Gut vorbereitet auf Christi Wiederkommen

Predigt über Matthäus 24,32‑35 zum 4. Advent

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Nun ist sie fast vorbei, die Advents­zeit, die Vor­bereitungs­zeit für Weih­nachten. Am Advents­kranz brennt die vierte Kerze, die meisten Türchen der Advents­kalender stehen offen, und gut organi­sierte Leute haben schon alle Weihnachts­geschenke parat liegen. Ich hoffe, dass ihr die Adventszeit auch zur inneren Vor­bereitung auf Weihnachten genutzt habt mit Still­werden, Bibellesen, Advents­lieder­singen und der­gleichen. Leider ist die Adventszeit für viele keine Vor­bereitungs­zeit für Weihnachten mehr, sondern eine vorweg­genommene Weihnachts­zeit. Man kann sagen, dass die gute Abfolge von Advent und Weihnachten aus dem Takt geraten ist. Wer sich aber im Advent äußerlich und innerlich auf Weihnachten vorbereitet und es erst dann richtig feiert, wenn der Heilige Abend da ist, für den ist dieser Abschnitt des Kirchen­jahrs noch intakt.

An den vergangenen beiden Advents­sonntagen habe ich in meinen Predigten den Schwerpunkt darauf gelegt, dass die Adventszeit uns nicht nur auf Weih­nachten, sondern auch auf Jesu Wieder­kommen am Jüngsten Tag vorbereiten soll. Ich habe da zwei aufeinander folgende Abschnitte aus Jesu Endzeit­predigt ausgelegt, die wir im 24. Kapitel des Matthäus-Evangeliums finden. Heute knüpfe ich daran an und predige über den dritten Teil. Am 2. Advent ging es darum, dass Jesus so eindeutig wie ein Blitz in der Nacht wieder­kommen wird; am 3. Advent führte ich aus, wie Jesus sein Wieder­kommen als Menschen­sohn anschaulich beschrieb. Heute nun geht es darum, dass wir die Zeichen der Zeit recht deuten, damit wir auf Christi Wieder­kommen stets gut vorbereitet sind.

Jesus sagte: „An dem Feigenbaum lernt ein Gleichnis: Wenn seine Zweige jetzt saftig werden und Blätter treiben, so wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch: Wenn ihr das alles seht, so wisst, dass er nahe vor der Tür ist.“ In Palästina gibt es nicht vier, sondern nur zwei ausgeprägte Jahres­zeiten: den Winter und den Sommer. Der Winter ist kalt und nass, der Sommer heiß und trocken. Schon zu biblischen Zeiten haben viele Menschen im Winter sehnsüchtig auf den Sommer gewartet. Und wer sich in der Natur auskannte, der konnte das wetter­mäßige Winterende voraus­sehen. Der Feigenbaum war von allen Obstbäumen der erste, der frische Knospen trieb. Das konnte bereits im Januar beginnen, zwei Monate, bevor der Sommer anfing. So freuten sich die Menschen auf den bevor­stehenden Sommer, wenn sie die frischen Triebe am Feigenbaum sahen, und bereiteten sich innerlich darauf vor. Sogar der Kalender wurde der Natur angepasst: Wenn der Feigenbaum im elften Monat noch keine Knospen trieb, dann musste in diesem Jahr ein dreizehnter Schaltmonat eingefügt werden, damit im folgenden ersten Monat mit der Gersten­ernte der Sommer­beginn und das Passafest gefeiert werden konnten. Das Volk Israel hatte ja einen Mond­kalender, der sich genau nach den Mondphasen richtete; deshalb war ein Monat nur neunund­zwanzig­einhalb Tage lang, und es mussten gelegent­lich Schalt­monate eingefügt werden.

