Würdig das Abendmahl feiern

Predigt über 2. Chronik 30,13‑20 zum Gründonnerstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Es gab eine Zeit, da ging hierzulande jeder ernsthafte Christ am Grün­donnerstag zum Heiligen Abendmahl. Er wusste: An diesem Tag hat unser Herr Jesus Christus das Altar­sakrament eingesetzt. Er hat uns reich beschenkt mit dieser hoch­heiligen Gabe; da werde ich doch diesen Tag nicht gleich­gültig übergehen. Die Zeiten haben sich geändert. Nur wenige Christen gehen an diesem Werktag noch in einen Gottes­dienst, und manche Kirche bleibt gleich ganz geschlossen am Grün­donnerstag. Wenn man auf der Straße die Leute fragen würden: Was ist das Besondere am heutigen Tag?, dann wüssten wohl nur wenige die richtige Antwort. Die Arbeit, die Freizeit, die Fest­vorberei­tungen für Ostern, all das ist vielen wichtiger als der Grün­donnerstags­gottesdienst, und diese anderen Aktivi­tiäten werden schnell zu Götzen, werden wichtiger als Gott.

Darin ähnelt unsere Zeit der Zeit vor dem König Hiskia im Volk der Juden. Der Tempel in Jerusalem war heruntergekommen und verdreckt, seine Pforten waren verriegelt. Kaum einer kam dorthin, um Gott zu dienen, auch nicht mehr zu den heiligen Festen, zum Beispiel zum Passafest. Die Leute waren mit sich selbst be­schäftigt, und wenn sie religiöse Bedürfnisse hatten, dann opferten sie nach der Mode der Zeit den Götzen Kanaans an anderen Orten. Hiskia aber war ein frommer Mann. Als er König wurde, fühlte er sich ver­antwortlich dafür, den Tempel in Ordnung zu bringen und den rechten Gottes­dienst wieder aufleben zu lassen. Auch wollte er das Passafest mit neuer Würde feiern. So ergriff er zusammen mit den Priestern und Leviten Maßnahmen dafür, dass die Menschen wieder zum Tempel kamen und Gott mit neuen Ernst dienten.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, Jesus hat uns das Heilige Abendmahl gestiftet, als er mit seinen Jüngern das Passafest feierte. Darum kann uns zum rechten und würdigen Empfang des Heiligen Abendmahls helfen zu bedenken, wie der fromme König Hiskia damals den Tempel­dienst und das Passafest neu zur Geltung brachte.

Zunächst ließ Hiskia den Tempel aufräumen und sauber­machen. Auch ließ er alle heidnischen Kult­gegenstände entsorgen; man warf sie einfach ins Kidrontal, das den Jerusa­lemern damals als Müllgrube diente. Das Passafest war bei den Juden stets mit Aufräumen und Sauber­machen verbunden. Der Apostel Paulus hat daran erinnert, als er den Korinthern schrieb: „Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja ungesäuert seid. Denn auch wir haben ein Passalamm, das ist Christus, der geopfert ist“ (1. Kor. 5,7). Das Passafest wird nach Gottes Weisung stets mit Broten gefeiert, die ohne alten Sauerteig und ohne andere Treibmittel gebacken sind; unsere Abendmahls­hostien erinnern daran, denn die sind auch so gebacken. Nun machen allerdings äußerliche Aktivitäten und äußere Sauberkeit noch nicht würdig zum Abendmahl. Weder die schwarze Kleidung, die früher beim Abendmahls­gang Pflicht war, noch das Fasten vor der Kommunion haben etwas mit unserer Würdigkeit zu tun, wie Martin Luther im 5. Haupt­stück des Kleinen Katechismus lehrt: „Fasten und leiblich sich bereiten ist zwar eine feine äußerliche Zucht; aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden.“ Auf den Glauben kommt es ent­scheidend an; das ist die innere Würdigkeit, die Würdigkeit der Seele.

Davon wusste man auch schon zu alt­testament­licher Zeit, und davon wusste auch König Hiskia. Auf die Reinigung des Gottes­hauses folgte daher die Reinigung der Menschen, die das Passafest mitfeiern sollten. Dabei ging es nicht in erster Linie um die im alten Kultgesetz gebotenen rituelle Waschungen, sondern da ging es vor allem um die Reinigung der Seelen. So lesen wir im 2. Chronik­buch: „Die Priester und Leviten bekannten ihre Schuld und heiligten sich.“ Damit beginnt der Glaube, der uns für Gottes Reich und für das Heilige Abendmahl würdig macht: Mit dem Bekenntnis der Sünden. Darum halten wir in unserer Kirche auch an dem alten Brauch fest, dass wir vor einem Gottes­dienst mit Heiligem Abendmahl öfters die Beichte halten. Nur wer erkennt und bekennt, dass er ein Sünder ist, kann den Leib und das Blut Christi recht wert schätzen – den Leib, der als Sühnopfer für uns am Kreuz dahin­gegeben wurde, und das Blut, das zur Vergebung unserer Schuld aus dem Gotteslamm geflossen ist. In früheren Zeiten war es üblich, dass sich viele Abendmahls­gäste schon zu Hause auf die Kommunion vorbereiteten. Sie nahmen sich einen Beicht­spiegel vor, um ihren per­sönlichen Sünden auf die Spur zu kommen. So einen Beicht­spiegel finden wir auch in unserem Gesangbuch, und es braucht nur ein wenig Zeit und Aufmerksam­keit, um ihn vor einem Gottes­dienst mit Heiligem Abendmahl segensreich zu gebrauchen.

