Mit Herzen, Mund und Händen

Predigt über Jesaja 58,9b‑12 zum Erntedankfest

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Uns geht es gut. Wir sind so satt, dass wir uns nicht auf die Erntegaben vor dem Altar zu stürzen brauchen, um sie aufzuessen. Jeden Tag werden wir satt – nicht nur mit Brot, sondern auch mit Fleisch und mit Kuchen. Wenn wir Durst haben, finden wir genug zu trinken – nicht nur sauberes Wasser, sondern auch edlere Getränke. Wir brauchen nicht zu frieren, denn wir haben genug Kleidung – nicht nur warme Kleidung, sondern schicke Sachen! Wir haben alle ein Dach über dem Kopf und ein Bett zum Schlafen. Wir haben Ärzte und Lehrer und Freunde und Leute, die uns beschützen. Ja, uns geht es gut. Letztlich haben wir das alles Gott zu verdanken. Zu verdanken – im wahrsten Sinne des Wortes! Wir wären dumm, wenn wir das alles für selbst­verständ­lich hielten. Nein, wir wollen Gott dafür danke sagen, ganz besonders heute, am Ernte­dank­fest.

Aber wie macht man das am besten – Gott danke sagen? Ein altes Kirchenlied fasst das gut zusammen: „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen!“

Wir wollen Gott also erstens mit dem Herzen danken. Das Herz steht für unsere innere Ein­stellung. Ein dankbares Herz erkennt, dass Gott es gut mit uns meint. Darum kann ein dankbares Herz es nicht böse mit anderen Menschen meinen. In unserem Predigtwort steht, was Gott gefällt: „Wenn du in deiner Mitte niemand unter­jochst.“ Ein dankbares Herz unterdrückt die Mitmenschen nicht, sondern tut ihnen Liebes und Gutes, so wie Gott es mit uns Menschen macht. Ein dankbares Herz gibt anderen lieber ab, als ihnen was weg­zunehmen. Ein dankbares Herz erkennt, wo anderen was fehlt. In unserem Predigtwort steht, was Gott gefällt: „Wenn du den Hungrigen dein Herz finden lässt.“ Nicht nur deinen Kühlschrank und dein Portmonnee, sondern dein Herz! Ja, so kann man Gott mit dem Herzen danke sagen: Wenn man die Mitmenschen von Herzen lieb hat, wenn sie einem nicht egal sind, wenn man sie nicht unterdrückt und auch nicht links liegen lässt, sondern wenn man ihnen in Notlagen beisteht und nach Kräften hilft.

Ja, und dann wollen wir Gott zweitens mit dem Mund danken. Damit ist nicht in erster Linie gemeint, dass wir die leckeren Sachen, die wir geerntet haben, nun auch in den Mund nehmen und aufessen. Nein, es ist dabei vor allem an die Worte gedacht, die aus unserem Mund heraus­kommen. Da kommt ja jeden Tag eine ganze Menge heraus, Gutes und manchmal leider weniger Gutes. Auch dazu sagt unser Predigt­wort, was Gott gefällt: „Wenn du nicht übel redest.“ Ein dankbarer Mund meckert nicht und lästert nicht. Ein dankbarer Mund sagt „danke“ zu Gott, und manchmal singt er es auch. Ein dankbarer Mund spricht täglich Dankgebete und singt Loblieder. Für die Menschen im alten Volk Israel und für die Christen vergangener Gene­rationen war es selbst­verständ­lich, dass man keine Mahlzeit ohne Dankgebet zu sich nahm. Leider merke ich, dass das Tischgebet in vielen Familien nicht mehr üblich ist. Wenn hier jemand ist, der keine Tischgebete hält, dem rate ich: Gewöhnt es euch schnell an! Lasst uns Gott mit dem Mund danken!

Drittens wollen wir Gott mit unseren Händen danken. Auch dazu sagt uns das Predigtwort zunächst mit dem Gegenteil, was Gott gefällt: „Wenn du nicht mit Fingern zeigst.“ Das ist nicht leicht zu verstehen. Man kann doch jemandem mal was mit dem Finger zeigen! Aber hier ist etwas anderes gemeint: Wir sollen mit unserem Finger niemandem drohen und auch niemanden beleidigen. Wenn der Prophet Jesaja heute leben würde, dann würde er vielleicht sagen: Zeige niemandem den Stinke­finger! Wir können mit unseren Händen danke sagen, wenn wir sie nicht zum Ärger oder zum Schaden unserer Mitmenschen regen, sondern dazu, dass wir ihnen helfen. Weiter heißt es im Predigtwort nämlich: „Wenn du den Elenden sättigst.“ Dankbare Hände regen sich nicht nur für das eigene Wohl­ergehen, sondern auch für das Wohlergehen des Nächsten, besonders wenn er Hilfe nötig hat. Wer berufstätig ist, der er­wirtschaf­tet mit seiner Hände Arbeit nicht nur sein eigenes Netto-Einkommen, sondern auch Steuern und Sozial­abgaben. Dankbare Hände tun das gern; sie werden sich nicht für Schwarz­arbeit regen, denn sie wissen: Die Steuern und Sozial­abgaben kommen zu einem großen Teil Menschen zugute, die es nötig haben.

