Richtig getauft sein – richtig Jünger sein

Predigt über Apostelgeschichte 19,1‑7 zum Tag der Geburt Johannes des Täufers

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Eines der schönsten Geschenke unseres Herrn Jesus Christus ist das Sakrament der Heiligen Taufe. Leider gibt es gerade um die Taufe immer wieder Verwirrung und Meinungs­verschieden­heiten. Einige meinen, vor der Taufe müsse ein Mensch erst selbst­ständig seinen Glauben bekennen; daher seien Säuglings­taufen ungültig. Andere meinen, die Taufe sei eine eher unwichtige Zeremonie mit Wasser, ent­scheidend sei die Geisttaufe, die zu einem ganz anderen Zeitpunkt erfolgen kann und sich darin äußert, dass der Glaubende ganz offen­sichtlich unter dem Einfluss des Heiligen Geistes steht. Wir Lutheraner meinen, dass die Taufe Gottes selig machendes Handeln an Menschen jeden Alters ist und dass mit der Taufe der Heilige Geist kommt. Was stimmt denn nun? Wenn ihr selbst nicht sicher seid – keine Panik! Wir Christen sind ja Jünger, also Schüler beziehungs­weise Lernende. Ein Schüler ist noch kein Meister, und ein Lernender braucht noch nicht alles zu wissen. Sogar Fehler und Irrtümer darf ein Schüler sich leisten – solange er grund­sätzlich bereit ist, sich von seinem Meister und Lehrer eines Besseren belehren zu lassen. Dass das auch im Reich Gottes so ist, das beweist die Begebenheit mit Paulus und den zwölf Männern in Ephesus, von der Lukas in der Apostel­geschichte berichtet hat. Zugleich können wir durch dieses Gotteswort lernen, was denn die Taufe wirklich ist.

Paulus befand sich auf seiner dritten Missions­reise. Er kam in die Stadt Ephesus und lernte dort eine Gruppe von zwölf Männern kennen, die sich Jünger Jesu nannten; das war damals die übliche Selbst­bezeichnung von Christen. Sie kamen ins Gespräch, und Paulus fragte sie: „Habt ihr denn auch den Heiligen Geist empfangen?“ Liebe Brüder und Schwestern, was würdet ihr denn antworten, wenn einer euch fragt: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen? Würdet ihr ohne zu zögern mit ja antworten, oder würdet ihr herum­drucksen? Würdet ihr vielleicht denken: Ich weiß eigentlich gar nicht so genau, wie es sich anfühlt, den Heiligen Geist zu haben? Wie gesagt, das wäre nicht schlimm; wir sind ja auch noch Jünger, Schüler oder Lernende in Gottes Reich. Wenigstens hättet ihr schon mal vom Heiligen Geist gehört und wüsstet wahr­scheinlich auch, dass er die dritte Person der Heiligen Drei­einig­keit ist. Wir bekennen ja jeden Sonntag: „Ich glaube an den Heiligen Geist.“ Die zwölf Männer von Ephesus aber ant­worteten: „Wir haben noch nie gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt.“

Paulus machte diesen Leuten nun keinen Vorwurf aus dieser Unwissen­heit, und er wendete sich auch nicht resigniert von ihnen ab, so als seien sie eine hoffnungs­los im Irrtum verstrickte Sekte. Nein, er redete weiter mit ihnen und stellte eine kluge Frage: „Worauf seid ihr denn getauft?“ Er wusste: Wenn sie mit der richtigen christ­lichen Taufe getauft worden wären, dann wären sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft worden – so wie Jesus selbst geboten hat zu taufen, nachdem er von den Toten auf­erstanden war. Sie hätten dann wenigstens bei ihrer Taufe schon mal etwas vom Heiligen Geist gehört haben müssen. Aber sein Verdacht bestätigte sich – die zwölf Männer waren nicht mit der richtigen christ­lichen Taufe getauft worden. Sie ant­worteten: „Wir sind auf die Taufe des Johannes getauft worden.“

