Gottes Bund und Gottes Zeichen

Predigt über 1. Mose 9,12‑17 zum 19. Sonntag nach Trinitatis und zu einer Taufe

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn irgendwo mal ein Regenbogen auftaucht, dann erlebe ich oft, dass die Menschen sich darüber freuen. „Seht mal, ein Regen­bogen!“, ruft einer aus, und die anderen schauen in die Richtung, wohin er deutet. Einen Regenbogen sehen wir im Moment zwar nicht, aber wir können uns über ein noch schöneres Ereignis freuen: Wir haben gerade eine Taufe miterlebt. „Seht, ein neuer Christen­mensch, wieder­geboren aus Wasser und Geist!“ – so können wir fröhlich ausrufen.

Einen Regenbogen und eine Taufe kann man durchaus miteinander ver­gleichen. Wie gesagt, über beides freuen sich die Menschen. Und beides hat mit Wasser zu tun. Wir wissen ja heute ziemlich genau, wie Gott einen Regenbogen macht: aus Licht­strahlen und Wasser­tröpfchen. Und wir wissen auch, wie Gott eine Taufe macht: aus Wasser und aus der Kraft seines Wortes. Aber es gibt noch mehr Gemeinsam­keiten von Regenbogen und Taufe. In unserem Bibelwort haben wir davon gehört, dass der Regenbogen ein Zeichen für Gottes Bund ist. Auch die Taufe ist ein Zeichen für Gottes Bund. Im Zusammen­hang mit Noah, der Flut und dem Regenbogen redet die Bibel zum allerersten Mal von einem göttlichen Bund; es ist sein ältester Bund. Und bei der heutigen Taufe haben wir einen ganz aktuellen göttlichen Bundes­schluss miterlebt; es ist sein jüngster Bund. Da liegt es nahe, jetzt der Frage nach­zugehen: Was ist das eigentlich – ein Bund Gottes? Und was hat es mit den Zeichen des Bundes auf sich?

Gott hat mit der Sintflut zwar viele gottlose Menschen bestraft, aber die Menschheit hat er gerettet, dazu auch die Tierwelt. Er hat es getan, indem er Noah und seine Familie in der Arche überleben ließ, dazu auch von jeder Tierart ein Paar. Und nun schließt Gott mit diesen Menschen und Tieren einen Bund – ja eigentlich mit allen Menschen und mit allen Tieren, die nach der Sintflut leben. Er sagt: „Ich will gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, dass hinfort keine Sintflut mehr komme, die alles Fleisch verderbe.“ Es gibt zwar immer noch Über­schwemmun­gen wie jetzt gerade wieder in Thailand, und es sind da auch Todesopfer zu beklagen, aber eine derart radikale Flut wie die Sintflut wird Gott nie mehr schicken.

Das ist, wie gesagt, Gottes ältester Bund, von dem die Bibel berichtet. An diesem Bund merken wir etwas Wichtiges, was grund­sätzlich für einen Gottesbund gilt: Wenn Gott einen Bund schließt, dann ist das kein Vertrag zwischen gleich­berechtig­ten Partnern. Gott fordert in seinem Bund auch nichts von den Menschen, er verspricht ihnen nur etwas. Als ich in Erlangen Theologie studierte, da hörte ich Vorlesungen bei einem bekannten Professor für Altes Testament, Ernst Kutsch. Der hat ein kluges Buch für Theologen ge­schrieben, und darin hat er mit größter wissen­schaft­licher Genauigkeit nach­gewiesen: Wenn wir in der Bibel von einem „Bund“ lesen, dann ist das eigentlich gar kein Bund im heutigen Sinn, also kein Vertrag und keine Abmachung, sondern dann ist das die feierliche Verfügung eines Königs für sein Volk. Das wird hier ganz deutlich: Gott verfügt feierlich für Noah und für alles Leben auf der Erde (und damit auch für uns), dass er nie mehr eine so schlimme Flut kommen lassen wird. Kein Vertrag, sondern eine feierliche Verfügung ist so ein „Bund“. Man kann auch sagen: Er ist ein Ver­sprechen, eine Verheißung, und wird darum manchmal mit „Testament“ übersetzt.

