birne Helene“. Aber unser Labor gibt auch eine Empfehlung zum Verzehr. Es heißt da: „Nichts ist ver­werflich, was mit Dank empfangen wird.“ Ohne Dank kann uns sogar Rohkost schaden, jedenfalls an der Seele, denn Gottes gute Gaben sollen bewusst mit Dank an den Schöpfer genossen werden. Das geht am besten mit einem Dankgebet nach dem Essen, zum Beispiel mit diesem: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“ Dieses Gebet ist schon ein paar tausend Jahre alt. Es findet sich in mehreren Psalmen, kommt also aus Gottes Wort. Auch Paulus und die ersten Christen kannten dieses biblische Tisch­gebet, und darum konnte er vom Essen, über dem gebetet wurde, sagen: „Es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet“, also durch Dank‑ und Segens­sprüche, die aus der Heiligen Schrift kommen. Das gehört zu den Dingen, die Menschen von Tieren unter­scheiden sollten: Sie stürzen sich nicht gierig aufs Fressen und drängeln nicht gierig am Futter­trog, sondern sie halten ge­meinschaft­lich Mahl­zeiten, die sie zu Anfang segnen und für die sie am Ende danken. Martin Luther erklärte die vierte Vaterunser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute“ im Kleinen Katechis­mus so: „Wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.“

Zweitens tun wir eine Wurst in unser biblisches Testlabor. Da runzelt der Vegetarier die Stirn, und das nicht erst in unserer Zeit. Schon zur Zeit des Neuen Testaments haben manche Christen auf Fleisch ver­zichtet, denn sie fürch­teten, die Tiere könnten vor dem Schlachten heid­nischen Götzen geweiht worden sein. Heutige Vegetarier machen sich eher Sorgen um das Wohl der Tiere, vor allem, wenn sie nicht artgerecht gehalten werden. Und der fromme Jude rührt kein Schweine­fleisch an wegen alt­testament­licher Speise­gebote. Es kann ganz ver­schiedene Gründe geben, warum Menschen kein Fleisch essen, das muss man respek­tieren. Am Fleisch selbst liegt das aber nicht, denn wieder zeigt unser biblisches Testlabor an: „Nichts ist ver­werflich, was mit Danksagung empfangen wird.“ Bereits als Noah aus der Arche stieg und sich fragte, ob er künftig vom Fleisch der Tiere essen dürfe, die doch seine Passagiere in der Arche gewesen waren, erlaubte Gott ihm und seinen Nach­kommen: „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich's euch alles gegeben“ (1. Mose 9,3). Es mag Vernunft­gründe geben, auf Fleisch zu ver­zichten, Glaubens­gründe gibt es für uns Christen nicht. Jesus selbst hat aus­drücklich gesagt, dass kein Nahrungs­mittel, das ein Mensch zu sich nimmt, ihn in Gottes Augen unrein macht (Markus 7,15) – wenn er es denn mit reinem Herzen, also mit Dank und Tisch­gebet, zu sich nimmt. Martin Luther erklärte die vierte Vaterunser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute“ im Kleinen Katechis­mus so: „Wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.“

Drittens legen wir einen Schoko­riegel in unser biblisches Testlabor. Da runzelt jeder die Stirn, der Wert auf gesunde Ernährung legt. Gehören Schoko­riegel überhaupt zur Nahrung, zum täglichen Brot? Sind sie nicht einfach nur schädlich – weil sie dick und die Zähne kaputt machen? Aber unser Testlabor sagt wieder: Auch der Schokoriegel ist nicht ver­werflich, wenn wir ihn dankbar als Gottes gute Gabe annehmen. Dankbar bedeutet gleich­zeitig: Mit gutem Gewissen. Denn wenn jemand etwas mit schlechtem Gewissen tut, dann wird er Gott dafür nicht danken, sondern dann wird er versuchen, überhaupt nicht an Gott zu denken. Wenn zum Beispiel jemand, der auf sein Gewicht achten sollte, sich den vierten Schoko­riegel am Tag in den Mund schiebt, dann kann er das eigentlich nicht anders als mit schlechtem Gewissen tun und dann ist dieser Riegel beim biblischen Test durch­gefallen. Wer sich aber hin und wieder mal einen Schoko­riegel schmecken lässt und Gott für diese gute Gabe dankt, der kann das un­bedenk­lich tun. Dasselbe lässt sich auf Genuss­mittel und auf alko­holische Getränke über­tragen: Ein gelegent­liches Glas Wein kann man mit gutem Gewissen und dankbar zu sich nehmen, eine halbe Flasche Wodka aber nicht. Martin Luther erklärte die vierte Vaterunser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute“ im Kleinen Katechis­mus so: „Wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.“

Etwas Viertes will ich in unser biblisches Testlabor legen. Wir können es freilich nicht sehen, es ist nämlich – nichts. Jetzt geht es also nicht mehr darum, ob wir etwas Bestimmtes essen dürfen, sondern darum, ob wir auf etwas Bestimmtes verzichten dürfen. Kinder haben manchmal dieses Problem: Sie werden genötigt, etwas zu essen, was sie nicht mögen. Sollte man ihnen nicht lieber die Freiheit lassen, dass sie statt­dessen nichts essen? Oder nehmen wir den Fall, dass große Reste von einer Mahlzeit übrig­bleiben, die niemand in der Familie mehr gern essen möchte, die aber bald schlecht werden: Sollte man sich da wirklich über­winden, den Magen verrenken und es hinein­zwingen, damit nichts umkommt? Auch hier gibt unser Testlabor eine er­freuliche und positive Antwort: Wenn wir mit Dank gegen Gott auf etwas verzichten und es nicht essen, dann ist das auch gut. Wenn wir es nicht mögen, wenn wir satt sind oder wenn wir fasten wollen, dann dürfen wir statt „ja, danke“ auch mal „nein danke“ sagen.

Nach vier Test-Durch­gängen erkennen wir: Wir können unser tägliches Brot mit großer Freiheit und großer Freude zu uns nehmen – wenn wir es denn mit dankbarem Herzen unter Gebet tun. Alle Lebens­mittel, die wir mit gutem Gewissen und in ver­träglicher Menge zu uns nehmen, sind gute Gottes­gaben; es gibt nichts, das wir grund­sätzlich ablehnen müssten. Und außerdem haben wir die Freiheit, auch mal „nein danke“ zu sagen. Diese Freiheiten hat uns der Herr Jesus Christus mit seinem Evangelium eröffnet. Vor allem aber zeigt uns das Evan­gelium: Er selbst, Christus, ist unser wich­tigstes Lebens­mittel. Er ist das Lebens­brot, das unsere Seele gesund macht und unsern Glauben am Leben erhält. Für das Lebensbrot wollen wir Gott am meisten danken – nicht nur, solange wir in dieser Welt noch Saat und Ernte erleben und Ernte­dank­feste feiern, sondern darüber hinaus in alle Ewigkeit. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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