Da kommt nun Johannes der Täufer ins Bild, dessen Geburtstag wir heute feiern. Wir erinnern uns: Johannes war der erste Sohn des alten Ehepaars Zacharias und Elisabeth, die schon längst ihre Hoffnung auf Kindersegen aufgegeben hatten. Johannes kam ein halbes Jahr vor Jesus zur Welt; deshalb hat man seinen Geburtstag auf den 24. Juni gelegt, sechs Monate vor Weih­nachten. Aus ihm wurde das, was Gott seinem Vater Zacharias schon vor seiner Geburt angekündigt hatte: ein großer Prediger und Prophet, der dem Messias den Weg bereitete. Mit gewaltigen Worten rief Johannes die Menschen zur Umkehr von ihren Sünden auf und verhieß Gottes Vergebung. Die Menschen, die sich das sagen ließen, wurden von Johannes am Jordan getauft – das war die Johannes-Taufe. Wir müssen sie unter­scheiden von der Jesus-Taufe, der richtigen christ­lichen Taufe, mit der wir getauft sind. Noch einmal: Die richtige christliche Taufe gibt es erst, seit Jesus von den Toten auf­erstanden ist und seinen Jüngern den Taufbefehl gegeben hat: „Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe“ (Matth. 28,19‑20). Mit dieser Jesus-Taufe im Namen des dreieinigen Gottes ist etwas völlig Neues an­gebrochen: Gottes neuer Bund auf der Basis von Jesu Tod und Auf­erstehung; das hat sich dann wenig später zu Pfingsten ganz gewaltig gezeigt. Genau dies aber hatten die zwölf Männer von Ephesus noch nicht mit­bekommen. Vermutlich waren sie einst Jünger des Johannes gewesen und hatten gemeint, dass sie durch dessen Taufe automatisch auch Christen seien. Diesen Irrtum klärte Paulus nun auf und gab ihnen christ­lichen Nachhilfe­unterricht.

Der Bericht des Lukas in der Apostel­geschichte fasst diesen Nachhilfe­unterricht in einem einzigen kurzen Satz zusammen. Da heißt es: „Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und dem Volk gesagt, sie sollten an den glauben, der nach ihm kommen werde, nämlich Jesus.“ Ich will mal versuchen, diesen Satz wieder zu einem kleinen Nachhilfe­unterricht zu erweitern, damit auch wir im richtigen Verständnis der christ­lichen Taufe befestigt werden. Paulus meint dies: Die Johannes-Taufe war eine symbolische Handlung, mit der der Täufer den Menschen deutlich machte: Wenn ihr zur Umkehr bereit seid und an den kommenden Erlöser glaubt, dann wird er euch von allen Sünden reinigen – so wie Wasser den leiblichen Schmutz abwäscht. Die Johannes-Taufe war somit ein pro­phetisches Zeichen, eine äußerliche Handlung, eine Taufe „nur mit Wasser“, wie Johannes selbst offen gesagt hatte. Und er hatte darauf hin­gewiesen, dass der kommende Erlöser nicht nur einfach mit Wasser, sondern mit dem Heiligen Geist taufen werde – und zwar erstmals zu Pfingsten, als der Geist mit Feuer­flammen über den Köpfen der Jünger sichtbar wurde. Johannes predigte wörtlich: „Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, dass ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Lukas 3,16). Die Feuer­flammen über den Köpfen der ersten Jünger zu Pfingsten waren ihre richtige Taufe, direkt vom Heiligen Geist durch­geführt, und sie waren dadurch zugleich befugt und befähigt, die richtige christliche Wassertaufe an den dreitausend Menschen durch­zuführen, die den ersten Kern der Jerusalemer Urgemeinde bildeten. Das ist auch die Taufe, mit der wir getauft worden sind: kein bloßes Symbol, keine bloße Wasser­taufe, sondern ein „Bad der Wieder­geburt und Erneuerung im Heiligen Geist“, wie Paulus an Titus geschrieben hat (Titus 3,5). Auch hat er da ge­schrieben, dass Gott uns mit diesem Bad der Wieder­geburt selig macht. Nichts anderes hat Jesus gemeint, als er lehrte: „Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen“ (Joh. 3,5). Jetzt wisst ihr, was ihr antworten könnt, wenn man euch fragt: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen? Ihr könnt antworten: Ja, natürlich, bei der Heiligen Taufe!

