Was bringt die Zukunft?

Predigt über Jeremia 23,5‑8 zum 1. Advent

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Meinungs­forschungs­institute fragen immer wieder mal danach, was die Leute von der Zukunft erwarten. In letzter Zeit wird dabei deutlich, dass die Menschen eher Be­fürchtungen als Hoffnungen im Blick auf die Zukunft haben. Wir leben in einer Zeit, wo die Mehrheit eher der Vergangen­heit nachtrauert oder den gegen­wärtigen Zustand zu erhalten sucht, als mit freudiger Erwartung dem Neuen entgegen­zusehen, das die Zukunft bringt. Selbst viele junge Leute packen nicht mehr lustvoll und risiko­bereit Neues an. Es ist be­zeichnend, dass bei den Auseinander­setzungen um den Stuttgarter Haupt­bahnhof die meisten Menschen gefühls­mäßig eher zum Erhalt des alten Gebäudes neigen, als sich auf den großen Wurf einer völligen Neu­gestaltung ein­zulassen.

Ja, was bringt die Zukunft denn nun wirklich? Das ist das große Thema des Advent. Advent bedeutet „Kommen“. Am Anfang eines neuen Kirchen­jahrs richten wir unseren Blick voraus auf das Kommende. Und wir werden auch daran erinnert, was Menschen in früheren Zeiten von ihrer Zukunft erwarteten. Die Zeit­genossen des Propheten Jeremia zum Beispiel haben von ihrer Zukunft nicht viel Gutes erwartet, genauso wie viele Menschen unserer Zeit. Allerdings hatten Jeremias Zeit­genossen im 6. Jahr­hundert vor Christus auch allen Grund dazu: Sie wurden von der babylo­nischen Weltmacht bedroht und schließlich besiegt. Jerusalem, ihre geliebte Hauptstadt und der Ort des heiligen Tempels, wurde verwüstet, und ein großer Teil seiner Einwohner­schaft wurde ver­schleppt. Was soll man da noch für Zukunfts­hoffnungen haben, wenn einem alles kaputt gemacht wird und man gezwungen ist, fremden Herren zu dienen? Was soll man da noch für Zuversicht hegen, wenn offenbar Gott selbst besiegt wurde? Hätte Gott seinem aus­erwählten Volk nicht besser beistehen und vor allem seinen Tempel vor der Zerstörung bewahren können? Die meisten Juden waren in dieser Situation verzweifelt und hatten vor allem Be­fürchtun­gen, aber kaum noch Hoffnung für die Zukunft.

Da trat Jeremia auf im Namen des Herrn und machte eine Ansage für die Zukunft: „Siehe, es kommt die Zeit…“, sagte er. Es kommt eine Zeit, da wird Gottes Volk geholfen werden und wieder sicher im eigenen Land wohnen können. Jeremia brachte eine gute Nachricht, eine Hoffnung weckende Ankündigung Gottes zur Zukunft seines Volkes. Und Jeremia prophe­zeite: Diese wunderbare Zukunft ist mit dem Kommen eines besonderen Mannes verbunden. Es kommt der Spross Davids, der Nachkomme aus dem Königs­geschlecht David, der Davidssohn, der gerechte König, der den Ehrentitel tragen wird: „Der Herr unsere Gerechtig­keit“. Siehe, es kommt eine gute Zeit! Siehe, es kommt ein gerechter König!

Die Juden in der babylo­nischen Gefangen­schaft erlebten es tat­sächlich, dass die Zeiten sich besserten und sie wieder nach Jerusalem zurück durften. Sie erlebten es, dass der Tempel wieder neu aufgebaut wurde, dazu die ganze Stadt ein­schließlich Stadtmauer. Sie erlebten es, dass dies unter der Leitung eines Mannes aus dem Geschlecht David geschah; er hieß Serubabel. Und doch war damit Jeremias Prophe­zeiung noch nicht erfüllt; sie reicht nämlich viel weiter. Jeremia sagte über den kommenden Davidssohn: „Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtig­keit im Lande üben wird.“ Das hebräische Wort für „Land“ bedeutet zugleich „Erde“, darum kann man auch übersetzen: „… der Recht und Gerechtig­keit auf Erden üben wird.“ Er wird der ganzen Erde Hilfe und Rettung, Recht und Gerechtig­keit bringen, dieser Davidssohn, dieser König! Und nun ist klar, wen Gott da eigentlich angekündigt hat durch seinen Propheten Jeremia: Es ist der liebe Heiland Jesus Christus, der eine Davidssohn, den alle Propheten angekündigt haben – unser König! „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will.“ Diese Zeit war da, als ein Gebot vom römischen Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Diese Zeit hat sich in Bethlehem erfüllt in der Heiligen Nacht. Und mit dieser Zeit ist eine Zukunft an­gebrochen, die allen Menschen Heil und Gerechtig­keit verheißt bis in alle Ewigkeit.

