Mit Salomo beten lernen

Predigt über 1. Könige 3,5‑13 zum Sonntag Rogate

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Bildung ist wichtig und wertvoll, vor allem in grundlegend bedeutenden Lebens­bereichen. Gute Bildung gelingt vor allem dann, wenn man gute Lehrer hat. Wir können uns freuen, dass wir jetzt von einem der weisesten Lehrer der Welt etwas lernen können, nämlich vom König Salomo. Er unterweist uns in einem der be­deutend­sten Lebens­bereiche, die es gibt: im Beten. Der Bibel­abschnitt, den wir eben gehört haben, ist gewisser­maßen Salomos Gebets­schule, denn an Salomos Beispiel können wir richtig beten lernen.

Da lernen wir erstens hörend beten. Salomos Gebets­schule beginnt nicht damit, dass der König zu Gott redet, sondern damit, dass er darauf achtet, wie Gott zu ihm redet. Gott erscheint ihm im Traum und fordert ihn auf: „Bitte, was ich dir geben soll!“ Vielleicht wünschtet ihr euch, dass Gott auch euch einmal im Traum erscheint und einen Wunsch freistellt. Aber eigentlich habt ihr ja sowieso immer bei Gott Wünsche frei. Durch unsern Heiland Jesus Christus sagt er uns: „Bittet, so wird euch gegeben“ (Matth. 7,7). Wir tun gut daran, auf dieses Wort des Herrn zu achten, also hörend zu beten. Wenn wir das tun, dann merken wir: Wir haben es hier sowohl mit einem Gebot als auch mit einer Zusage zu tun. Gottes Wort an Salomo beinhaltet im Grunde ebenfalls beides, Gebot und Zusage; er fordert ihn ja auf: „Bitte, was ich dir geben soll!“ Auf diesen beiden Säulen beruht alles Beten: Erstens gebietet Gott uns zu beten, und zweitens verspricht er ‚ uns zu erhören. Martin Luther hat im Großen Katechismus bei der Einleitung zum Vaterunser beides betont. Hin­sichtlich des Gebots hat er ge­schrieben: „Als erstes muss man wissen, warum wir ver­pflichtet sind zu beten, nämlich um des Gebots Gottes willen. Denn dies haben wir bei der Erklärung des zweiten Gebotes gehört (‘Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz ge­brauchen‘), dass darin gefordert wird, den heiligen Namen Gottes zu preisen, ihn in aller Not anzurufen und zu Gott zu beten. Denn Anrufen ist nichts anderes als Beten. So ist das Beten ebenso streng und ernstlich geboten wie alle anderen Gebote…“ Und zur Zusage hat Luther ge­schrieben: „Als Zweites soll uns noch stärker zum Beten dies bewegen und ermuntern, dass Gott dem Beten eine Zusage gegeben hat; er hat ver­sprochen, dass es ‚ja‘ und gewiss sein soll, was wir beten, so wie er im Psalm 50 spricht: ‚Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten‘; und Christus im Evangelium Matthäus 7: ‚Bittet, so wird euch gegeben… Denn wer da bittet, der empfängt.‘ Dies sollte allerdings unser Herz erwecken und entzünden, dass wir mit Lust und Liebe beten, weil er durch sein Wort bezeugt, dass ihm unsere Gebete von Herzen gefallen; und er will sie ganz gewiss erhören und unsere Bitten gewähren.“ Salomo hat es vorgemacht und Luther hat es erklärt, dass rechtes Beten hörendes Beten ist – hörend auf Gottes Gebot und auf Gottes Zusage. Unsere Gottes­dienst­ordnung bringt das damit zum Ausdruck, dass das Kirchen­gebet dem Wortteil nicht vorangeht, sondern auf ihn folgt.

Zweitens lernen wir dankbar beten. Salomo fällt nicht mit der Tür ins Haus, er kommt nicht gleich mit seinem Wunsch, sondern er denkt in seinem Gebet zunächst dankbar daran, was Gott ihm alles Gutes getan hat. So denkt er daran, was Gott seinem Vater David versprochen hat und dass er nun selbst ein Stück Erfüllung dieser Verheißung sein darf. Gott hatte David ja eine beständige Thronfolge verheißen – bis hin zu dem einen Davidssohn Jesus Christus, der dann für alle Menschen als Friedefürst kam. Mit Salomo können wir recht danken lernen: Auch unser Dank orientiert sich am besten daran, was Gott für Ver­heißungen an uns wahr gemacht hat. Er hat uns ja durch die Taufe zu Königs­kindern und Heiligen gemacht sowie zu Mitgliedern des einen Volkes, das Gott sich aus allen Völkern sammelt. Wie Salomo sollten auch wir dankbar unsere Stellung bejahen – also den Aufgaben­bereich, wo Gott uns hingestellt hat. Am Anfang seiner Regierungs­zeit ist das Salomo durchaus nicht leicht gefallen, aber er war nichts­desto­trotz dankbar für diese Platz­anweisung Gottes. Ja, wie Salomo wollen wir stets dankbar beten.