Die Sintflut­geschichte an sich ist ja etwas Trauriges, ja sogar etwas Schreck­liches: die meisten Menschen müssen ertrinken, weil sie nichts haben, wohin sie sich retten können. Wenn es heutzutage eine Über­schwemmung gibt, dann gibt es ja immer die Möglich­keit, sich auf höheres Gelände zu retten, und wenn Menschen trotzdem ertrinken, dann meistens deshalb, weil sie zu spät von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Sie denken, so hoch wird das Wasser schon nicht steigen, und bleiben, wo sie sind. In der Sintflut gab es nur eine einzige Rettung: die Arche. Und diese Rettung hat Gott nur einer einzigen Familie gewährt: Noahs Familie. Mit dieser Familie und mit all ihren Nachkommen hat Gott dann an­schließend seinen Bund ge­schlossen, hat ihnen seine wunderbare Verheißung gegeben. Da merken wir: Auch wenn die Sintflut­geschichte traurig ist, so ist sie doch eigentlich eine schöne Rettungs­geschichte, eine Geschichte von Gottes rettender Güte und Barmherzig­keit. Ebenso Gottes Bund: Er ist stets eine göttliche Verfügung zur Hilfe, zum Nutzen, zum Schutz und zum Segen für die Menschen, mit denen Gott ihn schließt. Und das Bundes­zeichen, der Regenbogen, ist demzufolge ein Freuden­zeichen, ein Zeichen für Gottes Liebe und Erlösung. Martin Luther hat über das Zeichen des Regenbogens und über alle göttlichen Bundes­zeichen ge­schrieben: „Das ist eigentlich der Zeichen Art, dass sie trösten, nicht dass sie schrecken.“ Ebenso hat Luther bei seinem Bibel­studium erkannt, dass Gott seinen Bund immer mit äußeren Zeichen verbindet, damit wir uns gut daran erinnern. Luther schrieb: „Dieser Text lehrt uns auch, wie Gott allezeit zu seinen Ver­heißungen ein Zeichen zu tun pflegt.“ Immer, wenn wir einen Regenbogen sehen, sollen wir also daran denken: Gott schickt keine Flut mehr, die alles Leben vernichtet, höchstens noch Über­schwemmun­gen, vor denen man sich in Sicherheit bringen kann.

Nach dem Regenbogen-Bund hat Gott weitere Bünde ge­schlossen. Das Alte Testament hat seinen Namen von dem sogenannten alten Bund, den Gott mit dem Volk Israel am Berg Sinai schloss. Er erwählte dieses Volk und gab ihm das Land Kanaan als Erbbesitz. Das Zeichen dieses alten Bundes war die Be­schneidung. Aber bereits in dieser alten Zeit bereitete Gott den neuen Bund vor, nach dem das Neue Testament benannt ist. Den neuen Bund schloss Gott durch seinen Sohn Jesus Christus mit allen Menschen. Allen Menschen hat er Frieden versprochen und ewiges Leben. Das Zeichen des neuen Bundes aber ist die Taufe.

Wie Gott Noah und die Seinen mit der Arche in der Sintflut gerettet hat, so rettet er heute durch die Taufe. Er rettet uns aus der unseligen Ver­strickung von Leid und Schuld, in der wir Menschen von klein auf gefangen sind. Er wäscht alle Sünden ab, er schenkt ein neues Herz, er gibt uns den Heiligen Geist. Die Taufe ist sozusagen der Regenbogen von Gottes neuem Bund. Wir können und sollen immer wieder an die Taufe denken und uns dabei an Gottes neuen Bund erinnern, den er für uns durch Jesus geschlossen hat. Ja, die Taufe ist ein gewisses und verläss­liches Zeichen, von vielen Menschen bezeugt, im Kirchenbuch der Gemeinde ein­getragen. Unser Christsein und unser ewiges Leben gründet sich nicht auf irgend­welche frommen Gedanken in unserem Kopf oder auf irgendeine Ent­scheidung für Jesus, die wir selbst getroffen hätten. Nein, Gott hat sich für uns entschieden und uns darum in der Taufe als seine Kinder angenommen! Erinnern wir uns noch einmal an Professor Kutsch und seine wichtige Erkenntnis: Wenn Gott einen Bund schließt, dann ist das nicht ein Vertrag zwischen gleich­berechtig­ten Partnern, sondern dann ist es eine heilige und feierliche Verfügung Gottes zu unseren Gunsten. Das gilt auch und gerade für die Heilige Taufe.

Gott schenkt uns Rettung durch die Taufe, Gott stellt unsere Füße auf ein festes Fundament, Gott bewahrt uns vor der Gewalt des Todes und lässt uns ewig leben. Das Einzige, was uns diese Rettung noch streitig machen könnte, das sind wir selbst, wenn wir diese Rettung ausschlagen und ohne Gott leben wollen. Wir handelten dann so wie Menschen, die angesichts einer bevor­stehenden Über­schwemmung nicht auf das höher gelegene Land fliehen, sondern am an­gestammten Fleck sitzen bleiben und meinen, so schlimm wird es wohl nicht werden. Gott rettet uns; er hat uns in Jesus einen sicheren höheren Ort bereitet, hat uns das im neuen Bund zu­gesichert, hat uns das unter dem Zeichen der Taufe deutlich gemacht. Aber er mutet uns die Un­bequemlich­keit zu, dass wir uns vom Wohnort der Sünde wegbewegen, Buße tun, Jesus nachfolgen und den höheren Ort aufsuchen, wo wir gerettet sind. Eigentlich sollte uns das nicht schwer fallen. Denkt an den Regenbogen! Denkt an die Taufe! Denkt an Gottes Bund! Denkt daran, dass Gott nur Gutes für uns im Sinn hat! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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