Weihnachten reißt uns mit

Predigt über Titus 2,11-14 zum 1. Weihnachts­feiertag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Gestern nachmittag haben wir sie gehört und in der Predigt bedacht, die wunderbare Weihnachts­botschaft: Gottes Gnade ist erschienen, sichtbar geworden mit dem Kind in der Krippe! Und da knüpfen wir heute wieder an und betrachten ein Gotteswort aus demselben Paulusbrief wie gestern, aus dem Titusbrief. Dieses Gotteswort fängt fast mit denselben Worten an wie das gestrige Wort: „Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes.“ Aber in dem Abschnitt, den wir heute betrachten, wird dann der ganze Weg des Herrn Jesus Christus in den Blick genommen, nicht nur der Anfang seiner Geburt in Bethlehem: sein Weg von Weihnachten über Ostern und Pfingsten bis hin zur Wiederkehr in Herrlich­keit. Dieser ganze Weg Jesu ist der Weg der heilsamen Gnade Gottes. Und auf diesen Gnadenweg nimmt Jesus uns mit. Er ruft uns zu: „Folgt mir nach!“, und wir folgen ihm gern und lassen uns mitreißen von Gottes heilsamer Gnade bis hin in seine ewige Herrlich­keit: auch das führt unser heutiges Gotteswort aus.

Aber lasst es uns alles in guter Ordnung bedenken.

Der Weg der heilsamen Gnade Gottes begann damit, dass Jesus dem Himmel den Rücken kehrte. Er verließ den Ort der himmlischen Freuden, wo die Engel ihm dienten, machte sich klein und wurde ein Baby, ein Kind armer Leute in Israel. Damit erniedrigte sich Jesus. Aus Liebe zu seinem himmlischen Vater und aus Liebe zu uns Menschen nahm er Leiden und Ent­behrungen auf sich, die ihm sonst erspart geblieben wären. Viele Menschen dankten ihm das nicht. Sie ärgerten sich über ihn, griffen ihn an oder ver­spotteten ihn. Dennoch ging Jesus den Weg der Erniedri­gung gehorsam weiter, auch wenn er ihn immer mehr in die Tiefe führte, ja, bis in den schmach­vollen Tod am Holz des Fluches. Er wusste: Erst da kommt Gottes heilsame Gnade an ihr Ziel, erst da wird die Sünde der Welt gesühnt. In unserem Gotteswort heißt es: „Er hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns erlöste von aller Ungerechtig­keit.“ Der Karfreitag markiert den Tiefpunkt auf Jesu Weg. Aber dann ist es Ostern geworden: Der Vater im Himmel hat Jesus auferweckt von den Toten; er wurde wieder lebendig und trat seinen Siegeszug nach oben an. Auf dem Weg der Erhöhung zeigte er sich seinen Jüngern als Sieger über den Tod und machte sie zu seinen Zeugen. Dann fuhr er auf in den Himmel und sandte den Heiligen Geist herab. Der wirkte kräftige durch die Apostel: Viele Menschen ließen sich zu Pfingsten taufen, und die christliche Kirche begann ihren Siegeszug über die ganze Welt. In unserem Gotteswort heißt es: „Jesus reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum.“ Der Weg der heilsamen Gnade geht aber noch weiter, und wir schauen voraus auf das Wieder­kommen des Herrn, auf die „Er­scheinung der Herrlich­keit des großen Gottes, unseres Heilandes Jesus Christus“, wie es in unserem Gotteswort heißt.

Nun will Jesus uns also mitreißen auf den Weg der heilsamen Gnade, der zu Weihnachten begann. Denn wir gehören ja seit unserer Taufe auch zu dem Volk, das er mit seinem heiligen Blut sich zum Eigentum geheiligt hat. Und wenn wir das im Glauben annehmen, dann sind wir wirklich rein­gewaschen von aller Schuld, dann sind wir richtige Heilige, die nun freilich auch heilig leben sollen. In unserem Gotteswort heißt es: „Jesus reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig gute Werke tun soll.“ Ja, Weihnachten reißt uns mit auf den Weg der heilsamen Gnade und damit auch auf den Weg des geheiligten Lebens. Weihnachten verändert uns, Weihnachten prägt uns, Weihnachten erzieht uns, Weihnachten macht uns zu besseren Menschen. In unserem Gotteswort heißt es, dass die heilsame Gnade Gottes uns „in Zucht“ nimmt. Lassen wir uns also „in Zucht nehmen“, erziehen, mitreißen!

