Konfrontiert mit Einwänden und Vorwürfen

Predigt über 1. Petrus 3,15‑17 zum 4. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Manche meinen, dass man mit dem christ­lichen Glauben weniger Probleme hat als ohne. Das ist ein Irrtum. Als Christ leben heißt keineswegs konflikt­frei leben. Erst im Himmel wird es keine Probleme und Konflikte mehr geben. Solange wir als Christen auf der Erde leben, müssen wir damit rechnen, dass manche Konflikte sogar erst durch unseren Glauben entstehen. Das lehrt nicht nur die Erfahrung, sondern das lehrt auch die Bibel. Jesus hat es den Jüngern voraus­gesagt, und die Apostel haben es am eigenen Leibe erfahren. Simon Petrus greift in seinem Brief das Thema auf und schreibt darüber, wie man sich im Falle von Glaubens­konflikten verhalten soll.

Nun können wir zunächst mal ein großes Halleluja zu Gott schicken, dass wir in Verhält­nissen leben, wo uns Glaubens­konflikte nicht sehr plagen. Verglichen mit Christen in islamis­tischen Staaten, verglichen mit dem Sowjet-Kommunismus oder dem Dritten Reich, verglichen mit den Christen­verfolgun­gen der ersten beiden Jahr­hunderte nach Christus haben wir es sehr gut. Man trachtet uns nicht nach dem Leben wegen unseres Bekennt­nisses zu Jesus Christus, man foltert uns nicht deswegen, man sperrt uns nicht ein dafür, und wir brauchen auch keine beruflichen oder schulischen Nachteile befürchten. Wirklich, wir haben es gut in dieser Zeit und in unserem Land. Trotzdem kann man als Christ auch hierzulande immer wieder in Konflikte geraten. Und wenn es nicht geschieht, dann müssen wir selbst­kritisch fragen: Liegt es vielleicht daran, dass wir unser Christsein schamhaft verstecken vor denen, die keine Christen sind? Liegt es daran, dass wir uns nicht offen genug zu Gottes Wort und Willen bekennen in einer Zeit, wo die meisten davon nicht viel wissen und auch nicht viel wissen wollen? Wenn wir unsern Glauben nicht verstecken, dann werden wir schon merken, welche Konflikte er herauf­beschwören kann – und sei es auch nur in der Hinsicht, dass wir Einwände und Vorwürfe zu hören bekommen.

Einwände und Vorwürfe – damit hatten es auch schon die Christen zur Zeit des Simon Petrus zu tun. Petrus schreibt von Leuten, die Rechen­schaft von uns fordern, die also unsern Glauben und unsere christliche Hoffnung in Frage stellen. Sie fragen zum Beispiel: Wieso glaubt ihr, dass Gott alles geschaffen hat, wo doch die Wissen­schaft lehrt, das sich die Welt in Millionen von Jahren durch Zufall entwickelt hat? Wieso betet ihr, wo doch Gott euch das Erbetene oft nicht gibt? Wieso vertraut ihr auf Gottes Liebe und Allmacht, wo er doch so viel Leid in der Welt zulässt? Diese und ähnliche Einwände werden immer wieder gegen den christ­lichen Glauben vor­gebracht. Und dann sind da auch noch die Vorwürfe. Petrus schreibt von Leuten, die uns Christen „ver­leumden“, die also schlecht von uns denken und reden. Sie werfen uns die Fehler vor, die die Kirche in der Vergangen­heit gemacht hat, zum Beispiel Kreuzzüge oder die Segnung von Kriegs­waffen. Sie sind sehr hellhörig, wenn Christen ihre Zeit­genossen kleinlich kritisieren oder lieblos über sie schimpfen. Sie finden es heuchle­risch, wenn Menschen einerseits von Gottes Schöpfung reden, anderer­seits aber ihre ver­brauchten Batterien achtlos in den Müll werfen, anstatt sie umwelt­freundlich zu entsorgen. Einwände und Vorwürfe – das sind die Konflikte, denen wir uns auch in der heutigen Zeit zu stellen haben.

Petrus nennt solche Konflikte in seinem ersten Brief nicht deshalb beim Namen, um sich seinen Frust von der Seele zu schreiben oder um seine christ­lichen Leser zu entmutigen. Vielmehr schreibt er deswegen, um sie angesichts von Problemen im Glauben zu stärken und um ihnen Tipps zu geben, wie sie mit solchen Konflikten am besten umgehen können. Diese Tipps sind auch für uns hilfreich. Ich möchte sie daher hier besonders heraus­streichen.

Erster Tipp: „Heiligt den Herrn Christus in euren Herzen.“ Alle geistlichen Konflikte sollen von innen her angegangen werden, aus der richtigen christ­lichen Herzens­haltung. Das ist kein Hochhalten von abstrakten christ­lichen Werten und das ist auch keine menschliche Charakter­frage, sondern das ist ein Besinnen darauf, was für Leute wir seit unserer Taufe sind: Leute, bei denen Jesus zu Hause ist. Er wohnt in unseren Herzen, und von da aus will er unser ganzes Leben lenken. Er lebt in uns durch seinen Heiligen Geist, der immer wieder neu einzieht durch Gottes Wort und durch das Heilige Abendmahl. Weil das so ist, sind wir Heilige und Gottes Tempel. Von innen her geistliche Konflikte angehen heißt nichts anderes als den Herrn Jesus handeln zu lassen. Damit einher geht eine klare Absage an alles eigen­mächtige Handeln. Täglich werden wir darum bitten, dass Jesus sich in unserem Leben heilig erweist. In allen Konflikten werden wir uns darauf besinnen, was Jesus in dieser Situation tun würde. Und bei allen Problemen werden wir darauf vertrauen, dass er uns den Rücken stärkt und den Weg weist. Für den Fall, dass man Einwände und Vorwürfe gegen uns und unseren Glauben vorbringt, hat er seinen Jüngern ja die Verheißung gegeben: „Sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt“ (Matth. 10,19).

