Was Gott gefällt

Predigt über Matthäus 6,16-18 zum Aschermittwoch

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Heute, am Aschermittwoch, beginnt die Passionszeit, auch Fastenzeit genannt. Fasten aus religiösen Gründen ist eine besondere Form von Opfer, das Opfer des Verzichtens nämlich. Seit alter Zeit sind viele Menschen der Überzeugung, dass sie Gott solche Opfer schuldig sind und dass er besonderes Gefallen daran findet, wenn sie richtig weh tun. Auch in heidnischen Religionen haben immer wieder Menschen schmerzhaft Verzicht geleistet, um ihre Gottheit wohlgesonnen zu machen. Man verzichtete darauf, Fleisch und anderes leckere Essen selbst zu verzehren, und verbrannte es auf einem Altar. Einige verzichteten auch auf Körperpflege und Kosmetik. Im Altertum gab es Mönche, die das Körperpflege-Fasten so weit trieben, dass sie sich überhaupt nicht mehr wuschen. Sie verzichteten überhaupt auf alles, was nicht unbedingt zum Überleben nötig war. Die Mitmenschen konnten bei ihnen sehen und vor allem riechen, was das für fromme Leute das waren!

Genau an diesem Punkt setzt die Kritik von Jesus ein mit seinen Ausführungen über das Fasten in der Bergpredigt. Jesus rät den Fastenden, keine Leidensmiene aufzusetzen und nicht auf Körperpflege zu verzichten, weil sonst aus dem Opfer für Gott eine Frömmigkeits-Show vor den Menschen wird. Jesus sagte: „Wenn du fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, auf dass du nicht scheinst vor den Leuten mit deinem Fasten!“

Das ist ja nun eine sehr menschliche Versuchung: Dass wir mit unserem frommen Verzichten und allgemein mit unseren Opfern für Gott zugleich auch unsere Mitmenschen beeindrucken wollen. Es gibt da zum Beispiel die katholische Tradition, im Aschermittwochsgottesdienst einen Aschefleck an der Stirn anzubringen. Ich will nicht abstreiten, dass man dieser Symbolik auch eine gute Seite abgewinnen kann, aber die Versuchung liegt doch nahe zu denken: „Seht her, seht mein Aschezeichen an der Stirn! Ich war im Aschermittwochs-Gottesdienst! Ich nehme die Fastenzeit ernst! Ich gehe gewissermaßen in Sack und Asche!“

Aber auch ohne Aschezeichen besteht die Gefahr, dass wir mit unserer Frömmigkeit, unseren Opfern und unserem Verzicht bei den Mitmenschen Eindruck schinden wollen. Da gibt es einen, der eine stattliche Geldsumme für einen guten Zweck stiftet, zugleich aber dafür sorgt, dass andere davon erfahren. Da gibt es diejenigen, die jetzt wieder an der Aktion „Sieben Wochen ohne“ teilnehmen und voll Stolz davon berichten, dass sie in der Passionszeit nicht rauchen oder keinen Alkohol trinken oder keine Süßigkeiten essen oder nicht fernsehen. Da gibt es die Menschen, die überhaupt stolz darauf sind, bei bestimmten weltlichen Freuden nicht mitzumachen. Und da gibt es die nimmermüden Fleißigen, die sich für andere aufopfern mit all ihrer Kraft und Zeit, die dafür auf Hobbies und Schlaf verzichten – und die dann darauf Wert legen, dass andere sie dafür gebührend bewundern, dass ihnen Dank und Anerkennung dafür geleistet wird. Bleiben Dank und Anerkennung aus, können sie oft sehr ungehalten werden.