Martin Luther hat mit Recht darauf hin­gewiesen, dass das Wichtigste bei der Beichte nicht unser Sünden­bekenntnis, sondern Gottes Vergebung ist. Das ist ja auch Hauptsinn und ‑zweck des Heiligen Abendmahls, dass wir beglückt hören, sehen und schmecken können: „Für euch gegeben, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden.“ Auch das kann uns das Passafest des alten Bundes lehren – besonders, wie es zu Hiskias Zeit wieder neu entdeckt wurde. Da wurden die Passalämmer nämlich zugleich als Schuldopfer dar­gebracht, und mit dem Blut dieser Lämmer wurde das Volk besprengt zur Vergebung ihrer Sünden. Aus dem Blickwinkel des Neuen Testaments wissen wir, dass dies alles pro­phetische Vorzeichen waren für das eine Gotteslamm Christus, das ein für alle Mal für die Sünden der ganzen Welt geopfert wurde. Und nun verstehen wir noch besser die Worte des Apostels Paulus: „Auch wir haben ein Passalamm, das ist Christus, der geopfert ist.“ Es war kein Zufall, dass Christus das Heilige Abendmahl an einem Passafest einsetzte. Er hat uns damit gezeigt, dass dieses Essen nun gewisser­maßen unser neu­testament­liches Passamahl ist mit un­gesäuertem Brot und mit Wein, und unter diesen „Elementen“ wird uns dann tatsächlich auch das Passalamm selbst ausgeteilt: Christi Leib und Blut.

Würdig zum Heiligen Abendmahl ist der, der seine Sünde erkennt und bereut. Würdig ist der, der an das Gotteslamm Jesus Christus glaubt, das zur Vergebung seiner Sünden geopfert wurde. Würdig ist der, der weiß, was er da empfängt: Nicht einfach nur Brot und Wein, verbunden mit ein paar frommen Worten und Gedanken, sondern den Leib und das Blut des Gottes­sohnes Jesus Christus in, mit und unter den Elementen Brot und Wein. Ja, solcher Glaube macht uns würdig zum Heiligen Abendmahl.

Wenn uns das bewusst wird, dann ist das sehr entlastend und befreiend. Wir können uns dann nämlich frei machen von falschen Vor­stellungen der Würdigkeit. Es ist nicht so, dass wir erst selbst alle unsere Sünden in den Griff kriegen müssen, ehe wir zum Abendmahl gehen dürfen. Es ist nicht so, dass wir irgend­welche besonderen Bedingungen oder Voraus­setzungen erfüllen müssen; der Glaube allein genügt. Auch das lehrt uns Hiskias Passafeier. Hiskia und die Priester seiner Zeit wussten genau, dass Gott bestimmte äußere Bedingungen für das Passafest verordnet hatte: Es sollte immer am 14. Tag des ersten Monats gefeiert werden, und die Teilnehmer mussten nach fest­gelegten Ordnungen kultisch rein sein. Beide Bedingungen konnte Hiskia nicht vollständig erfüllen. Im ersten Monat waren die Aufräum- und Reinigungs­arbeiten im Tempel noch nicht ab­geschlossen; darum verlegte er die Passafeier auf den zweiten Monat. Und bei den Teilnehmern legte man keine strengen Maßstäbe hin­sicht­lich der kultischen Reinheit an. In diesem Zusammen­hang heißt es in unserem Bibeltext: „Hiskia betete für sie und sprach: Der Herr, der gütig ist, wolle gnädig sein allen, die ihr Herz darauf richten, Gott zu suchen, den Herrn, den Gott ihrer Väter, auch wenn sie nicht die für das Heiligtum nötige Reinheit haben. Und der Herr erhörte Hiskia und vergab dem Volk.“

In dieser Zuversicht dürfen auch wir zum Heiligen Abendmahl kommen. Denn wir sehen an dieser Geschichte mit Hiskia und dem Passafest: Letztlich kommt es nur auf unser Herz an, ob wir es darauf richten, den einen wahren Gott zu suchen – ihn da zu suchen, wo er sich finden lassen will. Und das will er in seinem Sohn Jesus Christus, der uns im Altar­sakrament näher kommt als irgendwo sonst auf der Welt. Letztlich kommt es nur auf diesen Glauben an. Noch einmal Luther im 5. Haupt­stück des Kleinen Katechismus: „Der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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