Ist euch das auf­gefallen, liebe Brüder und Schwestern in Christus, dass in diesem Propheten­wort die „Gerechtig­keit“ des Königs besonders betont wird? Er wird ein „gerechter Spross“ genannt; er werde „Recht und Gerechtig­keit“ üben; er trägt den Ehrentitel: „Der Herr unsere Gerechtig­keit“. Ober­flächlich betrachtet, könnte man meinen, dass da ein guter Richter kommt, der vollkommen un­bestechlich die Guten belohnen und die Bösen bestrafen wird. Das ist hier aber nicht in erster Linie gemeint. Vielmehr wir ein König an­gekündigt, der alles recht tut, der alles richtig macht, der alles Krumme und Schiefe richtet und gerade macht. Um es klar zu sagen: Mit dieser Gerechtig­keit ist die Vergebung der Sünden gemeint, die Jesus am Kreuz für die ganze Welt erworben hat. Diese Gerechtig­keit wird all denen zu­gerechnet, die an Jesus glauben. Von dieser Gerechtig­keit hat der Apostel Paulus ge­schrieben: „Nun ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtig­keit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Ich rede aber von der Gerechtig­keit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben“ (Römer 3,21-22). Es ist keine Gerechtig­keit, die wir selbst uns durch anständiges Benehmen verdienen können; es ist vielmehr eine Gerechtig­keit, die zusammen mit dem gerechten Davids­spross zu uns kommt. Es ist eine Gerechtig­keit, die uns von ihm un­verdienter­weise geschenkt wird.

„Advent“ heißt „Kommen“. Wir freuen uns in dieser Zeit darüber, dass der Davidssohn zu uns gekommen ist, und mit ihm Gottes Gerechtig­keit, wie Jeremia es voraus­gesagt hat. Wir freuen uns, dass diese Gerechtig­keit immer wieder neu zu uns kommt: wenn sie einem Menschen in der Taufe zugeeignet wird, wenn wir sie in der Beichte zu­gesprochen bekommen und wenn sie beim Heiligen Abendmahl mit dem Leib und Blut Christi in uns eingeht. Weil das so ist, können wir opti­mistisch in die Zukunft sehen. Wir wissen zwar nicht im Einzelnen, was sie uns bringen wird, aber wir wissen, dass sie unter der Herrschaft des einen Königs steht, der der Welt geholfen hat und weiter helfen wird. Wir können zwar nicht davon ausgehen, dass uns Un­angenehmes oder gar Schweres erspart bleiben wird in dieser Zukunft, wir können aber davon ausgehen, dass wir durch Christi Gerechtig­keit niemals tiefer fallen als in die Hände Gottes. Schließlich könnenn wir auch gewiss sein, dass selbst der Tod uns nicht von dem trennen kann, der den Ehrentitel trägt: „Der Herr unsere Gerechtig­keit“. Gleich ob wir leben oder sterben, so gehören wir zum Herrn Jesus Christus, unserm König. Er hat ver­sprochen, dass er das gute Werk vollenden wird, das er bei uns angefangen hat. Er wird uns einmal dahin bringen, wo wir die Herrlich­keit seines Reiches ungetrübt genießen können.

Wie gut haben wir es doch mit diesem König! Wir wissen, was die Zukunft bringt: mit ihm nur Gutes! Es kommt die Zeit und ist schon gekommen, dass Jesus hilft und herrscht. Mir tun die Leute leid, die sich in unserer Zeit so viel sorgen und ängstigen um ihr per­sönliches Schicksal und um das Schicksal unseres Landes und um das Schicksal der ganzen Welt; sie kennen ja den guten König nicht. Wie unnötig sind solche Sorgen! Jesus hat doch alles in der Hand; er steht als König über allem. Jesus meint es gut mit uns und sorgt dafür, dass uns alles zum Besten dienen muss.

Wenn man von Frankfurt (Oder) die Fernstraße östlich nach Polen hinein fährt, kommt man nach etwa 70 Kilometern in den Ort Swiebodzin. Dort ist vor einigen Tagen das größte Christus-Standbild der Welt vollendet worden; mit 36 Metern noch größer als die berühmte Statue in Rio de Janeiro. Das Bauprojekt ist mit viel Skepsis und Spott bedacht worden. Man kann natürlich darüber disku­tieren, wie sinnvoll so eine Riesen-Statue ist. Mir gefällt sie aber: Es gefällt mir, dass Jesus den Leuten so groß wie möglich vor Augen gestellt wird. Jesus ist doch das Aller­wichtigste, und letztlich hängt unsere Zukunft allein von ihm ab. Auch gefällt mir, dass das Standbild eine goldene Krone trägt und damit bezeugt: Seht her, das ist der König aller Könige, der gerechte Spross aus dem Königs­geschlecht Davids, der wohl regiert, der Recht und Gerechtig­keit auf Erden übt! Es ist der, der gekommen ist, um die Welt zu erlösen. Es ist der, der wieder­kommen wird, um die Welt zu richten. Siehe, es kommt die Zeit, da wird er die Seinen zu sich nehmen in die ewige Seligkeit. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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