In Jesu Mannschaft

Predigt über Lukas 11,23 zum Vorletzten Sonntag des Kirchenjahres

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Warum werden Menschen getauft? Wir taufen nicht deshalb, weil das eine alt­ehrwürdige christ­liche Tradition ist. Wir taufen nicht deshalb, um Gott und den Menschen zu zeigen, wie fromm wir sind. Wir taufen auch nicht deshalb, weil wir meinen, ein Mensch sei damit besser geschützt vor Krank­heiten und Unglücks­fällen in seinem Leben. Nein, wir taufen aus einem ganz einfachen und klaren Grund: weil Jesus zu taufen befohlen hat. Jesus sagte nach seiner Auf­erstehung den elf Jüngern (der Verräter Judas lebte da schon nicht mehr): „Macht zu Jüngern alle Völker: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ (Matth. 28,19‑20).

Elf Jünger also empfingen diesen Taufbefehl als erste, elf Freunde Jesu – das kann uns heutzutage an eine Fußballmannschaft erinnern. Die Fußball­mannschaft ist ein guter Vergleich für das Christsein und für Gottes Reich. Wenn jemand durch die Taufe in Gottes Reich auf­genommen wird, dann ist das eine noch viel größere Ehre, als wenn ein Fußball­spieler in die deutsche National­mannschaft berufen wird. Wer National­spieler ist, der gehört zum Team von National­trainer Joachim Löw, und wer getauft ist, der gehört zum Team von Jesus Christus. Dieser Vergleich hilft uns, das Wort unsers Herrn zu verstehen, das wir hier be­trachten: Wer „mit Jesus ist“, der gehört zu seinem Team, zu seiner Mann­schaft, zu seiner Jünger­schaft, zu seiner Familie, zu seinem Volk, zu seinem Reich. Christsein ist keine Welt­anschauung und auch nicht nur ein persön­licher Glaube, sondern Christsein ist die Dazu­gehörig­keit zu Gottes Reich, die Gott selbst uns schenkt. Es gibt nichts Besseres, als zu Jesus und zu seiner Kirche zu gehören.

Wenn Joachim Löw Fußball­spieler in die deutsche National­mannschaft beruft, dann erwartet er von ihnen, dass sie sich mit ganzer Kraft für das Team einsetzen. Und wenn Jesus Menschen durch die Taufe zu seinen Jüngern macht, dann erwartet er ebenfalls von ihnen, dass sie sich mit ganzer Kraft für Gottes Reich einsetzen. In der Berg­predigt hat er deutlich gesagt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtig­keit“ (Matth. 6,33). Und in dem Wort unseres Predigt­textes sagte er: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zer­streut.“ Im Vergleich mit der Fußball­mannschaft leuchtet das ein. Wer nicht zum Training erscheint, entzieht sich dem Team und beweist damit, dass ihm die Sache nicht ernst ist. Und wer sich als Getaufter nicht zusammen mit den anderen Christen ver­sammelt, um Gottes Wort zu hören, der beweist damit, dass ihm Gottes Reich nicht besonders wichtig ist. Wer als Fußball­spieler die An­weisungen des Trainers nicht befolgt, der gefährdet das Zusammen­spiel der ganzen Mann­schaft. Und wer sich als Getaufter über Gottes Gebote hinweg­setzt, der schadet damit nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Mit­menschen. Wer als Fußball­spieler beim Wettkampf faul am Spielfeld­rand steht oder gemütlich über den Rasen schlen­dert, dem fehlt es am nötigen Einsatz. Und wer als Getaufter seine Gaben brach liegen lässt oder nur halbherzig für Gott und seine Kirche einsetzt, dem fehlt es am nötigen Ernst. Wenn ein Torwart immer mitstürmt und das Tor unbewacht lässt, weil er selbst unbedingt Tore schießen will, dann hat er nicht begriffen, wo sein Platz im Team ist. Ebenso handeln Christen, die nicht damit ein­verstanden sind, welchen Platz Gott ihnen im Leben zuweist – zum Beispiel als Eltern, die christlich erziehen sollen; oder als Gehalts­empfänger, die einen an­gemessenen Kirchen­beitrag zahlen sollen; oder als Kirchen­vorsteher, die für das Gemeinde­leben Ver­antwortung übernehmen sollen; oder als Pastoren, die Gottes Wort treu und un­verfälscht ver­kündigen sollen. Das sind nur ein paar Beispiele dafür, was Jesus von uns, seinen Jüngern, erwartet und was es bedeutet, „mit Jesus“ zu sein. Das alles ist mit­gemeint, wenn Jesus sagt: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zer­streut.“

Wer ist unter uns, den diese Erwartung des Herrn nicht zur Buße ruft? Wer kann schon sagen, dass er ernsthaft genug nach Gottes Reich trachtet und sich genug einsetzt für die Mannschaft des Herrn Jesus Christus? Machen wir uns klar: Was Jesus am wenigsten leiden kann, ist Lauheit. Ein über­zeugter Atheist ist Jesus lieber als ein halb­herziger Christ. Die Gemeinde in Laodizea hat Jesus einst wissen lassen: „Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“ (Offen­barung 3,15-16) Ja, so steht es wirklich in der Bibel: „Ich werde dich ausspeien.“ Das heißt auf Deutsch: Jesus findet laues Christsein zum Kotzen. Dazu noch einmal unser Predigt­text: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zer­streut.“

Was bedeutet das aber – mit Jesus „sammeln“? Eine Fußball­manschaft besteht nicht nur wegen der schönen Gemein­schaft, sondern auch deshalb, um zu gewinnen. Und Jesu Mannschaft besteht ebenfalls nicht nur wegen der schönen Gemein­schaft, sondern auch deshalb, um andere Menschen für Gottes Reich zu gewinnen. Genau das ist mit „sammeln“ gemeint. Dabei ist interes­sant, wie das Wort „sammeln“ sonst noch in Jesu Reden vorkommt. Da ist zum Beispiel vom „Sammeln“ der Ernte in Scheunen die Rede  – das ist ein Bild für die Mission und für die ewige Seligkeit: Gott lässt die Frucht für das ewige Leben in seine Scheunen sammeln. Oder da ist die Rede vom „Sammeln“ von Meeres­fischen in einem Netz – auch das ist ein Bild für die Mission und den Himmel. Mit diesem Bild hat Jesus den Oberjünger Petrus einst in seine Nachfolge gerufen: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.“ (Lukas 5,10) Ja, bei dieser Ernte und bei diesem Fischzug sollen alle in Jesu Mannschaft mithelfen – ein jeder nach seinen Möglich­keiten, Fähig­keiten und Kräften. Wenn christ­liche Eltern ihre kleinen Kinder zur Taufe bringen, dann sammeln sie mit Christus. Wenn Christen sonntags zur Kirche gehen und dort nicht einfach passiv herum­sitzen, sondern fröhlich Gott loben und deutlich ihren Glauben bekennen, dann tragen sie auch damit dazu bei, dass mit Jesus gesammelt wird. Und wenn sie dann in ihrem Alltag mit Wort und Tat Gottes Liebe bezeugen, dann ist das ebenfalls ein Sammeln mit Jesus. Hören wir noch einmal sein Wort: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zer­streut.“

Jesus verlangt damit nichts Un­gewöhn­liches von uns oder übermäßige An­strengun­gen; das ist ein be­deutender Unter­schied zwischen seiner Mannschaft und der deutschen National­mannschaft. Von der wird letztlich erwartet, dass sie Erfolg hat und Titel holt; wenn der Erfolg auf Dauer ausbleibt, werden die Fußball­spieler weg­geschickt und andere berufen, von denen man sich mehr erwartet. So handelt Jesus nicht. Wer ihm im Glauben treu bleibt, der darf für immer zu ihm gehören, selbst wenn er keinen Erfolg hat, selbst wenn er versagt. Denn bei Jesus zählen nicht Werke und Leistun­gen, sondern bei Jesus zählt allein der Glaube. Auch das können wir sehr schön bei einer Säuglings­taufe sehen: Der Säugling kann nichts anderes tun als Gottes Gnaden­handeln an sich geschehen lassen. Gerade dadurch aber bezeugt er eindrucks­voll, worauf es in Gottes Reich letztlich ankommt: Darauf nämlich, dass ein Mensch sich einfach von Gott beschenken lässt. Wer in diesem Sinne in Gottes Reich einlädt, der sammelt mit Christus. Gleich ob ihm das gut oder schlecht gelingt, gleich ob er damit viele gewinnt oder wenige – er ist und bleibt in Jesu Mann­schaft, in Jesu Team, in Jesu Jünger­schaft, in Gottes Reich, in der einigen heiligen christ­lichen Kirche, die niemals vergeht. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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