Wie Jesus einst dem Himmel den Rücken kehrte und den Weg der Erniedri­gung ging, so sollen wir der gottlosen Welt mit ihrem ober­flächlichen Glanz den Rücken kehren und uns in ein demütiges, einfaches, be­scheidenes Christen­leben einüben. Gott erwartet von uns, „dass wir absagen dem un­göttlichen Wesen und den weltlichen Begierden“, wie es in unserem Gotteswort heißt. Ja, täglich sollen wir umkehren von den Sackgassen und Abwegen dieser Welt und uns zurück­besinnen auf unsere Taufe, wo wir bekannt haben: „Ich entsage dem Teufel und all seinem Werk und Wesen.“ Sofern die Welt vom Teufel geprägt ist und nicht von Gott, sollen wir ihr absagen. Das zeigt sich gerade auch in der Art und Weise, wie wir Weihnachten feiern. Wenn wir dem Weihnachts­mann als weltliche Hauptperson dieses Festes eine Absage erteilen und das Jesuskind in den Mittelpunkt stellen, dann sind wir auf dem Weg der heilsamen Gnade. Wenn uns das Empfangen und Weitergeben von Gottes Liebe wichtiger ist als das Empfangen und Austeilen von Geschenken, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Wenn wir mit der Aus­schmückung unserer Wohnung nicht einfach das Alltagsgrau mit buntem Kitsch übertönen, sondern uns das Wunder der Gottes­geburt anschaulich machen, dann ist das gut so. Wenn wir die seichte Zerstreuung und den Klamauk der Medien hinten­anstellen und das Nachdenken über Gottes Wort in den Vordergrund rücken, dann gefällt das Jesus. Es kann dann allerdings geschehen, dass das unseren Mitmenschen nicht gefällt, dass sie über uns lachen und uns nicht mehr für voll nehmen. Wenn wir uns von Weihnachten mitreißen lassen und auf dem Weg der heilsamen Gnade Gottes gehen, dann kann es sein, dass das auch für uns zunächst ein Weg der Erniedri­gung und des Kreuzes wird, genau wie bei Jesus.

Am Kreuz hat Jesus den Willen des Vaters erfüllt und uns erlöst. Wenn wir mit ihm verbunden sind, wenn wir uns von ihm mitreißen lassen, dann ist auch unser Leben ein Sterben und Auf­erstehen, nämlich ein Absterben des Sünders und ein Auferstehen des Heiligen. Dann wird es auch für uns das Wichtigste werden, den Willen des Vaters im Himmel zu erfüllen. In unserem Gotteswort ist davon die Rede, dass wir „besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben.“ „Fromm“ bedeutet: In einer Weise, die Gott ehrt. Das ist ja unser Lebenssin, dazu sind wir überhaupt nur auf der Welt, dass wir Gott mit unserem Leben ehren. Wir sollen es tun in unserem Denken und Handeln. „Besonnen“ soll unser Denken sein, „gerecht“ unser Handeln. Wenn wir nachdenken und Ent­scheidungen treffen in unserem Leben, dann sollen wir uns stets auf den Herrn Jesus Christus besinnen und uns an seinem Vorbild orien­tieren, besonders an seiner Liebe. Und in unserem Verhalten sollen wir uns darum bemühen, alles richtig zu machen, wie Gott es in seinen Geboten uns vorgelegt hat. Auch hier nimmt das Gebot der Liebe den ersten Platz ein. „Besonnen, gerecht und fromm“ werden wir leben, wenn wir uns von Weihnachten auf den Weg der Nachfolge mitreißen lassen, auf den Weg der heilsamen Gnade Gottes.

Der gottlosen Welt kehren wir den Rücken zu, Gottes Ehre suchen wir mit unserem Lebens­wandel, und seine ewige Herrlich­keit nehmen wir voraus­schauend in den Blick. Wie Jesus bei seiner Himmelfahrt diese Welt einst verließ (zumindest mit seiner sichtbaren Gestalt), so will er uns mitreißen zu sich hin den Himmel. Dadurch ist unser Christen­leben auch vom Warten und Hoffen geprägt. In unsererm Bibelwort heißt es: „Wir warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlich­keit des großen Gottes und unseres Heilands Jesus Christus.“ Wir Christen sind stark zukunfts­orientierte Leute: Wir kommen zwar von Weihnachten her und von unserer Taufe, aber wir gehen auf unsere eigene Himmelfahrt zu, unsere eigene Erhöhung in den Himmel nach allem Kreuz und Leid in dieser Welt.

Da werden dann die beiden Wege in einen einzigen einmünden: der Weg der heilsamen Gnade, den unser Herr Jesus Christus selbst gegangen ist, und der Weg der heilsamen Gnade, auf den er uns mit sich mitgerissen hat. Da werden wir dann sichtbar mit ihm vereint sein für alle Ewigkeit. Der werden wir ihn dann auch wirklich sehen können, so wie Maria und Josef und die Hirten das Jesuskind wirklich gesehen haben. Da wird dann in einen ewigen Festjubel aufgehen, was zu Weihnachten seinen Anfang genommen hat. „Wo ist der Freuden Ort? Nirgends mehr denn dort, da die Engel singen mit den Heilgen all und die Psalmen klingen im hohen Himmels­saal. Eia, wärn wir da! Eia, wärn wir da!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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