Diese Zusage des Herrn ermutigt uns, den zweiten Tipp des Simon Petrus zu beherzigen: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechen­schaft fordert.“ Mit anderen Worten: Drückt euch nicht, sondern macht euren Mund auf. Habt keine Angst, dass ihr euch ungeschickt oder unklar ausdrückt; der Heilige Geist kann machen, dass auch un­glückliche Formu­lierungen richtig verstanden werden. Für „Rechen­schaft“ steht im Griechi­schen das Wort „apologia“, das heißt wörtlich „Ver­teidigung“. Eine der luthe­rischen Bekenntnis­schriften heißt „Apologie“; es ist die Ver­teidigung der rechten christ­lichen Lehre des Augsburger Bekennt­nisses gegen die Angriffe falsch lehrender Theologen. Aber auch im kleinen all­täglichen Bereich kann so eine „Apologie“, so eine ver­teidigende Rechen­schaft, angebracht sein. Ein christ­licher An­gestellter wurde einmal von seinem Chef auf­gefordert, für ihn zu lügen. Da sagte der An­gestellte: Das können Sie nicht von mir verlangen, das tue ich nicht, denn als Christ will ich immer wahrhaftig sein. Der Chef hat das re­spek­tiert, und damit war der Fall erledigt. Das ist Gottes­furcht: vor Gott so viel Respekt haben, dass man auch nicht davor zurück­schreckt, dem Chef zu wider­sprechen, wenn es denn nötig ist.

Der dritte Tipp des Simon Petrus ist ein Zusatz zum Rechen­schaft-Geben. Er schreibt, dass wir es „mit Sanftmut“ tun sollen. Mancher Christ sieht ja Einwände und Vorwürfe wie eine sportliche Heraus­forderung und wirft dem Gesprächs­partner seine Gegen­argumente schwungvoll an den Kopf. Das wirkt dann oft recht überheblich und lieblos. Ich selbst kenne diese Versuchung: Ich möchte dann einfach nur Recht haben und gewinnen. Da ist nun der Tipp mit der Sanftmut hilfreich. Auch diese Sanftmut muss von innen her kommen, von Christus, der im Herzen geheiligt wird. Wenn ich auf Christus vertraue, dann weiß ich: Ich habe es nicht nötig, im Rededuell zu siegen oder das letzte Wort zu behalten. Ich weiß ja, dass Christus ohnehin der Sieger ist, und kann es getrost ihm überlassen, was aus meinem Zeugnis wird. Ich kann dann ruhig und liebevoll sagen, was Sache ist, und abwarten, was daraus wird. Sanftmut beruht auf einer Gelassen­heit, die weiß: Ich muss weder mich selbst noch Gott ver­teidigen, ich bin einfach nur ein Zeuge des Herrn.

Und schließlich noch der vierte Tipp: „Habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen.“ Also: Lebt so, dass ihr euch nichts vorwerfen müsst! Lebt so, wie ihr es aus christ­licher Überzeugung von den anderen erwartet, und begegnet allen mit Liebe! Dann sind alle Vorwürfe euch gegenüber gegenstands­los. Sie prallen ab, sie „werden zu­schanden“. Bedenkt: Eure Mitmenschen messen euer Christsein nicht nur an euren Worten, sondern vor allem auch an eurem Verhalten. Wenn euer Verhalten nicht mit eurem Bekenntnis überein­stimmt, dann bringt ihr damit nicht nur euch selbst in Misskredit, sondern auch den christ­lichen Glauben als solchen. Machen wir uns klar: Das Fehl­verhalten vieler Christen in Vergangen­heit und Gegenwart ist für manche Menschen ein Glaubens­hindernis.

Heiligt Christus in euren Herzen! Seid allezeit bereit zum Zeugnis! Gebt es mit Sanftmut! Verhaltet euch dabei so, dass ihr im Hinblick auf euren eigenen Lebens­wandel ein gutes Gewissen haben könnt! Es ist gut, diese vier Tipps des Simon Petrus zu beherzigen, wenn wir es mit Einwänden und Vorwürfen gegen den christ­lichen Glauben zu tun bekommen. Allerdings würden wir diese Tipps miss­verstehen, wenn wir erwarten, dass wir damit stets Erfolg haben. Es ist eben nicht immer so, dass andere unser Zeugnis re­spektieren, so wie der Chef die Wahrheits­liebe seines An­gestellten re­spektierte. Und es ist auch nicht immer so, dass tadelloses Verhalten von den Mitmenschen honoriert wird. Konflikte und Probleme um des Glaubens willen kann es trotzdem immer wieder geben. Es kann sein, dass wir gerade wegen unseres Zeugnisses, unserer Sanftmut und unseres liebevollen Verhaltens Nachteile erleiden müssen. Das sollte uns aber nicht bekümmern. Denn es ist besser, um des Herrn Jesus Christus willen zu leiden als um eigener Fehler willen. Diesen Trost hat Simon Petrus auch aus­drück­lich auf­geschrieben – als ein Apostel, der es am eigenen Leibe erfahren hat: „Es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum