Schuldenfrei durch den Mittler

Predigt über Hebräer 4,14 zum Sonntag Invokavit

Liebe Gemeinde!

Heute feiern wir ein Schulden­frei-Fest. Alle Schulden, die unsere Gemeinde seit den umfang­reichen Sanierungs­maßnahmen der Jahre 1992 und 1993 drückten, sind jetzt zurück­gezahlt. Durch den Grundstücks­verkauf im vergangenen Jahr haben wir sogar ein kleines Guthaben, mit dem wir allerlei notwendige und wünschens­werte Dinge tun können, die wir bisher immer aufschieben mussten. Wir können aufatmen, wir sind die Schulden­last los! Und falls unter euch welche sind, die noch privat an einer Schulden­last zu tragen haben, so wünsche ich auch denen bald diese herrliche Erfahrung: endlich schulden­frei!

Vielleicht denkt mancher jetzt im Stillen: Nun übertreibt er aber! So schlimm sind doch Schulden gar nicht, erst recht in der heutigen Zeit, wo die halbe Welt auf Pump lebt. Kredite sind doch in der heutigen Wirtschaft etwas ganz Normales, fast Selbst­verständli­ches. Wieso muss man denn da ein Fest feiern, wenn man sie zurück­gezahlt hat! Nun, ich weiß, dass manche Gemeinde­glieder die Gemeinde­schulden als belastend empfunden haben und jetzt dankbar sind, dass sie getilgt sind. Aber natürlich gebe ich zu: Es gibt Schlimmeres als Schulden; jedenfalls als Geld­schulden unter Menschen. Viel schlimmer als Geld­schulden unter Menschen sind zum Beispiel Sünden­schulden bei Gott! Und darum ist es ein besonders schönes und großes Schulden­frei-Fest, wenn Menschen diese Sünden­schulden loswerden, wenn ihnen also ihre Sünden vergeben werden. Dass dies bei allen der Fall ist, die getauft sind und an Jesus Christus glauben, das ist die christliche Haupt­botschaft. Weil diese Botschaft hier in der Kirche Sonntag für Sonntag verkündigt wird, darum ist jeder Gottes­dienst praktisch ein Schulden­frei-Fest. So möchte ich unser heutiges Schulden­frei-Fest mit Bezug auf die finanziel­len Schulden der Gemeinde auch gern als Hinweis und Sinnbild auffassen für unsere Schulden­freiheit bei Gott.

Von dieser Schulden­freiheit bei Gott handelt auch der Vers aus dem Hebräer­brief, den wir eben als Predigttext gehört haben. Ich lese ihn noch einmal: „Weil wir einen großen Hohen­priester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durch­schritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekennt­nis.“ Die Botschaft von der Sünden­vergebung, die christliche Haupt­botschaft, steckt hier in dem Wort „Hoher­priester“ drin. „Pontifex“ heißt das lateinische Wort für Priester, zu deutsch „Brücken­bauer“. Ein Priester ist jemand, der gewisser­maßen eine Brücke baut zwischen Gott und den Menschen; einer, der zwischen Gott und Mensch vermittelt. So eine Brücke hat Jesus mit seinem Opfer am Kreuz gebaut: Er hat dadurch uns in Sünden verlorene Menschen mit dem himmlischen Vater versöhnt. So ist Jesus unser Hoher­priester geworden, unser „Mittler des neuen Bundes“, wie es im Hebräer­brief an anderer Stelle heißt (Hebr. 9,15).

Noch besser verstehen wir Christi Titel „Hoher­priester“, wenn wir uns klarmachen, was ein Hoher­priester nach alt­testament­lichem Gesetz zu tun hatte. Am Jom Kippur, dem großen Versöhnungs­tag, durch­schritt er das Heiligtum, das heiligste Gebäude des Tempels, öffnete den Vorhang am Ende des Raums und trat ein in das sogenannte Aller­heiligste, wo die Bundeslade stand. Der Deckel der Bundeslade galt als Gottes Thron; von dort aus segnete Gott sein Volk Israel. Nur einmal im Jahr durfte ein Mensch dieses Aller­heiligste betreten, und zwar nur der Hohe­priester, der Mittler, der „Brücken­bauer“ zwischen Gott und seinem Volk. Er trat in das Aller­heiligste mit einer Schale voll Opferblut und versprengte es an der Bundeslade. Daraufhin, so heißt es im Alten Testament, vergab Gott seinem Volk die Sünde. Das alles, so heißt es nun im Hebräer­brief, waren pro­phetische Zeichen­handlungen, die auf Jesu Versöhnungs­werk hinwiesen. Jesus durch­schritt nämlich ein für alle Mal das himmlische Heiligtum, und zwar in umgekehrter Richtung: Er kam nicht vom Volk zu Gott, sondern er kam von seinem Vater im Himmel zu den Menschen. So baute er die Brücke zwischen Gott und uns Menschen und vergoß hier bei uns sein eigenes Blut als Sündopfer, damit wir Vergebung der Sünden haben. Auf diese Weise war Jesus zugleich das Opfer, das Lamm Gottes, sowie auch der Opfernde, der Hohe­priester, der Mittler, der Brücken­bauer.

Jesus, unser Hoher­priester und Mittler des neuen Bundes, hat uns bei Gott schulden­frei gemacht – das ist die christliche Haupt­botschaft. An diese Haupt­botschaft schließt unser Gotteswort aus dem Hebräer­brief eine Auf­forderung an: „Lasst uns festhalten an dem Bekennt­nis!“ Dieser Auf­forderung wollen wir gern nachkommen. Die Frage ist nur: Wie macht man das – „am Bekenntnis fest­halten“?

Erstens: Lasst uns im Glauben bleiben! „Bekennt­nis“ bezieht sich ja auf die frohe Botschaft von unserem Hohen­priester Jesus Christus. Lasst uns also weiterhin an ihn glauben, ihm vertrauen und darauf bauen, dass seine Brücke in Ewigkeit hält – die Brücke der Sünden­vergebung, die uns nun mit dem Vater im Himmel verbindet.

Zweitens: Lasst uns beherzigen, was der auf­erstandene Jesus seinen ersten Jüngern sowie auch den Jüngern aller Zeiten aufgetragen hat, nämlich dass wir all das halten lehren und lernen, was er den Aposteln anvertraute (Matth. 28,20). „Das Bekenntnis festhalten“ bedeutet dem­entspre­chend, dass wir alles einhalten, was Christus den Aposteln aufgetragen hat. An erster Stelle müssen hier die Gnaden­mittel genannt werden, denn durch sie kommt ja die Vergebung der Sünden zu uns. Lasst uns also taufen, wie Jesus zu taufen befohlen hat, und dann aus der Kraft der Taufe leben! Lasst uns Sünden bekennen, Buße tun und den Zuspruch der Vergebung empfangen, wie Jesus seiner Kirche das Schlüssel­amt anvertraut hat! Lasst uns das Heilige Abendmahl feiern, wie Jesus es seinen Jüngern aufgetragen hat, zu seinem Gedächtnis! Lasst uns sein Wort hören und bewahren, wie er befahl! Wenn wir all das bedenken, dann merken wir: Das Herzstück unseres Christen­lebens ist eigentlich der Gottes­dienst, denn das geschieht ja dies alles, wenn sich die Gemeinde hier in der Kirche versammelt.

Drittens: Lasst uns mit unserem Mund bekennen, was wir im Herzen glauben! Auch das geschieht im Gottes­dienst. Es ist nicht einfach nur irgendein Stück Liturgie, wenn wir hier gemeinsam das Glaubens­bekenntnis sprechen, sondern wir bekennen uns damit zu den Kern­aussagen der christ­lichen Botschaft – und das mit Worten, die die Kirche Jesu Christi schon von Anfang an so gesprochen hat. Lasst uns diese Worte feshalten, indem wir sie immer wieder nach­sprechen! Wenn wir das tun, loben wir damit zugleich Gott. Auch das wusste die Christen­heit schon immer: Wenn wir aus­sprechen, was Gott Wunderbares an uns getan hat, dann loben wir ihn zugleich mit diesen Worten. Und Gott loben, das ist ja eigentlich der Sinn unseres Lebens.

Viertens: Lasst uns nach dem Gottes­dienst und außerhalb der Kirche nicht aufhören, unseren Glauben zu bekennen! Lasst uns das im Alltag festhalten, was Gott uns in der Kirche schenkt! Lasst uns daran festhalten, auch wenn wir Gegenwind zu spüren bekommen, auch wenn unseren Mitmenschen das nicht passt, auch wenn der Teufel selbst bei uns Zweifel säen will! Wir wollen dann beten, wir wollen dann fromme Lieder singen, wir wollen allen von Jesus weiter­sagen, wir wollen seine Liebe auch mit unserem Tun und unserem ganzen Verhalten bezeugen.

Ja, lasst uns festhalten an dem Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem großen Hohen­priester und Mittler des neuen Bundes, der uns ein für allemal bei Gott schulden­frei gemacht hat! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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