Ja, liebe Gemeinde, die Versuchung ist groß, dass wir mit unserer Frömmigkeit, unseren Opfern und unserem Verzichten bei den Mitmenschen Eindruck schinden wollen. Jesus entlarvt uns hier und macht uns deutlich, dass wir damit keineswegs Gott gefallen können. Gott möchte, dass wir im Verborgenen fasten, dienen und opfern, ohne Leidensmiene, fröhlich und selbstverständlich. Er möchte, dass wir nicht nach Bewunderung, Anerkennung und Dank anderer Menschen schielen, sondern es einfach aus Liebe zu Gott tun. Und er verheißt: „Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir‘s vergelten.“

Ja, aber wer ist denn so reinen Herzens, dass er sich ganz danach richtet? Wer kann denn ganz davon absehen, welchen Eindruck er auf andere Menschen macht, und nur für Gott leben? Ich will euch sagen, wer das das kann: Niemand kann das, keiner von uns hier und kein Mensch auf der Welt. Unsere Herzen sind nicht rein, weil noch die Sünde darin wohnt. Was Jesus hier und in der ganzen Bergpredigt sagt, ist Gottes Gesetz, das scharfe Schwert, das unsere Sünde offenbar macht. Entweder ein Mensch fastet und opfert und dient Gott, schielt dabei aber auch nach dem Mitmenschen; oder er entrüstet sich über solche Heuchler, über die sich auch Jesus entrüstete, nimmt es dann aber seinerseits mit dem frommen Leben gar nicht mehr so ernst. Es ist einfach, sich spöttisch über die Pharisäer zu erheben, die mit verbissenem Ernst und einer großen Portion Heuchelei fromm leben wollen. Aber sofort muss zurückgefragt werden: Dienst du denn deinem Gott mit demselben Ernst, nur ohne Heuchelei und im Verborgenen? Opferst du wirklich? Verzichtest du aus Liebe zu Gott auf Dinge, bis es schmerzt – ohne dass irgendjemand davon etwas merkt? Oder ist deine Verachtung der Pharisäer nur ein Deckmäntelchen für deine eigene Trägheit und Bequemlichkeit?

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wie wir es auch drehen und wenden: Unsere Frömmigkeit, unser Opfern, unser Fasten ist nicht so, wie Jesus es hier fordert. Und das bedeutet doch: Es gelingt uns nicht, Gottes Lohn und Anerkennung zu verdienen; wir scheitern, wir versagen vor dem himmlischen Vater. Ja, das hält Jesus uns in der Bergpredigt schonungslos vor Augen.

Aber derselbe Jesus ist dann für dich auf den Weg des Leidens und Sterbens gegangen. Er hat verzichtet, er hat Schmerzen erlitten, er hat sich für dich aufgeopfert. Er hat damit das Opfer gebracht, zu dem wir nicht fähig sind. Er hat es deshalb getan, damit der Vater im Himmel uns das Gute vergilt, das er getan hat. Nun kommt es nicht mehr darauf an, wie fromm und gut wir selber sind, wieviel wir opfern und fasten. Nicht unser aufopferndes Verzichten brauchen wir Gott mehr vorzuhalten, sondern stattdessen unser wankelmütiges und verzagtes Herz sowie das Leiden und Sterben seines Sohnes Jesu Christi. Das gefällt Gott, und so empfangen wir den Gnadenlohn. Nicht das Gesetz rettet uns, das Jesus uns in der Bergpredigt gelehrt hat, sondern das Evangelium, das er mit seiner Passion gelebt hat.

Wenn wir uns das klar machen, liebe Gemeinde, dann werden wir dem himmlischen Vater und seinem eingeborenen Sohn unendlich dankbar sein. So sehr dankbar, dass wir ihm nun gern dienen, gern opfern, auch gern verzichten, wo es gut und sinnvoll ist. Wir brauchen damit nichts mehr zu verdienen, und auch unseren Mitmenschen brauchen wir damit nichts zu beweisen, wir können es fröhlich tun und wissen uns dabei geborgen in Gott. Ganz gleich also, was du dir vorgenommen hast für die Passionszeit, wie du Gott dienst, was du opferst, ob du fastest – tu es einfach aus Liebe zu Gott und aus Dank für die unverdiente Gnade, mit der er dich gerettet hat. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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