Nun sehen wir klarer mit den Fragen, die vielen zum Thema Taufe Kopf­zerbrechen bereiten: Die richtige Taufe ist kein bloßes Symbol und keine Zeichen­handlung mit Wasser, sondern da handelt Gott selbst durch den Heiligen Geist an einem Menschen und macht ihn selig, macht ihn zu seinem Kind und zu einem Erben des ewigen Lebens. Für dieses Geschenk hat Gott kein Mindest­alter gesetzt, sondern er will es ganz bewusst „allen Völkern“ machen, allen Arten von Menschen ohne Ein­schränkung. Allerdings möchte er, dass dieses Geschenk im Glauben angenommen wird. Darum wird von einem Erwachsenen erwartet, dass er vor seiner Taufe den christ­lichen Glauben bekennt und damit bekundet, dass er im Vertrauen an den Herrn Jesus Christus das Geschenk der Taufe empfängt. Ein Säugling kann noch nicht auf eine Art und Weise bekennen, dass wir ihn verstehen – Gott aber kann ihn verstehen, er kann in sein Herz sehen – und mehr noch: Er kann ihm das Samenkorn des Glaubens mit dem Heiligen Geist selbst ins Herz ein­pflanzen. Er will dieses Wunder nicht nur bei Erwachsenen tun, sondern lässt aus­drücklich auch die Kinder zu sich kommen. Wer wollte leugnen, dass auch Kinder diese Erlösung brauchen?

Kommen wir zurück zu Paulus und den zwölf Männern von Ephesus. Sie erwiesen sich als gute Jünger. Dankbar nahmen sie den Nachhilfe­unterricht des Paulus an. Und wir hören, dass sie ihn auch verstanden haben. Sie erkannten nämlich: Wir sind noch gar nicht richtig getauft; wir sind noch keine richtigen Jesus-Jünger. Zwar haben wir die symbolische Wassertaufe des Johannes empfangen, aber noch nicht das Sakrament der Heiligen Taufe, durch das uns der Heilige Geist zu Gottes Kinder machen will. Darum „ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus“.

Schwierig ist der letzte Satz in diesem Bericht. Da heißt es: „Als Paulus die Hände auf sie legte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Zungen und weis­sagten.“ Manche meinen, das sei die sogenannte Geisttaufe; sie sehen darin einen Hinweis, dass der Heilige Geist eben doch nicht mit der Taufe kommt; jedenfalls nicht immer. Andere meinen, dieses Ritual der Hand­auflegung sei ein zusätz­liches Sakrament, das der römisch-katholi­schen Firmung oder unserer Kon­firmation entspricht. Aber ein Sakrament kann es nicht sein, denn Jesus hat kein solches Sakrament eingesetzt. Freilich können wir auch an anderen Stellen der Apostel­geschichte davon lesen, wie die Apostel Menschen die Hände auflegten, und dann kam der Heilige Geist über sie. Aber wenn wir hier und an diesen anderen Stellen genau hinschauen, dann merken wir: Es geht da gar nicht um den Heiligen Geist als solchen, sondern es geht um bestimmte wahr­nehmbare Aus­wirkungen des Heiligen Geistes. Die Apostel konnten solche besonderen Geistes­gaben durch Hand­auflegung vermitteln. Wir können das heute nicht mehr, und wir haben auch nicht den Auftrag Christi dafür. Dafür haben wir das Neue Testament mit der klaren Apostel­lehre. Und auch bei uns geschieht es nach der Taufe, dass der Heilige Geist sich wahrnehmbar äußert – nicht zuletzt auch dann, wenn Kon­firmanden ihren Glauben bekennen und Christus die Treue geloben. Das schönste Geschenk des Herrn Jesus Christus aber ist und bleibt seine Taufe, die eine richtige Taufe im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Mit ihr kriegen wir alles geschenkt, was für seliges und ewiges Leben nötig ist – und zwar ganz ohne unser Zutun, als reine Liebesgabe Gottes durch den Heiligen Geist! Nichts anderes lehrte auch Johannes der Täufer, nichts anderes lehrten die Apostel, nichts anderes lehrte unser Herr selbst. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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