Jetzt verstehen wir besser, was Jesus meinte, als er sagte: „Wenn die Zweige vom Feigenbaum saftig werden und Blätter treiben, so wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.“ Er sagte es als Gleichnis für das Warten auf den Jüngsten Tag. Zuvor hatte er in seiner Endzeit­predigt einige Anzeichen dafür genannt, dass die Welt­geschichte in ihre Endphase getreten ist und Gottes neue Welt unmittelbar bevorsteht – natürlich nach Gottes Zeit­maßstäben, nicht nach den Maßstäben mensch­licher Ungeduld. Es sind Anzeichen, die heute viele Menschen eher an Gottes Liebe und Gegenwart zweifeln lassen, als dass sie sie auf die baldige Wiederkunft Christi einstimmen: Kriege, Kriegs­propaganda, Erdbeben, Hungersnöte und der­gleichen. Aber nun nennt Jesus an dieser Stelle noch ein weiteres Anzeichen für das Kommen des Jüngsten Tages, das ganz anders ist. Er sagt: „Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht.“ Statt „Ge­schlecht“ kann man auch „Nachkommen­schaft“ sagen. „Dieses Geschlecht“ ist die Nachkommen­schaft der Erzväter Abraham, Isaak und Jakob, also das leibliche Volk Israel. Die Existenz des Volkes Israel und seine Geschichte sind ganz erstaun­liche Zeichen dafür, dass Gott die Welt­geschichte nach seinem Plan durchzieht bis hin zum Jüngsten Tag. Wie oft haben andere Völker schon versucht, dem Volk Israel sein Lebensrecht streitig zu machen und es zu vernichten, aber immer hat Gott dafür gesorgt, dass es weiter besteht, bis hin zu heutigen Tag. Und nach Jesu Worten dürfen wir gewiss sein, dass es bis zum Jüngsten Tag nicht untergehen wird. So ist auch die Existenz Israels ein Erinnerungs­zeichen für uns, dass wir uns auf Christi Wieder­kommen am Jüngsten Tag vorbereiten sollen.

Und dann folgen zwei Bemerkungen Jesu, ein Wort der Gewissheit und ein Wort der Un­gewiss­heit. Das Wort der Gewissheit lautet: „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Und da Wort der Un­gewiss­heit lautet: „Von dem Tag aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.“

Das Wort der Gewissheit ist in vielen Bibeln fett gedruckt, und das mit Recht. In diesem Wort steckt nämlich unser ganzes Leben drin: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Mit „Himmel und Erde“ meint Jesus die uns bekannte Welt, die Schöpfung – so wie es im ersten Kapitel der Bibel heißt: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ „Himmel und Erde“ – das ist all das, was uns normaler­weise mit Beschlag belegt. Da geht es um Tag und Nacht, um Regen und Schnee, um Meere und Wälder, um Häuser und Straßen, um Arbeit und Termine, um Mitmenschen und Sorgen, um Liebe und Hass, um Töne und Bilder und was alles zu unserer großen bunten Welt dazugehört. Wenn wir nicht aufpassen, dann beansprucht uns das hundert­prozentig. Hören wir aber auf Jesus, dann lernen wir bedenken: Das ist ja alles nur vorläufig, das wird ja alles einmal vergehen. Bleiben wird nur das, was Jesus in seinem Wort zuspricht. Er sagte: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Bleiben wird Gottes Reich, dessen Kommen er verkündigt hat. Bleiben wird die Vergebung der Sünden, für die er sich aufgeopfert hat. Bleiben wird Gottes Liebe, die uns ewig leben lässt. Sehen wir also zu, dass Christi Wort nicht zu kurz kommt oder gar untergeht bei aller Auf­merksam­keit, die wir „Himmel und Erde“ widmen! Letztlich ist doch das, was ewig bleibt, wichtiger als das, was vergeht.

Und nun noch zur zweiten Bemerkung, zur Bemerkung der Un­gewiss­heit: „Von dem Tag und von der Stunde weiß niemand.“ Der Jüngste Tag wird so heimlich kommen wie ein Dieb in der Nacht. Am vergangenen Freitag haben viele Menschen den Welt­untergang erwartet, weil der Maja-Kalender am 21. De­zember 2012 endete. Offen­sicht­lich ist die Welt nicht unter­gegangen, und das ist nach Jesu Worten ganz klar: Der Jüngste Tag wird bestimmt nicht dann kommen, wenn viele damit rechnen. Vielmehr wird er unerwartet kommen. Der Termin ist völlig ungewiss. So gewiss es ist, dass Jesus wieder­kommen wird, so ungewiss ist der Zeitpunkt. Dies zu akzeptieren gehört auch zur rechten Vor­bereitung auf den Jüngsten Tag. Gott möchte offenbar, dass wir unser Leben unter dem heutigen Himmel und auf der heutigen Erde ganz normal weiterleben und versuchen, das Beste daraus zu machen nach seinem Willen. Wir brauchen uns auf den Jüngsten Tag nicht so vor­zubereiten, dass wir meinen, wir müssten noch vorher mit irgendetwas fertig werden. Wir sollen aber jederzeit bereit sein, Abschied zu nehmen von unserem Leben, um uns von unserm Herrn an das ewige Ziel führen zu lassen. Vergessen wir nicht: Das Einzige, was bleibt, ist das, was er uns in seinem Wort zusagt. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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