Drittens lernen wir demütig beten. Salomo dachte nicht: Jetzt bin ich endlich König und kann machen, was ich will; ich bestimme jetzt, und die anderen müssen mir gehorchen. Nein, so dachte er nicht, sondern er war sich seiner Verantwortung vollkommen bewusst. Wie gesagt, ihm ist seine königliche Stellung am Anfang der Regierungs­zeit nicht leicht geworden, darum betet er demütig: „Ich bin noch jung, weiß weder aus noch ein. Und dein Knecht steht mitten in deinem Volk, das du erwählt hast, einem Volk, so groß, dass es wegen seiner Menge niemand zählen kann.“ Niemand, der Ver­antwortung für andere trägt, nehme das auf die leichte Schulter oder bilde sich ein, er könne das mit Links! Egal ob wir große oder kleine Ver­antwortung haben: In jedem Fall steht es uns gut an, dass wir unsere Grenzen erkennen und auch unsere Schwach­heit. Wenn wir das tun, werden wir demütig Gott um Hilfe bitten, wie Salomo es tat. Ich weiß, dass wenigstens ein Teil der Politiker, die uns regieren, so denken und Gott demütig um Hilfe bitten, dass sie ihrer Ver­antwortung gerecht werden. Wir tun übrigens gut daran, wenn wir sie dabei mit unserer Fürbitte unter­stützen. Das Gebet für die Regierenden ist eines der wenigen Gebets­anliegen, die uns durch Gottes Wort aus­drücklich aufgetragen sind – wir haben es ja gerade heute wieder in der Epistel­lesung gehört. Aber egal ob wir für uns oder für andere bitten: Lasst es uns demütig tun, denn andernfalls über­schätzen wir menschliche Möglich­keiten und Kräfte.

Demütig wollen wir beten, dankbar und hörend; diese drei Dinge haben wir bis jetzt in Salomos Gebets­schule gelernt. Viertens und letztens lernen wir von ihm, uneigen­nützig zu beten. Salomo hätte um Dinge bitten können, die ihm das Leben leicht und angenehm machen. Mancher von uns mag diese Versuchung kennen, dass wir bei Gott einfach nur unseren privaten Wunsch­zettel einreichen. Salomo hätte um Reichtum bitten können, um Gesundheit, um langes Leben oder um Befreiung von allen belastenden Problemen – um „Tod der Feinde“, wie es in unserm Bibel­abschnitt heißt. Das tut er aber nicht, sondern er bittet vielmehr um Weisheit. Er möchte ein guter und gerechter König sein, der weise Ent­scheidungen fällt, damit es dem ganzen Volk gut geht. Salomo denkt bei dieser Bitte also eher an sein Volk und an seine ver­antwort­liche Stellung als an seinen eigenen Nutzen; er betet uneigen­nützig. Übrigens legt die Bibel solches Beten um Weisheit uns allen ans Herz. Im Jakobus­brief heißt es: „Wenn es jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt“ (Jak. 1,5). Die Gabe der Weisheit hilft uns, kurz­sichtige und eigen­süchtige Ent­scheidungen zu vermeiden sowie weit­sichtige Ent­scheidungen zu treffen, die allen nützen. Solche Weisheit ist übrigens keine Cleverness, wie sie mancher Zeitgenosse einsetzt, um für sich den größten Vorteil aus einer Situation zu ziehen. Hört genau hin in Salomos Gebets­schule; hört, was er von Gott erbittet: „So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, damit er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist.“ In der Parallel­stelle im zweiten Chronikbuch steht: „So gib mir nun Weisheit und Erkenntnis, dass ich vor diesem Volk aus‑ und eingehe; denn wer kann dies dein großes Volk richten?“ Wahre Weisheit beginnt mit einem gehorsamen Herzen, das Salomo sich zuerst erbeten hat – das ist ein aufmerk­sames Hören darauf, was Gott und sein Wort gut und böse nennen. Nur wer sich an diesem Werten orientiert und sie zum Maßstab seines Handelns macht, handelt wirklich gut und weise – und zwar uneigen­nützig, beziehuns­gweise für alle nützlich. Darauf zielt auch unser Kirchen­gebet im Gottes­dienst ab: Es ist kein eigen­nütziges Gebet, sondern ein Fürbitten­gebet; es nimmt andere Menschen in den Blick und befiehlt sie Gott an – angefangen vom Volk Gottes in der eigenen Gemeinde über das Volk Gottes in der ganzen Kirche über unsere Gesell­schaft in der Nähe und Ferne bis hin zu allen Menschen in der Welt. So lernen wir uneigen­nützig beten.

Gott gefiel Salomos Beten, und er hat es erhört. Er hat ihm ein erstaunlich großes Maß an Weisheit geschenkt; noch heute finden wir Kunde davon in der Bibel. Und er hat ihm darüber hinaus Dinge geschenkt, die er nicht erbeten hat und die vor allem für ihn persönlich angenehm sind, nämlich Reichtum und Ehre. Das ist Gottes Art: Er ist nicht knauserig, sondern schenkt viel mehr, als wir erbitten. Am aller­meisten aber beschenkt er uns durch seinen Sohn Jesus Christus. Dafür wollen wir ihn immer loben und preisen. Salomo hat Gott damals mit einem großen Opferfest gedankt, mit Brandopfern und Dankopfern. Das machen wir heute ja nicht mehr. Aber wir wissen, worüber Gott sich freut: Unsere Loblieber und Dankgebete, die nimmt er gern als Dankopfer an, wenn sie von Herzen kommen. So kommt es letztlich nicht nur uns zugut und den uns An­befohlenen, wenn wir als gute Schüler aus Salomos Gebets­schule kommen; auch Gott selbst hat Freude daran, wenn wir recht beten lernen: hörend, dankbar, demütig und uneigen­nützig. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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