Geht es uns durchs Herz?

Predigt über Apostelgeschichte 2,22‑39 zum Pfingstmontag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Manche Worte gehen durchs Herz. Manche Worte wühlen uns auf und tönen immer weiter in unseren Herzen. Wenn jemand beispiels­weise zum ersten Mal verliebt ist, und er hört die Worte: Ich liebe dich!, dann gehen sie ihm durchs Herz. Auch unangenehme Worte können durchs Herz gehen. Wenn jemand plötzlich über einen geliebten Menschen die Nachricht bekommt: Er ist soeben verstorben, dann wird er an kaum noch etwas anderes denken können. Selbst Predigten können durchs Herz gehen, das ist sogar Gottes Wunsch und Absicht. Bei der Pfingst­predigt des Simon Petrus war das auch wirklich der Fall; wir haben es eben erfahren: „Als sie aber das hörten, ging's ihnen durchs Herz…“

Ging's euch auch durchs Herz, liebe Brüder und Schwestern? Ihr habt ja auch die Predigt des Simon Petrus gehört – eben bei der Verlesung des Predigt­texts. Wir be­schäfti­gen uns keineswegs deshalb mit diesen Worten, weil heute gerade Pfingsten auf dem Stundenplan des kirchlichen Geschichts­unterrichts steht. Wir be­schäfti­gen uns vielmehr damit, weil Gott auch heute möchte, dass diese Worte durchs Herz gehen – uns, die wir hier versammelt sind! Und es ist mein sehnlicher Wunsch, dass auch meine auslegenden Worte euch durchs Herz gehen und über den Gottes­dienst hinaus in euren Herzen weiter­tönen. Freilich kann das keiner selbst be­werkstel­ligen; das ist nicht dem mensch­lichen Willen unter­worfen. Aber wir können Gott darum bitten, und wir haben es ja auch schon getan: „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner göttlichen Liebe.“ So zu bitten heißt nichts anderes, als darum zu bitten, dass uns Gottes Wort durchs Herz geht.

Hören wir also im Geist dieser Pfingst­bitte auf Gottes Worte in der Predigt des Petrus!

In seinen ein­leitenden Worten wies Petrus zunächst die Meinung zurück, die Apostel seien betrunken. Mit einem Propheten­wort erklärte er, dass Gott an diesem Tag vielmehr seinen Heiligen Geist über sie ausgegossen hat. Danach beginnt der Hauptteil seiner Predigt, den wir eben als Predigttext gehört haben. Da spricht er von Jesu Wundern – aber er­staunlicher­weise nur ganz kurz und flüchtig: „Jesus von Nazareth wurde unter euch ausgewiesen durch Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte getan hat.“ Hätte er hier nicht eindrucks­voll beschreiben sollen, wie Jesus den Sturm gestillt hat, oder Brot vermehrt, oder Blinde geheilt, oder Tote auferweckt? Wären solche Wunder­berichte nicht bestens dafür geeignet, den Menschen damals und auch uns heute durchs Herz zu gehen? Aber Petrus eilt schnell weiter zu dem größten und wichtigsten Wunder, nämlich zum Kreuzestod Jesu und zu seiner Auf­erstehung. Ja, so sollen wir Jesus vor Augen haben, so soll es uns ins Herz dringen: Jesus ist der Mann am Kreuz, der am dritten Tag von den Toten auferstand.

Petrus sagt: „Diesen Mann habt ihr durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und um­gebracht.“ Mit diesem Satz ist viel Missbrauch getrieben worden. Die Nazis haben gesagt: Da könnt ihr mal sehen, dass die bösen Juden für Jesu Tod ver­antwortlich sind! Und manche liberalen Theologen sagen heute: Da könnt ihr mal sehen, dass es schon in neu­testament­licher Zeit anti­jüdische Tendenzen gab! Beides ist Quatsch. Es ist ja in dem Satz auch gar nicht nur von Juden die Rede, sondern auch von der „Hand der Heiden“. Wenn wir den Satz uns heute gesagt sein lassen durch die Kraft des Heiligen Geistes, dann können wir erkennen: Wir selbst haben dazu bei­getragen, dass Jesus so grausam sterben musste, denn unsere Sünden haben ihn ans Kreuz gebracht. Ja, dann geht uns dieser Satz durchs Herz, dann gibt er uns einen Stich: „Diesen Mann habt ihr um­gebracht!“ Wir waren nicht ehrlich. Wir haben anderen ihre Fehler nach­getragen. Wir haben nicht geholfen, wo wir hätten helfen können. Wir waren zu bequem, um Gott reichlich zu ehren. Wir haben uns von unseren ego­istischen Begierden treiben lassen. Mit alledem haben wir dazu bei­getragen, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Ach, dass uns das durchs Herz gehe, dass wir doch aufrichtig traurig werden über unsere Sünde!