Lasst uns also Gott danken mit Herzen, Mund und Händen! So gefällt es Gott, so hat er es uns auch durch den Propheten Jesaja wissen lassen. Vielleicht findet ihr es aber ein bisschen merkwürdig, dass die genannten Jesajaworte alle mit „wenn“ anfangen: „Wenn du in deiner Mitte niemanden unter­jochst, wenn du nicht mit Fingern zeigst, wenn du nicht übel redest, sondern den Hungrigen den Herz finden lässt und den Elenden sättigst…“ Was folgt denn auf dieses „Wenn“? Es folgt etwas ganz Herrliches, ein wunderbares „Dann“, ein göttliches Ver­sprechen: „Dann wird dein Licht in der Finsternis auf­gehen…, und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen… und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasser­quelle…“ Gott sagt also: Wenn du dankbar bist mit Herzen, Mund und Händen, dann wird Gott es dir gut gehen lassen in deinem Leben. Oder kurz gesagt: Lebe gut, dann geht‘s dir gut! Das ist übrigens nicht einer Einzel­person gesagt, sondern einem ganzen Volk; Gott redet das Volk Israel hier durch den Propheten Jesaja so an, als ob es ein einziger Mensch wäre. Und so können wir es auch auf unser Volk beziehen, auf unsere Gesell­schaft: Wenn wir Gott danke sagen mit Herzen, Mund und Händen, dann geht es uns gut, dann werden wir überall lauter Segen erkennen! Wenn wir aber mürrisch meckern oder frech fordern, dann muss Gott uns auch schon mal unsanft daran erinnern, dass alle gute Gabe von ihm kommt. Er kann dann Armut, Not und Wirtschafts­krisen schicken. Er zeigt damit: Hey, ihr klugen Leute, ihr könnt euch euren Wohlstand nicht selber machen, er ist immer noch ein Geschenk von mir! Vergesst das nicht, sondern lernt wieder neu danken – mit Herzen, Mund und Händen.

Darum also der Rat: Lebe gut, dann geht‘s dir gut! Sage danke zu Gott und erfahre dabei, wie gut er es mit dir meint. Lebe gut, dann geht‘s dir gut – das lässt sich allerdings nicht umkehren. Man kann nicht sagen: Es geht dir gut, weil du gut gelebt hast. Wir wären dumm und ein­gebildet, wenn wir meinten, wir haben diesen ganzen Erntesegen verdient, weil wir so gute Leute sind. Manche denken ja so. Und einige sind sogar so aufgeblasen zu meinen, wenn sie einmal gestorben sind und vor Gottes Gericht stehen, dann könnten sie auftrumpfen und sagen: Gott, ich habe anständig gelebt, nun lass mich rein in den Himmel! Nein so gut ist keiner, dass er sich's selber verdienen könnte. Keiner hat bei Gott etwas verdient, weder das Sattwerden in dieser Welt noch das ewige Leben in der anderen Welt, es ist alles lauter Barmherzig­keit und Gnade.

Diese Gnade ist mit dem Namen des Herrn Jesus Christus verbunden. Zwar hat Jesaja sieben­hundert Jahre vor Jesu Geburt die Worte gesprochen, die wir hier gerade bedenken. Aber weil er Gottes Prophet war, blitzt doch der Name Jesu in seiner Predigt schon auf: „Dein Licht wird aufgehen in der Finster­nis“, heißt es da. Es ist das Licht des Herrn Jesus Christus, das in die Dunkelheit der Welt gekommen ist. Es ist das Licht des Herrn Jesus Christus, das sich im Leben der Christen wieder­spiegelt, sodass sie Licht der Welt sein können. Es ist das Licht des Herrn Jesus Christus, das uns mit wahrem Glauben erleuchtet und fähig macht, Gott richtig danke zu sagen – nicht nur für Erntegaben und für die Dinge dieser Welt, sondern vor allem für das ewige Leben. Ja, Christus, das Licht, macht uns fähig, richtig danke zu sagen – mit Herzen, Mund und Händen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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