Aber auch beim Kreuzestod Jesu verweilt Petrus nicht allzu lange in seiner Predigt. Die größte Auf­merksamkeit widmet er Christi Auf­erstehung, seinem Sieg über den Tod. Er sagt: „Den hat Gott auferweckt und hat aufgelöst die Schmerzen des Todes, wie es denn unmöglich war, dass er vom Tode fest­gehalten werden konnte.“ Und dann predigt er über ein paar Verse aus Psalm 18, den König David einst dichtete. Mit schlagenden Argumenten beweist er den skeptischen Zuhörern, dass David hier bereits die Auf­erstehung des Messias und Gottessohns geweissagt hat. Petrus selbst verbürgt sich mit den anderen Aposteln als Augenzeuge für Jesu Auf­erstehung und spricht auch über seine Himmel­fahrt. Er sagt: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt; dessen sind wir alle Zeugen. Da er nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist und empfangen hat den verheißenen Heiligen Geist vom Vater, hat er diesen aus­gegossen, wie ihr hier seht und hört. Denn David ist nicht gen Himmel gefahren, sondern er sagt selbst: ‚Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.‘“ Den auf­erstandenen Jesus hat Gott zum Herrn über alle Herren erhöht – das hat bereits König David voraus­gesagt und ihn durch den Heiligen Geist „meinen Herrn“ genannt. Nach seiner Himmelfahrt sendet Christus nun im Ein­vernehmen mit dem himmlischen Vater diesen Geist zu den Menschen. Es ist derselbe Geist, der auch zu uns gekommen ist in der Heiligen Taufe. Es ist derselbe Geist, der uns den Glauben geschenkt hat, sodass auch wir bekennen: Jesus ist auf­erstanden; Jesus ist mein lebendiger Herr! Durch diesen Geist beten wir, und durch diesen Geist loben wir. Was für eine großartige Sache; das muss uns doch durchs Herz gehen!

Ja, wenn der Heilige Geist unsere Herzen auf­schließt, dann werden wir gewiss: Jesus ist der Erlöser, der Messias, der Christus, den Gott schon lange vorher durch David und durch viele Propheten angekündigt hat. Jesus ist der Herr, der für mich gestorben und auf­erstanden ist. Jesus regiert als König Himmels und der Erden zur Rechten Gottes. Ja wirklich, diese Worte des Petrus können allen Zweifel tilgen und uns die fröhliche Gewissheit des Glaubens ins Herz legen. Petrus selbst sagte am Schluss seiner Predigt: „So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.“

Noch ehe Petrus Amen sagen konnte, ging diese Predigt den ersten Hörern bereits durchs Herz, und sie bedrängten die Apostel mit der Frage: „Was sollen wir denn nun tun?“ Seht, das geschieht, wenn eine Predigt durchs Herz geht! Da sagt man nicht einfach: schöne Predigt!, und das wars dann, sondern dann will man was tun, dann soll sich was ändern im Leben. Das ist auch der Grund, warum ich predige und alle anderen christ­lichen Prediger ebenso: nicht, um zwanzig Minuten Gottes­dienst­zeit mit Worten zu füllen, sondern damit sich was ändert im Leben der Leute, die die Predigt hören. Und so ruft denn Petrus auch folge­richtig zu einer Änderung auf, die der frohen Botschaft von Jesus angemessen ist. Er sagt: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes. Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.“

Hört ihr, wie ihr selbst hier vorkommt, direkt in der Pfingst­geschichte der Bibel? Geht euch das nicht durchs Herz? Wir gehören doch zur Kindes­kinder­generation der damaligen Zuhörer! Wir sind doch die, die damals fern waren, aber vom Herrn herzu­gerufen worden sind! Ja, direkt an uns richtet sich die Auf­forderung: „Tut Buße!“ Getauft sind wir schon; wir haben durch die Taufe Vergebung der Sünden und den Heiligen Geist empfangen. Aber wir wissen auch: Wir haben es nötig, jeden Tag neu durch Reue und Buße zur Taufgnade zurück­zukehren. Wenn es uns durchs Herz geht, dass unsere Sünden Jesus ans Kreuz gebracht haben, dann wollen wir es uns auch durchs Herz gehen lassen, dass er uns immer wieder neu zuspricht: „Dir sind deine Sünden vergeben!“ Und wie Christus von den Toten auf­erstanden ist zu neuem Leben, so können auch wir dann aus der Kraft der göttlichen Gnade und des Heiligen Geistes leben. Ja, wenn uns das alles durchs Herz geht, dann können wir gar nicht mehr anders, dann müssen wir unser ganzes Leben in den Dienst dieses Herrn stellen. Dann werden wir nach Jesu Vorbild lieben lernen. Dann werden wir nach dem Vorbild der Apostel Jesus als den lebendigen Herrn bezeugen. Ach dass uns diese Worte und diese Predigt doch durchs Herz gehen! Ach dass der Heilige Geist uns das doch schenkt! „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen, und entzünde in ihnen das Feuer der göttlichen Liebe!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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